3/9  Albtraum Fettfresser

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:27

Einer der schlimmsten Albträume, die mich als Kind gelegentlich heimsuchten, war der, dass sich kleine Lebewesen, Zwitterdinge aus Blutegel und Fisch, in mich hineinfressen und in meinem Körper herum kriechen würden. Ich habe es bisher unterlassen, nach einer Traumdeutung für dieses Phänomen zu suchen, ich habe schon lange Ruhe vor solchen nächtlichen Verfolgungsängsten.

Nun hat ein Zeitungsinserat mit einem Schlag all diese schlimmen Erinnerungen wieder wachgerufen. Es geht um ein neues, sensationelles Schlankheitsmittel, mit dem man in nur acht Wochen bis zu zehn Kilo Gewicht verlieren könne. Diesmal ist es aber nicht ein Extrakt aus der wundertätigen Artischocke, sondern ein besonderes Präparat, das aus Feigen gewonnen werde.

Es handle sich dabei, sagt das Inserat, um den wirkungsvollsten natürlichen Fettfresser. (Die Feige kommt allerdings in einem Verzeichnis der als solche bezeichneten Fett-Vertilger gar nicht vor…) – Der Auseruck als solcher, obwohl offenbar geläufig, hat in mir sofort eine plastische bildliche Assoziation in Gang gesetzt: ich habe mir kleine, flinke Feiglein vorgestellt, die aus den Tabletten schlüpfen, sich im Verdauungstrakt karnickelmässig vermehren, die Darmwand durchdringen und sich dann – wie seinerzeit Pacman auf dem Videospiel – mit weit aufgerissenen Piranha-Mäulern über die armen Fettzellen hermachen, diese laut schmatzend zermantschen, das darin enthaltene Fett verschlingen und eliminieren… so dass der Körper sichtlich in sich zusammen zu fallen beginnt… Stünde man auf einer Waage, so könnte man beobachten, wie deren Zeiger, einem Stundenzeiger gleich, langsam aber stetig rückwärts ein neues, tieferes Gewicht anzeigt…

Fatal wäre nur, wenn diese gierigen Fett-Verschlinger, nachdem sie alles schädliche Bauchfett aufgezehrt haben, sich auf unsere weiteren Weichteile stürzen würden, zuerst auf die Leber, die vielleicht auch noch etwas fettig wirkt, dann auf das Herz, sofern dieses verfettet ist, und schliesslich ins Hirn vordringen, um die grauen Zellen zu verspeisen, nachdem sie sich durch die Knochenröhren gedrängt haben, um das letzte fettige Mark aus seinen Schlupfwinkeln zu saugen…

Zum Glück ist dies ein Tag-Albtraum beim Lesen der Zeitung, aus dem ich nicht mal erwachen muss: es genügt, wenn ich die Seite mit dem unsäglich blöden Inserat einfach umblättere.