1/7 Mamas Aroma
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:59 |
Diese Entwicklung wird Toni Bortoluzzi keine Freude bereiten. Wie offenbar so manches in seiner kleinen Welt. Denn sie bedeutet, dass Mutti definitiv nichts mehr am heimischen Herd verloren hat.
Wir erinnern uns gern an den verwirrenden und betörenden Reichtum von Gerüchen und Aromen, welcher zuhause die Küche erfüllte, wenn Mutter an heiligen Daten ein Festtagsmenü zubereitete… oder da ist das nostalgische Gourmet-Panorama der kulinarisch-olfaktorischen Impressionen vom Bauernhof, wenn in tagelanger Vorarbeit die üppige Tafel für das Sichlete-Essen – das Erntedankfest – zubereitet wurde und die Pfannen auf dem Herd dampften, brutzelten, kochten, was das Zeug hergab, bis der gespickte Braten, das Lammvoresen in der Zitronensauce, die traditionelle Bernerplatte mit gedörrten Bohnen und Sauerrüben wuchtig in den Platten prunkten… und bis das letzte Schlüfchüechli ausgebacken war.
Die in der häuslichen Küche vom eigenen Personal angefertigten Speisen zeichnen sich durch einen besonderen, heimatlichen Geschmack aus, der uns ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt: Mamas Küche eben, hier sind wir zuhause, nirgends auf der Welt schmeckt es so wie bei Muttern..!
Aber was, wenn das kochende Hausmütterchen immer mehr vom Herd verdrängt wird, durch den allmächtigen Zeitgeist und andere moderne Erscheinungen, von der Emanzipation ganz abgesehen..? Können kochlöffelschwingende Väter – Hausmänner – deren Rolle und Platz übernehmen? Wohl kaum, nur rein quantitativ nicht.
Aber keine Sorge: schon springt die allgegenwärtige Nahrungsmittel-Industrie in die Bresche und zaubert aus den Givaudan-Laboratorien neue und wundersame Aromen. Das Ding heisst mit Namen TasteSolutions Richness und soll jene spezifischen Geschmackskomponenten in die massenweise angefertigten Lebensmittel zurückbringen, die bisher im industriellen Kochstil noch nicht reproduziert werden konnten.
So schmeckt dann das neue Convenience-Food nicht mehr wie aus der überdimensionierten Gulaschkanone, sondern „genausogut“ wie früher, als das Mütterlein noch eigenhändig am Kochherd werkelte. Dank Givaudan ist es vom Kochdienst dispensiert und kann sich – Toni erschauderts – allenfalls sogar der Politik zuwenden.
Unglaublich, was da alles künstlich zusammengemixt wird! Da könnte einem ja glatt übel werden:-(