27/8 Der Eiskübel
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:53 |
Angefangen hat es ja ganz unauffällig. Aber plötzlich sind sie in sämtlichen Medien explosionsartig zu sehen: die mehr oder weniger bekannten Leute, die sich kreischend und stöhnend einen Kübel mit Wasser über den Kopf giessen (lassen) und so tun, als wäre er wirklich arschkalt… und dann drei Namen rufen, womit der Staffettenstab weiter gegeben wäre.
Ice Bucket Challenge heisst das Phänomen und dient eigentlich einem guten Zweck. Es soll sich kettenbriefartig um die ganze Welt verteilen und dabei einerseits auf die heimtückische Krankheit ALS – Amyotrophe Lateralsklerose aufmerksam machen und gleichzeitig Geldmittel eintreiben für deren Erforschung und für die Entwicklung von Gegen-Medikamenten.
Das ist eine offenbar wirksame Methode, die Funktionsweise der Social Media zu instrumentalisieren, denn die Eiskübelei ist in kurzer Zeit zu einem allgegenwärtigen Akt geworden, der kaum jemanden zu verschonen scheint, von der zeigefreudigen Nacktschnecke bis zum politischen Schwergewicht: mit dem bildlichen Auftritt, der fleissig weiter verbreitet wird, verbindet sich oft auch der Wunsch nach erhöhter PR-Wirkung und nach Gutmenschen-Bonus, auch wenn dabei der ALS-Aspekt zuweilen auf der Strecke bleibt.
Hauptsache, es bringt der Krankheit und den Betroffenen etwas. Zumindest gehen die Spenden bereits in die zig-Millionen. Ich habe mich natürlich auch gefragt, wie es dazu kam, dass eine solche Mit- und Nachmach-Aktion lanciert werden konnte. Da muss ja am Anfang eine Idee gewesen sein… Und ich habe mich daran erinnert, wie wir vor bald 15 Jahren in einem Kreativ-Team über denkbare Kampagnen nachgedacht haben, wie man die Krankheit Adipositas auf originelle Weise ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken könnte… Da gab es wirklich krasse Ideen, die wir aber alle verwarfen, weil wir der „positiven“ Grundaussage nicht getraut hatten, das Risiko scheuten, dass es sich für die Sache kontraproduktiv auswirken könnte.
Ok, damals gab es das Verbreitungsmittel facebook und andere noch nicht, man wäre auf die Gralshüter der konventionellen Kommunikation angewiesen gewesen und das hätte die Wirkung wahrscheinlich massiv ausgebremst. Spannend ist es jedoch, zu beobachten, wohin die ALS-Kampagne in nächster Zukunft noch führen wird, welche Gesetzmässigkeiten sich einstellen werden und wo die Grenzen des Machbaren erreicht sind… zumindest so lange, wie ich nicht selber nominiert werde.