24/9  Es zieht an

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:22

Die einzelnen Therapie-Lektionen sind so angelegt, dass sie auf die aktuellen Stärken/Schwächen Rücksicht nehmen. Gleichzeitig gehen sie mit der Belastung konsequent an die Grenze des Möglichen. Nur so kann diese letztlich überwunden werden. Eine wichtige Erkenntnis bringt mir der heutige Tag, obwohl es eigentlich eine Binsenwahrheit ist.

Die Physiotherapeutin hat mir für den Anfang einige einfache Übungen aufgeschrieben, die ich möglichst oft für mich wiederholen muss, in Zwischenzeiten und in den sogenannt eigenverantworteten Therapie-Stunden. Zwanzig mal vom Sitzen aufstehen und wieder absitzen, ohne mich mit den Händen abzustützen… dies dreimal. Oder mit jedem der beiden Füsse nacheinander eine Treppenstufe hoch steigen und wieder zurück, ebenfalls zwanzig mal und mal drei.

Ich sitze auf dem Bettrand und stehe auf – wieder und wieder, aber nach den ersten Zwanzig macht sich ein stechendes Ziehen in der Beinmuskulatur bemerkbar, ich breche ab und ruhe mich aus. Da realisiere ich, wie anders es doch ist, wenn die nette Therapeutin neben mir steht. Auf mein schmerzliches Ächzen reagiert sie, zählt mit, spornt mich an, macht mir Mut – und ich reisse mich zusammen, will mich nicht blamieren, halte durch bis zum Ende der Übung, laut schnaufend zwar, aber zufrieden, dass ich es geschafft habe.

Später wird die Zeit gestoppt, in der ich eine bestimmt Strecke (es sind „nur“ 20 Meter!) gehen kann und wie lange ich brauche, um eine Treppe hoch zu kommen… Ich mache Belastungstests mit der Beinmuskulatur, um die aktuelle Kraft zu messen. Dann geht es auf den Hometrainer, wo ich zehn Minuten lang – die mir wie eine Ewigkeit vorkommen – vor mich hin strample, um kurz darauf im Wasser unter Anleitung verschiedene Lauf- und Gehbewegungen zu trainieren…

Ich glaube schon zu spüren, dass mir der Weg durch die langen Gänge zu den Therapie-Räumen mit jedem Mal etwas kürzer erscheint, dass ich weniger oft einen Zwischenhalt einlegen muss um Atem zu holen… Wenn dem schon am dritten Tag wirklich so ist, dann besteht Hoffnung, dass der Aufenthalt hier doch etwas bewirkt.


Ein Kommentar zu “Es zieht an”

  1. Hildegund Hohl sagt:

    Sehr geehrter Heinrich von Grüningen
    Mir gefällt ihre Art wie Sie ehrlich berichten was Ihnen widerfährt. Es gibt viele Leidensgenossen denen Sie Mut machen. Die Arbeit der Adipositas Stiftung ist sehr wertvoll. Den Menschen liebevoll aber ruhig mit Nachdruck ihr eigenes Leben anzuvertrauen und ein Teil davon zu sein. Die Freude die ich am Samstag in den Augen der einzelnen Menschen gesehen habe, hat mich berührt. Mit Freude etwas wieder in Gang zu bringen das vorher verhalten war. Ganz herzliche Grüsse aus Ermatingen und weiterhin alles Gute in der Kur, Hildegund Hohl

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