17/6 Selbstdiskriminierung
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:34 |
Dies ist eine kuriose Geschichte. Da ist in Medienmeldungen die Rede von einer Frau in England, 200 Kilo schwer. Sie hat mit dem Auto einen Jogger angefahren und getötet. Sie ist in der Sache geständig, plädiert aber vor Gericht dafür, die Haftstrafe nicht absitzen zu müssen, da dies in Anbetracht ihres Körpergewichtss nicht zumutbar sei. Zudem hofft sie auf eine Magen-OP.
Das Gericht neigt dazu, sie trotzdem zum Haftantritt zu verknurren.
Wie stellen wir uns in dieser Situation? Verdient die Frau Schonung, „weil“ sie dick ist? Oder soll sie ihre gerechte Strafe erfahren, „0bwohl“ sie dick ist? Ist es zumutbar, dass sie sich mit ihrer ganzen Körperfülle und den damit verbundenen physischen Unannehmlichkeiten in die strikten Regeln des Gefängnis-Alltags eingliedert oder kann sie aufgrund ihres krankhaften Übergewichts eine Spezialbehandlung erwarten?
Bei Mord bzw. Totschlag ist von einer längeren, mehrjährigen Haftstrafe auszugehen. Zeit genug also, um sich – mit ärztlicher Unterstützung – von einem erheblichen Teil des eigenen Gewichts zu verabschieden? Die Haft sollte als Chance für eine kontrollierte Therapie angesehen werden, mit dosierter und überwachter Nahrungsaufnahme, mit täglicher Verpflichtung zu Bewegung und unter Ausschluss vieler obesogener Umwelteinflüsse…
Wenn die Frau ihr Gewicht als Grund „vorschiebt“, ihre verdiente Strafe nicht absitzen zu müssen, diskriminiert sie sich gewissermassen selbst, schliesst sich von einem Vorgang aus, der für andere normal erscheint, wenn sie in der gleichen Situation sind. Wäre es umgekehrt und würde ein Veranstalter ihr die Teilnahme z.B. an einem Abenteuer-Event unter Hinweis auf ihr Körpergewicht verwehren, explizit oder auch nur andeutungsweise, würde sie sich wohl zu Recht dagegen auflehnen: keine Sonderbehandlung, nur weil ich zu schwer bin!