7/1 Zu dick zum arbeiten?
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:22 |
Gehen wir davon aus, dass der Bericht stimmt. Dann ist es ein ausgewachsener Skandal. Dann ist es ein weiteres Beispiel für die gnadenlose Diskriminierung von adipösen Mitmenschen, die es ohnehin im Leben schwer genug haben.
Eine Kolumne in einer Aargauer Zeitung hat den Fall aufgedeckt: da wurde in einer Gemeinde im Appenzell einem Gemeindearbeiter mit der Entlassung gedroht, weil er zu dick sei bzw. falls er der Aufforderung, abzunehmen, nicht nachkommen würde. Man habe ihn aufgefordert, „mehr Grünzeug“ zu essen… (denn Bewegung hat er in seinem Freiluft-Job offenbar genug).
Die Zeitung 20 minuten hat mich heute um einen Kommentar zu dem Fall gebeten. Die Schwierigkeit liegt darin, dass ich über zu wenige Informationen zum Hintergrund dieser Angelegenheit verfüge. Der Mann kämpft offenbar seit seiner Kindheit mit seinem Übergewicht, war also wahrscheinlich bereits bei seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst bei der Gemeinde „betroffen“, man wusste also, worauf man sich einliess.
Generell ist es möglich, dass körperliche Eigenschaften für die Ausübung bestimmter Berufe nachteilig sein können, diese gar verhindern. Ein Blinder kann viele Tätigkeiten ausüben – Linienpilot wird er mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht. Wenn die Körperfülle jemanden daran hindert, in einer Notsituation rasch und effizient zu reagieren, um Unheil von anderen abzuwenden, dann besteht ein Sicherheitsrisiko und der Betroffene wird zu seinem eigenen Schutz nicht zu der entsprechenden Tätigkeit zugelassen.
Wichtig wäre in solchen Fällen, vor allem wenn sich das Gewichtsproblem erst im Laufe der Berufsausübung artikuliert, dass eine betriebliche Gesundheitsprävention besteht, dass den übergewichtigen Mitarbeitenden eine kompetente fachliche Begleitung angeboten wird. Die Aufforderung, „mehr Grünzeug zu essen“ ist da sehr armselig.
Was mich an der Sache positiv berührt, das sind die ersten bisher publizierten Kommentare zur Kolumne, die sich übrigens selber als „Polemik“ bezeichnet: sie zeigen Verständnis für den Gemeindearbeiter und kritisieren die lokalen Behörden happig.
Bin gespannt, ob diese Publikation eine Nachwirkung hat.