21/12 Menschen und Mumien
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:37 |
Wer die Vergangenheit kennt. Der, sagt man, habe bessere Chancen, die Gegenwart und die Zukunft zu bewältigen. Mit Interesse lesen wir deshalb ein Interview mit dem international renommierten Schweizer Mumien-Forscher Professor Frank Rühli, der schon unsere Alt-alt-alt-Vorvorderen wie Tutanchamun und Ötzi klinisch untersuchen durfte. Dabei ging und geht es auch immer wieder um den jeweiligen Gesundheitszustand und dessen Determinanten, zu denen auch und vor allem die Ernährungsgewohnheiten gehören.
Rühli befasst sich aber auch mit den aktuellen Daten und kommt zum naheliegenden Schluss, dass Körpergrösse und -gewicht
Wesentliches aussagen über den Gesundheitszustand einer Population. Und auch, dass des Problem der Adipositas wirklich eines ist, das nicht verharmlost werden dürfe. Da sind wir doch sehr einverstanden, Herr Professor!
Dann lesen wir, dass es zwei Optionen gebe, um der Adipositas-Problematik zu begegnen: entweder über „Verbote und Regulierungen“ oder über „positive Anreize und Motivation“. Nun folgt ein Satz, der offenbar auf den Erkenntnisse der Mumienforschung beruht: Aus einer evolutionsmedizinischen Sichtweise ist für mich klar: Verbote und Regulierungen sind der falsche Weg. Und zwar, weil sich der Mensch nur dann verändert, wenn er davon intrinsisch überzeugt ist und aus der Veränderung einen Nutzen zieht.
„Intrinsisch“ heisst: von innen heraus. Vielleicht hat Herr Rühli tiefere Erkenntnisse, von was denn der Ötzi und der Pharao in ihrem Innersten überzeugt waren… aus Sicht des praktischen Umgangs mit Adipositas-Betroffenen lässt sich diese Formel nicht so ohne weiteres einordnen. Da „wirken“ aus dem Innersten heraus ganz andere Kräfte als die Überzeugung von einem Nutzen, den langfristige Veränderung bringen würde.
Seine Schlussfolgerung teilen wir nicht. Richtig bzw. besser wäre es, für eine Kombination zu plädieren: Aufklärung und Information so viel und so gut wie möglich, mit einer gleichzeitigen und vernünftigen Regulierung und Einschränkung (nicht: „Verbot“) all jener Bereiche, in denen der sogenannte freie Markt eklatant versagt, indem er durch überbordende Propaganda und mit falschen Anreizen in einem gnadenlosen Verdrängungskampf durch Verbilligung ungeigneter Produkte die KonsumentInnen gezielt und bewusst in die Irre führt.
Was uns aber gar nicht verwundert: dass das Rühli-Interview vom Informationsdienst der Süssgetränke-Lobby publiziert wird.