9/5 Digitale Kosten
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:39 |
Fluch oder Segen. Derzeit wird öffentlich darüber diskutiert, ob bei der Digitalisierung die Vor- oder die Nachteile überwiegen. Heute, auf der Liege in der Akupunktur-Therapie, haben mich aufmüpfige Gedanken beschlichen (man hat da ja sonst nichts zu tun):
Von der Digitalisierung im Gesundheitswesen verspricht man sich so allerhand. Abgesehen von eHealth, wo dank dem elektronischen Patienten-Dossier bald glasklare Transparenz über all unsere Wewehchen und Zipperlein herrschen soll, bis hin zu den vielen Trackern, die wir am Handgelenk und sonstwo tragen können, die all unsere Daten laufend erfassen und an irgendwelche Kontrollinstanzen melden, die uns belohnen oder bestrafen, je nachdem, ob wir brav oder nicht so waren… wir haben uns den Grossen Bruder selber auf den Buckel geschnallt.
Wenn wir auf unserem Smartphone eine App haben, mit der wir im Supermarkt den Strich-Code eines Lebensmittels enträtseln können, mag uns dies den Kaufentscheid vielleicht erleichtern. Aber ist uns auch bewusst, was wir damit auslösen? Denn all die Daten, die da weltweit auf Abruf bereit sind, mussten ja einmal erfasst werden, dann auf ein geeignetes Speichermedium übermittelt, dort verwaltet und gepflegt, katalogisiert und organisiert werden, so dass sie jederzeit für jedermann/frau bis in den hintersten Winkel der Zivilisation greifbar sind…
Und jede Bewegung eines noch so kleinen Daten-Pakets ist mit Energie-Aufwand verbunden, verbraucht Strom, Elektrizität, die wiederum produziert wird mit fossilen Brennstoffen, Atomspaltung oder nachhaltiger Technologie, die ja auch nicht auf den Bäumen wächst. Wir fotografieren den Code, er wird über den Sende/Empfangs-Mast an eine Zentrale geleitet, wird dort verarbeitet, abgeglichen, kommentiert und uns den ganzen Weg wieder zurück geschickt… Ich habe keine Ahnung, wieviel Energie, gemessen in herkömmlichen Einheiten, für diesen Prozess aufgewendet werden muss. Noch weniger, wer für all diese Kosten, die dadurch entstehen, letztlich aufkommt.
Vieles davon zahle ich selber: ich habe das Handy bezahlt, begleiche die Stromrechnung fürs Aufladen, zahle regelmässig die Netzgebühr… aber nachher verliere ich die Kosten aus den Augen. Die riesigen Server-Systeme, luftig-leicht als Cloud bezeichnet, laufen ja nicht einfach so gratis. Die ganze Daten-Erfassung und -Verwaltung ist mit Personalkosten verbunden… wer steht dafür gerade?
Wenn das Beschaffen von Informationen zu einem bestimmten Lebensmittel gleich viel oder gar mehr Energie verbraucht als das Kochen der Speise auf dem heimischen Herd – dann ist etwas aus dem Lot geraten. (Und dabei haben wir noch gar nicht darüber nachgedacht, was es alles braucht, bis ich mein knusprig ausgebratenes Cordon-Bleu mit dem 3-D-Drucker herstellen kann…)
Zum Glück bimmelt die Klingel am Zeitmesser in meiner Akupunktur-Klause und Sandra erscheint, um mich von den Nadeln zu befreien… das erspart mir weiteres Grübeln über die Hintergründe der Digitalisierung.