27/6  Weiterleben

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:13

Rückblick: der Triumph von gestern war teuer erkauft. Die ganze Nacht konnte ich kaum schlafen, da beide Knie schmerzten und mir bei jeder Bewegung glühende Blitze durch die Gelenke zuckten. Und als ich am Morgen aufzustehen versuchte, humpelte ich durch Zimmer, gekrümmt wie ein Greis… Ich hatte mich eindeutig übernommen und musste nun dafür büssen. Mein Beschluss steht fest, am Donnerstags-Spaziergang werde ich definitiv nicht teilnehmen und mir statt dessen ein Fahrrad mieten. Sie haben hier auch Flyer im Angebot, fünf Franken pro Halbtag, damit bin ich ja bereits vertraut und die werden oder wurden am Inselspital Bern bei der Rehabilitation von Herzpatienten eingesetzt, das kann ich nun ebenfalls ausprobieren.

Und dann gabs wieder einen Vortrag darüber, wie wir Herzpatienten nun unser „Leben danach“ zu gestalten hätten. Es gab einige wenige, aber strenge Regeln, die zu beachten sind, ausgehend von der Tatsache, dass über das künftige Wohlergehen zu 60 Prozent der Patient selber entscheidet; der Beitrag der Ärzte und der Medizin beläuft sich auf gerade 40 Prozent. Folgendes sind die Stichworte: nicht mehr Rauchen. Das betrifft mich ja nun nicht, denn ich habe vor rund 40 Jahren damit aufgehört… aber wichtig ist zu wissen, dass Nikotin die Herzkranzgefässe verengt. Wer nach dem Infarkt weiterraucht, tötet sich in kürzester Zeit selber, der lebensrettende Eingriff war umsonst.

Das zweite Stichwort heisst „Ernährung“: nach dem Muster der mediterranen Kost geht es darum, Nahrung zu sich zu nehmen, die wenig Cholesterin und dafür die guten Omega-3-Fettsäuren enthält. Vorsicht bei Fleisch und Wurstwaren, viel Gemüse und Früchte, regelmässig Fisch und die Produkte möglichst naturbelassen… Überlebenswichtig ist dabei die Wein- bzw. Alkohol-Frage. Ein wenig Alkohol pro Tag (und es muss nicht der berühmte Rotwein sein) stellt für den gesunden Menschen eine hilfreiche Prophylaxe dar… aber Achtung: Wer nach einem Infarkt eine eingeschränkte Herzfunktion hat, der muss Alkohol selbst in kleinen Mengen meiden, da dieser das geschädigte Herz direkt angreift und weiter in Mitleidenschaft zieht. Eine Lektion, die ich verinnerlichen muss.

Der nächste Punkt ist „Bewegung“. Dabei geht es ausdrücklich nicht um „Sport“ oder „Leistung“, aber um körperliche Aktivität, die mit Vergnügen verbunen sein sollte. Das kennen wir ja auch voin der Adipositas-Therapie her. Und es geht auch nicht darum, irgendwelche Rekorde aufzustellen, sondern auch hier gilt: jede Bewegung ist besser als keine.

Schliesslich noch: „Stressmanagement“, also der persönliche Umgang mit Situationen im Alltag und im Berufsleben, die Druck und Spannungen verursachen können. Die Aufforderung, das Leben ganz einfach „leichter“ zu nehmen, Belastungen nicht an sich herankommen zu lassen, mit seinen Mitmenschen einen entspannten und positiven Umgang zu pflegen… ich denke, hier bringe ich nicht schlechte Voraussetzungen mit.

Alles in allem hat mir die Rehabilitation bis jetzt, in den ersten zwei Wochen, viel gute und wichtige Erkenntnisse vermittelt, die ich in der dritten Woche noch abrunden kann. Dann sehen wir weiter.


Ein Kommentar zu “Weiterleben”

  1. guetzli sagt:

    Hoi Heini,
    nach langer ebalance-Abstinenz dachte ich zum Anfangen schau ich mir doch mal deinen Blog an. Welch Erstaunen, deine Blogs der letzten Wochen zu lesen. Schön, dass es dich noch gibt! Schön auch, dass du meinen Wohnkanton etwas kennen lernst, schade ist nur der Grund dazu. Ich wünsche dir noch weitere tiefe Erkenntnisse bezüglich des „Lebens danach“ und den Mut, diese auch umzusetzen. Unbekannterweise auch einen lieben Gruss an deine Frau, weiss ich doch aus eigener Erfahrung, dass ein Infarkt nicht nur den „Patienten“, sondern auch die Angehörigen betrifft. Lieber Gruss Guetzli, bekannt von den Anfangs-Stammtreffen in Zürich

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