15/11 Weiterbildung
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:41 |
Rund 150 Medizinmänner und -frauen hatten sich einfgefunden im schicken Hotel Park Hyatt Zürich zum 14. Interdisziplinären Zürcher Symposium. Es galt der Thematik der interdisziplinären Zusammenarbeit im Kampf gegen Adipositas. Fünf hochkarätige Referenten aus dem In- und Ausland bestritten den medizinischen Weiterbildungsabend, einerseits mit viel Grundlagen-Information, für den, der in der Materie zuhause ist, wenig Neues, aber für die Mehrzahl der Teilnehmenden wohl ein eindrücklicher Augenöffner für eine komplexe und bedeutungsvolle Problematik unserer Volksmedizin.
Nach einer Offenlegung der epidemiologischen Fakten und dem Hinweis auf die sehr spärlichen Bundesmittel im Dienste der Prävention (wobei es sich allerdings um Zahlen von 2004 handelte), erhielt ich vom Tagungsleiter einen wirkungsvollen Steilpass zugespielt: ob denn für Adipositas nicht genügend Lobby-Arbeit betrieben würde? Das gab mir Gerlegenheit, auf die Aktivitäten der SAPS und unser Engagement im Rahmen der nun anstehenden nationalen Programme hinzuweisen und die Anwesenden aufzufordern, uns aktiv zu unterstützen… mal schauen, ob es etwas bringt.
Aus Versicherungs-Sicht wurde über die Kosten der Adipositas referiert, mit dem Hinweis, dass der landläufig genannte Aufwand von rund 3 Milliarden nur die „direkten“ Kosten für Behandlung umfasst, nicht aber den weitaus grösseren Betrag, der volkswirtschaftlich anfällt durch Absenzen vom Arbeitsplatz, durch Früh-Invalidisierung und durch Prämien- und Rentenausschüttung bei vorzeitigem Ableben infolge verkürzter Lebenserwartung.
Professor Stephan Rössner aus Stockholm, der „Vater“ von eBalance, schilderte die Wirkungsweise der verschiedenen medizinischen Adipositas-Präparate und deren Grenzen, wies aber eindrücklich darauf hin, dass schon ein „kleiner“ Gewichtsverlust von 5-10% des Übergewichts in medizinischer Hinsicht eine enorme Verbesserung des Krankheitsbildes bedeutet. Er warnte vor unerreichbaren Zielsetzungen und formulierte das Axiom: Kleine Veränderungen über eine lange Zeit bringen etwas… (Ein Slogan, den man sich direkt für die Kampagne von Gesundheitsförderung Schweiz hätte wünschen können.)
Professor Jaques Himpens aus Brüssel, einer der europäischen Doyens der bariatrischen Chirurgie, sprach eindrücklich und selbstkritisch über die Risiken der verschiedenen Operationstechniken, vom Magenband bis zum Bypass, und stellte auch eine neue Methode für eine weniger invasive Operation vor, die sich in Erprobung befindet. – Professor Karl Miller aus Salzburg schliesslich legte dar, dass angesichts der grossen Auswegslosigkeit, in der sich heute die Adipositas-Therapie befindet, so früh wie möglich bei den Jugendlichen angesetzt werden müsse, und zwar unter besonderen Umständen bereits ab 12 Jahren mit einem chirurgischen Eingriff, um vor einer weiteren Entwicklung der Adipositas zu bewahren. Eine These, die unter den Teilnehmenden zu heftigen Diskussionen führte. Miller war es auch, der eindrücklich dafür plädierte, dass solche Eingriffe, wenn sie ein kleines Risiko aufweisen sollen, nur von geübten Chirurgen an spezialisierten Zentren vorgenommen werden sollten, die mindestens 100 Operationen pro Jahr ausführten. Operateure mit geringerer Praxis stellten ein massiv höheres Risiko dar… eine Thematik, die uns bei der SAPS auch aus zahlreichen Patienten-Feedbacks bekannt ist.
Die Veranstaltung machte eindrücklich deutlich, wie sehr und wie intensiv die verschiedenen Disziplinen in der Adipositas-Therapie aufeinander angewiesen sind. Schade nur, dass der immer wichtiger werdende Aspekt der Psychologie dabei praktisch ausgeblendet wurde.