4/12 Grittibänz
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:43 |
Je nach Landesgegend sagt man auch Elggermaa oder Grättima zu den kleinen, mehr oder weniger verzierten Teigmännchen mit ihren immer etwas angekokelten Rosinenaugen. Die Kerlchen, die jetzt in vielerlei Gestalt wieder die Schaufenster der Bäckereien und die Auslagen der Lebensmittelgechäfte bevölkern, haben eine eigene Kulturgeschichte. Demzufolge gibt es sie – im Umfeld des heiligen Sankt Nikolaus – seit dem 16. Jahrhundert und das erste Exemplar, das historisch in einer Chronik belegt ist, war weiblichen Geschlechts.
Der Name Grittibänz, der vor 150 Jahren im Aargau erstmals als „Chriddibränz“ schriftlich festgehalten wurde, ist sprachlich insofern interessant, als das Element „Bänz“ die Kurzform von Benedikt darstellt und zu gewissen Zeiten als Vorname so verbreitet war, dass er als Synonym für „Mann“ verwendet würde, und „Gritti“ ist verwandt mit der Grätsche, bedeutet also einen „Mann mit gespreizten Beinen“. So wie man sie heute noch kaufen kann.
Ein Prachtsexemplar dieser Gattung ziert das Titelbild der aktuellen Ausgabe unseres SAPS-Mitgliedermagazins: es ist – ganz klassisch – ein Gritti-Fraueli, eine „Bänzin“ quasi, mit Rock und reich dekoriert, eines der Beine wie zu einem kleinen Tänzchen angehoben. Um ihre Leibesmitte hat sie neben einem Bändel auch ein Metermass geschlungen: es erinnert uns daran, dass während der Festtage allüberall Kalorienfallen lauern können… aber gleichzeitig enthält das Heft auch die Gegen-Medizin: einen Aufsatz von Dr. Erika Toman, Fachpsychologin, die über den Umgang mit Essen und Genuss über die Festtage reflektiert. Und die ein klares Plädoyer dafür abgibt, dass man sich über die Feiertage nicht krampfhaft kasteien und ein schlechtes Gewissen machen darf, sondern dass – wenn schon – froher Genuss mit Mass durchaus angezeigt ist. – Willkommen also, ihr wohlschmeckenden, weichen, goldbraun ausgebackenen Teigfiguren mit eurem herrlichen Buttergeschmack und dem leicht süsslichen Aroma, willkommen in den glänzenden Tempeln unserer Gaumen, lasst euch zermalmen zu einem sanft verschluckbaren Brei aus Kohlenhydraten und Wollust. Wir schätzen und lieben und ehren euch. Einmal im Jahr.