26/6 Provokant ungewohnt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:30 |
Vor einiger Zeit mussten wir uns an dieser Stelle kritisch mit der WELTWOCHE befassen, weil sie in einem abstrusen Sammelsurium von Vorurteilsbeschreibungen und billigen Gemeinplätzen jene Stimmung gegen das Adipositas-Präventionsprogramm des Bundes machte, die sich dann prompt und fast wortwörtlich in einer tolpatschigen Vernehmlassung der SVP niederschlug, die sich durch sachliche Inkompetenz selber disqualifizierte.
Und nun veröffentlicht diese selbe WELTWOCHE einen Text des begnadeten Provokateurs James Hamilton-Paterson, der auf listige Weise das totale Gegenteil der seinerzeitigen Aussagen vertritt. Hamilton-Paterson geht aus von einer BBC-online-Information vom 16. Mai: „Fettleibige laut Experten mitschuldig an Nahrungskrise und Klimawandel“. Laut BBC würden die Adipösen 20 Prozent mehr Kalorien verzehren als Normalgewichtige; diese Nahrung fehle in anderen Weltregionen und sei eine der Ursachen für die Unterernährung in der Dritten Welt…
Hamilton-Paterson bricht eine vehemente Lanze für die von Adipositas Betroffenen und geisselt mit anschaulichen und einprägsamen Formulierungen jene gesellschaftlichen und politischen „Umstände“ von rücksichtslosem Gewinnstreben und zivilisatorischen Auswüchsen, die dem Individuum weitgehend die Freiheit nehmen, sich so zu verhalten, wie es müsste, um dem Fluch der Adipositas zu entgehen, wenn es denn mit der entsprechenden Veranlagung behaftet ist. – Ich habe das Argumentarium für eine wirkungsvolle und politisch stringente Verhältnisprävention, verbunden mit den notwendigen regulatorischen Massnahmen in der Gesetzgebung, noch nie so fulminant und explizit formuliert gelesen, nicht einmal von bekannten Adiposoitas-Spezialisten.
Es sind genau diese impliziten Zusammenhänge, wie Hamilton-Paterson sie beschreibt, die vom rechten Politflügel her standhaft geleugnet werden. – Es ist schade, dass sich der Artikel nicht im Wortlaut übers Internet nachlesen lässt. Seine Lektüre soll allen empfohlen sein, die sich für die Hintergründe des Themas interessieren. Ich kann also nur raten, so bald wie möglich die Kioske zu stürmen und sich noch ein Exemplar der Print-Version des Magazins zu sichern, die CHF 5.90 sind gut investiert. Ob die Polit-Klientel des Blattes daraus einen erkenntnismässigen Nutzen zieht, ist eine andere Frage.