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Von Heinrich von Grünigen um 17:30 |
Es geht um Ronald. Ronald McDonald, das lebensgrosse Maskottchen des Burgerbräters mit dem goldenen Doppelbogen. Er ist mit seinem rotgeringelten Hemd, den roten Haaren und den übergrossen Schuhen das Sinnbild für „kinderfreundliches“ Fastfood. Und Ronald ist es auch, den man mit Wohltätigkeit gleichsetzt, denn er steht für die Spital-Hotels, wo Eltern mit ihren Kindern unterkommen, damit diese nicht allein ins Spital müssen.
Eine umfangreiche Studie hat nun das charitative Engagement von McDonald’s analysiert. Sie kommt zu einem vernichtenden Fazit: der Konzern benutzt (um nicht zu sagen missbraucht) seine Wohltätigkeit ausschliesslich zu Marketingzwecken. Er setzt 25 mal mehr an Mitteln ein für Werbung als für Wohltätigkeit. Sein finanzielles Engagement liegt weit unter dem Durchschnitt dessen, was US-Bürger – gemessen an ihrem Einkommen – für gemeinnützige Zwecke spenden.
Schulen und Hilfswerke, die um Spenden bitten, gehen leer aus, das Unternehmen investiert praktisch exklusiv in seine eigenen „Hotels“ und funktioniert so die Wohltat zur Propaganda um. – Nun darf man nicht kleinlich sein: das ist und war immer einer der Nebenzwecke von wohltätigen Spenden, dass der Spender von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird als grosszügiger Gutmensch… so hat man von jeher bei der Glückskette grosse Spender am Radio namentlich genannt, nach dem Motto: tue Gutes und lass darüber sprechen! Aber wenn die Nachtigall dann mit derart beschlagenen Schuhen daherkommt, wie dies gemäss Bericht der Fall ist, dann bleibt ein schaler Geschmack zurück.
Die Empfehlungen der Studie sind denn auch relativ hart: der „Clown“ solle als Figur abgeschafft werden, die Spenden sollen an andere und weitere Institutionen verteilt werden, die nicht ausschliesslich zu Propagandazwecken in eigener Sache aufgezogen wurden, McDonald’s solle Transparenz herstellen und die Schulen sollen auf weitere Vereinbarungen mit dem Konzern verzichten, und der Konzern solle endlich sein Versprechen einlösen und von Werbung absehen, die gezielt auf Kinder ausgerichtet ist… – Harte Zeiten für Clowns.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:28 |
Lange Gesichter bei den Leuten, die gestern noch auf dem Bundesplatz gestanden hatten. Sie verteilten vor der Nachmittags-Session Äpfel und ein Flugblatt an die ParlamentarierInnen, die ins Regierungsgebäude strömten. Ziel der Aktion war es, in letzter Minute noch den einen oder die andere dafür gewinnen zu können, der Revision von Artikel 14, Absatz 2bis des Lebensmittelgesetzes zuzusatimmen.
Dieser Zusatz sollte festschreiben, dass dem Bundesrat die Kompetenz erteilt wird, dann, wenn er es für richtig hält, die Werbung für „ungeeignete Lebensmittel“, wenn sie an Kinder und Jugendliche gerichtet ist, einzuschränken. Also kein Verbot, sondern eine Kann-Ermächtigung. Die nach wie vor steigende Anzahl übergewichtiger Kinder und die Omnipräsenz von Werbespots, in denen für Süsswaren und Schleckereien geworben wird, legten eine solche Ermächtigung mehr als nahe, zumal eine Studie bei der Schweizer Schuljugend gezeigt hatte, wie nachhaltig der Einfluss der Werbung auf das Kaufverhalten der Jugendlichen ist.
Bei der ersten Lesung in Nationalrat war dieser Zusatz auf Empfehlung der vorbereitenden Kommission glatt durchgegangen. Der Ständerat hatte dann anders entschieden, entgegen der Empfehlung seiner Fachkommission und mit dem Stichentscheid des Präsidenten. So musste das Geschäft nochmals zurück in den Nationalrat. Zunächst war die Hoffnung da, dass dieser wieder klar seinen ersten Entscheid betätigen möge…
Inzwischen hatten die Freiheitslobbyisten aber ihres Amtes gewaltet. Ihnen ist jede Möglichkeit einer staatlichen Auflage, welche den Profit ihrer Klientel schmälern könnte, ein Gräuel. Die rechte Flanke schloss sich. Besonders enttäuschend, dass sich selbst PolitikerInnen instrumentalisieren liessen, die sonst nicht müde werden, ihr Engagement in Gesundheitsfragen zu demonstrieren.
Von Toni Bortoluzzi konnte man nichts anderes erwarten, aber Doris Fiala dürfte sich für ihre Nein-Stimme etwas schämen, auch von Kathy Riklin hätte man eine andere Haltung erwartet… aber die Mehrheit der CVP-Leute hatte nein gestimmt, obwohl sie sonst ja das Wohl der Familie auf ihre Fahne heften… löbliche Ausnahmen: Ruth Humbel und vier weitere.
Es war ein Lehrstück in Demokratie. Um die Sache geht es vielen nicht, sondern nur um die Ideologie. Die Aufklärungsarbeit muss weitergehen.
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Von Heinrich von Grünigen um 19:28 |
Das ist wieder mal ein Timing. Schon macht sich Weihnachtsware in den Schaufenstern breit und die ersten Einkaufssonntage werden beworben, die Strassenbeleuchtungen sind aufgehängt, ja sogar der erste Schnee hat sich bereits am Christmas-Casting beteiligt… und in der TV-Werbung ist es Zeit für die roten Santa-Claus-Lastwagen, die den Kids kolonnenweise das glücksgefühlsverheissende Getränk herankarren…
Aber halt! Da kommt doch gerade rechtzeitig die Mitteilung ins Gratisblatt, dass eine amerikanische Studie eindeutig ergeben hat, der Konsum von zuckerhaltigen Limonden mache unsere lieben Kleinen aggressiv. Schon ein Glas pro Tag genüge, um die süssen Dreikäsehochs zu zerstörerischen Kampfmaschinen mutieren zu lassen, die eine Spur der Verwüstung hinter sich lassen und kaum mehr zu sozialisieren sind.
Flugs werden Experten zitiert, welche vom Konsum derartiger Flüssigkeiten abraten. Noch ist von einem Verbot nicht die Rede… aber so wie man unseren Parlamentsbetrieb kennt, dürfte darauf nicht sehr lange zu warten sein.
Dabei hat sich doch eben – wie übers Wochenende auch zu lesen war – eine Lobby-Organisation gebildet, mit dem Ziel, im Parlament gutes Wetter zu machen für die gesüsste Brause. Vielleicht als Antwort darauf, dass Gesundheitsförderung Schweiz einen neuen Report aufgelegt hat, in dem mit wissenschaftlicher Fundierung das Trinken von „Hahnenburger“ als Durstlöscher und Gesunderhalter empfohlen wird.
Der Advent mag kommen. Getrunken wird so oder so. Süsses darf auch sein, aber mit Mass.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:23 |
Der Wunsch kam aus tiefem Herzen. Die Dame war eine Forscherin auf dem Gebiet der Nano-Technologie, das heisst, sie befasst sich mit der Welt des Kleinsten. Sie war als Gesprächsgast in die Unterhaltungs-Show von Victor Giacobbo und Mike Müller geladen. Um einen Einblick in die Dimension der Mikro-Welten zu geben, zeigte sie ein kurzes Video, in dem Makrophagen zu sehen waren, Fresszellen, die im Körper Jagd auf Bakterien machen, die aber – wie das Beispiel zeigte – bei allem Fleiss nicht in der Lage waren, die Übermacht der sich laufend vermehrenden Krankehitserreger zu bewältigen.
Mike Müller stöhnte verhalten. Was er sich wünschen würde, sagte er, wären solche Zellen, die sich fressenderweise über die Fettzellen in seinem Körper hermachen würden. Dann könnte er selber sich bequem zurücklehnen und das Abnehmen den Fresszellen überlassen. Sagte er. Und stellte die Frage, ob mit einer solchen Entwicklung vielleicht einmal zu rechnen wäre.
Die Dame verneinte, obwohl sie einräumte, dass über eine solche Endeckung „wohl viele Schweizer froh wären“. – Mikes Traum ist nachvollziehbar: das wäre genau die Wunderpille, von der wir alle insgeheim hoffen, dass sie einmal erfunden werde. Wir wissen zwar, dass dies nie der Fall sein wird. Aber bei jedem noch so vordergründig abzockerischen und verlogenen Inserat in der Zeitung, am Fernsehen oder im Internet gibt es Tausende und Abertausende, die darauf hereinfallen, wider eigenes besseres Wissen, weil sie so fest hoffen, dieses eine Mal könnte das überlieferte Wissen nicht recht behalten und das Präparat würde seine wundersame Wirkung entfalten und die Kilos würden dahinschmelzen und sich über Nacht in Nichts auflösen, verschwinden in der Unendlichkeit der unerfüllbaren Träume…
Mike, du bist nicht allein.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:10 |
Neues von der Schokoladefront. Aber zuerst müssen wir uns mit Freund Rolf beschäftigen, meinem Mitschwimmer aus den Aquafit-Lektionen. Er weiss, dass die „mediterrane“ Kost eine bekömmliche Ernährungsweise sei, mit der es sich gut abnehmen lässt. Er weiss auch, dass man in Italien – das als mediterranes Land gelten mag – viel Pasta mit leckerer Bolognese isst, dazu einen guten Rotwein schlürft und auch die Dolci nach dem Essen nicht verachtet. Das alles zählt er zur mediterranen Ernährung.
Dazu – und das hat nichts mit dem Mittelmeer zu tun, das ist rein privat – hofft Rolf immer noch, es würde dereinst ein genialer Food-and-Drink-Tüftler so etwas wie eine Bier-Diät entwickeln. Die würde er dann mit vollem Körpereinsatz machen.
Nun aber zurück nach Spanien. Dort ist man dabei, die Schokolade-Industrie neu zu erfinden, um sich einen Platz auf der Landkarte der grössten Schoko-Nationen zu sichern. Der Plan ist dabei, dass man die „mediterranen“ Produkte, für die Spanien bekannt ist und die gesundheits-bekömmlich sind, in die Schokolade einarbeiten würde. So etwa spezielle Käse-Sorten, Olivenöl und verschiedene, typische Gewürze und Aromen, die der Schokolade einen mediterranen Touch geben sollen, auf dass sie „diätfähig“ werde.
So, hofft man, liessen sich neue Märkte erobern, wie das Fachorgan der Schokolatiers meldet. Ein ähnlicher Versuch in Japan, weisse Schokolade mit Käse zu vermischen, sei allerdings schon mal in die Hosen gegangen, heisst es weiter. Die Spanier wollen es trotzdem versuchen. Freund Rolf wird sicher auf den Zug aufspringen, sollte dieser je die Schweiz erreichen. Denn die, so liest man auch, figuriert nicht auf der Liste der grossen europäischen Schokolade-Nationen: dort hört man nur von Frankreich und von Belgien.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:36 |
Er wirkte selber ein wenig wattiert. Der junge Mann war schlagfertig und nicht auf den Mund gefallen. Mit Schwung war er auf den etwas erhöhten Stuhl geklettert und nun sass er dem Talkmaster gegenüber. Zwischen den beiden die Bildschirme, auf denen die Fragen zu sehen waren.
Es ging, wenn es gut ging, um eine Million. Günther Jauch stellte die Fragen. Dazwischen wollte er wissen, was der junge Mann so mache in seinem Leben. Er leite eine Model-Agentur, sagte dieser, und böte den Kunden einen Rundum-Service an, der keinen Wunsch offen lasse. Kinder-Models, junge Frauen aller Altersklassen, Senioren, ja sogar eine Spezialabteilung gebe es für Plus-Size-Models.
Günther Jauch tat ungläubig, als hätte er dieses Wort noch nie gehört. Gut, sagte der junge Mann, „dick“ könne man ja nicht gut sagen. Der Begriff bezeichne eben alles, was nicht der normalen Grösse entspreche, also alles über Grösse 38. Aber 38, das sei ja noch nicht so gross, wollte Jauch einwenden, aber der Agentur-Besitzer ging nicht mehr näher auf das Thema ein.
Und da sassen nun zuhause vor den Bildschirmen all die Menschen mit Grösse 39 und mehr (und das dürfte eine sichere, koalitionsfähige Mehrheit sein), und wusste mit einem Mal, woran sie waren: sie waren DICK, aber man durfte es nicht so sagen. Drum versteckte man die Wirklichkeit hinter einem harmloseren Begriff, der erst noch einen positiven Unterton hatte: „PLUS“, das ist etwas Zusätzliches, ein Mehrwert gewissermassen, fast schon wie ein Lottogewinn… und „SIZE“, das ist ein schönes Wort aus einer anderen Sprache, klingt zwar – wie jede Hausfrau weiss – ein wenig nach Speisefett, aber ist letztlich doch etwas Gutes.
Es hätte uns natürlich ineressiert, noch mehr zu erfahren. Wie oft denn diese speziellen Models gebucht werden, für welche Aufgaben vor allem, ob ihre Tarife die gleichen sind wie die der „normalen“, oder ob sie mehr kosten, weil sie auch mehr mitbringen? Günther Jauch kam nicht mehr dazu, solche Fragen zu stellen. Vielleicht war ihm auch weniger daran gelegen als uns, so etwas in Erfahrung zu bringen. Wozu auch? Aber wenigsten hatte er einen neuen Begriff gelernt.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:27 |
Ich war an einer Informationsveranstaltung. Dort wurde über aktuelle Trends und Entwicklungen im Bereich „gesundes Körpergewicht“ berichtet. Ein Referat erregte Aufsehen. Es war ein präsidiales Statement des Vorsitzenden des Fitness-Center-Verbandes. Als erstes teilte er mit, dass sich seine Organisation umbenannt habe. Man nenne sich jetzt Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter-Verband SFGV.
Dieser Namenswechsel, bei dem in der Abkürzung aus dem C ein G geworden ist, hat eine weitreichende programmatische Bedeutung. Fitness wird nicht mehr definiert als Training um seiner selber willen, sondern die körperliche Ertüchtigung in jeder Form wird mit einer Verbesserung der individuellen Gesundheit in Verbindung gebracht.
Bewegung und Training, quasi auf Rezept, als Medizin, vom Arzt verordnet, von der Krankenkasse bezahlt… das ist die Vision, die dahinter steht. Die Center, die diesem Ziel folgen, sollen nicht mehr die verbissenen Six-Pack-Athleten als Hauptkunden anwerben, sondern allen, die sich und ihrer Gesundheit etwas Gutes tun wollen, offen stehen mit fachkundiger Begleitung und Beratung.
Dazu müssen die Trainer in den Centern auch eine verbesserte Ausbildung durchlaufen, die Center, die in diesem Sinne zertifiziert und lizenziert werden wollen, müssen neuen und strengeren Anforderungen genügen. Entsprechend höher werden auch die Kosten für diese kompetenten Dienstleistungen an der Gesundheit angesetzt.
Somit dürfte die Branche vor einem revolutionär anmutenden Umbruch stehen. Die Tage der schweisstreibenden Mucki-Buden, in denen mit sinnlosen Kräften geprotzt und auf Bodykult gemacht wird, dürften gezählt sein, und die Etablissements öffnen ihre Türen für PatientInnen und ihre Leiden, denen mit angepasster, qualifiziert begleiteter Bewegung der Garaus gemacht werden soll.
Das Thema wird noch zu reden geben.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:40 |
Eine interessante Meldung habe ich heute in der Zeitung gesehen. Es geht um das Thema der Flugzeug-Sitzplätze für übergewichtige Passagiere. In einzelnen Fluglinien wird diesen ja empfohlen (oder vorgeschrieben), einen zweiten Platz zu lösen, damit sie genügend Raum haben in der Sitzreihe, ohne die Sitznachbarn zu „belästigen“.
Dies wird als diskriminierend empfunden. Dazu kommt, dass bei verschiedenen Sitzkonstruktionen die Armlehne gar nicht so weit hochgeklappt werden kann, dass ein bequemes Sitzen auf beiden Sitzflächen überhaupt möglich ist.
Nun habe ich von einem Designer-Vorschlag gelesen (eine Idee, die es also in der Praxis noch nicht gibt), der eine Sitz-Reihe empfiehlt, bei der die Seitenbegrenzung des Platzes flexibel eingestellt werden kann. Und der Passagier muss nicht mehr zwei volle Sitzplätze buchen, die er ohnehin praktisch nicht als solche nutzen kann, sondern lediglich „pro Centimeter“ einen Aufpreis bezahlen, je nachdem, wie viel Platz er effektiv beansprucht.
Was ist von einem solchen Vorschlag zu halten? Die Diskriminierung ist gewissermassen dem Verursacherprinzip gewichen. (Wir können uns ja sonst nicht beklagen: für unser Körpergewicht als solches zahlen wir keinen Aufpreis. Würde man dafür die Tarife geltend machen, die für Übergewicht in einem Koffer anfallen, käme das zeitweise echt teuer zu stehen.)
Ungelöst ist allerdings nach wie vor die Frage der Beinfreiheit, die bei vielen Maschinen immer mehr eingeschränkt wird. Mein Postulat bleibt also weiterhin aktuell: die Fluggesellschaften sollten in jeder Maschine pro Klasse einen gewissen Prozentsatz von Sitzen mit „Übergrösse“ einrichten, die auch genügend Abstand zum Vordersitz bieten, so dass man das Tischchen zum Essen benutzen kann. Dafür könnte man von mir aus auch einen „Zwischentarif“ verlangen, einen Aufschlag für den besonderen Service, der uns das Fliegen erträglich machen würde.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:30 |
Ich war vor einiger Zeit interviewt worden. Eine TV-Zeitschrift hatte mich befragt, was ich von Abspeck-Shows halte, die immer wieder unter verschiedenen Vorzeichen auf dem Bildschirm auftauchen. Da ich auch an dieser Stelle regelmässig und kritisch über solche Formate reflektiere, musste ich mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg halten.
Die Journalistin übernahm meine kritischen Ausführungen gerne. Auch sie schien nicht zu viel von diesen Fettmonster-Schauen zu halten. Eine Ausnahme machte ich: die Serie mit der Ernährungsberaterin „Alexa“, welche den ganz normalen Haushalt einer Familie auf seine Schwachstellen hin analysierte und mit geschickter Motivation die Leute dazu brachte, ihr Essverhalten und ihren Lifestyle im Alltag wenigstens teilweise umzustellen…
Keinen guten Faden liess ich am Wettkampf-Abnehmen, wo „belohnt“ wurde, wer das Glück hatte, in kürzester Zeit am meisten Pfunde zu verlieren und der Pechvogel, bei dem das Hungern und Herumgehampele nicht anschlug, doppelt gedemütigt und aus der Show gekippt wurde.
Der Artikel war eine Vorschau auf die neue RTL-Reihe Extrem schwer, die jetzt in diesen Tagen angelaufen ist. Ich hatte bis dahin noch nichts von diesem Projekt gesehen. Man wusste, dass ein „personal coach“ extrem übergewichtige Zeitgenossen während eines ganzen Jahres begleiten würde, um sie so möglichst viel abnehmen zu lassen.
In der ersten Folge nun ging es um Nina (21), die einem BMI von 67 auf die Waage bringt. In der zweiten Folge wird ein junger Mann von 24 Jahren mit 220 Kilo Gewicht zu sehen sein. Also alles spektakuläre Extremfälle, die hier „zur Schau gestellt“ werden, die im richtigen Leben eher selten anzutreffen sind und in erster Linie eine umfassende, medizinisch geführte Therapie nötig hätten.
Den Eindruck zu erwecken, einer so gravierenden Erkrankung sei mit „weniger essen und mehr bewegen“ beizukommen, ist richtig fahrlässig. Und auch wenn sich auf der Waage ein Erfolg einstellt (was angesichts des jugendlichen Alters der Protagonisten durchaus möglich ist), lässt sich daraus keine Langfrist-Prognose ableiten und fällt es schwer zu beurteilen, was der „Promi-Schock“ alles auslösen kann, mit dem sich die Teilnehmenden konfrontiert sehen.
Die erste Sendung hat meine skeptische Grundhaltung bestätigt.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:38 |
Vielleicht hat sich bei mir im Lauf der Zeit eine Art schlichtes Gemüt herausgebildet. Wie sonst soll ich mir erklären, dass ich mich heute im Kino sehr angenehm amüsiert habe in einem Film, den noch vor wenigen Wochen die bestausgewiesenen Kollegen von der Filmkritik in Grund und Boden gestampft haben?
Es geht um die neuste Schweizer Militärkomödie Achtung, Fertig WK! Kein gutes Haar liessen die cinéastischen Edelfedern in ihren Verrissen an dem Werklein, es zeige primitivsten Schenkelklopferhumor aus der untersten Schublade, strotze von sexistischen Clichés und von schauspielerischem Versagen und sei überhaupt ein einziger Schandfleck für die siebte Kunst aus Helvetien…
Interessant nur, dass der Streifen, als er dann in die Kinos kam, von Anfang an zum Publikumsrenner wurde, innert weniger Tage zum Spitzenreiter der einheimischen Kassenerfolge avancierte, indem die Zuschauer die Kinosäle förmlich stürmten… Die Mund-zu-Mund-Propganda sprach offenbar eine andere Sprache als der Fachjargon.
Das Phänomen ist ja nicht neu, man kennt es auch vom Boulevard-Theater her, wo seit jeher das gehobene Feuilleton nicht müde wurde, eine Aufführung umso kritischer zu zerfetzen, je besser sich das Publikum im Saal amüsiert hatte. Amüsement schien für viele Rezensenten DIE Todsünde schlechthin zu sein in der Unterhaltungskunst.
Ich jedenfalls, als ich heute endlich im Kino sass, habe mich redlich unterhalten und meine Mitbesucher ebenfalls. Es war nicht Militärnostalgie allein, die über diesen rasanten Parodien-Spuk ins Schmunzeln und ins Lachen geriet, es hat mich alles sehr angesprochen, das teils recht hintergründige und listenreich fallengespickte Drehbuch, die unverbrauchten Schauspieler in den meisten Rollen, der souveräne Marco Rima, der ganz andere Töne anschlug als in seinen Showprogrammen… kurz: ich bin sehr positiv angetan.
So dass ich es dem Plot nicht einmal übel nehme, dass natürlich wieder ein dicklicher Soldat den Part des Kompanietrottels übernehmen musste, verfressen und immer auf der Suche nach Nahrung, aus Frust wegen fehlender Liebe… denn zuletzt ist er doch auf der Seite der Gewinner, indem er ein Liebchen findet, das zu ihm hält und damit sein Leben wieder ins Gleichgewicht bringt. – Ehrlich, mir hat’s gefallen!
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