30/11  „150-Kilo-Mann“

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:32

Vor 10 Jahren wog ich 165 Kilogramm. Das war der Kulminationspunkt meiner Adipositas-Karriere, die irgendwo begonnen hatte, als ich Mitte Zwanzig war, nach einem Unfall nicht mehr Sport treiben durfte, mit Rauchen aufhörte, Autofahren lernte und mich beruflich so weit verbesserte, dass die Arbeitsessen üppiger wurden… Ich durchlief die landesübliche Jo-Jo-Laufbahn, machte alle denkbaren Irrsinnsdiäten, nahm ab und immer wieder zu, bis mir das Leben wirklich schwer fiel.

Unter ärztlicher Leitung – und ohne Operation – nahm ich in drei Jahren 35 Kilo ab, stellte meine Essgewohnheiten um, versuchte mich zaghaft etwas mehr zu bewegen… und es gelang mir, das neue Gewicht einigermassen zu halten, wenn auch mit „saisonalen Schwankungen“. Eigentlich sollte und wollte ich noch weiter abnehmen, obwohl ja schon die Verhinderung des neuerlichen Jo-Jo-Effekts an sich ein Erfolg war.

Aber es wollte und wollte nicht so recht klappen. Wenn ich streng mit mir selber war, mir Zwischenknabbereien und Süssgenüsse versagte, dann sank das Gewicht und vermittelte mir die nette Gewissheit: „Du kannst ja, wenn du willst!“ – Was mir aber nur als Rechtfertigung diente, bei der nächsten Einladung wieder einen Dessert-Nachschlag zu nehmen – ich konnte ja, wenn ich wollte. Nur eben heute grad nicht.

So hat sich die Grenze langsam wieder nach oben verschoben, unmerklich fast, unterbrochen von neuen Ansätzen zwar und immer noch innerhalb der Spanne der Toleranz meines elastischen Gürtels, so dass ich keine neuen Löcher stanzen musste. Mein Ziel war und ist es, trotz aller Schwankungen wenn immer möglich unterhalb des 140-er-Limits zu bleiben. Und steigt der Pegel aus besonderem Anlass mal doch darüber, dann wird er in den Tagen darauf unerbittlich wieder herunter geholt. Ich kann ja, wenn ich will.

So hat es mich heute wie ein Keulenschlag doppelt hart getroffen: Kurt Aeschbacher, in dessen Talk-Show vom 7. Dezember ich zum Thema „Size matters“ eingeladen bin, bezeichnete mich in der Vorschau auf die nächste Sendung heute als „150-Kilo-Mann“! – Weight matters. Ich hätte nicht gedacht, dass mir diese 10 angedichteten Kilos so schwer aufliegen würden. Ist es eine Form von Eitelkeit?

Jedenfalls macht mich diese Aussage perplex. Was soll ich tun? Soll ich mich der Macht des Mediums beugen und in der kommenden Woche mir nun die fehlenden 20 Pfunde noch anfuttern? Oder soll ich die Redaktion Lügen strafen und noch eine Woche lang abnehmen auf Aeschbacher komm raus, um dann elegant und federnd ins Studio zu wippen und den Showmaster zu verblüffen? Ein Dilemma par Excellence, dem ich mich am Ende nur dadurch entziehen kann, dass ich es ignoriere. Size doesn’t matter, after all…


3 Kommentare zu “„150-Kilo-Mann“”

  1. missmolly sagt:

    ich habe kürzlich gelesen wie aschbi über elton john gelästert hat dass er ein fetter,alter sack wäre-weiss nicht mehr wörtlich.und ausgerechnet ER soll jetzt die sendung SIZE matters moderieren?wohl die falsche wahl.muss ehrlich sagen seit dem sind meine symphatien für aschbi arg geschwunden.weil es steht niemanden zu über die anderen zu urteilen vor allem dann nicht wenn mal selber erwartet von der gesellschaft akzeptiert zu werden.
    aber in seiner laborbar muss man ja auch entsprechen aussehen um rein zu kommen dito wars bei seinem zuppa restaurant.
    die lästereien kommen aber meistens von unzufriedenen menschen.ich habe noch ie jemanden getroffen der zufrieden und happy ist über die anderen lästerte.

    sie können ja dies klar stellen in der sendung.wahrscheinlich dachte man 10 kg mehr oder wenger kommt eh nicht drauf an bei ihrem gewicht.aber es kommt eben schon drauf an.
    ich find sie wäre der idaler moderator für eine solche sendung.dann hätte sie wenigstens format.
    also lassen sie sich die laune nicht verderben,sie wissen was sie leisten,was sie können und was sie wert sind.und vor allem haben sie eins eine positive ausstrahlung.

    ich wünsche ihnen nur gutes.

    molly

  2. Eva sagt:

    Und wer tritt nach Ihnen auf? Die Dame ohne Unterleib?

    Nein, ganz im Ernst (ganz abgesehen davon, dass besagte ohnehin nicht zum Motto der Sendung passen würde), eine derart reisserische Ankündigung passt vielleicht für ein bizarres Variététheater des 19. Jahrhunderts, nicht aber für eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit Informationsauftrag.
    Deshalb, lieber Herr von Grünigen, lassen Sie sich bitte nicht beirren. Denn egal, wie viel Sie am besagten Tag nun wirklich wiegen, für das eigentliche Thema ist dies ohne Belang.

    Herzlichst

    Eva

  3. Liebe molly

    Aeschbacher hatte geschrieben, nachzulesen im BLICK:
    Doch Aeschbi fand den Superstar schrecklich: «In einem ziemlich lächerlichen, viel zu langen, üppig bestickten Frack, bewaffnet mit einem riesigen, glitzerigen Cartier-Kreuz um den Hals, schlich ein dicklicher, älterer Herr mit aufgeschwemmtem Gesicht an seinen Flügel und klimperte die ersten zehn Minuten belanglos vor sich hin.»

    Ich kann nicht erkennen, dass hier Elton John explizit wegen seines Gewichts beleidigt wird. Dicklich ist er nun mal.

    Ich kann HvG gut verstehen, dass ihn die 10 kg nerven, ginge mir auch so, aber Kurt Aeschbacher hat es einfach ein wenig „boulevardmässig“ formuliert. Sowas machen Blick & Co. jeden Tag und mit ganz anderen Verdrehungen.

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