30/1  Cuisine au beurre

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:19

Als wir klein waren, machte die Welt den Anschein, in Ordnung zu sein. Zumindest was das Essen betraf. Es war zwar nicht so reichlich vorhanden und Fleisch gab es nur einmal die Woche, aber man wusste, wo es herkam. Hinten auf dem Pferdegespann fuhr man mit dem Bauern und der frisch gemolkenen Milch in die Käserei. Das kleine Aluminium-Kesselchen mit dem gut schliessenden Deckel hielt man auf dem Schoss. Der Käser füllte zwei Liter Milch ein, noch lauwarm war sie, aus dem grossen Kessi geschöpft. (Als wir etwas grösser waren, bestand eine Mutprobe darin, das Milchkesselchen an seinem Holztraggriff im Kreise zu schwingen, hoch über den Kopf rundum, die Fliehkraft ausnützend, bei offenem Deckel…)

Zuhause wurde die frische Milch in grosse Schalen gegossen und über Nacht in den kühlen Keller gestellt. Am andern Tag schöpfte Mutter mit einem flachen Löffel die dickzähe Rahmschicht ab und nach einigen Tagen war genug beisammen, um das viereckige Butterglas zu füllen. Oben hatte es einen aufschraubbaren Deckel, in dem ein Quirl mit Zahnrad steckte, und eine Zahnstange liess sich mit dem Griff hin und her schieben, so dass der Quirl sich flink im Rahm drehte… und wenn man lange und stark genug zog und stiess, so bildete sich ein schöner, gelber, fettiger Klumpen: beste Butter, direkt von der Kuh. Natur pur.

Diese ganze Prozedur stieg in meiner Erinnerung hoch, als ich heute in den Nachrichten und im Kassensturz die Sache mit den Transfett-Säuren hörte. Der Zufall wollte es, dass wir am Tisch sassen, auf Gäste warteten und vor uns eine Packung mit Apéro-Gebäck hatten. Da stach mich die Neugier: Wieviel dieser Transfette steckt denn nun in den knusprigen Flûtes aus Blätterteig? – Pech gehabt: Unter den Zutaten waren keine gehärteten Fette aufgeführt… sondern „fraktionierte Butter“. Hoppla, was war denn das? Das hatte ich vielleicht schon oft gegessen – aber noch nie gehört!

Was hatte ich mir darunter vorzustellen? Eine kleine Recherche im Internet brachte eine Fülle von Hinweisen, Beschreibungen, Regelungen, Vorschriften und Bestimmungen zu Tage, mit denen ich mich lange hätte beschäftigen können, ohne jedoch genau zu verstehen, worum es ging. Fette – auch Butter – werden im Laufe der industriellen Verarbeitung offenbar durch verschiedenste chemische Prozesse gejagt, verändert, veredelt, „umgeestert“ (las ich da), bis ihre Eigenschaften ganz genau dem jeweiligen Verwendungszweck entsprachen.

Manipulation nach Mass. Fraktionieren, hiess es, sei die Trennung von kristallinen und flüchtigen Fraktionen… Eine andere Methode sei das Aufschäumen mit Stickstoff, um bessere Fliesseigenschaften beim Fett zu bewirken… – Und der Vorteil des Fraktionierens bestehe darin, dass man dadurch bei der Deklaration den mit negativem Image behafteten Begriff „gehärtet“ vermeiden könne.

Danke. Zwar weiss ich immer noch nicht, ob beim Fraktionieren nun Transfett-Säuren entstehen oder nicht… aber die Lebensmittelindustrie verschont mich wenigstens gnädig vor einer Information, die mich beunruhigen könnte… Alles in Butter!


2 Kommentare zu “Cuisine au beurre”

  1. Eat food. Not too much. Mostly plants.
    Vor lauter Nährstoff-Information sieht man langsam das Nahrungsmittel nicht mehr. Ein bemerkenswerter Artikel dazu mit obigem Link.

  2. Katia sagt:

    Irgendwie tönt das, Transfette hin oder her, schon ein bisschen gruusig…

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