8/2  Fertig platziert

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:07

Als das Fernsehen laufen lernte, da war man peinlich darauf bedacht, dass das Massenmedium nicht für bestimmte Produkte ungerechtfertigte Werbung mache… Sass in einem TV-Spiel die Familie beim Frühstück, so wurden die Namen auf der Packung mit den Flocken und der Büchse mit dem Malzgetränk fein säuberlich überklebt mit Fantasie-Bezeichnungen, die man in der grafischen Werkstatt eigens drucken liess.

Heute ist man in dieser Frage wesentlich weiter: für jedes Markenprodukt, das wie zufällig in den Blickwinkel der Kamera gerät, und sich so dem Betrachter unterschwellig ins Bewusstsein rufen kann, gibt es präzise ausgefeilte Verträge mit Sponsoren, welche die Häufigkeit und die klare Positionierung bis ins Detail regeln… Die heimliche Präsentationsabsprache hat einen Namen: Product Placement, Platzierung von Produkten.

Es sind erhebliche Summen, die dafür fliessen, und manche Film- und TV-Prodkution käme nicht zu Stande ohne diese willkommenen Nebeneinnahmen. – Die Regierung in England hat nun ein Gesetz entworfen, so berichtet die Financial Times, das dieses Product Placement in kommerziellen TV-Shows verbieten will. Insbesondere darf kein Alkohol mehr gezeigt werden und auch keine Nahrungsmmittel mit hohem Fett-, Zucker- oder Salzgehalt.

Die Werbebranche ist empört, wirft dem Staat Bevormundungs-Mentalität vor, die Sender klagen über Chancen-Ungerechtigkeit im Wettbewerb mit TV-Shows aus USA und Europa und – das ist die altvertraute Platte der Werber, die da heruntergeleiert wird: „Wo ist der Beweis, dass diese Form der Werbung zu höherem Konsum von Alkohol und fettigen Snacks führt?“ (Der naive Laie fragt sich verwundert, wofür denn wohl die Konzerne all die Millionen und Milliarden in diese TV-Präsenz investieren, wenn es sich ja eh nicht rentiert..?! Aus reiner Menschenliebe kaum.)

Der guten Ordnung halber muss gesagt sein, dass Product Placement auch bei uns in Kinder-Sendungen strikt verboten ist. So weit hat sich der Gesetzgeber bereits aufgerafft. Für den nächsten Schritt fehlt ihm noch der Mut, da wartet er vermutlich wieder mal auf Europa.




7/2  Mediterrane Hoffnung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:27

Die Information – und mit ihr die Erkenntnis – kommt leider drei Jahre zu spät, für mich. Dadurch, dass man konsequent eine mediterrane Ernährung verfolge, könne man weitestgehend verhindern, dass man einen ersten Herzinfarkt bekomme. So steht es aufgrund einer aktuellen Studie im American Journal of Epidemiology. Und wenn man den ersten nicht bekommt, dann gibt es folgerichtig auch keinen zweiten und dritten. Ist doch irgendwie logisch.

Aber wie bei aller Vorbeugung hat es auch hier einen Haken: solange man nicht die absolute Gewissheit hat, dass eine konkrete Gefahr droht, fällt es schwer, „einfach so“ und auf Vorrat eine doch einschneidende Praxis im Alltag einzuführen. Bei mir jedenfalls war es so, dass trotz meines Übergewichts sämtliche relevanten Werte, die üblicherweise vor drohender Infarktgefahr warnen, im grünen Bereich lagen. Mit einem Herzzwischenfall hätte ich zuletzt gerechnet. Und doch war er eingetreten!

Nun ist es drei Jahre her seit jenem „Event“ und ich schlucke brav meinen täglichen Pillencocktail zur Kontrolle des Bludrucks, zur Blutverdünnung, zur Entwässerung und wozu sonst auch immer… und habe dabei das Gefühl, in guter Obhut und vor weiteren Attacken gefeit zu sein. Freilich, das muss ich gestehen, bin ich kein sonderlich guter Praktikant, was die sogenannte Compliance betrifft. Das heisst: ich wüsste genau, was ich unternehmen müsste an sportlichen Aktivitäten, um meine Fitness zu erhöhen, wie vorsichtig ich mich ernähren müsste, um nicht weiter zuzunehmen, welche Übungen ich täglich zu absolvieren hätte, um meine Muskulatur wieder aufzubauen, das Herz in Schwung zu bringen und die Lunge kräftig durchzulüften…

Aber ich mache es nicht. Oder nicht konsequent genug. Und ärgere mich dabei über mich selber, dass ich keine Ausdauer habe, zu früh wieder aufgebe, jede Ausrede und jeder Vorwand mir billig sind, um das nicht zu tun, was ich sollte. – Ich weiss, dass ich damit nicht allein bin und ich weiss auch, dass es kaum gelingen würde, mich dazu zu zwingen. Es ist ein Teil des erworbenen Lebensgefühls, so zu sein, wie man ist. Da kommt vielleicht die mediterrane Erkenntnis nicht zu spät: ein Hoffnungsschimmer, dass sich davon doch noch etwas umsetzen liesse.




6/2  Wasser marsch!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:28

Da ist doch diese Dame in der Fernsehwerbung, die aussieht wie Melanie Winiger, und die in einem Wasserfall steht und ins Schwärmen kommt, weil das Wasser so rein ist und sauber. Und am Schluss stellt sich heraus, dass sie das Wasser meint, das im Closomat aus der Düse strömt und – man mag es sich vorstellen – mit starkem doch zärtlichem Strahl die Gegend um ihren Ringmuskel reinigt, wofür wir in unserer Jugend jeweils ein eigens zugeschnittenes Stück Zeitungspapier nehmen mussten. An schlechten Tagen war es vom Telefonbuch.

Heute machte ich einen Besuch im Zürcher Stadtspital. Auf der Abteilung, wo die Patienten sind, die Schmerzen haben und Mühe, sich zu bewegen. Hier wäre eine solche sanitäre Wasser-Installation eine wahre Wohltat. Aber es gibt keine. Gut, die Phase mit dem Zeitungspapier ist überwunden, das Hakle-Zeitalter hat begonnen, aber trotzdem: Vorbild ist die Lindberg-Klinik in Winterthur, wo die ganze medizinische Infrastruktur konsequent ausgelegt ist für Menschen mit Übergewicht. Dazu gehört auch der Closomat in jedem WC, gewissermassen als Selbstverständlchkeit.

Dass ein solcher Service im Stadtspital nicht möglich ist, mag in der aktuellen Finanzlage begründet sein. Aber auf der andern Seite gibt es in den renovierten städtischen Sportanlagen wunderbare Behinderten-WCs mit vollem Wasserkomfort, sogar mit in der Höhe verstellbarer Schüssel. – Hat also das Schulamt, das für die Hallenbäder zuständig ist, mehr Verständnis für Menschen mit erschwerter Lebensgestaltung als die Sanitätsdirektion?

Bald sind in der Metropole Wahlen. Der Gesundheitsvorstand ist neu zu bestellen. Man sollte die KandidatInnen fragen können, wie sie es mit dem Wasser halten. Die Investition würde sich lohnen.




5/2  Dick macht mobil

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:07

Es ist, als ob für einmal die alte Regel nicht mehr ganz gilt, wonach Amerika uns immer einige Jahre voraus ist. Diesmal hätten wir die Diskussion früher geführt über höhere Krankenkassengebühren für Dicke. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass es in USA bislang noch keine Gesundheitsvbersicherung gab, dei mit der unsern vergleichbar wäre.

Nun also geht – einen Bericht in der NZZ zufolge – in Amerika das Gespenst um, die Übergewichtigen könnten mit höheren Prämien abgestraft werden. Um dies abzuwenden gehen die Übergewichtigen-Organisationen in die Öffentlichkeit und weisen darauf hin, dass noch nicht automatisch krank ist, wer einige Kilos zuviel mit sich herumträgt und dass es viele Übergewichtige gibt, die sich im Grunde gesund ernähren, aber die aus anderen Gründen zu schwer sind, die nicht abnehmen können, auch wenn sie sich darum bemühen…

Die Diskussion kommt uns bekannt vor. Sie ist an keine Landesgrenze gebunden.




4/2  Tschüss, BMI!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:27

Dass der BMI als Indikator für Gesundheitsrisiken nicht über jeden Zweifel erhaben ist, darüber wird schon länger gesprochen. Eine neue Studie an über 9’000 Senioren in Australien zeigt jetzt einen interessanten Trend: wenn jemand erst mal 70 geworden ist, bei einigermassen ordentlicher Gesundheit, dann spielt das Übergewicht – berechnet gemäss BMI-Normen – keine grosse Rolle mehr. Menschen in diesem Alter überleben dei nächsten zehn Jahre mit grösserer Wahrscheinlichkeit als Gleichaltrige mit „Normalgewicht“.

Dieser Befund stützt die bekannte Erkenntnis, das die „fitten“ Dicken gesundheitlich besser dran sind als die „schlappen“ Dünnen. Neu aber ist für uns, die wir uns der Schwelle der 70 nähern, dass wir nicht mehr verzweifelt das ominöse Idealgewicht anpeilen müssen, sondern versuchen können, die nächsten 10 Jahre einigermassen kommod mit unseren Pfunden zu überleben. Es muss ja nicht gewuchert werden.




3/2  Radio-Diskurs

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:21

Was eine kontroverse Debatte werden sollte, aufgehängt an der unlängst wieder eingemotteten Freisinn-Idee, fitten Krankenkassen-Zahlern einen Rabatt zu gewähren, wurde zu einem grösstenteils einvernehmlichen Chorgesang. Wir waren aufgeboten zu einer Diskussions-Aufnahme für eine DRS 2-Sendung: der Gesundheitspolitiker, der Adipositas-Mediziner und ich als Vertreter der PatientInnen. Eingangs wurde die Frage gestellt, wieviel Selbstverantwortung übergewichtigen Menschen zuzumuten sei und ob es überhaupt Sache des Staates sei, den dicken Bürger dazu anzuhalten, abzunehmen.

Wie zu vermuten, waren wir uns in vielen Punkten einig, der Befund war nicht zu bestreiten, die zunehmende Übergewichtigkeit IST ein Problem. Dessen Lösung ist aber noch in weiter Ferne und der „klassische“ Ansatz mit weniger essen und mehr bewegen wird nun schon seit Jahrzehnten ohne jeden Erfolg praktiziert. – In welcher anderen Disziplin – fragte der Mediziner – würde man wohl so hartnäckig die immergleiche Therapie empfehlen und anwenden, obwohl sie so offensichtlich und nachweislich ohne jeden Erfolg geblieben ist?

Völlig neue Ansätze wären gefragt, die zum Teil tief in unsere lieb gewordenen Lebensgewohnheiten eingreifen müssten. Abkehr vom Temperatur-Komfort, Umkrempelung der Preisstrukturen bei den Lebensmitteln, intensivste Aufklärung und Information von klein auf, Besteuerung der Nahrungsmitttel nach Energiedichte… um nur einige Ideen zu nennen.

Wenn man bedenkt, wie schwer sich die Wirtschaft heute schon tut mit bescheidensten Regulierungs-Ansätzen, dann muten solche Gedanken reichlich visionär, ja gar utopisch an! Umzusetzen in Generationen, vielleicht. Und möglicherweise erst wirksam, wenn unsere Enkel gestorbeen sind, an den Folgen ihres Übergewichts. – Zu hören am Freitag, 12. Februar, vormittags auf DRS 2.




2/2  Augenschmaus

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:33

Es esse, sagt das Sprichwort, mit: das Auge. Die Farbe der Lebensmittel hat einen Einfluss darauf, ob wir sie mögen oder nicht, das haben viele Experimente bewiesen. Früchte sind ein gutes Beispiel dafür: wenn wir auf den Wochenmarkt gehen, fallen uns die prächtigen, farbig leuchtenden Produkte auf. Bei den Äpfeln entscheiden wir uns fur die schönste Sorte mit der glatten, makellosen Haut… und verschmähen den leicht fleckigen, weniger appetitlich aussehenden Bio-Apfel nebenan, obwohl dieser geschmacklich besser wäre und überdies frei von Insektiziden und anderen chemischen Spritz-Rückständen.

Auf der andern Seite beklagen wir die Tatsache, dass nicht genügend Obst und Gemüse gegessen wird. Auf fünf Portionen pro Tag sollten wir es bringen, aber das schaffen die wenigsten. Ist es, weil die Frischprodukte doch zu wenig ansehnlich und nicht interessant genug sind? In England beschreitet man neue Wege und tüftelt an optisch attraktiven innovativen Früchte- und Gemüse-Züchtungen, die durch natürliche Kreuzungen, ohne gentechnische Manipulation erreicht werden sollen.

Die Rede ist von schwarzen Aprikosen, gelben Rüben, rotgestreiften Kartoffeln, Mini-Orangen und Blumensalat… das neuartige Gemüse wird zum Teil in England nach traditionellen Methoden produziert, zum Teil aus fernen Ländern importiert. In Planung sind neue Kombinationen wie Kirschen und Pfirsiche ohne Stein oder Äpfel mit besonders viel Vitaminen, um einen ganzen Tagesbedarf zu decken. Oder Trauben mit Caramel-Geschmack und Orangen, die sich so leicht wie Bananen schälen lassen.

Schöne neue Früchte- und Gemüsewelt! Am Schluss muss dann nur noch der Preis stimmen.




1/2  Welt-Diagnose

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:50

Wie denken die Menschen in verschiedenen Ländern dieser Welt über Fragen rund ums Körpergewicht? Die Redaktion von Reader’s Digest wollte es wissen und hat 16’000 Leute in 16 Ländern rund um den Globus befragt. Eines der Länder war auch die Schweiz. Aber „unsere“ Antworten sind nicht zu allen der 19 Themen aufgelistet, die angesprochen wurden. Denn die Schweiz liegt im Quervergleich meist irgendwo in der Mitte und interessant für den publizierten Kurzkommentar waren vor allem die extremen Positionen.

Immerhin: die Frage, wer schon einmal einen Versuch unternommen habe, abzunehmen, beantworteten 71% der SchweizerInnen mit JA… am meisten waren es in Finnland mit 83%, kaum mehr als bei uns bejahten die Frage in USA: 72%. In Deutschland sind es nur 44%, in Frankreich 40% und am wenigsten waren es in Indien: 21% – Das ist ein interessanter Befund, denn nach der jüngsten Gesundheitsbefragung gelten in der Schweiz 41% der Bevölkerung als übergewichtig und 9% als adipös, zusammen also 50%. Demzufolge haben 16% Leute abzunehmen versucht, die es eigentlich gar nicht nötig gehabt hätten…

Stehen wir denn hierzulande unter einem so massiven Diktat der „Gesundheitsapostel“? Die Umkehrfrage gibt Aufschluss: wie hoch ist der Anteil der Menschen, die das Gefühl haben, es werde zu viel öffentlicher Druck auf die Dicken ausgeübt? An der Spitze steht hier Brasilien mit 83%, am wenigsten Druck verspürt man in Ungarn, mit 28%. Die Schweiz hält sich bedeckt, nur 41% klagen über zu starken Druck. In USA sind es 61%. Und in England, wo die staatlichen Kampagnen greifen, sind es 55%.

50% der verheirateten Frauen in USA möchten, dass ihre Männer dünner wären, während nur 47% der amerikanischen Ehemänner gerne schlankere Frauen hätten… In Ungarn sind nur gerade 11% der Männer und 14% der Frauen unzufrieden mit dem Gewicht ihrer PartnerIn.

In Finnland ist die Zahl der Menschen, die Übergewicht als Gefährdung der Gesundheit betrachten, am höchsten. Nachdem Aufklärungskampagnen für eine gesunde Lebensweise seit 30 Jahren laufen, hat sich die Sterblichkeitsrate an Herzinfarkt um 80% verringert und die Lebenserwartung der Finnen um 10 Jahre verlängert.

Beim Konsum von Schlankheitspillen liegt China mit 37% vorne, gefolgt von Brasilien (30%), Russland (24%), Mexico (23%) und USA (19%). – 70% der Russen geben die Schuld am Übergewicht ihren Genen, in Deutchland sind es 61%, in Indien 50%, aber in USA nur 20%! Woran mag diese Diffrenz liegen? – In Frankreich dagegen weisen die meisten der Befragten den „amerikanischen“ Essgewohnheiten und den Fastfood-Ketten die Schuld an der Übergewichtsepidemie zu. – Nur nicht sich selber.