13/4  Desillusion

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:31

Herr N. schaut fern. Wenn im privaten TV ein Film läuft, häuft sich die Werbung. Mitunter im Zehnminutentakt wird die Handlung unterbrochen. Und dann sind da die schlecht synchronisierten Stimmen, die ihre Message herausbrüllen wie billige Jakobe.

Sie bieten eine ganze Nacht lang diese Artischoken-Drinks feil, mit denen man mühelos und ohne Verzicht in einer einzigen Woche bis zu 15 Kilo abnehmen kann. Das wär doch was, sagt sich Herr N. Er ist nicht blöd, verfügt über einen angemessenen Bildungshorizont und überhaupt. Aber wenn diese Drinks so intensiv angepriesen werden, denkt er, muss doch etwas daran sein.

Und wenn man sofort bestellt, bekommt man eine zweite Packung gratis! Ein Fläschchen mit einem Schluck kostet dann nicht mehr 10 Franken, sondern nur noch 5! Wenn das kein Schnäppchen ist. Herr N. traut der Sache noch immer nicht. Beim nächsten Besuch in der Klinik will er den Adipositas-Spezialisten fragen.

Der Doktor unterdrückt ein Lächeln. Das ist Voodoo, sagt er. Aber die viele Werbung! sagt Herr N. trotzig. Entschuldigen sie den Ausdruck, sagt der Arzt, aber da werden die Leute schlicht verarscht. Herr N. glaubt dem Doktor. Aber ein bisschen enttäuscht ist er doch. Es wäre wirklich schön gewesen, wenn der Spezialist ganz offiziell ein so wirksames Mittel anerkannt und zum Gebrauch frei gegeben hätte.

Kann man denn nichts dagegen tun? fragt Herr N. Der Doktor schüttelt den Kopf. Es ist der freie Markt. Herr N. hat es geahnt.


Ein Kommentar zu “Desillusion”

  1. gabbay sagt:

    die artschikoen-drinks sollen ja gesund sein, solange der artischoken-drink nicht CINAR ist ;)

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