9/1  Süsser Sündenbock

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:41

An (fast) allem schuld. Vor Jahren hat man die Ursache für Übergewicht und Adipositas  vor allem im zu reichlichen Verzehr von Fett gesehen. Kohlenhydrate, insbesondere die im Zucker enthaltenen, wurden als unbedenklich taxiert… das würde sich verbrennen, während nur das Fett in die Fettreserven eingelagert werde.

Dachte man. Inzwischen weiss man mehr über die Mechanismen des Stoffwechsels und darüber, dass ein zu hoher Zucker-Konsum auf verschiedene Organe verheerende Wirkungen haben kann. Ungeachtet dieser Erkenntnis hat sich in den letzten Jahren der Verbrauch von Zucker laufend gesteigert, vor allem auch in Fertigprodukten, wo verschiedene Zuckerarten eingearbeitet sind, sei es zur Geschmacksverbesserung oder für eine längere Haltbarkeit.

Nun schlägt das Credit Suisse Research Institute Alarm. Es legt eine Trend-Studie vor, die den Zucker-Konsum für die Steigerung der Gesundheitskosten verantwortlich macht. In einem eindrücklichen Video wird die fatale Entwicklung unseres Konsumverhaltens aufgezeigt. Das Video gibt zu denken… Spannend und verdienstvoll wäre es, wenn Credit Suisse in dieser Sache nicht nur Forschungsresultate publizieren würde, sondern jene Organisationen, die sich auf diesem Gebiet mit politischem Lobbying engagieren, auch materiell unterstützen könnte. Hoffen ist erlaubt.




8/1  Zum Beispiel Krebs

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:01

Gesunde Ernährung ist der Schlüssel zur Vorsorge gegen viele Krankheiten. So auch gegen Krebs. Der World Cancer Research Fund International hat deshalb ein Konzept im Internet publiziert, das zu einer nachhaltigen Verbesserung der Nahrungsqualität und des Essverhaltens der Bevölkerung beitragen soll. Die darin skizzierten Massnahmen könnten – mutandis mutatis – auch auf die Adipositas-Thematik übertragen werden. Die einzelnen Aktivitäten sind eingebettet in eine Gesamtschau, die allerdings auch den Blick öffnet auf politische Stolpersteine, die zu beachten sind.

Für die folgenden Aktionsfelder werden gezielte Massnahmen vorgeschlagen:

  • Lebensmittel-Deklaration auf den Packungen verbessern und lesbar gestalten, klare Regelungen für Health-Claims
  • In öffentlichen Institutionen wie Schulen, Universitäten, Spitälern etc. gesunde Lebensmittel als Standard anbieten
  • Finanzielle Anreize schaffen durch Verbilligung von Früchten und Gemüsen und Erhebung von Steuern auf ungünstiger Nahrung
  • Einschränkung der an Kinder gerichteten Werbung für ungeeignete Lebensmittel, Verbot von aufdringlichem Marketing und Sponsoring
  • Qualität der Lebensmittel verbessern durch neue Rezepturen, Verbot von Transfetten und von kaloriendichter verarbeiteter Nahrung, Portionengrösse verkleinern
  • Lebensmittel-Verteilung optimieren durch dezentrale Verkaufsstellen
  • Aufklärung und Information sowohl der Bevölkerung wie aller mit Gesundheit befassten Fachpersonen
  • Ausbildung in Gesundheitsfragen auf allen Stufen einführen

Dies ist eine beachtliche Liste von Baustellen, auf denen zum Teil auch bei uns bereits gearbeitet wird. Aber offensichtlich noch weitgehend ohne eine Gesamtschau und ohne einen expliziten politischen Willen, wie die jüngsten Entscheide in unserem Parlament fatalerweise zeigen. Der Ernst der Lage ist offenbar noch nicht erkannt.




7/1  Gemüse satt!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:43

Mit der Diskussion über die gesundheitlichen Vorteile des Verzehrs von mehr Gemüse wächst das Interesse an vegetarischer und veganer Kost. Diese rein pflanzliche Ernährungsform stösst in weiten Kreisen auf Vorurteile und auch Missverständnisse, je nachdem, wie doktrinär sie praktiziert wird.

Nachdem der Verzicht auf den täglichen Fleischkonsum immer mehr zum Thema wird, hat man in Deutschland festgestellt, dass die Anzahl der Menschen, die sich vegetarisch Ernähren, stetig zunimmt. Auch in Oesterreich wird ein ähnlicher Zuwachs registriert, mit einer vegetarischen Konzentration in Wien. Zudem macht sich ein neuer Trend bemerkbar unter der Bezeichnung Proxy-Vegetarier: ein solcher isst nur Lebensmittel, die selber auf rein vegetarischer Basis hergestellt wurden…

Dass bei dieser konsequent flesichlosen Ernährung die kulinarische Herausforderung nicht auf der Strecke bleiben muss, das wird in einem Interview auf SPIEGEL-online deutlich, wo der Spitzenkoch Attila Hildmann aus dem Küchenkästchen plaudert. Er selber ernährt sich seit dem Jahr 2000 vegan – und hat in dieser Zeit und mit dieser Kost 35 Kilo abgenommen!




6/1  Die Apfel-Sache

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:04

Als Adam in das Kernobst biss, war von Gesundheit noch nicht die Rede. Auf den Fruchtgenuss folgte Frustverdruss und das Bild des zürnenden Erzengels in der Kinderbibel, der mit flammendem Schwert die indigenen Nackedeis aus dem Paradies vertrieb, hat sich mir dauerhaft eingeprägt. Ebenso wie das der hinterlistigen Schlange, die das ganze Debakel eingefädelt hatte.

Später dann träufelten sich die angelsächsischen Botschaften in mein Gesundheits-Bewusstsein: Drink a pinta milk a day! riefen die Plakate, damit ich auch ja starke Knochen bekäme. Go to Work on an Egg! hiess es in Inseraten, auf denen ein Mensch abgebildet war, der zügigen Schritts über den Spitz eines grossen Eis marschierte. Und das generellste Postulat: An apple a day keeps the Doctor away!

(In unseren Breitengraden kursierte derweil der etwas derbere Spruch nach Landsknechteart, wonach sich mit jedem Furz an der Arztrechnung mindestens fünf Franken einsparen liessen, aber das ist eine andere Rechnung.)

Inzwischen hat die Apfel-Sache eine wisssenschaftliche Unterfütterung bekommen: eine im British Medical Journal veröffentlichte Studie besagt, dass es in England pro Jahr 8’500 Todesfälle durch Herzinfarkt weniger geben würde, wenn jeder Erwachsene über 50 täglich einen Apfel ässe. Natürlich sind die Apfelesser deswegen nicht unsterblich, aber der Zeitpunkt ihres Ablebens verzögert sich, die Distanz zum Onkel Doktor wird grösser.

Die Hochrechnung geht noch weiter: würden die Ü-50-Leute täglich eine zusätzliche Portion Früchte oder Gemüse verzehren, könnten sogar über 12’000 Todesfälle hinausgezögert werden.




5/1  Sympathieträger

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:57

Das heutige Zitat des Tages steht in der Sonntagszeitung. Es stammt von Matthias Gnädinger: „Mir ist aufgefallen, dass der Mike Müller immer dicker wird. Das freut mich natürlich. Das ist ein ganz lieber Siech.“

Dass das Dicksein als Synonym steht für ein lieber Siech sein, das ist eine sehr sympathische Erkenntnis, die man nicht deutlich genug festschreiben kann, denn sie tritt deutlich gegen jede Form der Diskriminierung und der Herabwürdigung an.

Damit hat Matthias Gnädinger rückwirkend eine Annahme bestätigt, die mich schon vor Jahren beschäftigt hat. So lange besteht ein Projekt, mit dem wir uns von der SAPS her befassten, ohne dass es je realisiert worden wäre. Die Idee war, eine Art „VIP-Club“ von übergewichtigen Zeitgenossen zu bilden, die in der Öffentlichkeit bekannt sind und die Sympathien und Anerkennung finden. Matthias Gnädinger wäre eines der obersten Mitglieder auf der Liste gewesen. Aber eben: bis jetzt ist es bei der Absicht geblieben. Vielleicht gibt uns dieser Ausspruch den erforderlichen Anschub, konkreter über das Projekt nachzudenken.




4/1  Jeder und jede Dritte

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:55

Eine Agenturmeldung von wenigen Zeilen in der heutigen Zeitung. Wie beiläufig eingeklemmt zwischen anderen, grösser aufgemachten Themen aus der täglichen Aktualität. Weltweit sei jeder dritte Mensch übergewichtig, heisst es in der kurzen Mitteilung. Besonders bedenklich sei die explosionsartige Zunahme in den Entwicklungsländern.

Zu dieser Erkenntnis ist das britische Overseas Developement Institute ODI in einer aktuellen Studie gekommen. Die Studie stellt auch Überlegungen an zu künftigen Strategien für eine optimierte Ernährung: mehr Früchte und Gemüse, weniger Fleisch und Fett! Eine Umsetzung dieses Prinzips würde aber einen weitgehenden Wandel der heute akzeptierten „Werte“ für die Ernährung bedeuten. Noch ist unsere ganze Lebensmittelindustrie weitgehend auf die Produktion von hochwertigem aber doch billigem, tierischem Eiweiss (Fleisch) und auf günstige Fett-Zucker-Produkte ausgerichtet. Alles andere wird zur „Beilage“ degradiert, mit dem hochoffiziellen Segen jener Amtsstellen, welche die Agrarpolitik umsetzen: nicht etwa zum Wohl der konsumierenden Bevölkerung, sonderm zum Erhalt überlieferter Besitzstände und zur Mehrung des Profits der verarbeitenden Produzenten.

Es wäre an der Zeit, über eine Revolution nachzudenken. Sie könnte durchaus friedlich verlaufen. Aber man müsste sie wollen.




3/1  Nicht ansteckend

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:46

Kürzlich fiel mir ein Papier unseres Bundesamtes für Gesundheit in die Hände. Darin ging es um die Strategie zur Bekämpfung der nicht ansteckenden chronischen Krankheiten. Übergewicht und Adipositas sind chronische Befunde und ansteckend sind sie auch nicht. Meine Erwartungen waren deshalb hoch, in diesem Dokument etwas zu leen darüber, wie man die komplexe Aufgabe anpacken will.

Entsprechend gross war meine Enttäuschung, als ich zwar über die Prävention und Behandlung von Krebs, Herzinfarkt, Diabetes und Erkrankung der Atemwege las – aber kein Wort über Adipositas. Sofort meldete ich mich bei den zuständigen Stellen und erhielt umgehend die Antwort, man habe sich beim Wortlaut des amtlichen Strategiepapiers explizit an den Formulierungen orientiert, wie sie auch im offiziellen Dokument der Weltgesundheitsorganisation vom 27. Mai 2013 verwendet wurden.

Und es sei ja bekannt, dass es sich bei den genannten Erkrankungen um sogenannte Komorbiditäten, also Begleit-Krankheiten der Adipositas und des metabolischen Syndroms handle. Diese Auskunft ist an sich hieb- und stichfest. Nach dem Motto: ich nicht – er auch. Und immerhin besteht die Absicht, eine Delegation der Gesundheitsligen, die sich mit diesen Krankheiten befassen, in die weiteren Planungsarbeiten einzubeziehen, so dass auch unsere „Interessen“ angemessen vertreten würden.

Es steht uns also ein interessantes Jahr bevor.




2/1  Spital pauschal?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:30

Blutige Entlassung. Ein böses Wort macht die Runde seit bei Klinik-Aufenthalten mit den sogenannten Fallpauschalen abgerechnet wird. Im Klartext: die Spitäler hätten ein Interesse, die Patienten nur so kurz wie möglich zu hospitalisieren, um den vollen Tarif kassieren zu können, dabei aber die Koten für das Spitalbett und -zimmer möglichst tief zu drücken.

Ob es sich dabei um ein Gerücht, eine blosse Vermutung, eine böse Unterstellung oder eine erhärtete Tatsache handelt, ist umstritten, je nachdem, mit wem man spricht. Eine soziologische Untersuchung aus USA dürfte in diesem Zusammenhang von Interesse sein. Sie besagt nämlich, dass Patieten mit Übergewicht und Adipositas im Durchschnitt pro Aufenthalt einen bis anderthalb Tage länger in der Klinik verweilen als normalgewichtige PatientInnen.

Als Begründung für diesen statistischen Wert wird angegeben, übergewichtige PatientInnen würden an zusätzlichen Krankheiten leiden wie Bluthochdruck, Diabetes 2, Herz-Kreislauf-Risiken… dies mache den längeren Spitalaufenthalt erforderlich. Und nicht nur das: wer zeit seines Lebens an Übergewicht gelitten habe, suche das Spital auch häufiger auf als die Normalgewichtigen.

Die Studie gibt mir zu denken. Vor sieben Jahren hatte ich einen Herzinfarkt. Ich hatte das Gefühl, ich müsse lange im Kantonsspital ausharren. Aber das war, weil ich an einem klinischen Test teilnahm, wie man mir sagte, unabhängig von meinem Gewicht. Der musste vorbereitet, durchgeführt und dann auch beobachtet werden. Die Kosten gingen dabei aufs Spital, weil der Test der Forschung diente. Im Jahr darauf liess ich mich am Knie operieren. Zwei Wochen verbrachte ich in der Klinik, das sei die übliche Dauer (man rechnete damals noch nicht pauschal ab).

Seitdem war ich nicht mehr in einem Spital – ausser zu Vortragszwecken, die hier aber nicht von Belang sind. Ich gehe davon aus, dass die Erhebung der Soziologen korrekt vorgenommen wurde und dass es sich bei den anderthalb zusätzlichen Tagen für Dicke um einen statistischen Mittelwert handelt. Nicht dass wieder ein Gesundheits-Spar-Fanatiker kommt, der verlangt, dass wir diese Zusatz-Tage extra und selber bezahlen müssen…




1/1  Ein weiteres Beispiel

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:17

Man soll das neue Jahr hoffnungsfroh beginnen. Darum werfen wir einen Blick auf den Erfolg von Wassili (oder auch: Vasely), der mit Umstellung seiner Ernährung und vermehrter Bewegung mehr als 70 Kilo abgenommen hat. Er und seine Frau haben nach vielen gescheiterten Versuchen gemeinsam beschlossen, es müsse etwas geschehen. Auf Empfehlung einer Verwandten, die in der Pflege tätig ist, entschieden sie sich für das Konzept Optifast.

Dieses wird in USA unter anderem auch zur Vorbereitung auf eine Magenoperation eingesetzt. Nach den ersten Erfolgen stabilisierte das Paar sein Gewicht mit einer ketogenen Ernährung: wenig Kohlenhydrate, viel Eiweiss und Fett. Und offenbar entsprach diese Ernährungsform den persönlichen Vorlieben, denn sie hielten es seitdem durch und reduzierten ihr Gewicht weiterhin.

Etwas voreilig mutet es an, wenn besagter Wassili seinen Erfolg nun auf die ganze Menschheit übertragen will: schön, dass diese Kur ihm geholfen hat, weil sie für ihn und seine Frau „stimmte“. Aber nicht alle reagieren in gleicher Weise positiv auf ketogene Konzepte, schon gar nicht bei einer längeren Dauer der Anwendung. Und von einem wirklichen Erfolg kann erst gesprochen werden, wenn die Kilos auch in fünf Jahren nicht mehr zurück gekommen sind.

So sehr wir uns über den Anfangserfolg von Wassili freuen, so ungern würden wir uns enttäuschen lassen, falls es nicht dabei bleiben sollte. Wir drücken die Daumen.