30/9  Kommt nun Nutri-Score?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:35

Die Spannung steigt. Nachdem bei uns sowohl die Konsumenten-Organisationen als auch praktisch alle Gesundheitsligen, die ein Interesse an ausgewogener Ernährung haben und zahlreiche medizinische Fachverbände sich zugunsten des französischen Systems für die Nährwert-Deklaration ausgesprochen hatten, hatte auch das zuständige Bundesamt sich zu dessen Einführung bekannt, wenn auch unter dem – hierzulande obligaten – Vorbehalt der Freiwilligkeit. Einzelne Anbieter sind an einer Übernahme des Labels interessiert. Nicht so die Grossverteiler Migros und Coop, die sich bedeckt halten, und gar nicht der Verband der Lebensmittelhersteller, die eigens eine PR-Agentur zur Abwehr des grün-gelb-roten Ungemachs einsetzten…

Erwartungsvoll blickten wir nach Deutschland, wo die Ernährungsministerin ein Institut beauftragt hatte, sowohl Nutri-Score als auch einige andere Label-Systeme auf ihre Akzeptanz bei der Bevölkerung hin zu testen, mit der Option, eventuell ein ganz anderes Modell, eine Eigenentwicklung einzuführen. Heute nun wurde der Schlussbericht zu dieser Abklärung publiziert. Demnach ist Nutri-Score als klarer Sieger aus der Konsultation hervorgegangen.

Eine überwältigende Mehrheit der Befragten befürwortet die Einführung eines verständlichen und aussagekräftigen Ernährungs-Labels. Von den verschiedenen Systemen wurde Nutri-Score mit Abstand am besten bewertet. Diese und zahlreiche weitere Informationen gehen aus einem zusammenfassenden Bericht der Hamburger Verbraucherzentrale hervor. Eine offizielle Entscheidung der Ernährungsministerin steht zwar noch aus, aber es ist nicht anzunehmen, dass sie dieses Resultat ihrer Enquete ignorieren und ein anderes System einführen kann. Dadurch kommen unsere Zauderer unter Zugszwang. Wer seine Produkte auch in Deutschland anbieten will, wird sich nicht länger um Nutri-Score drücken können. Für einmal erweist sich der Markt-Druck als hilfreich.




26/9  Jetzt kommt die Jungfrau-Diät

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 13:41

Sie nennt sich Virgin-Diät. Und zwar deshalb, weil ihre Erfinderin so heisst: JJ Virgin ist Ernährungs- und Fitnessexpertin und ihr Buch, in dem sie ihre Diät beschreibt, ist in den USA ein Bestseller. Geworben wird mit mit einem auffälligen Versprechen: in sieben Tagen sieben Pfund abnehmen! Und überdies, so die Anpreisung, den Körper befreien von einer Reihe Unverträglichkeiten und Beschwerden, unter denen er zu leiden hat.

Wie soll das gehen? Die Virgin-Methode heisst: Verzicht. Verzicht auf eine ganze Reihe von Lebensmitteln, die dazu neigen, den Stoffwechsel zu belasten. Dazu gehören vor allem Zucker und Süssstoffe, glutenhaltige Esswaren, Soja, Milchprodukte, Eier, Mais, Ednussbutter… Und genossen werden sollen gut verträgliche Früchte und Gemüse, mageres Fleisch, „gute“ Fette und Oele…

Dadurch, dass während jeweils sieben Tagen abwechselnd die eine oder andere Nahrungsmittel-Gruppe komplett weggelassen wird, soll herausgefunden werden, wie der Stoffwechsel auf die einzelnen Angebote reagiert, was besonders gut verträglich ist und was zu Komplikationen und  Beschwerden führt…

Das Online-Portal „fit-for-fun“ hat diese Diät durch eine Ernährungs-Fachfrau beurteilen lassen und kommt zum Schluss, dass es sich dabei um ein durchaus praktikables Modell handelt, das vor allem dazu dienen kann, die optimale eigene Ernährung zu ermitteln und dass dabei die Gewichtsabnahme nicht so sehr im Vordergrund steht. Also möglicherweise eine interessante Option für Leute, die schon alles probiert haben… ohne Erfolg.




25/9  So dick ist Amerika

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:12

Die Zahlen sind erschütternd. Jährlich wird in USA der Anteil Adipositas-Betroffener an der Gesamtbevölkerung ermittelt. Diese hat inzwischen ein neues Rekord-Hoch erreicht und beträgt im Schnitt 35 Prozent. Dieser Wert variiert von Staat zu Staat, zwischen 23 und 39,5 Prozent, wobei bereits in 9 Staaten der Schnitt von 35 Prozent überschritten wird. (Zum Vergleich: in der Schweiz sind aktuell 12 Prozent der Erwachsenen adipös.)

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Kindern und Jugendlichen: dort sind die Unterschiede je nach ethnischer Herkunft unterschiedlich. Bei den Latino-Kids sind 25,8 Prozent adipös, bei der afro-amerikanischen Jugend sind es 22 Prozent, die weissen Kinder sind zu 14 und die asiatischen zu 11 Prozent adipös.

Berichtet wird im Report „The State of Obesity 2019“ auch über die ergriffenen Massnahmen zur Eindämmung der Adipositas-Epidemie. Auch hier zielt der Focus in erster Linie auf den Nachwuchs. Genannt werden u.a. Steuern auf Süssgetränken, Einschränkung der an Kinder gerichteten Werbung für Süsswaren, Regulierung des Lebensmittel-Marketings, Promotion von Früchten und Gemüse, Motivation zum Stillen der Säuglinge und Reduktion des Fettgehaltes in industrieller Babynahrung. Gefordert wird zudem eine effizientere Aufklärung und Information, die Schaffung einer architektonischen Umwelt, welche körperliche Bewegung fördert sowie Anstrengungen, um zu verhindern, dass die Lobby der Lebensmittelindustrie entsprechende Ansätze bei der Gesetzgebung schon im voraus torpediert und verhindert…

Irgendwie kommt einem das nicht unbekannt vor. Auch auf dieser Seite des Atlantiks sind wir – wenn auch (noch) auf einem tieferen Niveau – mit vergleichbaren Problemen konfrontiert. Wir sollten den „Rückstand“, den wir noch haben, nutzen.




24/9  ADF – Schlemmen/Fasten

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:34

Ein neuer, modifizierter Trend. Das sogenannte Intervall-Fasten ist inzwischen gewissermassen in aller Munde: 8 Stunden essen, 16 Stunden fasten. Und schon zeichnet sich am Ernährungshorizont eine neue Variante ab, Alternate Day Fasting genannt, kurz: ADF. Es ist eine abgeänderte Form des Intervall-Fastens, bei dem man an einem Tag etwas mehr essen darf als seinen täglichen Kalorienbedarf (125%, was allerdings für den einen oder anderen Adipositas-Betroffenen schon eine Einschränkung bedeuten könnte…), und am nächsten Tag dann nur noch 25% des Tagesbedarfs (also keine Null-Diät). In Kalorien umgerechnet würde das bedeuten: an „geraden“ Tagen gibt es 2’500 Kalorien, an „ungeraden“ nur 500 kcal.

In einer einjährigen Versuchsanlage wurde diese Ernährungsform verglichen mit einer Gruppe, die eine „normale“, kalorienreduzierte Diät machte, sowie mit einer unregulierten Kontrollgruppe. Die beiden Diät-Gruppen nahmen vergleichbar ab, aber ein deutlicher Unterschied zeigte sich beim Nüchtern-Blutzucker und bei der Insulin-Resistenz: hier schnitt die Gruppe, die sich nach dem ADF-Prinzip ernährt hatte, deutlich besser ab als die „normalen“ Diäter. Die diätfreie Kontrollgruppe nahm in der Vergleichsperiode nicht ab und zeigte auch keine veränderten Blutwerte. Vorteilhaft, so die Forscher, soll ADF vor allem auch für Diabetiker sein. Das Handicap dabei: ohne striktes Kalorienzählen an beiden Tagen geht es nicht.

 




20/9  Mal kurz gelacht

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:10

Darf man über Dicke lachen? Man darf. Aber es ist nicht unverfänglich, denn die Reaktionen können kontrovers sein. Das haben die zahlreichen Kommentare und Meinungen zur SRF-Sendung TABU gezeigt, in welcher der Comedian Renato Kaiser sich auf der Bühne über Menschen mit Krankheiten und in besonderer Lebenssituation lustig machte.

Und doch kursieren in den verschiedenen sozialen Medien laufend Kalauer und mehr oder weniger träfe Sprüche und Witze, in denen es ums Körpergewicht, ums Abnehmen oder ums Essen geht. Der Newsletter von Dr. med. Samuel Stutz bringt in seiner aktuellen Ausgabe einen Strauss solcher Witze, die ein einstiger Adipositas-Patient für ihn gesammelt hat, nicht um sich über die Dicken zu mokieren, aber um in der Konfrontation zum Nachdenken anzuregen..

Die Beispiele zeigen überdeutlich: Humor ist Geschmackssache… und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.




18/9  Schlaf, Kindlein…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:14

Ein gutes Gewissen sei ein sanftes Ruhekissen. Sagt das Sprichwort. Es muss aus einer Zeit stammen, da es noch keine störenden Umwelt-Einflüsse gab, die uns daran hindern, elegant in Morpheus‘ Arme zu gleiten, wie der gebildete Mensch es gern umschreibt. Denn auch wenn ich mir wirklich tagsüber nichts habe zuschulden kommen lassen, habe ich oft des Nachts Mühe, den Schlaf des Gerechten zu finden: Da knattert ein Töfffahrer durch die Einbahnstrasse unter meinem Fenster, heult der getunte Motor eines Bolidenfahrers irgendwo im Quartier auf, johlen und pöbeln die betrunkenen Besucher vor der MacDonalds-Filiale herum und poltern und rumpeln die Abbruchgeräte auf dem Bahnhofgelände nebenan, wo eine erst vor drei Jahren erstellte Überdachung abgerissen wird, um einem neuen Hochhaus – dem Franklin-Tower – Platz zu machen, der bis 2022 erstellt werden soll.

Ausreichender Schlaf ist wichtig für unsere Gesundheit. Wer zu wenig schläft, wird dick. (Und wer zuviel schlaft ebenfalls.)

Tipps und Tricks, wie man seine Schlafgewohnheiten verbessern kann und worauf zu achten ist, wenn man sich zur Ruhe begeben will, darüber informiert eine neue Website, die von der Stifti Foundation im Rahmen der Aktion GORILLA mit Unterstützung der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz entwickelt wurde. Sie steht unter dem vertrauten Slogan „Schlaf, Kindlein, schlaf, der Vater hüt die Schaf…“ (Warum die beratende PR-Agentur das vertraute Kinderlied in einer pseudo-hochdeutschen Version verballhornt, ist mir allerdings nicht klar geworden.) Die Seite enthält kurz gefasste und informative Tipps und Anregungen und bietet eine Fülle von Informationen rund ums Schlafen und die Bedeutung der gesundheitsförderlichen Nachtruhe. Zur Lektüre und zur Beachtung empfohlen!




16/9  Weniger ist mehr (oder besser)

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:10

Es ist eigentlich simpel. Je grösser die Vielfalt und die Auswahl an vergleichbaren Lebensmitteln, umso grösser ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Fülle des Angebotes etwas findet, das meinem Geschmack, meinen Erwartungen oder einfach auch meiner Neugierde entspricht. Und wenn ich das Produkt gekauft und mitgenommen habe. müsste es ja ganz merkwürdig zu und hergehen, wenn ich es nicht auch essen würde (ausser es wäre wirklich scheusslich).

Hier ein kleiner Exkurs zum Verzicht: ich ertappe mich gelegentlich bei folgendem Gedankenspiel. Da überkommt mich unterwegs ein kulinarisches Gelüsten und ich gebe der Versuchung nach und erstehe – sagen wir mal – eine knackig-braun gegrillte Bratwurst am Street-Food-Stand. Kaum habe ich sie in der Hand, befallen mich die Gewissensbisse und ich weiss, dass sich das am folgenden Tag negativ auf meiner Gewichtsskala niederschlagen und den Erfolg meiner Abnehm-Bemühungen gefährden wird. Also wäre es eine Sache der reinen Vernunft, das eben gekaufte Würstchen sang- und klanglos im nächsten Abfalleimer zu entsorgen, denn wozu soll es den Umweg über meine Innereien machen, wenn es ja ohnehin vom Schicksal für den Abgang in die Kanalisation bestimmt ist? – Aber jedes Mal beisse ich dann doch in den warmen, leckern Zipfel und verputze die Wurst rübis und stübis… So viel zum Thema „Verzicht“.

Wenn jetzt aber an besagter Stelle kein Wurststand gewesen wäre… oder wenn ich einen weiten Umweg hätte machen müssen, um dorthin zu gelangen – dann hätte ich mich, Gelüsten hin oder her, nicht in diesen diätetischen Konflikt gestürzt.

Und genau auf diesen Sachverhalt zielt eine aktuelle Studie des renommierten Chochrane-Instituts ab: wenn die Auswahl an Lebensmitteln kleiner ist und wenn die Distanzen zu den Verkaufsstellen grösser sind, schränkt das den Umfang des Konsums deutlich ein. Diese Erkenntnis gilt interessanterweise nicht für Suchtmittel wie Alkohol und Tabak, bei denen es offenbar weder auf die Fülle des Angebotes noch auf die Distanz ankommt. Im alten Tante-Emma-Laden gab es zwei Sorten Joghurt und eine Sorte Konfitüre… Das Schlaraffenland lässt grüssen.




11/9  Ist der „Hype“ vorbei?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:44

Eine eher kühne Behauptung. Der „Ernährungs-Hype“ sei „vorerst gesättigt“. Zu diesem Fazit kommt der 6. Monitor Ernährung und Bewegung, der vom Marktforschungsinstitut gfs im Auftrag der Getränkehersteller bei 1’000 Erwachsenen in der Schweiz erhoben wurde. Die Fragestellungen waren dabei identisch mit denen der Vorjahre, so dass sich im Verlauf der Zeit Entwicklungen und Trends ablesen lassen.

Etwas mehr als die Hälfte der Befragten haben mitbekommen, dass die Lebensmittelindustrie sich freiwillig darum bemüht, den Zuckergehalt bestimmter Produkte zu senken… die andere Hälfte interessiert das (offenbar) nicht. Von denen, die das realisiert haben, sind allerdings 79 Prozent der Meinung, diese Reduktion sei (noch) zu gering. Der Anteil derer, denen Ernährungs- und Bewegungsfragen am Allerwertesten vorbeigehen, ist seit dem letzten Jahr von 16 Prozent auf 23 Prozent angewachsen, während die Zahl der „sehr Interessierten“ um ganze 10 Prozent zurückgegangen ist. Zwar halten noch immer 86 Prozent der Befragten eine „ausgewogene Ernährung“ – was immer sie darunter verstehen – für wichtig bzw. sehr wichtig, aber die Zahl derer, die dies eher nicht für wichtig halten, hat sich seit letztem Jahr verdoppelt. Dieser Befund korreliert mit der Feststellung, dass fast 60 Prozent der Befragten der Meinung sei, rund um das Thema Ernährung und Gesundheit werde „ein zu grosses Tamtam gemacht“.

Wer denn dieses „Tamtam“ macht, das geht aus der Befragung nicht hervor. Sind es amtliche Verlautbarungen? Sind es Informationen von Gesundheitsligen? Sind es die zahllosen Food-Plattformen und die Influencer-Statements in den sozialen Medien? Oder all die Werbebotschaften für Wunder-Diäten, Power-Foods, angebliche Go’s und No-Go’s in der Ernährung..?

Gleichzeitig wünscht sich aber nach wie vor eine deutlich Mehrheit eine transparente und vollständige Deklaration der Nährwerte, am liebsten per „Ampel“ und fast 90 Prozent wehren sich dagegen, dass Fertiggerichte „versteckten Zucker“ enthalten. Interessanterweise hat die Anzahl derer, die der Meinung sind, dass zuviel an Zucker generell gesundheitsschädigend ist und daher staatlich eingeschränkt werden sollte, seit der letzten Befragung um 6 Punkte auf 32 Prozent gesunken.

Was bedeuten nun diese Fakten für uns Patienten- und Gesundheitsorganisationen? – Die Botschaft ist deutlich: wir müssen am Ball bleiben, müssen sachlich und wissenschaftlich fundiert informieren und aufklären, ohne mit dem Mahnfinger zu drohen. Wir müssen es immer und immer wieder betonen, auf das Risiko hin, einer kleinen Anzahl von „Unbelehrbaren“ auf die Nerven zu gehen. Das „Zucker-Problem“ ist mit den Mikro-Massnahmen, die bis jetzt eingeleitet wurden, noch lange nicht gelöst. Wir müssen mit vereinten Kräften klare Positionen vertreten und gleichzeitig jene loben, die uns auf diesem Weg auch mit kleinen Schritten unterstützen.




10/9  Humor ist…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:25

…wenn man trotzdem lacht. So sagt das Sprichwort. Ausgedeutscht heisst das etwa: wer trotz misslicher Lage noch im Stande ist, zu lachen, allenfalls auch über sich selber, der/die beweist, dass er/sie Humor hat.

Diese Art von Humor hat unser Farbfernsehen in den letzten Wochen auf die Probe gestellt. In der Comedy-Serie „TABU“ wurden Gespräche mit Menschen geführt, die sich in einer besonderen, problematischen Lage befinden, sei es durch ein Gebrechen oder eine spezielle Lebens-Situation. Am letzten Sonntag ging es um Adipositas und den Umgang mit zu vielem Körpergewicht.

Verschiedene Medien haben schon im Vorfeld die Frage aufgeworfen: darf man das überhaupt? Darf sich ein Kabarettist über körperliche Gebrechen lustig machen? Darf man Witze reissen über Leute, die es ohnehin schon schwer genug haben? – Ein Redaktor vom „SonntagsBlick“ wollte von mir wissen, wie ich mich zu diesem Thema stelle. Das habe ich ihm auf seinen Wunsch schriftlich mitgeteilt:

„Wir haben die Fernseh-Redaktion bei der Suche nach Mitwirkenden unterstützt, indem wir in unseren Foren und über unsere Verteiler Betroffene aufgefordert haben, sich zu melden. Ich halte die Zielsetzung für legitim und anerkennenswert, VertreterInnen von «Randgruppen», also Menschen, die durch ein bestimmtes Merkmal «anders» sind als der sogenannt normale Durchschnitt, einem «Comedy-Test» zu unterziehen, denn damit werden sie quasi in die Normalität integriert und als Individuen ernst genommen. Ich sage immer: wer soll denn über die Dicken Witze machen, wenn nicht die Dicken selber? Und viele Übergewichtige neigen in einer Art Galgenhumor dazu, sich über sich selber lustig zu machen, indem sie ihr Gewichtsproblem spasseshalber thematisieren, bevor es jemand anderes eventuell in abwertender Absicht tut. Wir bewegen uns hier auf einem schmalen Grat zwischen Selbstironie, Galgenhumor, Spott und Verhöhnung… Und vor allem: die Diskriminierung von «dicken» Menschen ist in unserer Gesellschaft leider immer noch ein alltägliches Faktum, auf allen Ebenen. Über sich selber lachen zu können ist eine lebenserhaltende Fähigkeit. Über «Randgruppen» Witze zu machen ist ein delikates Unterfangen. Renato Kaiser tut dies auf anteilnehmende und nie verletzende Weise. Die Einbettung der Comedy-Elemente in die reflektiven Gesprächs-Ausschnitte schafft Kontraste und baut Brücken zum Verständnis.“

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt den Adipositas-Beitrag, der wie alle vorangegangenen sehr schön und sorgfältig gestaltet ist, noch nicht gesehen. Der Journalist hat mit Kritik nicht gegeizt, er bezeichnet die ganze Reihe als „Service pervers“ und von meinen Ausführungen hat er gerade nur den einen Satz über die Diskriminierung übernommen, die es leider nach wie vor immer noch gibt… ganz so, als hätte ich diese Sendung als eine solche bezeichnet.

Zugegeben: die Comedy-Elemente waren wirklich nicht überwältigend, denn es ist auch schwierig, „bissig“ zu sein, wenn es nichts zu beissen gibt… Aber eine so pauschale Abwatsche hat Renato Kaiser nicht verdient. Es ist ihm gelungen, sehr persönliche und berührende Statements einzufangen, und die Betroffenen selber, die in den Sendungen mitgewirkt hatten, zeigten sich sichtlich angetan und erheitert, im Unterschied zu manchen Kritikern, die nun in den sozialen Medien Dampf ablassen.

Wer die Sendung verpasst hat: hier kann sie nachgeschaut werden.

 




6/9  Geniale Ess-Ideen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:56

Gesund leben wollen alle. Und viele wollen uns sagen, wie das gehen soll. Zahlreich sind die Ratgeber in allen Medien und die meisten wollen uns ein bestimmtes – „ihr“ – Produkt verklickern, wenn sie Rezepte und Anleitungen empfehlen, seien es die Milchproduzenten, die Fleischverwerter, die Gemüsebauern oder die Grossverteiler mit ihren Hochglanz-Broschüren… Wem ist zu trauen? Wie frei bzw. unabhängig können sie sein, wenn sie von einem bestimmten Anbieter mit kommerziellen Interessen getragen sind?

Auf ein erfreuliches Beispiel wurde ich im Rahmen einer Fachtagung hingewiesen, das bisher völlig unter meinem Radar geflogen war. Es geht um das Projekt „Lunchidee“, das sich in einer zweiten Testphase befindet, welche im Oktober für ein halbes Jahr anläuft. Es findet statt in einer – vorläufig noch überblickbaren – Anzahl von Restaurants in der ganzen Schweiz, die jeweils eine Woche lang ganz bestimmte Menüs im Angebot haben, bei deren Herstellung ein spezielles Augenmerk gelegt wird auf die Aspekte der Nachhaltigkeit, der ökologischen und ökonomischen Wertigkeit der Zutaten, der gesundheitlichen Relevanz der Speisen sowie des Genusses, mit dem Ziel, „Appetit zu wecken für eine zukunftsfähige Esskultur“.

Die dazugehörige Website ist farbenfroh, ansprechend und einladend gestaltet, sie bietet eine schier unabsehbare Fülle von kompakten und leicht verständlichen Informationen, griffig aufbereitet und illustriert, zu allen denkbaren Themen rund ums Essen, die Ernährung, die Herkunft der Lebensmittel… aber auch Rezepte zum Selberkochen gibt es, wie denn das ganze Projekt über die Auswärts-Verpflegung im  Restaurant hinaus zu einem bewussteren und lustvollen Umgang mit dem Essen schlechthin einladen möchte.

Ein Projekt, das die Beachtung aller verdient, die auf ihre Ernährung achten wollen.