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Von Heinrich von Grünigen um 22:49 |
Es war ein langer Tag. In aller Frühe durch Regen und Nebel zu Berge, nach Magglingen auf die Jurahöhen über der Uhrenstadt. Dort fand das erste Nationale Netzwerktreffen statt der Organisationen, die sich mit Bewegung, Ernährung und Körpergewicht befassen. 150 Leute waren angereist und hörten sich 13 Referate an: eine breite Auslegeordnung der Aktivitäten die heute auf allen Ebenen im Gang sind, um mit gesundheitsförderlichen Massnahmen der weiteren Entwicklung der Adipositas-Epidemie Einhalt zu gebieten.
Prävention ist ein dornenvolles Gewerbe. Ende Oktober läuft die Vernehmlassungsfrist zu einem entsprechenden Gesetzes-Entwurf aus. Über 200 Eingaben seien eingetroffen, ist zu vernehmen, bizarr muten die Argumentationen an, mit denen die Gegner aus Gewerbe und Handel den Weltuntergang heraufbeschwören, sollte der Bundesrat es wagen, für die Gesundheitsvorsorge eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Rund 50 Milliarden kostet uns das Gesundheitswesen jährlich; knapp 50 Millionen geben wir für vorbeugende Massnahmen aus. Rechne.
Positive Informationen aus einem Fernsehbericht: endlich haben sich die Krankenkassen und die Ärzteschaft gefunden bei der Finanzierung von Abspeck-Programmen für übergewichtige Kinder. Seit Anfang 2008 hätten sich die Kassen laut Gesetz an den Trainingskosten beteiligen müssen, wenn es sich um ein zertifiziertes, anerkanntes Angebot handelt. Zehn Monate lang war alles blockiert, weil sich die Partner nicht auf einen gemeinsamen Nenner für die Kosten und die Leistung einigen konnten. Nun ist der Durchbruch gelungen, das erste Programm wurde offiziell anerkannt und läuft an. Bleibt zu hoffen, dass ihm möglichst viele folgen werden.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:27 |
Das ist eine merkwürdige Theorie, der ich heute begegnet bin: ein Forscherteam hat Versuche gemacht mit Menschen, bei denen gewisse Geschmacksrezeptoren nicht voll funktionierten und kamen dabei zum Schluss, dass jene Leute, denen das Essen keinen Spass macht (und für die es kein Genuss ist) eher dazu neigen, übergewichtig zu werden, weil sie den fehlenden Genuss durch mehr Menge kompensieren.
Und ich habe bis jetzt immer geglaubt, ein Teil meines Problems bestehe darin, dass ich zu viel esse, weil ich zu gerne und zu lustvoll speise, weil es mir schmeckt und Genuss bereitet. Wenn ich mich „vernünftig“ ernähre, so heisst das, dass ich meine Lust und mein Streben nach kulinarischem Genuss zügeln muss… nicht verzichten, keine Kasteiung, aber doch eine wohlüberlegte Dosierung, die mir eine sinnvolle Mischung von Nährstoffen zuführt, mich mit der Energie versorgt, die ich zum Leben brauche.
Dass ich mir von Zeit zu Zeit eine besondere Verwöhnung gönne, ja sogar gönnen darf, steht für mich ausser Zweifel. Das gehört zur allgemeinen Lebensqualität, aber ich muss doch darauf achten, dass sich diese Verwöhnungen nicht in allzu dichter Folge wiederholen und damit zu einer Kumulation des Überflusses führen.
Dass mein Gewicht damit zusammenhängen soll, dass ich dem Essen keine Lust abgewinne, das ist für mich – persönlich – überhaupt nicht nachvollziehbar. Aber vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass an dem Experiment, über das berichtet wurde, junge Frauen teilgenommen haben.
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Von Heinrich von Grünigen um 16:30 |
Eine Formel, die mir bis vor wenigen Stunden gar nichts gesagt hat: RUTF. Die Abkürzung steht für Ready to Use Therapeutic Food (gebrauchsfertige, therapeutische Instant-Nahrung), wie sie in vielen Regionen der Welt zum Einsatz kommt, wenn es gilt, mangelernährte Kinder bei Hungersnöten und in Katastrophengebieten am Überleben zu erhalten. Eine gute Sache, für die sogar die Hilfsorganisation Médecins sans frontères tatkräftig Werbung macht.
Und nun flattert uns eine Information des Kinderhilfswerks Terre des hommes ins Haus zu ihrer aktuellen Sammel-Aktion, in der auf die Problematik aufmerksam gemacht wird, dass die therapeutisch absolut wertvolle Spezialnahrung, die mit ihrem hohen Nährwert und ihren therapeutisch wertvollen Anreicherungen zum Aufpäppeln mangelernährter Kinder so segensreich ist, auch eine Gefahr in sich birgt: dass Kinder und Familien in eine fatale Abhängigkeit geraten, wenn sie über einen forcierten Einsatz von Hilfsorganisationen ausschliesslich an diese Eratz-Nahrung gewöhnt werden.
Hilfe zur Selbsthilfe, Anleitung zu einem autonomen, selbstbestimmten Überleben im Rahmen der gewachsenen sozialen Strukturen, das ist die Maxime von Terre des hommes. Und es hat durchaus etwas Paradoxes, dass wir hierzulande von dem massiven Problem stehen, dass immer mehr unserer Kinder durch eine allzu kalorienreiche und energiedichte Ernährung zuviel Gewicht zulegen und dadurch ihre Gesundheit gefährden, wobei ein unheilvoller Konflikt ausgetragen wird, unter welchen Bedingungen die Krankenkassen für die Therapie dieser Kinder aufkommen sollen… und dass wir im Rahmen unserer humanitären Nothilfe die nötigen Mittel beschaffen müssen, um die Hungersnot in weiten Teilen der Welt zu lindern, die sich durch die weltweite Nahrungsmittelkrise laufend verschärft (so sind z.B. in Nepal bereits 50 Prozent aller Kinder chronisch mangelernährt!)… aber dass wir gleichzeitig auch davor warnen müssen, dass die Segnungen unserer zivilisatorischen Nährmitteltechnologie zum Fluch werden können, wenn sie falsch eingesetzt werden…
Es ist ein gewaltiges Spannungsfeld zwischen „zu reich“ und „zu arm“… und wir sind mitten drin. Wir sind für beide Seiten zum Handeln und zum Helfen aufgerufen!
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Von Heinrich von Grünigen um 13:50 |
Wir werden ja nicht müde, darüber zu lamentieren, dass die ausgehungerten, abgemagerten Models in der Werbung ein völlig falsches und gefährliches Körperbild vermitteln. Und wir preisen eine Firma wie Dove, dass sie in ihrer Kampagne auch „normale“ Figuren gezeigt hat.
Und nun beweist eine Studie, dass die Model-Auftritte durchaus kontroverse Reaktionen auslösen. Bei Test-Präsentationen zeigte sich, dass Frauen (wenn sie als Kundinnen angesprochen werden) sich beim Anschauen von „dünnen“ Models selber „schlecht“ fühlen… dass sie aber trotzdem lieber jene Dinge kaufen würden, die von den dünnen Models vorgeführt werden… auf der andern Seite hat sich gezeigt, dass Frauen nach dem Betrachten von dünnen Models viermal weniger von Gratis-Süssigkeiten essen als wenn sie vorher normalgewichtige Models gesehen haben…
Marken und Produkte, die mit dünnen Models werben, wurden in dieser Studie positiver bewertet als andere Angebote. – Die gegenläufige Dove-Kampagne für mehr Selbstwertgefühl zeigte ein interessantes Resultat: in den zwei Jahren nach Lancierung der Kampagne ist der Umsatz – infolge massiver Medienpräsenz – markant angestiegen und hat sich dann stabilisiert. Offenbar wählen viele Frauen freiwillig ihre dünnen „Vorbilder“, obwohl sie ihnen persönlich Unbehagen bereiten… Die Forscher sind deshalb auch skeptisch, ob der Entscheid der spanischen Gesundheitsministerin, die mageren Models vom Laufsteg zu verbannen, daran etwas ändern wird.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:00 |
Die Nachricht, dass Bundesrat Merz sich in der Reha-Klinik in Gais aufhalten soll, hat bei mir ganz spontane Erinnerungen geweckt. Knapp anderthalb Jahre ist es her, seit ich dort eingetreten bin, und ich stelle mir nun vor, wie es dem prominenten landesväterlichen Patienten wohl ergehen möge. Ich sehe ihn – oder ist es WAM? – in Pantoffeln mit vorsichtigen Schritten durch die Gänge und über die Treppen tappen, kann mir aber gleichzeitig nicht vorstellen, dass er mit drei anderen Patienten zusammen beim Essen am Tisch sitzt oder dass er an der gemeinsamen Morgen-Gymnastikstunde teilnimmt…
Warum nur diese Zurückhaltung? Wir, die wir uns rühmen, Bundesräte zum Anfassen zu haben? Irgendwie will sich der Respekt vor der magistralen Bedeutung des Patienten noch nicht mit der Mensch-Wie-Du-Und-Ich-Philosophie verbinden. – Er soll, sagten die Medien, einen persönlichen Physiotherapeuten haben, und das spricht doch für eine individuelle Pflege auf dem Weg zur raschen Genesung.
Als mich in der vorletzten Woche ein SonntagsZeitungs-Journalist anrief und zum Thema Ampel-Deklaration befragte, sprachen wir auch über weitergehende Anliegen zur Regulierung etwa der TV-Werbung für kalorien- und zuckerhaltige Lebensmittel, wie sie von asiatischen Staaten erwogen und eingeführt wurden, und ich verwies ihn auf meinen entsprechenden Blog zu diesem Thema. Der Journalist tat dabei ein wenig geheimnisvoll, als wüsste er etwas, das ich noch nicht wusste… und siehe da, der Blick in die aktuelle SonntagsZeitung weckte heute die Erinnerung. Es sind genau diese Punkte, die Ständerätin Simonetta Sommaruga im Namen der Konsumentenorganisationen vom Bundesrat verlangen will.
Gut, es tut sich was.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:59 |
Was eigentlich ist Food Literacy? – Es sei, fanden wir im Gespräch heraus, die Fähigkeit, aufgrund von Wissen und von Kenntnis die richtigen Entscheidungen zu treffen, um sich im Alltag so zu ernähren, dass es die Gesundheit fördern kann…
Das klingt so kompliziert, wie es in der Praxis auch ist. Es war das Thema unseres Workshops im Verlauf des zweiten Tags des Swiss-Re-Meetings. Zwei ergraute Häupter kreuzten auf dem Podium verbal die Klingen: auf der einen Seite Fürsprecher Beat Hodler, Geschäftsführer des Dachverbandes der Schweizer Lebensmittel-Industrie und erster Lobbyist, wenn es darum geht, die Branche vor Regulierung zu bewahren… und auf der andern Seite ich als Präsident der Adipositas-Stiftung, ebenso um ein aktives Lobbying bemüht, wenn es darum geht, die Verhältnisse im Interesse der von Übergewicht Betroffenen in unserem Sinn zu beeinflussen… In vielen Punkten waren wir uns recht einig, was die Bedeutung des Wissens um Hintergründe und die Verantwortung für eine frühe Schulung betrifft.
Alle müssten gemeinsam zur Lösung des Problems beitragen, das war unser Fazit, die Gesellschaft als Ganzes sei gefordert, man dürfe nicht einseitig alle Schuld der Lebensmittel-Industrie zuweisen, sie habe schon markante Schritte eingeleitet und Massnahmen zur Selbstregulierung getroffen. Aber das Problem ist so komplex, dass einzelne Aktionen kaum nachhaltig zur Lösung beitragen; nur im Verbund aller Kräfte auf allen Ebenen kann möglicherweise etwas bewirkt werden. – Am Morgen hatten zwei Referate nochmals neue fachliche Horizonte eröffnet: Erich Windhab, Professor für Food Engineering an der ETH Zürich, zeigte auf, wie Nahrungselemente, auf die der Mensch angewiesen ist, um gesund zu leben, durch industrielle Prozesse in Lebensmittel eingefügt werden können, aber auch wie die Physiologie einzelner Produkte so beeinflusst werden kann, dass sie z.B. geschmacklichen Erwartungen entsprechen… – Ingrid Hoffmann, Professorin für Nutrition Ecology an der Justus-Liebig-Universität Giessen, legte anhand von zwei Gourmet-Menüs, die sie unter verschiedenen Gesichtspunkten analysierte, die ökologischen Perspektiven einer globalisierten Lebensmtitelproduktion dar. Auf eindrückliche Weise zeigte sie, wie wir durch eine kluge und bewusste Auswahl unserer Nahrungsmittel nicht nur unsere Gesundheit befördern, sondern auch zur ökologischen Stabilisierung beitragen könnten, wenn wir z.B. weniger Fleisch konsumieren und bevorzugt saisonale Produkte aus der Region verzehren würden.
Die Tagung hat keine sensationellen oder gar revolutionären Erkenntnisse gebracht… aber ihr grosses Verdienst liegt darin, dass Spezialisten aus verschiedenen Bereichen sich gemeinsam einem Thema gestellt haben, mit dem sie sonst nur fachspezifisch isoliert konfrontiert sind. Es ist zu hoffen, dass einige der Thesen und Fakten, die vermittelt wurden, haften bleiben und nachwirken, denn das Thema wird uns noch lange beschäftigen. – Eine Tagungsdokumentation wird gelegentlich hier aufgeschaltet.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:46 |
Es ist ja gut, dass das Thema auf der politischen Agenda bleibt bzw. immer wieder darauf kommt. Dass die Thurgauer SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher eine entsprechende Motion einreichen wolle, erfuhr ich letzte Woche, als ein Journalist der SonntagsZeitung bei der Adipositas-Stiftung nachfragte, was wir denn von einem Ampel-Konzept für die Nährwert-Deklaration halten würden. Meine grundsätzlich positive Position war ihm bekannt, er hatte einige meiner Blogs zum Thema gelesen. Ich legte mündlich noch etwas nach und machte mich stark für diese logische und vernünftige Art der Kennzeichnung, die nicht ein „Verbot“ bedeute, sondern einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz und Orientierungshilfe für den als mündig gepriesenen Konsumenten.
Umso grösser mein Erstaunen, als ich heute das Sonntagsblatt aufschlage: da wird der Ampel-Idee eine ganze Reihe von mehrheitlich kritischen und ablehnenden Argumenten gegenüber gestellt; kein Wort zu den positiven Erfahrungen in England und kein Wort zur Position der interessierten Kreise aus dem Gesundheitswesen. – Den ampelmässigen Vogel schiesst dann allerdings ein Redaktor – offenbar im Namen der Blatt-Leitung – ab, indem er in einem geharnischen Kommentar, wenig beleckt von fachlichem Wissen, die Ampel-Lösung als unsinnigen und mutwilligen Auswuchs eines „ungesunden Gesundheitwahns“ abtut und ihr überdies unterstellt, eine solche Lebensmitel-Deklaration würde die verhängnisvollen Esstörungen geradewegs provozieren, indem sie zur Schlankheits-Hysterie und zu einem stets geringeren „Idealgewicht“ beitrüge. Durch eine „Ampel-Deklaration“ würde das Lebensmittelregal im Supermarkt zur „Gefahrenzone“ erklärt und das Verhältnis des Individuums zu seiner Ernährung nachhaltig beeinträchtigt…
Die populistisch angehauchten Gegner einer klugen und wirkungsvollen Prävention gegen Übergewicht und Adipositas haben ein willfähriges Sprachrohr gefunden. Schade, eigentlich.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:16 |
Ich habe hier vor einiger Zeit darüber berichtet, dass die Gesundheitsbehörde in New York die Fast Food- und Take Away-Anbieter per Gesetz dazu verpflichtet hat, im Geschäft neben dem Preis auch die Kalorienzahl des entsprechenden Produktes anzuschreiben.
Das hat zuerst für heisse Köpfe gesorgt und einzelne Firmen und Ketten mussten per Strafbefehl dazu gebracht werden, dem Gesetz nachzuleben. (Im Vergleich dazu mutet es ja geradezu kümmerlich und provinziell an, wie sich hierzulande die Beizer sträuben, den aktuellen Report des Lebensmittelinspektorates auszuhängen, wie das in Zug freundlicherweise verlangt wird…) – Nachdem sich aber die Kalorien-Anschreiberei im Big Apple (und in einigen anderen Regionan der USA) einigermassen konsequent eingebürgert hatte, machte die Zeitschrift SELF eine Umfrage bei 100 New Yorkerinnen. Und das Resultat ist ebenso verblüffend wie überzeugend:
79% der Frauen sind zufrieden, dass die Kalorien angeschrieben sind
55% sagen, dass sie jetzt weniger bestellen, weil sie wissen, was drin ist
13% haben aufgehört, in bestimmten Läden einzukaufen
Auch wenn ein Lebensmittel ja nicht nur aus Kalorien besteht, so hat diese relaitv einfach um- und durchzusetzende Massnahme doch 68% der Befragten dazu gebracht, ihr Kauf- bzw. Essverhalten zu verändern. Das ist zunächst ein schöner Erfolg, auch wenn jetzt noch kontrolliert werden muss, wie es denn mit der Langzeit-Wirkung dieses Erfolges steht.
Während bei uns noch immer recht hilflos mit der Industrie um eine klare und verständliche Deklarationspflicht für verpackte Lebensmittel gerungen wird (Stichwort: Ampel), hat in New York eine verantwortungsbewusste Behörde rasch, konsequent und offenbar erfolgreich gehandelt. – Leute: Scheibe abschneiden!
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Von Heinrich von Grünigen um 23:03 |
Ich habe den halben freien Knabenschiessen-Tag genutzt für eine Reise in die Vergangenheit. In ein Stück meiner eigenen beruflichen Vergangenheit, betrachtet durch eine fremde Lupe… – Vor Kurzem kam im Rotpunkt-Verlag ein autobiografisches Erinnerungsbuch heraus: Erinnerungen an den Journalismus von Otmar Hersche. Hersche war beim Radio während vielen Jahren mein Weggefährte in wechselnden Funktionen. Unter ihm hatte ich meine radiofonischen Lehrjahre gemacht, später kreuzten sich unsere Wege immer wieder. Zuletzt war er selber zehn Jahre lang unter meiner Verantwortung als Programmgestalter tätig, nachdem eine beispiellose Karriere ihn durch verschiedene Medien und Redaktionen bis zum deutschweizer Direktor für Radio und Fernsehen und ins Vorzimmer der SRG-Generaldirektion geführt hatte.
Das Buch ist lesenswert für alle, die sich für Journalismus und Medien interessieren, denn es zeigt historische Zusammenhänge auf und reflektiert Entwicklungen, die wir als Beteiligte und Betroffene in unserem Alltag gar nicht immer als solche wahrgenommen hatten. Viele der geschilderten Vorgänge hatte ich zwar selber „erlebt“ und bei der Lektüre stellten sich meine persönlichen, individuell gefärbten Erinnerungen ein, parallel zum Hersche-Text… aber es war eine leicht andere, persönliche Sicht der Dinge, wie sich im Rückblick zeigt.
Es waren bewegte und bewegende Jahre, in denen wir dazu beitragen duften, die Veränderungen in der Schweizer Medienlandschaft zu gestalten. Manches von dem, was für mich in meiner Arbeit wichtig war, wird von Hersche nur am Rande und pauschal gestreift; in einigen Punkten habe und hatte ich eine andere Auffassung als er, auch wenn wir das nie abschliessend ausdiskutieren konnten. – Es ist, wie wenn man in einem Fotoalbum blättert. Das meiste ist vertraut und bekannt… zu vielen Gesichtern weiss man die Namen nicht mehr, aber bei zahlreichen Fotos weiss man noch genau, wo und wie sie entstanden sind und welche Geschichten sich dahinter erschliessen liessen.
Und zwischen den Zeilen offenbart sich Hersche in allem als souveräner Geist, als ein gemütvoller Mensch, auf Harmonie angelegt, mit dem bauernschlauen Schalk im Nacken, der wohl mit seiner appenzellischen Herkunft zu begründen ist, bei einer tiefen, kulturellen und sozialen Herzensbildung, wie sie eine erzkatholische Erziehung mit allem Drum und Dran letztlich in sein Wesen eingegraben hat. – Wer mehr über das spannende Buch erfahren will, hat aktuell eine Möglichkeit dazu: am 17. September 2008 kommt Otmar Hersche in der DRS 2-Rubrik „Reflexe“ selber zu Wort.
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Von Heinrich von Grünigen um 16:07 |
Es ist ein etwas abgedroschener Scherz, wenn jemand annimmt, er könnte bei der Firma Red Bull einen Steinway mieten. – Aber ein bisschen flatterig ist es mir schon geworden im Magen, als ich in der aktuellen Ausgabe von saldo den vergleichenden Test über 15 verschiedene Energy-Drinks gelesen habe.
Vor dem inneren Auge sehe ich die gewaltigen Stapel der grünen Büchslein, die z.B. in den Migros-Märkten gestapelt sind (der jährliche Umsatz aller 15 in der Schweiz erhältlichen Marken wird auf 20 Millionen Liter geschätzt!), und in der inneren Nase verspüre ich den süsslich-schweren Geruch, der am Morgen im Bahnhof über die Perrons hängt, wenn die jungen Menschen, um sich für den Tag fit zu machen, einen Drink einschütten, an Stelle des Frühstücks.
Die Analyse der Dosen-Inhalte zeigt: die Energie kommt vor allem vom Zucker. Sechs bis zehn Stück Würfelzucker sind in einer Büchse gelöst (und perverserweise schreibt das Lebensmittelgesetz einen Energiewert von „mindestens 45 Kalorien pro Deziliter“ vor, damit der Begriff „Energy“-Drink gerechtfertigt sei…). Künstliche Farbstoffe, soviel hat die Untersuchung gezeigt, werden bis auf eine Ausnahme nicht verwendet. Als Muntermacher werden Koffein und Taurin beigegeben. Taurin ist ein Stoff, der ursprünglich aus der Galle von Stieren gewonnen wurde (pikanterweise will die Legende, der Stoff stamme aus den Hoden von Stieren, was ihm eine testosteronverdächtige Verruchtheit andichtet, aber offenbar falsch ist); heute werden die benötigten Mengen synthetisch hergestellt. 4000 Milligramm davon sind pro Liter zugelassen, die meisten Produkte gehen bis hart an diese Toleranzgrenze.
Zudem sind alle Produkte mit Warnhinweisen versehen, dass man nicht zuviel davon konsumieren solle und dass sie nicht mit Alkohol gemischt werden dürften… Aber was tut der so gern für mündig und selbstverantwortlich erklärte Konsument: er macht es trotzdem. Das kann fürs Herz und für die Nieren gefährlich sein. Auch Leute mit Bluthochdruck, Schwangere, Kinder und sportlich Aktive sollten die Drinks nicht konsumieren, empfiehlt das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung. – Preisfrage: wer hat denn im letzten Jahr die 80 Millionen Dosen gekippt? Und wohin sind die 2 Millionen Kilo Zucker gewandert? Wenn die Drink-Trinker Pech gehabt haben, dann haben sie sich in 1,2 Millionen Kilo Fett verwandelt, oder 1’200 Tonnen, die an Bäuchen und auf Hüften lagern.
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