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Von Heinrich von Grünigen um 22:58 |
Morgen (oder heute, wenn Sie das erst morgen lesen) ist Sonntag. Der Tag des Herrn. Und da stellt sich natürlich die Frage: Finden Menschen, die abnehmen wollen, bei diesem – dem Herrn – allenfalls höheren Rat und ultimative Hilfe? Man soll ja nichts unversucht lassen.
Und in der Tat: Aus Amerika, dem Land mit dem gottesfürchtigsten Führer, den es je hatte, kommt die fromme Kunde, dass der rechte Glaube und die richtige Diät alle Krankheiten besiegen könnten. Das Ding nennt sich Hallelujah Acres, mit dem Zusatz: „The biblical diet“, und es liest sich eigentlich recht vernünftig:
Zehn Empfehlungen gibt das Programm: Man soll den Geist neu programmieren mit dem Wissen darum, wie der Körper funktioniert; man soll mehr „lebendiges Essen“ zu sich nehmen (will sagen: Rohkost), frische Gemüsesäfte und destilliertes Wasser trinken, sich mehr bewegen, wenns geht im Sonnenschein, mehr Faserstoffe essen, keine tierischen Produkte zu sich nehmen, keine vorfabrizierten Lebensmittel, genügend Ruhe und keinen Stress… und schliesslich: „Lass dir helfen!“
Von wem? Natürlich von der Organisation, die sich „Halellujah Acres“ nennt, also „Halleluja-Feld“. Dabei handelt es sich um eine christliche, nicht-konfesssionelle Kirche, die in Mexico über eine eigene Klinik verfügt und zahlreiche Nahrungsmittel und Spezialprodukte vertreibt, für die sich inzwischen ein Millionen-Markt entwickelt hat. Einer der Gurus dieser Bewegung ist ein Arzt aus Florida, Dr. Don Colbert, der einen Bestseller verfasst hat zum Thama „Was würde Jesus essen?“
Auslöser war eine Studie, die zum Schluss kam, dass besonders fromme Christen in der Regel dicker sind als als die weniger Gläubigen. Denn diese kompensieren ihre Enthaltsamkeit von den üblichen „Lastern“ oft mit Essen… Was soll man davon halten? Rohkost ist Geschmackssache und Glaube gehört in den persönlichen Privatbereich. Und wenn Glauben selig macht – warum sollte es wohl nicht auch ein wenig schlanker machen können? Hauptsache: gesunde Ernährung.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:27 |
Da haben wir die Bescherung: Dick werden sei ansteckend, vermeldet der „Blick“ in seiner heutigen Ausgabe, übertragen durch ein Virus namens Adenovirus-37, oder kurz: Ad-37.
Allerdings, zeigt die genauere Lektüre – und die Überprüfung der Quellen bei Google bestätigt den Sachverhalt – ist dieser Effekt beim Menschen noch nicht bewiesen, und die Meldung über Resultate einer US-Studie stammt aus dem Jahre 2002! – Unsere „stärkste Zeitung“ hat da also eine schon reichlich abgehangene Ente aus dem Archiv gezogen. Dort ist dann auch die Präzisierung zu lesen, dass Hühner, die mit diesem Virus infiziert wurden, durchschnittlich 4 (!) Gramm mehr Fett zugelegt hätten als ihre unbehandelten Artgenossen im gleichen Zeitraum… Da bricht eine goldene Ära an für Fabrikanten und Verkäufer von Präzisionswaagen.
Stellen Sie sich vor, was wir hätten lesen können, wenn es gegen dieses Virus, das bisher in Versuchen erst am Federvieh zu wirken scheint, schon ein Gegenmittel gäbe. Die Schlagzeilen sind nicht auszudenken. Man hätte den Bundesrat im Kollektiv zum Rücktritt aufgefordert und die Frage gestellt, weshalb denn der Impfstoff erst für einzelne Risikogruppen bereitgestellt und noch nicht an die ganze Bevölkerung abgegeben sei… und in der ARENA würden die Gegensätze aufeinander prallen und die Fetzen fliegen… und nach einer Woche wäre der Spuk wieder vorbei. Bis eine andere fette Sau durch das mediale Dorf getrieben werden kann.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:41 |
Am Rande der Gesundheitsförderungs-Konferenz habe ich mich letzte Woche auch kurz mit einer Vertreterin einer Krankenkasse unterhalten. Mir ging es darum, auf die „Ungerechtigkeit“ hinzuweisen, die in der Tatsache besteht, dass die Kostegutsprache der Kassen für chirurgische Eingriffe bei starkem Übergewicht einer extrem harten gesetzlichen Regulierung unterliegen.
Die Kosten werden von der Kasse nur übernommen, wenn der Patient noch nicht 60 Jahre alt ist (was angesichts der ständig steigenden Lebenserwartung ja schon bald kein „Alter“ mehr ist), wenn der BMI mindestens 40 beträgt und wenn vorgängig während mindestens zwei Jahren alle Versuche, auf „konventionelle“ Weise mit Ernährungsumstellung und Bewegung abzunehmen, ohne Erfolg geblieben sind.
Bei keinem anderer medizinischen Befund wird die lebensrettende Therapie durch solche Auflagen bestimmt: Vom Raucher mit Lungenkrebs verlangt man nicht, dass er zuerst zwei Jahre nicht mehr raucht, ehe man ihn operiert; dem Aids-Kranken wird nicht vorgehalten, er sei an seinem Zustand selber schuld und hätte ihn vermeiden können, wenn er nur gewollt hätte; das Unfallopfer, das angetrunken am Steuer sass, wird in der Intensivstation aufgenommen und gepflegt ohne langwierige Antragsstellung und Begutachtung durch den Vertrauensarzt der Kasse…
Aber der Adipöse, der ein Leben lang verzweifelt mit seinem Gewicht gekämpft hat, dessen Lebenserwartung durch Folgekrankheiten verkürzt ist und der mit schweren sozialen Beeinträchtigungen leben muss, der soll – wie es der Sprecher von Santésuisse einmal formuliert hat – davor bewahrt werden, dass er sich leichtfertig unters Messer legt… – Viel zynischer geht es wohl nicht mehr.
Die bariatrische (oder Adipositas-) Chirurgie hat in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Es gibt Langzeit-Auswertungen, die den nachhaltigen Erfolg belegen und die auch zeigen, dass ein operativer Eingriff in bestimmten Fällen gesundheitsökonomisch „günstiger“ ist als eine lange Abfolge anderer Massnahmen mit hoher Rückfallquote.
Das Thema ist noch nicht ausdiskutiert und wir müssen es immer wieder ins Gespräch bringen, denn auch hier bestimmen oft vorgefasste Meinungen das praktische Handeln… Das ist mir durch den Kopf gegangen, als ich heute einen Bericht las, den unsere US-Schwester-Organisation AOA, die Amerikanische Adipositas-Organisation, vor einem guten Jahr an die oberste Gesundheitsbehörde gerichtet hat. Es bleibt noch viel zu tun.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:57 |
Es fällt mir kein anderes Wort ein. Da lese ich heute in verschiedenen Zeitungen, dass die Migros nun zum Angriff übergeht und nicht mehr länger auf ein preiswerteres Angebot des Süsswarenfabrikanten Ferrero warten mag.
Deshalb nimmt der Grossverteiler in sein M-Budget-Sortiment ein um 60 Rappen billigeres Eigenfabrikat auf, das den gleichen, urheberrechtlich nicht geschützten Namen trägt: Milchschnitte.
Dass dieses Produkt mit 410 kcal pro 100 Gramm, 36 g Kohlenhydraten und 26,5 g Fett (fast so viel wie eine Bratwurst!) alles andere als ein gesundes Nahrungsmittel ist, sollte mittlerweile bekannt sein. Dass ausgerechnet die Migros, die sich sonst immer gerne auf ihr soziales Gewissen beruft, sich mit diesem völlig sinnlosen, mit verlogener Werbung angepriesenen Snack in den Schnäppchenjäger-Preiskampf stürzt, macht fassungslos.
Letztes Jahr, wird vermeldet, habe die Migros mit diesen Schnitten 20 bis 30 Millionen Umsatz gemacht. Lasst uns nicht ausrechnen, wieviele Kilo Speck dadurch auf Kinderhüften und an -rippen gewachsen sind… macht nichts, man hat bei der Migros ja den wunderbaren „Club Minu“, wo die Kleinen wieder etwas gegen ihr Übergewicht tun können. So züchtet man sich die künftige Kundschaft selber heran und kassiert sie gleich doppelt ab. Dutti würde sich im Grab umdrehen.
Ich denke, wir sollten von der SAPS aus einen „Preis“ vergeben an Unternehmen, die auf besondes perfide Weise die Anstrengungen unterlaufen, den Kindern zu einem gesunden Körpergewicht zu verhelfen. Anregungen nehme ich gerne entgegen!
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Von Heinrich von Grünigen um 23:25 |
Diese animalische Kreuzung aus des Menschen bestem Freund und einem borstigen Nutztier (dem alledings erhebliche Intelligenz attestiert wird), soll, wenn es mir recht ist, ihren Ursprung irgendwo im preussischen Kommiss haben, dem Militär also, wo man die vom Wehrdienst zermürbten Landser mit dem derben Zuruf zu strammem Benehmen aufforderte, sie sollten endlich „ihren inneren Schweinehund überwinden“.
Dieses grunz-bellende Etwas, das uns immer dann als Ausrede dient, wenn wir nicht tun, was wir tun sollten (und vielleicht auch tun möchten), ist Thema einer vergnüglichen und informativen Enährungsfibel: „Abnehmen mit dem inneren Schweinehund“ von Dr. Marco von Münchhausen und Dr. Michael Despeghel, erschienen bei Gräfe und Unzer.
Hier wird ein Abnehmprogramm skizziert, das sich mit psychologischer Raffinesse mit all jenen Widerständen auseinander setzt, die vom „iSch“, unserem „schlechteren Ich“ so beharrlich immer wieder formuliert werden, bis wir sie selber für wahr und gottgegeben halten.
Ein lehrreicher Lesespass, der zugleich viel Wissenswertes in verständlicher Form vermittelt und der zu einer bewussten Veränderung es Lebensstils ermutigt, so dass einem der „iSch“ schliesslich direkt ans Herz wächst und zum Freund wird, der beim Abnehmen behilflich ist.
An einem anderen Ort gibt es im Internet einen
Schweinehund-Test, der einem Aufschluss gibt über das Ausmass der inneren Verschweinehundung… – Es kann also niemand sagen, er habe es nicht genau gewusst.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:22 |
Ich habe in den letzten Wochen an dieser Stelle immer wieder etwa ein Postulat aufgestellt: Man sollte… der Bund müsste… die Politik ist gefordert… wir erwarten… – Und nun bin ich unversehens mitten drin.
Montagmorgen in Bern. Sitzung der „Fachgruppe Ernährung“ innerhalb der Gesellschaft Public Health Schweiz. Eine engagierte Gruppe von Ernährungswissenschafterinnen aus den verschiedensten Bereichen, und der SAPS-Mann mit dabei, kein eigentlicher Fachspezialist, aber doch einer, der aus der Optik der Betroffenen Anliegen und Erfahrungen zum Thema einbringen kann.
Es geht darum, nach einer kurzen Situationsanalyse zuhanden der politischen Instanzen die wesentlichen Ziele für eine künftige Ernährungspolitik zu definieren, welche im Rahmen eines europaweiten Programms gegen Übergewicht und die damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren umzusetzen ist.
Und plötzlich heisst es, die bisher sehr allgemeinen und unverbindlichen Forderungen in praktikable, realistische und politisch machbare Massnahmen umzuformulieren. Und plötzlich wird alles ziemlich komplex. Man ist sich einig über die Befunde und wüsste im Grunde, wo der Hebel anzusetzen wäre – aber sofort stellt sich die Frage nach der Umsetzung, nach den volkswirtschaftlichen Konsequenzen, wenn man zum Beispiel verlangt, dass „der Gesundheit förderliche“ Lebensmittel wie Früchte, Gemüse, naturbelassene Produkte etc. im Laden billiger sein sollen als die für eine „gesunde“ Gewichtskontrolle weniger zu empfehlenden, kaloriendichten, fettreichen und raffineirten Fabrikate der Lebensmitelindustrie…
Aber das, haben wir uns dann gesagt, darf uns jetzt noch nicht kümmern. Wir dürfen nicht der Gefahr erliegen, unsere Visionen aufzugeben, indem wir uns vorzeitig selber zensurieren. Man muss die Ziele klar und bestimmt stecken, die Hindernisse bei der Umsetzung werden ganz von alleine kommen. Es ist ein spannender Prozess, der hier begonnen hat.
PS: über die Faktenlage informieren die Ernährungspolicy für die Schweiz und das „Green Paper“ der EU-Kommission vom 8.12.05 (im Moment noch nicht aufgeschaltet, sorry)
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Von Heinrich von Grünigen um 13:05 |
„Eitle Männer: Jeder Zwölfte steht täglich auf die Waage“ – Mit dieser Schlagzeile konfrontiert mich die Redaktion von 20 minuten in der S-Bahn quasi auf nüchternen Magen.
Es geht um eine Umfrage des Link-Instituts, das dieses im Auftrag der Coop-Zeitung bei gut 500 Personen durchgeführt hat: 9 Prozent aller SchweizerInnen steigen demnach täglich auf die Waage, um ihr Gewicht zu kontrollieren, 19 Prozent tun dies einmal pro Woche, Männlein wie Weiblein etwa gleich häufig.
Und dann wird gerätselt, was uns diese Werte sagen wollen… Der Schluss, dass (vor allem) die Männer es aus Eitelkeit täten, scheint mir reichlich an den Haaren herbei gezogen. Der statistische Befund überrascht mich eher in der anderen Richtung: Wenn man davon ausgeht, dass rund 40 Prozent der Bevölkerung „übergewichtig“ sind und demzufolge ein Interesse daran haben müssten, zu wissen, wie es um sie steht, dann sind die 9 Prozent der sich täglich Wiegenden bloss ein knappes Viertel dieses Potenzials!
Daraus wäre zu folgern, dass drei Viertel der Übergewichtigen sich um ihr wahres Gewicht foutieren bzw. dass bloss die Hälfte von ihnen sich einmal pro Woche wiegt. Und da eBalance-Blog-LeserInnen mehr wissen als andere (siehe meinen
Eintrag vom 7. Dezember 2005), ist uns auch klar, dass es für eine Gewichtsreduktion grundsätzlich förderlich ist, wenn man den Verlauf der Kurve täglich überprüft und so rechtzeitig die notwendigen Massnahmen (im Sinne des Mass-Haltens) ergreifen kann.
Dass Männer häufig auf die Waage klettern, komme – so mutmasst der 20minuten-Autor – daher, dass „Frauen heutzutage auf Waschbrettbäuche stehen“ würden… Auch hier, meine ich, unterliegt der junge Mann einem Irrtum. Der Waschbrett-Befund lässt sich mit Sicherheit anders überprüfen als mittels einer Gewichtskontrolle. Denke ich als einer, der dieses Phänomen (leider!) nur noch aus der Herrenunterwäschewerbung kennt.
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