6/4  Auskuriert

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:19

Das mit den Antibiotika war dann doch härter als angenommen. Zwei Tabletten pro Tag senkten zwar innerhalb einer knappen Woche die kritischen Infektionswerte auf 10 Prozent ihres ursprünglichen Ausmasses und leiteten damit einen Heilungsprozess ein, aber die schlappe Antriebslosigkeit, die mich tagsüber befiel und in eine Art Halbschlaf versetzte, liess erahnen, welche Auseinandersetzung da in meinem Inneren zwischen „Gut“ und „Böse“ toben musste.

Zum Glück trafen all die Prophezeiungen aus dem Beipackzettel nicht wörtlich ein, ich müsste sonst bereits auf dem Friedhof liegen – dabei hatte ich etwa in der Hälfte mit Lesen aufgehört! Aber daran, dass ich in diesen Tagen sogar keinen Appetit hatte, erkannte ich, dass da wirklich etwas passiert sein musste. Das schlug sich natürlich auf der Waage positiv nieder.

Kurz, ich verbrachte praktisch 10 Tage im Bett, eine grosse Wasserflasche griffbereit, aus der ich immer trinken konnte, wenn mir der bittere Geschmack im Mund zu lästig wurde. Das war offenbar eine der Nebenwirkungen, die sich bemerkbar machten: herrlich süss und erfrischend perlte dann der Hahnenburger durch meine Gurgel und erfüllte nebenbei den vom Arzt verordneten Zweck, ausgiebig Flüssigkeit zu mir zu nehmen, um die Abfallprodukte des Bakteriengetümmels zügig auszuwaschen.

Morgen geht es wieder zurück an die Arbeit. Am Mittwoch können die Pillen abgesetzt werden. Es war eine eindrückliche Erfahrung, auch wenn sie mich praktisch anderthalb Wochen gekostet hat, in denen ich wichtigen Sitzungen und Treffen fernbleiben musste und in denen dringende Arbeiten unerledigt blieben. Aber auch das gehört zu den Lehren des Lebens, dass niemand unersetzlich ist.




2/4  Stationsbericht

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:59

Also das mit der Erkältung war nicht so harmlos, wie es sich anfangs anfühle. Nachdem ich einen Tag im Bett verbracht hatte, kam ein schon von langer Hand geplanter Arzttermin, eigentlich nur eine Routine-Kontrolle der Übergewichts-Faktoren. Aber als ich ihm von meiner „Erkältung“ erzählte, liess er eine Blutanalyse machen.

Am Montag hätte ich eigentlich einen wichtigen Termin in Bern gehabt, aber beim aufstehen war mir schwindlig und ich hätte mich so nicht unter die Leute getraut. Ich blieb zuhause. Das war ein richtiger Entscheid, denn am Vormittag kam der Bericht aus der Arztpraxis: die Blut-Probe hätte weit überdurchschnittliche Werte für eine Entzündung ausgewiesen und ich müsse unverzüglich ein Antibiotikum einnehmen und am folgenden Tag wieder zur Untersuchung kommen.

Am Dienstag gab es erneute eine Analyse. Der Arzt war zufrieden – und auch nicht. Die Werte hatten sich offenbar verbessert, lagen aber immer noch weit über normal. Eine simple Erkältung mit Schluckbeschwerden konnte nicht die Ursache sein. Wir rätselten gemeinsam. Vor einigen Wochen hatte ich diesen Unfall mit dem Velo. Dabei hatte ich mein Knie angeschlagen und aufgeschürft, was in der Folge zu einem massiven Bluterguss im Unterschenkel führte. Diesen wiederum schrieb ich den Blutverdünnungs-Medikamenten zu.

Es dauerte einige Zeit, bis sich dieser Erguss einigermassen normalisierte und das Bein war lange schmerzempfindlich… – Aha, meinte der Arzt, damit sei nicht zu spassen, denn an diesem Knie habe ich eine Gelenk-Prothese und Prothesen hätten es so an sich, dass sie Entzündungsbakterien anzögen, die dort ganze Kolonien bildeten und ev. sogar die Prothese beschädigen konnten… – Blöd nur, dass mir das seinerzeit nach der Knie-OP niemand gesagt hatte!

Ich muss nun bis Ende Woche streng meine Antibiotika schlucken, dann wird nochmals analysiert, in der Hoffnung, dass sich die Werte bis dann normalisiert haben. Dazu strikte Bettruhe, was mir nicht schwer fällt, bewirken die Tabletten doch, dass ich mich am >Morgen im Bett fühle, als wäre ich zwischen zwei Bleiplatten eingeklemmt und als gelte es, mir noch vor dem Frühstück den letzten Tropfen Lebenssaft auszupressen… Noch hat es etwas Reserve.

 




27/3  Böse Früchtchen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:54

Der unstete Temperaturwechsel in diesen Tagen trägt Früchte. Les fruits du mal, könnte man in Anlehnung an ein hochkarätiges literarisches Vorbild sagen, aber das würde den Sachverhalt nur ungenau beschreiben. Es ist schwer zu sagen, was es wirklich ist. Das Gefühl von heissen Ohren und einer eiskalten Stirn, Hals- und Schluckweh und Schmerzen bei jedem Versuch, etwas aus dem verschleimten Hals heraus zu husten…

Es ist eine gute Gelegenheit, all die alten Restbestände in der Hausapotheke, die knapp vor dem Verfallsdatum stehen, aufzubrauchen. Die Lutschpastillen mit den verschiedenen Aromen, das Alcacyl-Pülverchen, das in einem Glas Wasser aufgelöst werden muss, der Anti-Fieber-Drink, der so heiss wie möglich geschlürft werden muss, die Grether’s-Tabletten, die für ein geschmeidiges Halszäpfchen sorgen sollen…

Und trotzdem krächzt die Stimme tief aus der Kehle herauf, wenn das Telefon klingelt, so dass ahnungslose Anrufer meinen könnten, sie seien mit dem Besetzungsbüro der Freakshow verbunden. Ein leises Frösteln und Zittern geht durch mich hindurch, wie ein respektvollen Gespenst, das mich eigentlich nicht erschrecken möchte, das aber doch unerbittlich vorhanden ist und Flagge zeigt.

Eigentlich müsste ich schnurstracks ins Bett und mit einem grossen Glas  Branntwein den Booster anwerfen… aber das geht heute nicht: am Abend trifft sich die Selbsthilfegruppe zu einem medizinischen Vortrag – bloss hat das Thema nichts mit meinem aktuellen Zustand zu tun.

Noch fünf Stunden, dann ist der Spuk vorbei.




26/3  In die Antarktis

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:14

Es ist wieder etwas kälter geworden. Aber natürlich kein Vergleich mit der Antarktis, wo als Dauertemperatur minus 50 Grad Celsius herrschen. Trotzdem trifft es sich gut, dass mir gerade dieser Tage ein kleines Büchlein auf den Schreibtisch schneit. Geschrieben von Dudo Erny, mit dem Titel: Die Antarktis-Diät.

95 Seiten stark, im Taschenbuch-Format, ein schlichter Text, ohne jede Abbildung. Eine Art Ratgeber-Buch mit Tipps, die zu einer unkonventionellen Abnehm-Methode führen können, wenn es denn gelingt, sie mit einiger Konsequenz einzuhalten und vor allem durchzuhalten.

Ausgangspunkt sind die Erfahrungen der verschiedenen Südpol-Forscher, die im Laufe der letzten Jahrhunderte mit ihren Expeditionen im ewigen Packeis und auf dem vergletscherten Hochplateau der Antarktis unterwegs waren. Die extreme Kälte und die körperliche Anstrengung haben dazu geführt, dass die Expeditions-Teilnehmer enorm viel Kalorien verbrauchten und sich dabei fast aufrieben. Der Autor zeichnet die verschiedenen Forschungsreisen mit markanten Strichen nach und weist auf die Besonderheiten hin, wie der Organismus und der Stoffwechel auf diese Umwelt-Bedingungen reagieren.

Eines ist sicher: seine Methode bedeutet Krampf, Anstrengung, Einsatz. Er beleuchtet dies mit einem launigen aber überzeugenden Bild: Würde uns jemand in einem Reiseführer schildern, wie wir in einem unbeschwerten Spaziergang in zwei Tagen zu Fuss und ohne Gepäck an den Nordpol gelangen könnten, so würden wir dieses Buch als unseriösen Bockmist in die Ecke schmeissen. Wenn uns aber jemand in einem Diät-Ratgeber weismachen will, wir könnten mit genussvollem Essen nach Lust und Laune in einer Woche bis zu zehn Kilo abnehmen… so sind wir blöd genug, dieses Buch zu kaufen, auch wenn wir innerlich überzeugt sind, dass es nicht funktionieren kann.

Erny schlägt vor, sich selber im Winter für einige Stunden pro Tag eine Art private Antarktis zu schaffen: Heizung herunterdrehen, sie im Auto ganz ausschalten, Fenster öffnen; bei winterlicher Kälte draussen spazieren, sich der Kälte bewusst aussetzen, wenn auch nur befristet. Die Empfehlungen zur Ernährungsumstellung sind allerdings sehr frugal, d.h. bescheiden, Gurke und Magerquark… da würde ich auch bei normaler Zimmertemperatur abnehmen.

Der Autor jedenfalls hat – lebendiger Beweis – pro Winter im Schnitt rund 7 Kilo abgenommen, auf antarktisch-natürliche Weise. Und das ist doch immerhin etwas, solange ihm die Klimaerwärmung keinen Strich durch die Rechnung macht.




25/3  Test-Müdigkeit

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:48

Eigentlich müsste es an der Jahreszeit liegen. Frühjahrsmüdigkeit nennt man das Phänomen und landläufig wird die Ursache darin gesehen, dass es für den Körper anstrengend sei, sich vom Wintermodus auf die neuen kalendarischen Gegebenheiten um- und einzustellen. Insbesondere verlange die Neu-Formatierung des Hormon-Haushalts ein deutliches Mehr an Energie, das dem Körper dann fehle und ihn schlaff und müde werden lasse. Eine Krankheit im eigentlichen Sinne sei das aber nicht.

Nun vermittelt uns jedoch das Fernsehen über die Werbung ein anderes Bild. Da ist diese hübsche Dame, die immer einen Stuhl dabei hat und bei jeder Gelegenheit absitzt, sei es an der Bushaltestelle. beim Fussgängerstreifen uder im Park… ein Multivitaminpräparat hilft ihr wieder auf die Sprünge und sie hüpft frühlich aus dem Bild.

Oder dann die ältere Frau im Mantel. Sie ist so müde, dass sie sich jederzeit und überall hinlegen möchte… und siehe da: sie tut es auch ungeniert, kippt mitsamt ihrem Kaffee-Papp-Becher nach hinten um. Ein physikalisches Wunder, dass der Kaffee nicht ausläuft! Am Anfang habe ich nich gemeint, er sei ev. eingefroren… Die Dame nun, meint das Fernsehen, habe vielleicht doch eine Krankheit.

Schlaf-Apnoe könnte es sein, eine häufige Erscheinung bei ausgeprägter Adipositas. Ob man ein erhöhtes Risiko hat, daran zu leiden, das kann ein einfacher Test bezeugen. Er findet sich auf der Website der Lungenliga und ist in wenigen Minuten gemacht.

Seit ich diesen TV-Spot täglich mehrmals sehe, verfolgt mich die Vorstellung, ich könnte selber von diesem Berfund betroffen sein. In der Nacht wache ich auf, nach Luft schnappend, ertappe mich dabei, dass ich die verstopfte Nase nicht mehr einer temporären Erkältung zuschreibe, sondern einem Verschluss der Atemwege, zu dem auch ein Schleimkloss in der Kehle gehört, der sich kaum weghusten lässt… kurz, ich entwickle eine kräftige nächtliche Hypochondrie, damit ich dann am Morgen mit wissendem Gewissen auf dem Bettrand sitzend darüber nachdenken kann, weshalb heute die Schwerkraft mehr als doppelt so stark wirkt wie an anderen Tagen, und ob das etwas mit den Mondphasen zu tun haben könnte.

Ich habe den Lungenliga-Test gemacht. Dabei habe ich kaum geschummelt, nicht viel jedenfalls. Aber das Resultat ist beruhigend: es besteht kein Risiko betr. Schlaf-Apnoe. Danke, Lungenliga!




24/3  Opa, erzähl…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 11:47

Übers Wochenende fand mein Geburtstag statt. Es sollte ein gemütlicher Sonntagsbrunch im Familienkreis werden, und das war es auch. Gibt zwar etwas mehr Aufwand als wenn man in ein auf Brunches spezialisiertes Lokal geht, bietet aber ein Mehrfaches an Gemütlichkeit und individuellen Freiheiten.

Unabhängig voneinander waren die Kinder auf die gleiche Idee gekommen. Sie hatten als „Geschenk“ ein Buch gekauft: Opa, erzähl aus deinem Leben. Das ist ein halbleeres Buch, in dem fein säuberlich Fragen zu persönlichen Erlebnissen, Erfahrungen und Erkenntnissen aus allen Lebensphasen aufgelistet sind. Die Idee wäre, dass der Beschenkte sich hinsetzt und die leeren Zwischenräume zwischen den einzelnen Fragen mit seinen Schilderungen ausfüllt. Und das wahre Geschenk haben dann die Nachkommen, die später in dem mit Photos angereicherten Band nachlesen können, was der Ätti sich so hat einfallen lassen.

Aber: wann ist der Moment, um mit einer solchen Bestandesaufnahme zu beginnen? Nicht jeder hat das Selbstbewusstsein eines ehemaligen Medienpioniers, aber so was ist ja schliesslich auch nicht öffentlich und soll dazu dienen, den Nach-Nachkommen, die noch nicht selber lesen können, etwas über ihre Herkunft zu vermitteln.

Ist die Übergabe eines solchen Schreibbuches der ultimative Wink mit dem Zaunpfahl, dass man anfangen soll, ehe es zu spät ist… bzw. solange noch etwas von den Erinnerungen abrufbar bleibt? Einen gelinden Schock mat mir eine Begebenheit am Geburtstag selber bereitet. Gemütlich sass ich am Tisch und las, als das Telefon klingelte bzw. die heute so üblichen Töne machte, um anzuzeigen, dass jemand anzurufen versuchte. Zum Glück lag das schnurlose Gerät in Reichweite, ich drückte die Taste und hielt es mir ans Ohr… aber der Klang ertönte unbeirrt weiter, Antwort kam keine… was war los? Erst als das Anrufgeräusch verstummt war, realisierte ich, dass ich mir die TV-Fernbedienung gegriffen hatte… War das jetzt der Anfang?

Wie auch immer, ich habe mir vorgenommen, das Buch in täglichen Portionen abzuarbeiten, und zwar am PC, damit ich nicht zwei Bücher ausfüllen muss. Manches, was zu berichten wäre, steht wohl schon hier in diesem Blog, aber das lassen wir da. Es gibt noch genug anderes.

 




21/3  Giftspeicher

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:20

Auch das ist noch eine Erkenntnis der gestrigen Tagung. Sie war mir in dieser Verbindlichkeit bisher nicht bewusst. Als vor Jahren am Fernsehen erstmals Patientinnen und Patienten mit Magenband und Bypass gezeigt wurden, die in kurzer Zeit sehr viel abgenommen hatten, da stellte sich bei mir der Eindruck ein, die würden alle irgendwie „ungesund“ aussehen…

Das konnte natürlich daher kommen, dass mit der stark reduzierten Nahrungsaufnahme auch weniger Nährstoffe aufgenommen wurden – und inzwischen ist es selbstverständlich, dass nach einer Magenoperation gewisse Vitamine und andere Elemente zwingend extra zugeführt – supplementiert – werden müssen.

Ein weiterer Effekt des Gewichtsversulst war aber weniger allgemein bekannt: die Fettzellen im Körper haben die Eigenschaft, dass sie Gifte aus der Umwelt, die mit der Nahrung oder sonst aufgenommen werden, speichern und so gewissermassen isolieren können. Je grösser die Fettzellen, desto grösser die Kapazität, giftige Substanzen zu speichern.

Wird nun durch eine extreme Diät oder einen chirurgischen Eingriff sehr rasch dieses Körperfett abgebaut, so werden dadurch auch die eingelagerten giftigen Stoffe freigesetzt und müssen erst ausgeschieden werden, damit sie im Körper keinen Schaden anrichten können. Mitunter haben sie trozdem einen negativen Einfluss auf die Gesundheit.

Dies stellt vor allem bei schwangeren Frauen eine Gefahr für das heranwachsende Kind dar: die Giftstoffe gelangen ins Blut und damit auch in die Plazenta, von wo aus sie das ungeborene schädigen können. Deshalb rät die Adipositas-Spezialistin ihren schwangeren Patientinnen, sie dürften während der Schwangerschaft auf keinen Fall Gewicht verlieren, auch wenn dies mitunter vorkommt, weil die Schwangerschaft als solche ein biologischer Vorgang ist, der sehr viel Energie braucht.




20/3  Umweltsünden

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:45

Ich war heute an einem Workshop, veranstaltet von einer Pharmakologen-Fachgruppe. Thema war die Adipositas, insbesondere ging es um übergewichtige und adipöse Frauen in der Schwangerschaft und um die zahlreichen Gefahren, denen sie und ihr ungeborenes Kind ausgesetzt sein können.

Einer der Gastreferenten war Bruce Blumberg von der University of  California Irvine. Er hatte 2008 an einem internationalen Adipositas-Kongress in Genf erstmals über die Problematik der endokrinen Disruptoren referiert. Nun legte er aufgrund weiterer Studien einen umfangreichen Katalog all jener Substanzen vor, die uns im Alltag regelmässig umgeben: Herbizide, Fungizide, Stoffe in Kosmetik-Artikeln, Plastik-Weichmacher, Lebensmittelzusätze, Farben – ein umfassendes Arsenal von Chemikalien – man zähle inzwischen über 1’000 – , die auf verschiedenen Wegen in den menschlichen Körper gelangen und dort wie Hormone wirken und einzelne Stoffwechselfunktionen beeinflussen können.

Durch diese Stoffe kann bereits im ungeborenen Kind eine genetische Veränderung bewirkt werden, die es später übergewichtig werden lässt. Da nützen dann alle wohlgemeinten Appelle an die Selbstverantwortung für besseres Essen und mehr Bewegung nichts mehr, wenn einmal die Weichen falsch gestellt sind.

Fatal an der Sache ist, dass es hier in den meisten Fällen „bloss“ um kleinste Mengen geht, die oft gerade noch unterhalb der bestehenden Toleranzwerte liegen… Über die Kumulierung von Wirkungen, wenn mehrere solcher Komponenten gleichzeitig im Körper anzutreffen sind, ist allerdings noch nicht genug bekannt, als dass  man irgendwelche Schutzmassnahmen auf dem Gesetzesweg treffen könnte. Die Lebensmittelindustrie – in USA – stellt sich auf den Standpunkt, solange keine handfesten Beweise für einen ursächlichen Zusammenhang vorlägen, sehe sie keinen Grund, vom Gebrauch solcher Stoffe abzusehen.

Das Problem ist international und länderübergreifend. Und wie als schlechte Pointe lacht mich dann zuhause ein Artikel in der aktuellen Ausgabe der Konsumentenzeitschrift Saldo an: bei der Untersuchung von Teigwaren zeigte sich, dass jede zweite Packung Spaghetti nachweislich Rückstände von Pestiziden enthielt.




19/3  Kassen klingeln lassen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:54

In der SRF-Sendung Classe Politique stand der Gesundheitsminister Red und Antwort. Es ging unter anderem um das Thema Einheits-Krankenkasse. Die Vorlage der Linken war in den Räten abgelehnt worden und kommt nun vors Volk.

Der Austausch der Argumente dafür und dagegen unter den ParlamentarierInnen wirkte irgendwie freudlos, als hätten sie die immer gleichen Formulierungen schon unzählige Male gegeneinander vorgetragen, im Wissen darum, dass die Gegenseite ohnehin nicht darauf eingehen wird, dass die Meinungen so bleiben werden wie sie gemacht sind… Und der Bundesrat stand etwas im offside: seine Partei hatte den Vorstoss unternommen aber er war an die Meinung der Gesamtregierung gebunden…

Wie Hohn in meinen Ohren klang wieder einmal das Lied von der Eigenverantwortung des Bürgers und der Bürgerin, das von den Gegnern angestimmt wurde. Sie hätten es selber in der Hand, nicht nur gesund zu leben, sondern auch die günstigste Kasse auszusuchen und überdies nur dosiert medizinischen Support zu konsumieren… Gleichzeitig wurde das Hohelied des freien Marktes zelebriert, der allein eine exzellente Qualität bei günstigen Preisen garantieren könne.

Wenn man weiss, wie viele Parlamentarier direkt oder indirekt im Solde der Krankenkassen stehen, verwundern solche Sprüche nicht. Auch wenn behauptet wird, derartige Interessenbindungen seien kein Problem, solange sie transparent offen gelegt würden…

Kassen, die im kommerziellen Wettbewerb stehen, sind gezwungen, mit allen erdenklichen Mitteln nicht nur ihrem Umsatz zu steigern sondern darüber hinaus ihre Leistungen so knapp wie möglich zu halten. Dass diese Gewinnoptimierung letztlich den Interessen der Patienten zuwiderläuft, liegt auf der Hand. Der Meinungsstreit vor der Abstimmung dürfte interessant werden.




18/3  Plakat-Botschaften

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:10

Manchmal fragt man sich, ob die Leute selber wissen, was sie sagen wollen. Und vielleicht ist das ja gerade die Absicht: dass wir im Vorbeigehen innehalten, über eine Formulierung nachdenken, ins Grübeln geraten und uns so – nolens volens – mit dem Inhalt befassen, ihn uns vielleicht sogar merken.

Am Bahnhof, wenn ich die Strasse überquere, prangt eine kleine Affiche vor dem Kiosk-Shop. Energie zu tanken ist voll ok – steht da. Die Werbung, so viel ist klar, gilt einem alternativen Energy-Drink mit dem Markennamen „ok“, einem Eigen-Produkt der Kiosk-AG oder wie die Firma heutzutage heisst. Die Begriffe „Tanken“ und „voll“ lenken unsere Aufmerksamkeit aufs Automobil… wo es unbestritten klar ist, dass man tanken muss, um vorwärts zu kommen. Je völler desto weiter. Aber das Auto verbraucht die Energie, den Sprit, unweigerlich.

Hingegen der menschliche Körper, den man so mit flüssiger Energie auftanken soll, müsste sich jetzt extra bewegen, Leistung erbringen, um den zusätzlichen Boost wieder loszuwerden, sonst siedelt sich dieser zwangsläufig in der Bauchgegend an und ist nur noch für den Hersteller und den Verkäufer des Drinks „ok“, nicht aber für die Gesundheit des Trinkers. Also: was wollte uns das Plakat nun effektiv vermitteln?

Nahezu mystisch und abgründig wird die Mitteilung eines Kosmetika-Herstellers. Da steht in satten Grossbuchstaben: MEGA VOLUMEN. Und darunter: oben wie unten. Darüber ein Name: Miss Manga. – Nun frage ich mich auf dem ganzen Weg zu meinem Sitzungsort, wie denn dieses „mega Volumen“ aussieht, ober das die Miss Manga verfügen soll, oben wie unten… und da ich anfällig bin für plastische Vorstellungen, male ich mir die Dame zunächst in Körbchengrösse aus. Das würde für „oben“ ziemlich viel hermachen. Aber was ist mit „unten“? Wo müsste sich dort das Volumen ansiedeln? Etwa in einem extrem voluminösen Hinterteil? Oder geht es gar nicht um Körperliches? Zielt das Präparat auf dem Plakat am Ende aufs Haar? Das würde „oben“ wieder Sinn machen. „Unten“ traue ich der Sache allerdings nicht so recht, das läge ja nicht im Trend von Brazilian Waxing und Co…

Der beherzte Schritt zu Google gibt die Antwort: bei Miss Manga handelt es sich schlicht um ein Mascara-Produkt, und „oben“ bzw. „unten“ meint nur die Wimpern. Hony soit qui mal y pense.