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Von Heinrich von Grünigen um 22:53 |
Die Medien spielen eine zentrale Rolle wenn es darum geht, bei den Menschen das Bewusstsein und die Bereitschaft zu wecken, etwas zu unternehmen, eine Veränderung einzuleiten und von der Absicht dann auch wirklich zur Tat zu schreiten.
Medienkampagnen sind teuer. Sie müssen antreten gegen die geballte Kraft der Propaganda, mit welcher die umsatzfördernden Produkte der Nahrungsindustrie in den Markt gedrückt werden. Und mit „Werbung gegen Werbung“ ist nichts zu gewinnen, auch wenn dies den Vertretern der Werbebranche noch so gut gefallen möchte.
Nein, die Medienhäuser sind aufgerufen, eine Verantwortung wahrzunehmen, die im Dienste des Publikums steht. Service public im besten Sinne des Wortes. – Wenn man durch die Kanäle zappt, so stösst man in letzter Zeit immer häufiger auf aufrüttelnde, informative, berührende und auch nachhaltig lehrreiche Beiträge, in denen der Nutzen einer „richtigen“ Ernährung und die Vorteile von körperlicher Bewegung vermittelt werden.
Es fällt mir aber auf, dass diese Beiträge meist auf „privaten“ Stationen zu sehen sind. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten tun sich da schwerer, sie berichten allenfalls in ihren medizinischen Themen-Magazinen. Aber so ein tüchtiger Überzeugungsschwung mag nicht aufkommen. Warum ist das so? Oder scheint es nur? Möchte man in der Sache top-seriös sein und sich nicht auf das populistische Glatteis von spektakulären Abspeckereien begeben?
Die gute alte Tante BBC macht es jedenfalls wieder einmal vor: unter dem Titel BIG CHALLENGE lanciert sie eine vielseitige Kampagne, wie es sie in dieser Konzentration noch nie gegeben haben soll. Da hat es einen Einkaufslisten-Generator, in den man seine „normalen“ Einkäufe eingeben kann – und dann macht er „bessere“ Alternativ-Vorschläge; unter dem Motto Gesund an der Arbeit findet man Tipps, wie die Umgebung am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich gestaltet werden kann; ein individuelles Fitness- und Ernährungsprogramm gibt Empfehlungen und Anleitungen für 6 Wochen (ähnlich wie eBalance), sodann kann man Formulare für ein Ess- und ein Bewegungsprotokoll herunterladen und schliesslich gibt es noch einen interaktiven Reaktionstest, mit dem man sein Wissen in Essensfragen gegen die Uhr prüfen kann.
Alles in allem eine „grosse Kiste“, die der Mutter aller Rundfunkanstalten gut ansteht. Wo gibt es sowas bei uns – ausser bei eBalance?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:08 |
Heft 14 von Psychologie heute compact (2006) ist ganz dem Thema Essen und dessen Folgen gewidmet: Wie Sie ohne Reue geniessen, Ihr Gewicht halten und gesund bleiben…
Das sind so wieder die Versprechungen, die ich mag: ohne Reue geniessen… und dabei nicht zunehmen. Das Heft muss ich haben! Nützt’s dann nichts, spielt das auch keine Rolle, verkauft ist verkauft. Und den Dicken kann man alles andrehen.
Eines der vielen interessanten und anregenden Kapitel gilt einer Neuauflage des Buches des amerikanischen Herzspezialisten Glenn Gaesser: Big Fat Lies. Gaesser belegt darin seine These, dass Übergewicht an sich nicht krank mache, sondern dass falsches Verhalten, insbesondere fehlende Bewegung und „schlechte“ (minderwertige) Ernährung sowohl Übergewicht als auch die begleitenden Krankheiten bewirken.
Adipositas wäre demnach nicht die Ursache, sondern lediglich eine Begleiterscheinung von Diabetes, Herzproblemen, Bluthochdruck und anderen Zivilisationskrankheiten… Und viele dicke Menschen, die fit sind und sich bewegen, seien wesentlich gesünder als Dünne, die keine Bewegung haben und minderwertigen Food vertilgen. Die eigentlich Gefährdung gehe nicht vom Dicksein aus, sondern von den wiederholten Versuchen, abzunehmen.
Gaessers Theorie wird denn auch bestritten. Namhafte Wissenschafter widersprechen ihr und belegen das Gegenteil. Das Körperfett erzeuge Substanzen, von denen eine direkte Gefährdung ausgehe und die gesundheitliche Störungen aktiv auslösten. Auch Professor Stephan Rössner, der „Vater“ von eBalance, stimmt dem zu. Das Fettgewebe im Körper sei nicht einfach „tote Substanz“, sondern stelle das „grösste endokrinologische Organ des Körpers“ dar.
Was war nun zuerst? Und was hilft mir diese Diskussion? Sollten jene Recht behalten, die behaupten, Dicksein habe wenig Auswirkungen auf die Gesundheit und mache nicht krank, dann würden ihnen zahlreiche Betroffene widersprechen, die am eigenen Leib mit fortschreitendem Alter das Auftreten von verschiedenen Beschwerden erfahren mussten und müssen. Mein persönliches Fazit: Traue keinem dünnen Adipositas-Forscher, er kann nicht wissen, wovon er spricht.
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Von Heinrich von Grünigen um 13:58 |
Erste Maxime in der Adipositas-Prävention ist der Ansatz bei den Kindern. Hier hat die Stadt Zürich jetzt einen Nagel eingeschlagen, indem sie Empfehlungen für Kinder (und deren Eltern) herausgegeben hat.
Sie bzw. ihr schulärztlicher Dienst appelliert dabei an die „schlauen Köpfe“ unter den Kindergärtelern. Im Wissen darum, dass für die Kleinen der Besuch des Kindergartens eine kräftezehrende Sache ist, wird Wert darauf gelegt, dass mit der Zwischenverpflegung auch eine nachhaltige Form von Energie zugeführt wird.
Deshalb wird darüber informeirt, dass fett- und zuckerreiche Lebensmittel in jeder Form auf lange Sicht keine Energie spenden, sondern die Kinder bald „schlapp“ werden lassen und erst noch zu Übergewicht führen können. – Was also ist die Alternative?
Ein Merkblatt mit zahlreichen Varianten-Vorschlägen listet die cleveren Znüni-Tipps auf und lädt die Kinder ein, zusammen mit ihren Eltern aus einer relativ langen Liste die passende Zwischenverpflegung auszuwählen.
Auf diese Weise kann in der Praxis erprobt werden, was auch bei den anderen Mahlzeiten schmecken würde. Ernährungsbewusstsein wird antrainiert… sofern auch das familiäre Umfeld mitmacht. – Es wird spannend sein, zu verfolgen, wie die Reaktionen auf diese Initiative sind und wie kooperativ die Familien den Ball aufnehmen. Sonst droht auch diesem lobenswerten Ansatz eine Wirkungslosigkeit, die bereits manchen Vorschlag zur Verbesserung der Umweltbedingungen zunichte gmeacht hat. Und das wäre schade.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:30 |
Diäten, das wissen wir inzwischen, sind des Teufels, wenn sie einseitig sind und rasanten Gewichtsverlust versprechen. Eigentlich sollte man sie verbieten, da viele von ihnen geeignet sind, den Grundstein zur Adipositas erst zu legen.
Und doch taucht jeden Tag irgendwo wieder eine auf, hinter der meist ein gutmeinender Spezialist steht, der nur das Wohl der Menschen im Auge hat. So einer ist auch Dr. Peter H. Gott. Von ihm stammt die Kein Mehl, keinen Zucker-Diät, die in USA seit einiger Zeit ganz oben auf der Bestsellerliste steht.
Dr. Gott empfiehlt, auf raffinierte Kohlenhydrate in Form von Weissmehl und von weissem Zucker ganz zu verzichten. Das hört sich einfach an, hat aber im Alltag doch seine Tücken. – Immerhin: seine Empfehlung erinnert an das „Low-Carb“-Postulat, denn Mehl und Zucker enthalten Unmengen von „leeren“ Kalorien und haben dabei extrem wenig Nährstoffe. Lässt man diese beiden Zutaten konsequent beim Essen weg, so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass man dabei abnimmt – sofern man sie nicht durch andere Produkte ersetzt, die eine ähnliche Wirkung haben.
Dass diese Empfehlung in USA auf offene Ohren stösst, verwundert nicht. Gross ist auch hier die Sehnsucht nach einem „einfachen“ Rezept, nach einer Richtschnur, die sich anwenden lässt, ohne dass man Kalorien berechnen muss (wer kann heute noch den Dreisatz im Kopf?) und viel Kleingedrucktes szu lesen hat. Und gerade in USA, wo in vielen Rezepten süsse Sirups eine wichtige Rolle spielen, kann eine solche „Dät“ den Eindruck vermitteln, man habe tatsächlich seine Essgewohnheiten umgestellt.
Wie lange sich so etwas dann aber im Alltag konsequent durchhalten lässt, wie man damit im Restaurant umgeht, welche geschmacklichen Umstellungen nötig sind, das muss sich in der Praxis weisen. – Und dann bleibt immer noch der positive Ansatz: „weniger“ ist auch schon etwas, wenn das Bewusstsein erst einmal geschärft ist.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:21 |
Norm – Normalität – normal.. laut Lexikon das, was „regelrecht“, „vorgeschrieben“, „allg. üblich“ ist. Was normal ist, gilt als von der Gesellschaft akzeptiert. Was nicht normal ist, nannte man früher „anomal“, eine „Anomalie“ ist eine Ausnahme, eine Abweichung von der Regel.
Warum dieser Exkurs? – Yvonne ist 15 Jahre alt. Sie ist 1.60 gross und wiegt 54 Kilo. Sie fühlt sich dick und übergewichtig. Sie hat einen BMI von 21. Das sei absolutes Normalgewicht, sagt man ihr. Darauf antwortet Yvonne: „Aber normal ist doch gar nicht mehr normal, oder?“ – So wie Schönheit letztlich im Auge des Betrachters liegt, so wird das als „normal“ empfunden, was den eigenen Vorstellungen entspricht, die sich am gesellschaftlichen Umfeld orientieren.
Man könnte Yvonne lange gut zureden: ihre Meinung würde sie nicht ändern, sie fühlt sich zu dick – also IST sie zu dick! Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man die „Vorbilder“ betrachtet, an denen sich junge Menschen heute orientieren (müssen). – Auch Vorurteile oder Verblendung können die Wahrnehmung trüben. Das belegt eine interessante Sudie aus Kanada: Eltern wurden befragt, ob sie ihre Kinder für übergewichtig halten.
Das Resultat ist verblüffend. Während die Messungen des Gesundheitsdienstes ergaben, dass 26 Prozent der kanadischen Kinder übergewichtig oder adipös sind, gaben lediglich 9 Prozent der Eltern an, dass ihre Kinder Übergewicht hätten. Was bedeutet, dass in zwei von drei Fällen das Gewichtsproblem des Kindes nicht als solches „erkannt“ und auch nicht entsprechend behandelt wird!
Was wiederum bedeutet, dass zwei Drittel der übergewichtigen Kinder (in Kanada) ohne eine verantwortungsvolle Begleitung weiterhin zunehmen und Gewicht zulegen werden. Die Studienleiterin Dr. Ruth Collins-Nakai zieht den besorgten Schluss, dass durch diese Selbst-Täuschung der Eltern die Kinder von der Realität ihrer Gewichtsprobleme abgeschirmt werden, was langfristig zu schweren Gesundheitsstörungen führen wird.
Dieser Befund wirft leider auch ein grelles Licht auf die Problematik der so gerne beschworenen „Selbstverantwortung“ der Menschen, wenn es um die eigene Gesundheit geht. Doppelt dumm, dass die Kinder selber (noch) nichts dafür können.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:30 |
Es waren an die 60 gekommen und der Abend wird sich auf lange Zeit in ihr Gedächtnis einprägen. Da sind zunächst die einführenden Erläuterungen des Chirurgen: ein erfahrener Praktiker, der seit zehn Jahren diese Operationen vornimmt. Die Bilder der durch Hautwülste und herunterhängende Lappen entstellten Menschenkörper wird man nicht so schnell wieder los. Viele im Saal wissen aus eigener Erfahrung vor dem Spiegel, was dies für das tägliche Leben bedeutet.
Bald kommt die Frage nach den Kosten und nach den einschlägigen Bestimmungen für eine Gutsprache durch die Krankenkasse. Es ist für alle ein richtiger Schock, zu erfahren, dass durch ein Präzedenz-Urteil, das Anfang dieses Jahres vom Eidgenössischen Versicherungsgericht, der höchstrichterlichen Instanz in dieser Sache, gefällt wurde, praktisch jede der bisher bewährten Optionen für die Übernahme der Kosten ausgehebelt wurde. Das Gericht, so war zu vernehmen, hat einstimmig die Gründe, die bis anhin bei einem Antrag mit Erfolg aufgeführt wurden, für nichtig und irrelevant erklärt.
Ein böses Erwachen, das sogar für den einzigen Vertrauensarzt einer Kasse, welcher der Einladung gefolgt war, überraschend kam. Ihm war die Existenz dieses Entscheides bisher noch gar nicht bekannt. So machte sich Ernüchterung und auch Enttäuschung breit. Ein solches Urteil, das war die allgemeine Meinung, konnte nur fällen, wer keinerlei Ahnung von den medizinischen Zusammenhängen und von der körperlichen wie seelischen Not der Betroffenen hatte…
Was tun? – Ein „Gegen-Urteil“ zu erwirken versuchen? Mit politischem Lobbying eine Veränderung der gesetzlichen Grundlage herbeiführen? Dafür stehen die Vorzeichen schlecht. Zu weit ist immer noch das Vorurteil verbreitet, dass dicke Menschen ihre Situation allein und selbst verschuldet haben und daher bitte sehr auch die Konsequenzen – sprich Kosten – selbst zu tragen hätten. – So muss diese neue Situation denn als ein zusätzlicher Ansporn verstanden werden, die Prävention zu forcieren, um zu verhindern, dass die Anzahal der stark übergewichtigen Menschen weiter zunimmt.
Für all jene, die das Problem heute schon haben, und die vor einem emotionalen Scherbenhaufen stehen, ist das ein erbärmlich schwacher Trost. Für sie lohnt es sich, mit gemeinsamen Kräften weiterhin zu kämpfen.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:51 |
Am Freitagnachmittag bin ich auf dem Sprung nach Bern. Dort findet am Abend eine öffentliche Podiumsdiskussison statt, organisiert durch die Magenband- und Bypass-Selbsthilfegruppe Bern unter dem Titel Gewichtsverlust – Faltenfrust?
Wer viel abnimmt – sei es durch eine konsequente Umstellung seiner Ess- und Bewegungsgewohnheiten oder durch einen chirurgischen Eingriff – der stellt fest, dass oft die Haut, die sich früher so dehnbar über das allzuviele Fett gespannt hat, sich nicht mehr zusammenzieht. Das hängt im Einzelfall stark von der individuellen Hautsruktur ab, wie dies ja viele Frauen nach der Schwangerschaft feststellen müssen.
Die „Fettschürzen“ sind Hautlappen, die leer und schlaff herunterhängen. Man kann sie unter Kleidern verbergen, kann sie straff einschnüren, damit sie beim Gehen nicht herumschlacksern… aber es ist eine Irritation mit einem mächtigen Malus für das Selbstwertgefühl: da hat man durch den Gewichtsverlust ein „neues Leben“ gefunden, fühlt sich wieder frei und unternehmenslustig… und dann ist die alte Haut noch da, die von den Oberarmen baumelt („Fledermaus-Arme“ sagt der Volksmund dazu), die am Bauch herunterhängt, an den Beinen flattert – und bei Frauen können die Brüste zu leeren Schläuchen werden, wenn das Körperfett daraus verschwunden ist.
Das lässt sich chirurgisch beheben. Aber nicht „einfach so“: die Bestimmungen für die Krankenkassen sind so, dass sie einen Eingriff nur dann finanzieren können, wenn die Situation eine gesundheitliche Gefährdung darstellt. Aussehen, Befindlichkeit, Belästigung im Alltag spielen da keine Rolle. Es müssen sich schon Komplikationen einstellen wie offene, nässende Wunden in den Falten… oder lebensbedrohliche Auswirkungen auf die Psyche.
Eine komplexe Geschichte, die wir heute Abend mit Experten diskutieren wollen: Erfahrungen, Möglichkeiten, Erwartungen. Über 60 TeilnehmerInnen haben sich angemeldet. Ich werde den Abend moderieren und bin gespannt, zu welchen Einsichten wir im Gespräch mit den Praktikern kommen. Es dürfte ein langer Abend werden.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:17 |
ERBsen sind besondere Hülsenfrüchte. Grün und rund und knackig, wenn sie frisch sind… Aber das sind schon etrwas heikle Formulierungen, in diesem Zusammenhang.
Die drei grossen Buchstaben am Anfang des Wortes sind kein Druckfehler. ERB ist die Abkürzung für Ernährungsberatung. Und als ERBsen haben sich in ihrer Einladung die 20 Absolventinnen und der eine Absolvent des 36. Jahrgangs der Schule für Ernährungsberatung Zürich vorgestellt. Und ich war eingeladen, heute an der Diplomfeier zum Abschluss der dreijährigen Ausbildung eine kurze Rede zu halten.
Eine ausserordentliche Gelegenheit, die ich gerne und mit Freude wahrgenommen habe, um die jungen Menschen, die sich einem anspruchsvollen Beruf verschrieben haben, über einen wichtigen Aspekt ihrer künftigen Arbeit aus der Patienten-Perspektive zu informieren. Denn – das wissen wir von zahlreichen Schilderungen an unserem Beratungstelefon – für einen übergewichtigen Menschen, der einen grossen Teil seines Lebens mit dem Kampf gegen seine Kilos verbracht hat, kann die Begegnung mit einer Ernährungsberaterin absulut schicksalshaft sein.
Die Beratung wird bei Adipositas durch den Arzt verordnet und von der Krankenkasse übernommen. Auch wenn sie nur ein Element in der multidisziplinären Therapie darstellt, kommt ihr doch eine zentrale Bedeutung zu. Da ist es wichtig, dass die Betroffenen sich verstanden fühlen, dass sie Vertrauen fassen können, dass sie nicht mit erhobenem Zeigefinger „belehrt“ werden, sondern dass sie Motivation erfahren, Aufbau bei Rückschlägen, praktische Tipps und Empfehlungen für den Alltag. Das „Grundwissen“ haben sie sich im Lauf der Jahre im Umgang mit ihrer Krankheit selber angeeignet. Das Problem besteht darin, dass es ihnen nicht gelingt, dieses in der Praxis umzusetzen. Hier ist die ERB gefordert, sie braucht Fingerspitzengefühl und Hingabe, auch wenn es ihr die Übergewichtigen nicht immer leicht machen.
Das „Problem“ hat heute einen Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein erlangt, der es leichter macht als früher, für Verständnis und Empathie zu werben. Wenn es mir gelungen ist, mit meinen Ausführungen ein wenig dazu beizutragen, dann bin ich zufrieden, dann sind wir auf dem Weg von der Wissensvermittlung zur hilfreichen Umsetzung ein schönes Stück voran gekommen.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:33 |
Ein Dokumentarfilm des WDR in der Rubrik Menschen hatunah. Es geht um enen 34 Mann: Rüdiger R. ist transsexuell, nennt sich Jacky Duvall, lebt von der Sozialhilfe (Hartz IV) und ist 300 Kilo schwer. Sein Schicksal sind die Süssigkeiten.
Mit fast mechanischen Bewegungen stopft er/sie sich Pralinen, Mohrenköpfe, dick mit Butter bestrichene Brote, Tortensütcke mit Schlagrahm in den Mund, kaut, schluckt, schwer atmend, keuchend in das nahe Mikrophon… ein Bild, das Erschrecken und Anteilnahme weckt. Dass es so gekommen ist, muss mit der Kindheit zu tun haben. Von der Mutter nicht anerkannt, verstossen, fremd im Männerkörper, so wurde für Jacky der Genuss, die Gier nach Süssem, wie der Untertitel des Filmes heisst, zur Kompensation, zum ersatzweisen Lustgewinn.
Jacky nahm zu, in Schüben, in Wellen, nahm mal wieder ab, nur um erneut zuzunehmen. Erschütternd der Besuch beim Arzt, wo mittels zwei Waagen, die nebeneinander gestellt waren, für jeden Fuss eine, das Gewicht erfasst wurde, das sich auf mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr kontrollieren liess: 291 Kilos summierten sich und liessen den Mediziner hilflos werden.
Jacky ist ein Koloss, eine unförmige Masse, wenn sie in ihrem Sessel am Tisch halb liegt und die süssen Speisen in Mengen vertilgt, die normalerweise eine Woche reichen müssten. Auf dem Weg in die Stadt schnauft sie und muss sich alle paar Meter hinsetzen, ausruhen, die Knie und Füsse entlasten… bei der Schneiderin lässt sie sich ein Kleid, einen Überzug, ein Zelt machen… unendlich weit sieht es aus, und doch spannt es, wenn sie sich setzt. – Vielleicht, sagt sie, werde ich einmal abnehmen. Im Moment, so könnte man meinen, braucht sie den Fettpanzer noch, um sich zu schützen, abzugrenzen gegenüber einer Welt, in der sie sich verloren glaubt.
Während ich dise Zeilen schreibe läuft auf Rai Uno eine Reportage über den wohl dicksten Menschen der Welt, den 450 Kilo schweren Brasilianer, der mit einem Spezialflugzeug nach Italien gebracht wurde, wo er nun operiert werden soll. Offenbar ein Teil einer Sendung zum Thema Körpergewicht. Und ich frage mich, um was es den TV-Anstalten eigentlich geht. Eine Freak-Show? So wie früher auf dem Rummelplatz die Dicke Berta? Ein Beitrag zur Aufklärung? Oder zur Abschreckung? – Was bringt die Vorführung dieser aussergewöhnlich übergewichtigen Menschen, mit denen sich doch keiner identifizieren kann? Wem sollte ihr Schicksal auf den rechten Weg helfen?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:45 |
Als ich vorgestern unter dem Stichwort der Globalisierung in der Nahrungsmittelproduktion die Kaffeehauskette STARBUCKS erwähnte, wusste ich noch nichts von dem, was ich heute als kritische Enthüllung in heute würde lesen können.
Die Firma habe, heisst es da, klammheimlich ihre Kaffee-Portionen vergrössert – und damit auch verteuert. Indem der „kleine“ Becher aus dem Verkehr gezogen wurde, avancierte der vormals „mittlere“ Becher zum kleinen und der früher „grosse“ wude zum mittleren, während neu eine Übergrösse (0,5 Liter) eingeführt wurde. Kaffeeliebhaber (und -innen), möchte man meinen, können von ihrem schwarzen Gesöff nicht genug kriegen, also sollten die doch zufrieden sein und die Extraportion klaglos nuckeln.
Jedoch gefehlt: Es handelt sich nicht nur um einen klandestinen Preisaufschlag, nein, dadurch, dass das meist nachgesüsste Getränk in grösseren Mengen konsumiert werden muss (wer läst schon gerne eine teure Tasse halbleer stehen?), erhöht sich auch die Kalorienzahl markant, die da im Caramel- oder Choco-Topping steckt.
Einmal mehr wird also versucht, uns quasi unbemerkt ein erhöhtes Quantum kalorischer Energie unterzujubeln. Die vormals „kleinen“ Becher, lässt die Firma wissen, seien ja gar nicht verschwunden… man müsse halt nur extra nach ihnen fragen, denn am schwarzen Brett sind sie nicht mehr angeschrieben. – Sicher, man soll solche Erscheinungen des freien Marktes, auf dem jeder sehen muss, wo er bleibt, nicht überbewerten und nicht dramatisieren. – Aber eingedenk der „peu-à-peu“-Theorie, die Dr. David Fäh in seinem Büchlein 333 Abnehmtipps formuliert hat und über die ich vor drei Tagen berichtet habe, ist es eben doch einer der berüchtigten Tropfen, die in ihrer Stetigkeit nicht nur den Stein höhlen und das Fass zum Überlaufen bringen (zu wem läuft es eigentlich über, das Fass?), sondern die uns auch die Fettringe auf die Rippen schmiegen, Fetttropf für Fetttropf. Und von dort sind sie kaum mehr wegzubringen.
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