6/4  Google-Diät

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:31

Die Geschichte ist rasch erzählt. Sie war heute Abend im Rahmen der TV-Serie Galileo – big pictures auf Pro 7 zu sehen. Sie handelt von einem Mann namens Bob, er in London lebt. Der war zufällig zu Fuss unterwwegs, als Aufnahmen für Google-Street-View gemacht wurden. Als er sich selber später am Strassenrand stehen sah, realisierte er, dass er zu dick sei, mit 135 Kilo bei 182 cm Körpergrösse. Da beschloss er, Sport zu treiben und abzunehmen. Im Laufe eines Jahres trainierte er sich 44 Kilo ab.

Das ist doch eine schöne Geschichte! Wer allerdings diesen Blog regelmässig liest, weiss mehr. Denn hier war die genau gleiche Geschichte bereits vor acht Monaten, am 29. Juli 2011 zu lesen gewesen. – Wenn der Umstand, dass man sich selber aus einer gewissen Distanz sieht und dabei die Unförmigkeit seines Körpers erkennt, zur Folge hat, dass man zur Gewichtsreduktion motiviert wird, so wäre dies ja eine günstige Therapie: man könnte zum Beispiel die Aufnahmen übergewichtiger Menschen, die von den diversesten Überwachungskameras gemacht werden, auf einer besonderen Website ins Netz stellen. Wer sich dort sähe, würde zum Abnehemen angeregt…

Man könnte spezielle TV-Sendungen entwickeln, in denen sich die Leute erkennen würden, damit sie sich gegenseitig gewissermassen unter Druck setzen… Aber das kann ich ja nicht ernsthaft meinen. Schliesslich bin ich doch der eklatante Gegenbeweis: regelmässug bin ich am Bildschirm und in der Presse auf Fotos zu sehen… aber das löst in mir nicht den unbezwingbaren Drang aus, jetzt endlich und definitiv abzunehmen… das Gleiche gilt z.B. auch für Rainer Calmund, der sich nicht über fehlende Medienpräsenz beklagen kann… solange er dick genug bleibt. Es sind also ganz unterschiedliche Faktoren, die unsere Motivation bestimmen. Optische Selbstwahrnehmung kann allenfalls eine davon sein. Muss aber nicht.




5/4  Der BMI lügt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:10

Kritik am Body Mass Index BMI ist nicht neu. Meist wird ihm – gerne von den Kritikern der Prävention – vorgeworfen, da er nicht zwischen Fett und Muskelgewebe unterscheiden könne, sei durch diese Messformel die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas dramatisiert worden.

Letztmals ging ein Aufschrei durch unsere Medien, als die Messung des Bauchumfangs bei mehreren Tausenden von Probanden eine grössere Anzahl Adipöser zeigte als  bisher ausgewiesen. In die gleiche fatale Richtung zielt nun eine aktuelle Untersuchung in USA. Sie ergab bei einer präzisen Messung der Anteile von Körperfett, Muskelmasse, Wasser und Knochen mittels eines Röntgen-Verfahrens, dass sage und schreibe 39 Prozent der Personen, die gemäss BMI lediglich „übergewichtig“ waren, vom Fettanteil her die Kriterien der Adipositas erfüllten. Von dieser neuen Erkenntnis betroffen sind vor allem Frauen im mittleren Alter.

Diese quasi neue Erkenntnis – die in Wirklichkeit die Bestätigung einer Tatsache ist, die von den Experten seit längerer Zeit vermutet wurde – müsse, so sagen die Wissenschafter, ein Ansporn sein, die Anstrengungen zu intensivieren, um das Problem durch politische Massnahmen in den Griff zu bekommen. Während sich die Welt in dieser Sache einig ist, täubeln in der Schweiz die  vorgestrigen Polit-Egozentriker gegen das neue Präventionsgesetz. Willkommen in der Provinz! Über den IQ sagt der BMI nichts aus.




4/4  Kongress der Hühner

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:53

Einige waren von weit her gekommen: aus Brasilien. Andere kamen aus Frankreich, aus Deutschland und auch aus der Schweiz. Es war eine internationale Gesellschaft, gebildet aus unterschiedlich starken Delegationen. Gemeinsam hatten sie sich in der Schweiz zusammen getan, um ein wertvolles Produkt zu gestalten. Oder doch, um an dessen Gestaltung mitzuwirken. Wenn auch nur passiv. Und sehr wahrscheinlich unfreiwillig.

Das Produkt kostet 19 Franken 50 pro Kilo. Es ist in dünne Scheiben geschnitten, unterschiedlich ausgestaltet, luftdicht in Plastik abgepackt, mit einem farbenfrohen Aufdruck, den ein lachender Hühnerkopf ziert, mit fröhlichen Äuglein, aufgestelltem Kamm und halboffenem Schnabel. Ein Qualitätsprodukt, das auf den Namen Geflügel-Aufschnitt hört. Das mit einem dicken roten X durchgestrichene Schwein zeigt an, dass das Produkt im Verzehr auch für Anhänger der muslimischen Glaubenslehre unbedenklich ist.

Eine bodenständige Firma im Sanktgallischen hat das Produkt gefertigt. Die Deklaration der Herkunftsländer hat mich nachdenklich gestimmt. Wie kommt es, dass hierzulande solche Charcuteriewaren nicht ausschliesslich aus Schweizer Fleisch gefertigt werden? Wäre das zu teuer? Und wie haben die Federviecher den weiten Weg aus Brasilien nach St. Gallen-Winkeln zurückgelegt? Selber geflogen sind sie ja nicht.  Kamen sie schon geschlachtet, ausgeweidet und zu handlichen Ballen gepresst? Oder bereits als Vorstufe gekocht und püriert? Und nach welchen hygienischen und tierschützerischen Kriterien wurden sie in Brasilien gehalten und verarbeitet?

Ich weiss, bei vielen Geflügelprodukten ist als Herkunftsland China angegeben. Wenn man weiss, wie bis vor kurzem im Reich der Mitte die einfachen Fabrikarbeiter gehalten wurden, dann kann man sich etwa vorstellen, wie dort das Geflügel, das auch keine Gewerkschaft hat, vor sich hin vegetiert. Über die Suizid-Rate der Hennen ist bisher nichts verlautet.

Der gnadelnlose Preiskampf an der Lebensmittel-Front hat offenbar zur Folge, dass immer billigere Grundmaterialien eingeflogen werden müssen. Ob dies auf Dauer gesundheitliche Folgen haben wird – gerade angesichts der aktuellen Antibiotika-Diskussion – ist noch offen. Gut beraten sind grundsätzlich jene, die mit dem Konsum solcher Waren zurückhaltend sind. Dass am Kongress der Hühner eine Resolution in eigener Sache gefasst worden wäre, ist hingegen nicht bekannt.




3/4  Keine Kompetenz

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 19:48

Seine Botschaft ist simpel und teuer: wer ohne schlechtes Gewissen das isst, was ihm schmeckt, der kann nicht nur nicht zunehmen, der nimmt sogar ab, auch ohne dass er sich bewegt. Verbunden ist diese Botschaft mit einer Art Massen-Hypnose, die der Mann vor einiger Zeit im Zürcher Kongresshaus zelebriert hat. Das Publikum habe – so der einschlägige Bericht im Verbrauchermagazin saldo – vorwiegend aus Damen bestanden. Überschlagsweise habe der Mann an diesem einen Abend rund 40’000 Franken abkassiert.

Das Magazin fragte Adipositas-Experten (darunter auch mich) nach ihrer Meinung. Unisono waren wir kritisch und verwiesen diesen Auftritt ins Reich der Schlarlatanerie und des Woodoo-Zaubers, der einer Verhöhnung der ernsthaft an Adipositas erkrankten PagtientInnen darstelle. Die saldo-Journalistin konfrontierte den Hypnotiseur mit unseren fachlich begründeten, evidenzbasierten Vorbehalten. Das  beeindruckte ihn erwartungsgemäss wenig. Unsere Reaktion zeige einzig, liess er verlauten, dass uns die nötige Kompetenz abgehe.

Ich kann mit dieser Qualifikation gut leben – solange er mich nicht mit einer Fernhypnose verhext!




2/4  Macht Fast Food krank?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:29

Es ist ein altes Thema: die Annahme, dass häufiger Konsum von Fast Food der Gesundheit abrträglich sein könnte, hält sich hartnäckig, obwohl die Fachwelt ja unisono überzeugt ist, dass es an sich keine „guten“ und keine „schlechten“ Nahrungsmittel gibt.

Nun liegt eine Studie vor, die auf wundersame Weise diese These zu beweisen scheint: in Amerika wurde die Stammkundschaft der verschiedene Fast Food-Anbieter nach ihrem Gesundheitszustand und ihrer Zufriedenheit befragt. Dabei zeigte sich, dass die häufigen Kunden von McDonald’s gesundheitlich am schlechtesten dran waren, dass sie am unzufriedensten mit ihrer Lebenssituation waren und sich auch deutlich am wenigsten bewegten.

Ist damit der Beweis geglückt? Oder bleibt die Frage weiter offen, was die Ursache und was die Folge sei? Könnte es am Ende sein, dass Menschen, die sich in einer unglücklichen Lebenssituation befinden, grundsätzlich häufiger in Schnellimbissen anzutreffen sind als Menschen mit Familie und in glücklicher Beziehung?

Wie immer man die graduellen Abstufungen der Befindlichkeiten zwischen den verschiedenen Fast-Food-Ketten bewerten will – für uns sind solche „Erkenntnisse* eher irrelevant, denn bei uns ist den Anteil der Schnellimbiss-Verpflegung an der Gesamternährung des Volkes nach wie vor marginal. Und wem es schmeckt, der soll es sich ums Himmels Willen gönnen – mit Vernunft und Augenmass.




1/4  Zweifelhaft

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:36

Vor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle ein Gewichtsreduktions-Programm beschrieben, auf das ich per Zufall gestossen bin, das ich vorher nicht gekannt hatte, obwohl es als „Promi-Diät“ schon länger in den einschlägigen Gazetten war: die Dukan-Diät.

Aus Neugierde hatte ich den Plan ausprobiert und siehe da: die Empfehlungen passten nicht schlecht zu meinen geschmacklichen Präferenzen, es fiel mir relativ leicht, mich an die Anweisungen zu halten und ich nahm in vernünftiger Zeit rund 12 Kilo ab. Die konnte ich auch – wie bei allen Umstellungen – eine Zeitlang halten, dann meldeten sich wieder alte Verhaltensmuster zurück und ich begab mich erneut auf einen Wellenritt: ein paar Wochen das Essen geniessen (wobei Menge und Auswahl schon auch beachtet werden), dabei einige Kilos zunehmen… um dann wieder eine konsequentere Phase einzulegen, in der sich diese Kilos erneut verflüchtigen.

Nun lese ich in einem Bericht allerdings, dass Dr. Dukan in seinem Heimatland bös in die Fachkritik gekommen ist. Einerseits wegen umstrittenen und diskriminierenden Äusserungen in seinem Brief an den (künftigen, neuen) Präsidenten Frankreichs, anderseits aber auch, weil namhafte Mediziner das Ernährungskonzept ihres Kollegen als unausgewogen, ja sogar als gesundheitsgefährdend einstufen.

Dies ist natürlich alles eine Frage der konsequenten Umsetzung. Aber auch der individuellen Prädisposition. Da jeder Fall von Adipositas einen sehr persönlichen Hintergrund hat, gibt es Leute, bei denen „funktioniert“ es – bei anderen eben nicht. Gesundheitliche Vorbehalte sind ernst zu nehmen, da ist Vorsicht angezeigt. Kommerzieller Erfolg allein kann noch kein Grund sein für Kollegenschelte. Es gilt auch hier die alte Weisheit: vor Übertreibung wird gewarnt. Vielleicht ist es ganz gut, dass der innere Schweinehund dafür sorgt, dass wir uns nicht allzu strikt an die Regeln halten.