Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 23:19 |
Joe muss ein kleiner Junge sein. Er hat eine blaue Hose, ein rot-weiss gestreiftes Hemd und eine lustige Haartolle. Wenn er steht, hält er in der Hand ein Cornet mit Eiscrem, an dem er emsig leckt. Und man kann ihm zusehen, wie er dick und dicker wird. Wenn Joe sich bewegt, wenn er herumläuft, kann er nicht Glace schlecken und er nimmt ab. Es ist ein einfaches Beispiel für einfache Zusammenhänge. Er ist virtuell.
Joe ist die neuste Identifikationsfigur von Gesundheitsförderung Schweiz. Ein interaktives Maskottchen auf der Website. Man kann ihn mit dem Cursor zum Laufen bringen und so Zeuge werden, wie es wirkt… Kreiert hat ihn die Werbeagentur Jung von Matt/Limmat, wie der Branchendienst persönlich zu berichten weiss. Und wenn man den kleinen Joe anklickt, dann wird man zu Joes Corner geleitet und hat die Möglichkeit, in einem kleinen Spiel in verschiedenen Situationen zu bestimmen, wie Joe sich verhalten soll, wenn er gesund leben will.
Zugegeben, die meisten Optionen sind einfach und klar, quasi auf der Hand liegend… Aber wenn ich in den letzten Jahren, da ich mich mit der Adipositas-Thematik befasse, eines gelernt habe, dann ist es die Erkenntnis, dass man gewisse Botschaften nicht simpel genug formulieren kann, um sie verständlich zu halten, wenn man sie unter die Leute bringen will. Der kleine Joe ist ein perfekter Einstieg in einen nützlichen Dialog. Man wird noch von ihm zu hören bekommen.
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 23:01 |
Sonntagnachmittagsausflug aufs Bauschänzli in Zürich. Für die, die es nicht kennen: das ist eine gebaute Insel mitten in der Limmat, kurz hinter der Quaibrücke, wo der Zürichsee aufhört. Einst ein Bestandteil der Festungsanlage um die Stadt. Im Winter bekannt als Standort für den Zirkus Conelli, übers Jahr immer wieder belegt mit Happenings und Festzelten und Konzertveranstaltungen. Heute war volkstümlich.
Allerdings nicht nach Formel Null-Acht-Fünfzehn, sondern aktuelle, moderne Klänge aus dem gegenwärtigen Schaffen volksmusikalischer Autoren und Gruppen. Dazu gibt es Selbstbedienungsverpflegung. Riesige Portionen Pommes Frites, halbe Hühner, Bratwürste oder Cervelats und Salat. Und noch frisch aufgebackene Laugenbretzeln.
Nicht gerade modellhaft für eine kalorien- und fettbewusste Zwischenverpflegung, während die munteren Weisen über das Inselchen tirillieren und auf einer kleinen Fläche vor dem Pavillon Jung und Alt einträchtig das Tanzbein bewegen, lüpfig eben, wo unsereins nur ein wenig mitwippen kann, kniebedingt.
Ich habe mir überlegt: wer könnte einen ausgeprägten Willen haben, an einer solchen Veranstaltung „gesund“ zu essen? – Wohlverstanden: das Poulet war gut gewürzt, zart, schmackhaft und ein Leckerbissen, auch ohne die fettigen Kartoffelstäbchen. Und ich versuchte mir vorzustellen, was wohl gesundheitspolitisch anzustellen wäre, damit auch bei solchen Veranstaltungen Nahrungsmittel im Angebot sind, die man aus fachlicher Sicht für unbedenklich halten kann… Und unweigerlich stellt sich der Vergleich ein mit dem gestrigen Nacht-Sauf-Event, das nicht weit von der Szene über den Rasen gegangen ist: je deutlicher sich die Politiker aller Schattierungen von der Sache distanziert haben, desto mehr wurde hinter die Binde gegossen, zur voyeuristischen Genugtuung mancher Medien, deren Prophezeiungen sich zwar nicht ganz aber doch ein wenig erfüllt hatten…
Verhaltensänderungen sind durch gutes Zureden kaum zu erreichen. Verbote können umgangen werden und schaffen eine miese Stimmung… Es müssten sich Veranstalter finden lassen, die bereit sind, einen Versuch zu wagen und „vernünftige“ Produkte ins Angebot aufzunehmen. Auf die Gefahr hin, dass „es“ vorübergehend nicht rentiert. Hier müsste ein Verlust aus einem Präventionsfonds gedeckt werden können, bis sich die Sache eingespielt hat. Ein kleiner Modellversuch, aber mit einer möglichen Zukunft.
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 16:56 |
Anfang dieser Woche muss es gewesen sein. Ich war gerade dabei, mich aus einer etwas verworrenen Traumgeschichte wenigstens in den Halbschlaf vor dem Erwachen zu retten, als ich vermeinte, aus dem Weckerradio in den Frühnachrichten eine Botschaft zu vernehmen. Der Text handelte von einem interntionalen Krebs-Kongress, der in Genf stattfinde, und zu dessen Eröffnung ein namhafter Wissenschafter (oder der Präsident aller Krebsorganisationen) gesagt habe, die Hauptursache für die meisten Krebs-Erkrankungen sei im Übergewicht zu finden.
Die Meldung elektrisierte mich kurzfristig: dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Übergewicht und Krebs, das ist schon lange bekannt. In letzter Zeit wurden die Zuordnungen immer deutlicher differenziert. In Referaten habe ich gehört, dass nicht weniger als 8 ganz spezifische Krebsarten direkt der Ursache Adipositas zuzuordnen seien. Und nun plötzlich dieser Fanfarenstoss mit der „Hauptursache“! Das würde also bedeuten, dass Bekämpfung und Vermeidung von Übergewicht die wirkungsvollste Krebsprophylaxe sei! Dann müsste ja eigentlich die Krebsliga Schweiz ein enormes Interesse daran haben, mit uns zu kooperieren und alle Bestrebungen zur weiteren Eindämmung der Übergewichtsepidemie, von der Prävention bis zur nachhaltigen Therapie, aktiv zu unterstützen!
Die Krebsliga nimmt pro Jahr über 20 Millionen Schweizer Franken an Spendengeldern ein. Das ist beeindruckend und ermöglicht viel Aufklärungsarbeit… Wenn ich mir aber die Website von swisscancer anschaue, finde ich dort keinen offensichtlichen Hinweis auf die Adipositas-Thematik. – Die Aktion 5 am Tag, die von der Krebsliga getragen wird und sich für vermehrten Früchte- und Gemüsekonsum stark macht, zielt in diese Richtung… aber das ist auch alles.
Höchste Zeit, dass ich mit den zuständigen Stellen mal Kontakt aufnehme. Wir haben ein gemeinsames Ziel und wir könnten uns wirkungsvoll unterstützen. Aber das „Spendengefälle“ (20 Mio für die Krebsliga und 25’000 CHF für die SAPS) zeigt, dass wir wahrscheinlich bis jetzt etwas falsch gemacht haben, oder dass der Tränendrüsenfaktor wirklich markant zu Buche schlägt: hier die armen Leute, die unschuldig von von einem bösartigen Tumor überfallen und dahingerafft werden… und da die tumben und haltlosen Dicken, die eh an allem selber schuld sind. Lässt sich das ändern?
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 17:11 |
Das ist neu, dass man eine Ernährungsweise in Centimetern messen kann. Aber hier wirft ein Ereignis seinen Schatten voraus, auf das wir gespannt sein dürfen. Es geht um ein Buch, das Anfang nächsten Jahres herauskommen soll. Es heisst The 9-Inch-Diet (Die 23-cm-Diät). Seine Kern-Botschaft wird, soviel man weisss, simpel sein: wer grundsätzlich beim Essen keinen Teller verwendet, der grösser ist als 23 Centimeter, der kann allein dadurch seine Kalorien-Aufnahme um 30 bis 35 Prozent verringern.
Interessant an der Publikation ist zudem, dass die beiden Autoren, Alex Boguski und Chuck Porter, Inhaber einer sehr erfolgreichen internationalen Werbeagentur sind und u.a. auch Mandate von Burger King, Coca-Cola und Domino’s Pizza haben. – Es sind also zwei ausgebuffte Verkäufer, die uns – möglicherweise – einige ihrer Tricks verraten, um uns vor Über-Konsum zu bewahren..? – Man darf gespannt sein.
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 22:36 |
In ihrem Kommentar zu meinem gestrigen Eintrag hat Lilly eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die ich gerne beantworte. Angefangen mit dem aktuellen Gewicht: in den vier Tagen seit Beginn der Rehabilitation habe ich 1,6 Kilo abgenommen. Das ist ein recht vernünftiges Resultat. Allerdings haben wir – der Arzt und ich – festgestellt, dass ich bei meinem Eintritt am Sonntag nicht auf der hiesigen Waage gewogen wurde, sondern dass ich einfach das noch im Spital erfasste Gewicht angegeben hatte… so könnte es sein, dass die beiden Waagen nicht synchron messen. Deshalb wird der Vorgang am kommenden Montag wiederholt, dann muss der Trend klar sein.
Ich habe in meiner Übergewichts-Karriere so praktisch alles mit- und durchgemacht, was der Markt an Möglichkeiten geboten hat. Man wusste ja in den 60er Jahren noch viel zu wenig über den verheerenden Jojo-Effekt, so dass ich mich durch allzu rigorose Massnahmen richtiggehend im Gewicht hochgeschaukelt habe. – Nachdem ich unter ärztlicher Anleitung durch sanfte Ernährungsumstellung und gezielte, dosierte zusätzliche Bewegung 35 Kilo abgenommen hatte, gelang es mir, dieses neue Gewicht fast acht Jahre lang zu halten, was als Erfolg betrachtet werden darf. – Die zunehmenden Abnützungs-Schmerzen im Knie haben dazu beigetragen, dass ich mich die letzten zwei Jahre kaum noch zu Fuss „bewegt“ habe, gleichzeitig dieses Manko aber nicht durch zusätzlichen Verzicht bei der Ernährung kompensierte. So meldete sich leider ein erheblicher Teil der abgebauten Kilos wieder zurück. Das wäre vielleicht zu vermeiden gewesen, aber ich habe es nicht geschafft.
Gute Erfahrungen habe ich gemacht, als ich vor einigen Jahren konsequent nach dem Rezeptbuch „minus-plus“ (inzwischen vergriffen) gekocht habe. Ein Jahr lang habe ich so erfolgreich und in kleinen Schritten abgenommen; aber insgesamt war mir der Aufwand für die Vor- und Zubereitung der Speisen zu gross und liess sich nicht auf Dauer in meinen Alltag integrieren. – Mein Problem ist, dass ich ein lustvoller Esser und Geniesser bin, und obwohl es mir heute nicht am Wissen über das „richtige“ Verhalten mangelt, erlaube ich mir zuweilen Abweichungen vom empfohlenen Pfad und denke, das könnte ich morgen oder übermorgen wieder „kompensieren“. In Einzelfällen geht das, aber die Gefahr ist gross, dass das Kompensations-System ausser Kontrolle gerät und man plötzlich keine Chance mehr hat, die Differenz wieder einzuholen.
Noch ein Wort zum Schrittzähler: das ist in der Tat ein geniales Hilfsmittel und seine motivierende und unterstützende Wirkung ist anerkannt. Mir allerdings hat das Ding gerade geschadet, als ich vor einigen Jahren wild entschlossen versuchte, mein tägliches Pensum von mindestens 12’000 Schritten zu erbringen: in meinem blinden Eifer hatte ich meine Knie strapaziert und die Folgen sitze ich jetzt letzlich hier ab, wo es mir gut geht und ich auch hoffe, auf den rechten Pfad zurück zu finden.
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 22:08 |
Die zwölf Tage in der Klinik sind vorbei. Elf Tage nach der Operation sind die Schmerzmittel abgesetzt, ich ziehe mich bereits selbständig an und Pflegepersonal wie ÄrztInnen haben sich freundlich von mir verabschiedet; wenn ich am Sonntagmittag das Institut in Richtung Appenzell verlasse, ist alles schon geregelt, die Permanenz erledigt die Formalitäten.
Ich habe viel gelernt im Umgang gealterten Knochen, kenne Übungen, die man im Sitzen und im Liegen ausführen kann und ärgere mich über mich selber, dass ich das früher nicht ernster genommen habe. Es würde weniger zwicken und klemmen und ziehen…
Ich habe fast zwei Wochen unter guter medizinicher Obhut verbracht. Wir dürfen stolz sein auf unser Gesundheitssystem und uns, wenn uns etwas fehlt, getrost den Fachleuten anvertrauen… klar gibt es Unterschiede, so wie es auch unterschiedliche Sympathien gibt. Pflegeberufe bedeuten einerseit Hilfsbereitschaft und Anteilnahme, anderseits aber auch Nähe und Intimität. Bei den einen fühlst du dich aufgehoben, verstanden und ernst genommen, bei andern hast du das Gefühl, dass sie ihre Aufgabe nach einer inneren Checklist abarbeiten und wenig auf deine Stimmungslage und deine aktuelle Befindlichkeit geben. Solche Fälle sind allerdings selten und es ist ja davon auszugehen, dass hinter jedem einzelnen eine persönliche Geschichte steht, die man kennen müsste, um der Person und ihrer Wirkung gerecht zu werden. Das gilt ja auch für die Patienten.
Ich denke, ich habe Glück gehabt und wir sind gut miteinander ausgekommen. Dafür darf ich dankbar sein. Morgen geht es ab in die Ostschweiz. Reha – wir kommen!
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 22:12 |
Lange war es nicht einfach, sich ansprechend zu kleiden, wenn man happig zu schwer war. Es war nicht bloss die Tatsache, dass es viel mehr Stoff braucht, um einen übergrossen Körper zu verhüllen. Das hätte man etwa verstehen können bei den zeltartigen Umhängen für starke Damen, die früher von Ulla Popken oder – künstlerisch wertvoll in Schwarz – von Christa de Carouge vertrieben wurden. Die Dinger waren auch für Männer in der Regel teuer. Deshalb war es eines der ersten Anliegen der Schweizerischen Adipositas-Stiftung SAPS, sich einen Überblick zu verschaffen, auch über preiswertere Angebote und diese den eingetragenen Mitgliedern wenn möglich mit Rabatt zu vermitteln. So erstellten wir eine Übersicht als Linkliste mit jenen Modegeschäften für ihn und für sie, die beim Vorweisen unserer Mitgliederkarte eine Vergünstigung gewähren.
Ab und zu, wenn wir in der entsprechenden Region sind, tätigen wir einen Testkauf, verschaffen uns einen Eindruck vom Angebot und von der Bedienung und freuen uns, wenn unser Anliegen bekannt ist, den übergewichtige Menschen haben es so schon schwer genug im Lebden, da sind sie froh, wenn sie beim Kleiderkauf auf verständnisvolle Leute treffen, die auch aus eigener Erfahrung wissen, worauf es ankommt.
So haben wir heute in St. Gallen das Geschäft Mr. XXL besucht, da ich meine Garderobe im Blick auf einen bevorstehendn Spitalaufenthalt komplettieren musste. Es gab eine gute Auswahl in grossen Grössen (und ich musste nicht die grösste nehmen), attraktive Modelle und vernünftige Preise – und vor allem eine sehr angenehme, hilfsbereite und tolerante Bedienung. – Rabatt in eigentlichen Sinne gab es beim Erst-Einkauf nicht. Dafür einen Gutschein über 15% Ermässigung beim folgenden Kauf. Das ist mehr, als die meisten Häuser bieten und lohnt den zweiten Einkauf, der, da bin ich sicher, nicht so lange auf sich warten lassen wird wie der erste. Der Abstecher nach St. Gallen lohnt sich, wenn man in der Gegend ist, es hat firmeneigene Parkplätze und als „Mr Big“ fühlt man sich wirklicnh gross.
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 17:15 |
Das hat uns noch gefehlt. Nicht, dass es schon schwierig genug ist, das „Richtige“ zu essen, jetzt erhält die Frage der korrekten Verpflegung noch eine zusätzliche, quasi dritte Dimension: die der Geschlechter. Natürlich wissen wir, dass jemand, der in der Nacht plötzlich Heisshunger auf Essiggurken mit Erdbeerkonfitüre hat, mehrheitlich weiblich und schwanger sein muss… aber das ist überlieferter Volksglaube und hat nichts mit exakter Wissenschaft und Forschung zu tun. Diese kommt zu folgendem Befund:
Frauen und Männer brauchen nicht die gleiche Nahrung. Das hat ein Forscher-Team in Australien herausgefunden. Man weiss, dass die Ernährung sehr entscheidned sein kann für Wohlbefinden und Gesundheit, für die Lebensdauer und auch für die Reproduktionsfähigkeit, aber es zeigt sich jetzt, dass Männer und Frauen eine unterschiedliche Art von Ernährung benötigen, damit es ihnen wirklich gut geht.
Herausgefunden hat man das bei einer Studie an Schwarzen Feld-Grillen, wobei sich zeigte, dass Grillen-Weibchen und Grillen-Männchen die Zusammensetzung ihres Futters aus den Bestandteilen Kohlenhydrate und Eiweiss ganz unterschiedlich wählten um so das Optimum für ihre Entwicklung und ihre Lebenszeitspanne zu erreichen. – Was für die Grillen gilt, müsse – mutandis mutatis – auch für die Menschen gelten, meinen die Forscher. Obwohl die kulinarischen Vorlieben bei beiden Geschlechtern weitgehend übereinstimmten, gebe es doch je nach Lebensabschnitt deutlich unterschiedliche Bedürfnisse, die sich vor allem in der Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes bei den Frauen klar abzeichne, da in dieser Phase mehr Energie und und Protein benötigt würden. Vielleicht, so vermuten die Forscher, seien die Nahrungsbedürfnisse zwischen Frauen und Männern viel unterschiedlicher, als man das bisher angenommen habe… und vielleicht hätte sich im Lauf de Zeit eine Art Kompromiss eingestellt, nur weil man in der Regel gemeinsam aus der selben Pfanne isst… Auch bei den Grillen war eine ähnliche Tendenz der Angleichung im Essverhalten beobachtet worden.
Wenn dem so ist, dann können wir wohl damit rechnen, dass die Lebensmittelindustrie über kurz oder lang interessante neue, gender-spezifische Produkte in die Regale stellt: Nur-für-Frauen und Nur-für-Männer… Coca-Cola hat ja schon den Anfang gemacht mit der geschlechter-gerechten Werbung für Coca-Cola Light und Coca-Cola Zero. Und in der Kosmetik-Branche funktioniert die Geschlechter-Trennung schon lange. Fragt sich bloss: was essen dann die Nicht-Heteros?
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 23:24 |
Das war so ein Fernsehabend nach dem alten volkspädagogischen Gusto: TV als Besserungsanstalt der Nation, damit wir alle unser Leben ändern… Angefangen hat es auf RTL 2 (einem Privatsender!) mit einer ganz besonderen Show des Koch-Genies Jamie Oliver: seinem Abstecher in die Hühnerhölle. Eine Dokumentation über Missbräuche in der Massen-Hühnerhaltung, wie sie engagierte Tierschützer nicht kompromissloser hätten drehen können. Nur eben verkauft mit der leicht rotzigen Schnoddrigkeit des jungen Starkochs, einem handverlesenen Gala-Publikum, das nicht fliehen konnte, weil es an seinen Lippen hing. Die Veranstaltung mündete in den Appell zu verändertem Konsum- und Einkaufsverhalten, dass man sich die zwar etwas teureren aber eben gesünderen und umweltfreundlicheren Lebensmittel leisten solle. Und die Teilnehmenden versprachen es tapfer – jedenfalls solange die TV-Kameras noch in Sichtweite waren.
Dann ging es mit Welt der Wunder gerade noch einmal zur Sache: eine pfiffige, gut animierte Darstellung des Stoffwechsel-Dilemmas, das sich in unserem Organismus täglich abspielt, im Widerstreit zwischen dem Instinkt des Körpers, der sich durch grosszügige Nahrungsaufnahme am Leben erhalten und vor Hungersnot bewahren will, und dem Intellekt, der zwar weiss, was er sollte und was nicht… der aber letztlich keine Chance hat gegenüber den unbewussten Zwängen und Reflexen unserer animalischen Natur. Ein weiteres Kapitel galt der „guten“ Nahrung. Eindrücklich wurde aufgezeigt, dass es in Deutschland (und wohl auch bei uns) klare Richtlinien gibt über die bekömmliche Reinheit von Babynahung, wo die zugelassene Schadstoffmenge auf ein absolutes Minimum beschränkt ist, was auch peinlich genau kontrolliert wird… während bei Lebensmitteln für Erwachsene ein Vielfaches der problematischen Substanzen als Grenzwert zulassen sind, was damit zusammenhängt, dass so der Produktionsprozess verbilligt und die Rendite erhöht werden können. Und dass vernünftigerweise die Verbraucher alles daran setzen müssten, der gesunden Bio-Produktion zum Durchbruch zu verhelfen, die langfristig auch das Überleben der Produktionsmittel garantiert.
In die gleiche Richtung zielte denn auch noch der letzte Beitrag, der aufzeigte, welch fatale Auswirkungen die EU-Landwirtschaftspolitik auf die Gesundheit der Bevölkerung bzw. deren Ernährung hat: dass die Unterstützung der Mammutbetriebe, die Subventionierung des Exports, die europaweiten Transporte und der massive Preisdruck letztlich zu einer Verschlechterung der Qualität führen, die der Konsument nur dadurch bekämpfen könnte, dass er die lokalen Produzenten berücksichtigt und sich für Produkte entscheidet, die in der Region hergestellt werden… – Medienberichte verpuffen wie Tropfen auf dem heissen Stein. Aber steter Tropfen hat es an sich.
Kategorie: Allgemein
Von Heinrich von Grünigen um 22:14 |
Der Mann hat es nicht leicht. Es sollte im Auftrag der Regierung dafür sorgen, dass das Schweizer Volk möglichst gesund in die Zukunft blicken kann. Der Vogelgrippe muss er ebenso Paroli bieten wie AIDS und BSE oder dem Passivrauchen, und den Feldzug gegen Adipositas sollte er koordinieren und dazu noch die Krankenkassen in Schach halten und das ganze Pharmawesen orchestrieren. Zu beneiden ist er nicht. Zumal er von seinem Chef auch nicht immer die notwendige Rückendeckung bekommt.
Und doch habe ich heute innerlich den Hut abgenommen vor dem Mann. Da bin ich per Zufall beim samstagnachmittäglichen Regenwetterzappen auf dem Privat-TV-Kanälchen Star-TV in die Aufzeichnung einer Polit-Veranstaltung geraten, über die ich zwar schon in der Presse gelesen hatte, aber die ich mir so nicht vorgestellt hätte, nicht wirklich. Es ging um die feierliche Verleihung des „rostigan Paragrafen“: ein Anti-Orden für das „dümmste Gesetz“ des Jahres, vergeben vom der IG Freiheit, einem Kampfverbund von Politikern am rechten Rand des populistischen Abgrunds. Da kein journalistisch geführtes Medium ein solches Event live und ungefiltert übertragen – und dann auch noch mehrfach wiederholen – würde, ist es dem Senderchen hoch anzurechnen, dass es hier Transparenz hergestellt hat.
Grundsätzlich wäre ja nichts dagegen einzuwenden, dass mit gesundem Menschenverstand gegen überflüssige und anachronistische Paragrafenreiterei vorgegangen würde, und eigentlich war das Referat des bundesdeutschen Liberalen-Chefs Guido Westerwelle, der von seinem Faschingsbruder Thomas Borer angeschleppt worden war, durchaus hörenswert und wohltuend differenziert, im Vergleich zu den Verlautbarungen von IG-Präsident Peter Spuhler und seinen SVP-Statisten… aber den besten Eindruck hat mir der Mann gemacht, der sich in die Höhle der libertinen Löwenbabies begeben hat, um den als Schande gedachten Paragrafen-Pokal in Empfang zu nehmen.
In einer amüsanten Gegenrede hat Thomas Zeltner die Attacke pariert und ist zur Konterattacke übergegangen, indem er der IG dankte dafür, dass sie mit ihren Vorstössen und Referendumsdrohungen gegen die verschiedenen – ohnehin zaghaften – Regulierungs-Absichten des Bundes anrannte… und so die heiklen Themen in die Medien und auf die politische Agenda brachte. Bisher hätte – so Zeltner – zum Beispiel die Tabakindustrie alles unternommen, um eine öffentliche und politische Debatte der Anti-Raucher-Kampagnen zu vermeiden. Dank der IG-Aktivitäten sei der Diskurs nicht nur öffentlich geworden, sondern habe sich auch breit abgestützter Widerstand im „anderen“ politischen Lager formiert, was nebenbei auch zu eindrücklichen Solidaritäsbekundungen geführt hat.
So haben die freiheitsdurstigen Politclowns wohl das Gegenteil von dem erreicht, was ihnen ursprünglich vorgeschwebt sein mochte. Aber sie haben immerhin die politische Szenerie belebt und man kann sie auf Star-TV vielleicht noch ein paarmal sehen… der Sender schweigt sich auf seiner Website zwar darüber aus, wann die nächste Wiederholung programmiert ist… vielleicht werden die Eintragungen ja noch aktualisiert. – Es lohnt sich, mal hineinzuzappen.
|
Info
Letzte Artikel
Suche
Facebook
Archiv
|