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Von Heinrich von Grünigen um 23:32 |
I säge nüt! – Ein kurzer Satz, der sich ins Sprachbewusstsein von Generationen von Schweizer Kindern eingeprägt hat. Die kurzen Filme in der Kinder-TV-Sendung Spielhuus mit Franz Hohler und dem Pantomimen René Quellet, einfache Geschichten zu einfachen Situationen im Alltag, nachgespielt mit der unverdorbenen Fabulierlust der kindlichen Fantasie…
Diese Filme kann man sich (wieder) ansehen, in einer Ausstellung in Zürich mit dem Titel Lieber Franz Hohler! Ein Autor schreibt für Kinder- Kinder schreiben einem Autor. – Es ist eine liebevoll gemachte Ausstellung und sie dokumentiert den Reichtum und die Fülle der kindlichen Reaktionen auf die vielen Denkanstösse, welche durch die Hohler-Geschichten vermittelt wurden und werden.
Die Wiederbegegnung mit diesem Kapitel TV-Geschichte, das so an die 30 Jahre alt ist, hat mehr als einen nostalgischen Reiz. Es ist der Einblick in eine ganz besondere Form der Fernseh-Didaktik. Eine Art helvetische Antwort auf den damaligen Hit unter den Kindersendungen aus USA, die Sesamstrasse. Nur eben völlig anders in Ansatz und Aufbau.
Und da erwische ich mich beim Gedanken, wie es wohl wäre, wenn man heute – ganz gegen jeden herrschenden Trend – noch eine so einfache, erklärende, im positivem Sinn aufklärerische Sendung hätte… Und wenn sich diese Sendung mit ihrem unaufdringlichen und charmanten Pathos dazu benutzen liesse, den Kindern die Grundelemente für ein gesundheitsförderliches Verhalten beizubringen? – Aber das ist wohl eine müssige Spekulation, denn die dreissig Jahre lassen sich nicht zurückdrehen und die Kids von heute haben andere Sehgewohnheiten entwickelt, was wiederum ein Teil des Problems sein kann, mit dem wir es zu tun haben. Schade.
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Von Heinrich von Grünigen um 21:31 |
Mit der Adipositas-Epidemie ist es ein wenig wie mit der globalen Erwärmung. Wir erkennen das Problem, sehen es auf uns zukommen, wissen, dass die Lösung zum einen von jedem Einzelnen abhängt, zum andern vom Willen der Gesellschaft, die erforderlichen Vorkehren zu treffen.
Aber wenn es dann daran geht, ganz persönlich die Konsequenzen zu ziehen, werden uns plötzlich unsere Grenzen bewusst. – Da sind sich die Experten einig, dass wir, wenn es wichtig ist, dass die Menschen sich wieder mehr bewegen, die Städte „fussgängerfreundlich“ gestalten müssen, dass wir Anreize schaffen sollten, einige zusätzliche Schritte zu tun, in Bewegung zu kommen, so beiläufig. Dass es dafür – wenn nötig – Gesetze braucht, Verordnungen für die Städeplanung, ein neues Verhältnis zu Raum und Distanz.
In der Theorie ist das prächtig. Aber dann holt uns die Praxis des Alltags ein, mit einer Meldung wie dieser, die ich heute in der Zeitung gelesen habe: Die Post plant, die Schalter im Zürcher Hauptbahnhof zu schliessen, so dass ihre Kunden künftig bis zur am nächsten gelegenen Sihlpost 350 Meter gehen müssen.
Und schon merke ich, wie sich in mir ärgerlicher Widerstand regt: Was soll denn das!? Muss das jetzt sein? Es war doch so praktisch, im Vorbeigehen auf dem Weg zum Zug noch schnell Briefmarken zu kaufen, ein Paket aufzugeben… und nun soll ich einen Umweg machen? Muss am Ende den Heimweg anders organisieren, mehr Zeit einrechnen?
Die erste Sorge gilt meiner Bequemlichkeit, statt dass ich mich freuen würde über eine geschenkte Chance, mit dem kleinen Umweg etwas zusätzliche Bewegung reinzuziehen! – Es ist offenbar leichter, theoretische Forderungen aufzustellen, als sich in der Praxis daran zu halten… Jede gelebte Veränderung braucht Überwindung. Wer mehr zu Fuss geht, hilft letztlich auch dem Klimawandel vorzubeugen.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:16 |
Ein Beobachter-Artikel wühlt die Adipositas-Szene auf. Jedenfalls jene, die sich einem chirurgischen Eingriff unterzogen haben. Die Operation – sei es Magenband oder -Bypass – ist ein massiver Eingriff, zu dem sich kaum jemand leichtfertig entschliesst. Oft ist es die letzte Zuflucht, an die man sich klammert, nach einem qualvollen Leben des Auf und Ab am Gewichts-JoJo, wenn der Körper so schwer geworden ist, dass das Übergewicht lebensbedrohliche Formen angenommen hat.
Seriöse Kliniken bereiten PatientInnen lange auf den Eingriff vor, wenn er denn als einzige Möglichkeit erkannt wird. Und nach der Operation muss das Verhalten – vor allem beim Essen – der neuen Situation sorgfältig angepasst werden. Das macht eine enge Belgeitung und regelmässige Kontrolle nötig, wenn sich nicht Komplikationen einstellen sollen. Wer meint, nach einer Operation sei er seine Übergewichts-Sorgen einfach los, der täuscht sich und dürfte nicht operiert werden.
Aufgrund der eindrücklichen Schilderung von Eingriffen mit nachfolgenden Komplikationen entsteht beim Lesen des Artikels der Eindruck, es handle sich hier um eine Therapie, die noch unausgereift sei und von skrupellosen Geschäftemachern ihrer Klientel aufgeschwatzt werde… Das ist eine fatale Verzerrung der bestehenden und in der Praxis dokumentierten Wirklichkeit.
Unbestritten: es gibt Komplikationen (eine Studie in der Westschweiz, über die ich hier früher schon berichtet habe, spricht von ca. 30 %), wie es sie bei jeder vergleichbaren operativen Behandlung gibt, denn durch den Eingriff kann eine neue, labile Situation entstehen, in er man Erfolg oder Misserfolg durch das eigene Verhalten mit beeinflussen kann. Und nicht jeder Organismus reagiert in gleicher Weise auf die vorgenommene Veränderung.
Da sind auf der einen Seite jene Patienten und Patientinnen, denen der Eingriff ein neues Leben geschenkt hat, die gewisse Beeinträchtigungen gerne in Kauf nehmen, weil ihr neues, „schlankes“ Dasein für sie ein enormer Gewinn ist. Da gibt es aber auch Leute, die selber an den negativen Folgen eines solchen Eingriffs leiden, sich zurückgezogen haben, und die sich nun durch den Artikel endlich bestätigt sehen, dass sie nicht allein sind, dass es andern auch so ergangen ist. Und schliesslich sind da die Mediziner, die ihren Job ernst nehmen und alles zum Patienten-Wohl vorkehren… und die sich duch den Artikel nun in ihrer beruflichen Ehre verunglimpft sehen, weil sie pauschal in eine Pfuscher-Ecke gestellt werden, vor allem durch ein mehr als unbedarftes Statement von Erika Ziltener, Präsidentin des Dachverbandes Schweizerischer Patientenstellen.
Adipositas-Chirurgie ist von allen Therapien die einzige, die bisher international eine nachhaltige Erfolgsbilanz aufzuweisen hat. Misserfolge gibt es und sie dürfen nicht kleingeredet werden. Aber sie stehen in keinem Verhältnis zu den 85 Prozent Misserfolg bei der sogenannt „konventionellen“ Therapie mit Ernährungsumstellung, Bewegung und Medikamenten. In Adipositas-Kompetenzzentren wird sie verantwortungsvoll und umsichtig angewendet. Das publizistische Hochspielen und Verallgemeinern von Misserfolgen bringt vor allem denen nichts, die als letzte lebensrettende Hoffnung auf einen Eingriff angewiesen sind.
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Von Heinrich von Grünigen um 21:14 |
Da kam heute die Meldung durch, dass einer der international grössten Foodproduzenten im Süsswarenbereich, Masterfoods, der u.a. Mars sowie m&m’s, Milky Way, Twix und Snickers herstellt, aus freien Stücken darauf verzichtet, die Werbung für seine Produkte an Kinder unter 12 Jahren zu richten.
Damit vollzieht der Konzern eine Massnahme, die ganz oben auf der Wunschliste in der europäischen WHO-Charta zur Bekämpfung der Adipositas steht. Und er tut dies, ohne dass zuvor eine Regierung eine entsprechende Regulierung beschlossen hätte. Das ist praktisch und gibt ein gutes Image. Und vielleicht inspiriert es andere zum Nachahmen.
Allerdings: es ist nur eine Massnahme von vielen, die nötig sind, um unsere Umwelt – und die unserer Kinder – so zu verändern, dass das Risiko kleiner wird, an Übergewicht zu erkranken. Ein lobenswerter Anfang… vielleicht. Skeptiker mögen einwenden, dass der Markt und seine Mechanismen sich nicht so ohne weiteres überlisten lassen. Dass es in der Natur der Werbung liegt, dass über kurz oder lang ganz neue Strategien zum Einsatz kommen werden. Dass sich die Werbung gar nicht mehr direkt an Kinder richten muss, sondern dass man mehr erreicht, wenn man die Eltern davon überzeugen kann, dass sie ihren Kleinen einen Gefallen tun, indem sie ihnen bestimmte Produkte kaufen und verabreichen…
Solche Umweg-Werbung haben wir doch schon gesehen, z.B. für Fruchtzwerge, Toffi-Fee oder Kinder-Überraschung… wo plötzlich die Muttis angesprochen und werbemässig in die Pflicht genommen werden. Der Blick auf den Bildschirm wird es weisen, ob die Firma ihren eigenen Claim von der „totalen Verantwortung“ auch wirklich ernst meint.
Sofern dieser Claim Nummer 2 (in Grün) nicht mit Claim Nummer 5 (in Blau) kollidiert, der da besagt: We need freedom to shape our future; we need profit to remain free. (Zu Deutsch: Wir brauchen Freiheit, um unsere Zukunft zu gestalten; wir brauchen Profit, um frei zu sein.) Eine mehr als deutliche Botschaft, die manches erklärt und allzu grosse Hoffnungen dämpft.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:51 |
Man sollte die Leute wieder vermehrt dazu bringen, naturbelassene Lebensmittel zu verarbeiten und zu konsumieren. Industriell gefertigte und jederzeit verfügbare, auf Haltbarkeit ausgelegte Nahrungsmittel könnten negative Auswirkungen auf unser ganzes Stoffwechselsystem haben und somit in der Übergewichtsproblematik eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.
Frisch vom Bauern kaufen, lautet die Devise, oder vom Marktstand, wo es noch Krumen an den Karotten hat und Sand im Salat. Denn das sei – so habe ich es heute in einem TV-Wissensmagazin gesehen – für die Stärkung des Immunsystems von entscheidender Bedeutung.
Aber dann lesen wir, dass der französische Nahrungsmulti Danone noch in diesem Monat ein neues Produkt in die Làden bringen will (vorerst im Frankreich und Spanien, im März dann in Italien und Belgien). Das Produkt heisst Essensis, und wenn man den Namen zum ersten Mal hört, denkt man wohl eher an ein Kräuterschampoo, an ein Parfüm oder einen Lufterfrischer… Aber es ist ein Yoghurt-Drink, der schön machen soll.
Ein Milchprodukt, dessen Konsumation – einen Monat lang muss man es schon nehmen, wenn es wirken soll – den KonsumentInnen Schönheit verleiht! Schönheit, die aus dem Innern des Körpers kommt, da der Drink mit besonderen Wirkstoffen die Zellen der Oberhautschicht ernährt…
Ich bin ja nur ein Laie, und ich habe mir bis jetzt immer eingebildet, der beste Weg, um meine Haut zu ernähren und schön zu halten, sei es, eine gute Creme aufzutrgen und einzureiben, von der langerprobten in der blauen Dose bis zu der Salbe, die auch norwegische Seeleute verwenden… ganz abgesehen von den wunderbaren Pasten, denen man im TV-Spot direkt zuschauen kann, wie sie schrumpeliges Altweiberleder in Sekundenschnelle in eine Teenie-Pfirsichbacke verwandeln.
Wenn ich mir jetzt vorzustellen versuche, dass die gleichen – oder doch ähnliche – Wirkstoffe, die die Haut glätten, in einem Yoghurt-Drink in den Magen gelangen, von dort durch den Darm in den Körper, dass sie dann Adern und Kapillaren durchwandern müssen, bis sie an ihrem Bestimmungsort, der Haut, angelangt sind… dass sie vorher noch die Leber durchquerten, in der Lunge mit dem Sauerstoff zu tun hatten, die Nieren passieren mussten… (und dabei vielleicht auch noch die Haut der inneren Organe polierten, was weiss man schon?)… dann kommt mir dieses Projekt reichlich absurd vor und ich wäre froh, wenn mir ein gelernter Stoffwechsespezialist in einfachen Worten erklären könnte, dass ich das falsch sehe.
Danone jedenfalls verspricht sich von diesem Produkt, das in drei Aromen erhältlich sein wird, einen Umsatz von 100 Millionen Euro, zunächst. – Kleopatra, so viel man weiss, hat in Eselsmilch gebadet. Die hat von aussen gewirkt. Nun soll die Milch also von innen wirken. Fragt sich nur: Wo bleiben die Esel?
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Von Heinrich von Grünigen um 21:59 |
Wir sassen heute Nachmittag im kleinen Fernsehstudio von Ringier-TV für die Aufzeichnung der Diskussionsrunde Standpunkte von Samstag und Sonntag. Eine runde Stunde hatten wir Zeit, ausgehend von der aktuellen Kampagne von Gesundheitsförderung Schweiz die ganze komplexe Thematik der Übergewichts-Epidemie zu diskutieren.
Wir, das waren Dr. med. Bettina Isenschmid, Dr. med. Josef Laimbacher, Dr. med. Bertino Somaini (Direktor Gesundheitsförderung Schweiz) und ich, sozusagen als unmedizinisches Weltkind in der Mitten… Nein, in der Mitte sass Hannes Britschgi und moderierte. Und wir waren uns nach einem ausgiebigen Tour d’horizon einig: die Umkehr muss in der Familie beginnen. Wenn Kinder nicht zu dick und später adipös werden sollen, müssen sie früh lernen, sich richtig zu ernähren und sich ausreichend zu bewegen. Vorbild ist die Familie. Oder sollte sie sein. Josef Laimbacher hat im Raum Ostschweiz ein wegweisendes Modell entwickelt, Kinder im Gleichgewicht, das für kommende Lösungen schweizweit ein Muster sein könnte.
Aber es braucht noch viel, um dieses Ziel zu erreichen. Denn der Teufel steckt im Detail. Und das beginnt zum Beispiel damit, dass vielen Eltern das Sensorium fehlt für die Probleme ihrer Kinder. Das ist menschlich und verständlich. Eine aktuelle Studie aus Australien hat das erneut gezeigt:
1’200 Familien in Melbourne wurden befragt, wie sie denn das Gewicht ihrer Kinder einschätzten. Eltern von 5-6jährigen haben dabei zu 90% gesagt, ihr Kind sei normalgewichtig, obwohl es deutlich Übergewicht hatte oder gar adipös war. 63% der Eltern von 10-12jährigen erlagen dem gleichen Irrtum.
Viele Eltern werden sich des Problems erst bewusst, wenn ihr Kind in der Schule gehänselt wird – dann ist es aber oft schon zu spät. Und ähnlich verhält es sich mit der Meinung der Eltern, sie sorgten in der Familie für gesunde Ernährung und genügend Bewegung… auch hier zeigt sich, dass die Selbsteinschätzung und die gelebte Praxis zum Teil weit auseinander klaffen. – Wenn also Eltern, die im Kampf für ein gesundes Kindergewicht eine zentrale Rolle spielen, diese Rolle verantwortungsbewusst übernehmen sollen, müssen sie umfassend informiert und dauerhaft motiviert werden. Hier sind wir alle in mehrfacher Hinsicht gefordert.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:37 |
Es gibt eine Studie über die Lebensweise der Hundertjährigen auf der japanischen Inselgruppe Okinawa. Nirgendwo im asiatischen Raum gab und gibt es so viele alte Menschen wie dort. Seit 1976 wurden über 600 von ihnen regelmässig untersucht und erwiesen sich aus ausserordentlich fit und gesund.
Und es gibt einen anderen Befund: nirgendwo im asiatischen Raum gibt es so viele Adipöse und Übergewichtige wie auf Okinawa. – Wie kommt das? Ist das ein Widerspruch? Auf den ersten Blick: ja. auf den zweiten wird klar: Übergewicht und Adipositas haben Einzug gehalten, als Okinawa nach dem zweiten Weltkrieg während 27 Jahren unter amerikanischer Verwaltung stand und mehrere grosse US-Kriegsbasen eingerichtet wurden. Damit hielt auch der American Way of Life in aller kommerziellen Brutalität mit Hamburger, Cola und Pommes Einzug und die jungen und jüngeren Einwohner übernahmen den neuen Lebensstil.
Sie gingen auseinander… bei ihnen traten die gleichen Symptome auf wie beim Durchschnitts-Ami. Nur die Alten hielten an ihrer traditionellen Ernährungsweise und Lebensform fest… und blieben gesund und wurden immer älter. – Könnnen wir daraus etwas lernen? Müssten wir zurück zu unserer historischen, bäurisch-ländlichen Lebensart? Sicher, in den Hungerperioden früherer Jahrhunderte, als es ausser Haferbrei und Kraut wenig zu beissen gab, hat niemand unter Übergewicht gelitten. Nur die Fittesten überlebten und die Kindersterblichkeit war hoch. Das wollen wir ja nicht wieder haben. Aber eine neue, gesundbewusste Kargheit im Speiseplan wäre angezeigt. Irgendwie müsste es gelingen, diese als „schick“ zu verkaufen, in Trend zu bringen und als Geheimtipp anzubieten… Schliesslich leben wir nicht unter US-Besatzung. Oder doch?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:19 |
Als wir klein waren, machte die Welt den Anschein, in Ordnung zu sein. Zumindest was das Essen betraf. Es war zwar nicht so reichlich vorhanden und Fleisch gab es nur einmal die Woche, aber man wusste, wo es herkam. Hinten auf dem Pferdegespann fuhr man mit dem Bauern und der frisch gemolkenen Milch in die Käserei. Das kleine Aluminium-Kesselchen mit dem gut schliessenden Deckel hielt man auf dem Schoss. Der Käser füllte zwei Liter Milch ein, noch lauwarm war sie, aus dem grossen Kessi geschöpft. (Als wir etwas grösser waren, bestand eine Mutprobe darin, das Milchkesselchen an seinem Holztraggriff im Kreise zu schwingen, hoch über den Kopf rundum, die Fliehkraft ausnützend, bei offenem Deckel…)
Zuhause wurde die frische Milch in grosse Schalen gegossen und über Nacht in den kühlen Keller gestellt. Am andern Tag schöpfte Mutter mit einem flachen Löffel die dickzähe Rahmschicht ab und nach einigen Tagen war genug beisammen, um das viereckige Butterglas zu füllen. Oben hatte es einen aufschraubbaren Deckel, in dem ein Quirl mit Zahnrad steckte, und eine Zahnstange liess sich mit dem Griff hin und her schieben, so dass der Quirl sich flink im Rahm drehte… und wenn man lange und stark genug zog und stiess, so bildete sich ein schöner, gelber, fettiger Klumpen: beste Butter, direkt von der Kuh. Natur pur.
Diese ganze Prozedur stieg in meiner Erinnerung hoch, als ich heute in den Nachrichten und im Kassensturz die Sache mit den Transfett-Säuren hörte. Der Zufall wollte es, dass wir am Tisch sassen, auf Gäste warteten und vor uns eine Packung mit Apéro-Gebäck hatten. Da stach mich die Neugier: Wieviel dieser Transfette steckt denn nun in den knusprigen Flûtes aus Blätterteig? – Pech gehabt: Unter den Zutaten waren keine gehärteten Fette aufgeführt… sondern „fraktionierte Butter“. Hoppla, was war denn das? Das hatte ich vielleicht schon oft gegessen – aber noch nie gehört!
Was hatte ich mir darunter vorzustellen? Eine kleine Recherche im Internet brachte eine Fülle von Hinweisen, Beschreibungen, Regelungen, Vorschriften und Bestimmungen zu Tage, mit denen ich mich lange hätte beschäftigen können, ohne jedoch genau zu verstehen, worum es ging. Fette – auch Butter – werden im Laufe der industriellen Verarbeitung offenbar durch verschiedenste chemische Prozesse gejagt, verändert, veredelt, „umgeestert“ (las ich da), bis ihre Eigenschaften ganz genau dem jeweiligen Verwendungszweck entsprachen.
Manipulation nach Mass. Fraktionieren, hiess es, sei die Trennung von kristallinen und flüchtigen Fraktionen… Eine andere Methode sei das Aufschäumen mit Stickstoff, um bessere Fliesseigenschaften beim Fett zu bewirken… – Und der Vorteil des Fraktionierens bestehe darin, dass man dadurch bei der Deklaration den mit negativem Image behafteten Begriff „gehärtet“ vermeiden könne.
Danke. Zwar weiss ich immer noch nicht, ob beim Fraktionieren nun Transfett-Säuren entstehen oder nicht… aber die Lebensmittelindustrie verschont mich wenigstens gnädig vor einer Information, die mich beunruhigen könnte… Alles in Butter!
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Von Heinrich von Grünigen um 23:37 |
Dass Städtebau und Übergewicht etwas miteinander zu tun haben, ist seit langem bekannt. Dass durch planerische Massnahmen positive wie negative Voraussetzungen geschaffen werden können, um die individuelle Bewegung zu erleichtern oder zu erschweren, das wird nun mit der Auswertung verschiedener Studien in der aktuellen Nummer von Science News aufgezeigt.
Die Studien beziehen sich natürlich auf amerikanische Verhältnisse, die nur bedingt auf unsere hiesige Siedlungslandschaft zu übertragen sind. Und dennoch gibt es einige Erkenntnisse, die auch hier Anwendung finden könnten.
Auf eine einfache Botschaft reduziert, lautet das Ergebnis: je weiter verstreut eine Siedlung gebaut ist, umso eher neigen deren Bewohner zu Übergewicht; nur in dicht bebauten Zentren können die Menschen zu Fuss ihren Besorgungen und Verrichtungan auch in der Freizeit nachgehen. Der moderne Lebensstil verführt die Menschen dazu, sich motorisiert zu bewegen, sobald die Distanzen etwas grösser sind.
Dies trifft sowohl für Kinder wie für Erwachsene zu. Interessant dabei ist, dass die Gestaltung der Umgebung das Bewgungsverhalten der Menschen von Klein an prägt und dass sie dieses Verhalten auch bei einem späteren Umzug in eine andere Siedlungsform nicht mehr verändern.
Wir erfahren täglich, wie schwer es ist, auf die optimale Anzahl von Schritten zu kommen, die für unser Wohlbefinden nötig wären, wenn diese nicht quasi „normal“ in unsern Bewegungsalltag integriert sind. Die meisten unserer Städte sind zwar gebaut. Aber es kann viel getan werden, um die Entwicklung in den Agglomerationen noch zu steuern. Verhältnisprävention im besten Sinn des Wortes, wenn sie denn als solche ernst genommen wird.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:30 |
Der zweite Tag der Gesundheitsförderungs-Konferenz begann mit Workshops. Ich besuchte den mit Elke Demtschueck, wo es um Allianzen und Partnerschaften zwischen Nonprofit-Organisationen und Wirtschafts-Konzernen ging, mit dem Ziel, gemeinsam etwas zu bewegen, was einer allein nicht schaffen würde.
Wir waren zu fünft… und es ist ein enormes Privileg, in so „privatem“ Rahmen eine internationale Kapazität befragen und konsultieren zu können. Eigene Erfahrungen wurden ausgetauscht und verglichen, gemessen an den Resultaten viel grösserer Projekte. Lehren und Erkenntnisse, soweit auf unsere helvetischen Verhältnisse übertragbar, werden zu ziehen sein.
Eine Begegnung eigener Art war die mit Patrick K. Magyar, charismatisches Multitalent, unter anderem Ex-Alinghi-Manager und Direktor von Weltklasse Zürich. Sein Thema: die Motivtion, die ein Team zu Höchstleistungen befähigt, wenn es um Zusammenarbeit geht.
Den Abschluss machte ein Podiumsgespräch zur Kampagne „Gesundes Körpergewicht – Die Schweiz wird immer dicker“. Neben dem Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz, Bertino Somaini, und dem Chef der Werbeagentur Jung von Matt/Limmat war die Gruppe der kritischen Ärzte und Ärztinnen vertreten… und unsereins dazwischen im Sandwich-Clinch. Was ich hier vor vier Tagen geschrieben habe, gilt immer noch. Und ich konnte die verschiedenen Feedbacks aus den Kommentaren direkt einbringen, vielen Dank!
Einig war man sich am Schluss, dass jetzt die eigentliche Feldarbeit erst beginnen muss und dass es noch grosser Anstrengungen aller Partner bedarf, um etwas in Gang zu bringen.
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