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Von Heinrich von Grünigen um 18:42 |
Lang ists her. Da klingelten Menschen an der Haustüre, denen man damals noch Zigeuner sagen durfte. Sie fragten, ob man Messer und Scheren zum Schleifen habe, und machten das für einen Preis, der uns Kinder extrem überrissen dünkte, aber Mutter meinte, die müssten schliesslich davon leben.
Heute ist man für den Schliff seiner Schneidwerkzeuge selber zuständig. Bei uns lagern in vielen Schubladen irgendwelche Spezialgeräte, von denen einige sogar geeignet wären, Wellenschliff zu schärfen… aber mit deren Benützung ist es so eine Sache: man trifft meist den korrekten Winkel nicht oder zieht in die falsche Richtung, so dass das Teil am Ende stumpfer ist als zuvor.
Welch Lichtblick also, als beim billigen Lebensmittel-Discounter mit der vielen Swissness plötzlich ein automatischer, mechanischer Messeerschleifer im Tagesangebot ist, zum sagenhaften Spottpreis von nicht ganz 17 Franken! Da heisst es zugreifen, ohne Zögern!
Zuhause dann, beim Auspacken, der Blick in die Gebrauchsanleitung. Was auffällt sind die grossen, farbigen Warnschilder, die am Rand des Textes abgedruckt sind, so alarmierend, als enthalte die Packung eine ätzende Flüssigkeit oder zumindest Sprengstoff.
VORSICHT! heisst es. Ehe man das kleine, handliche Gerät in Betrieb nehme, solle man sich richtig ausrüsten: eine geschlossene Schutzbrille gegen herumfliegende Stahlspäne, dicke, wenn möglich lederne Handschuhe gegen Verletzungen, solide, eng anliegende Kleidung, die offenen Haare in ein Schutznetz packen, kein Foulard oder irgendwelche lose Stoffenden, kein Schmuck um den Hals…
Es ist, als beträte man fürs heimische Messerschleifen ein mittelalterliches Mechanik-Inferno, das uns an Leib und Leben bedroht und zu vernichten trachtet… Da wir weder lederne Arbeitshandschuhe noch eine Schutzbrille haben und auch nicht möchten, dass die Stahlspäne, wenn sie nicht in unsere Augen gelangen dürfen, sich vom Küchenboden aus in unsere Fusssohlen bohren, bleibt uns nichts, als die praktische, schnäppchengünstige elektrische Schleifmaschine bei nächster Gelegenheit zurück zu bringen und das Siedfleisch mit einem leicht angestumpften Bratenmesser in feine Tranchen zu schneiden zu versuchen… Das lassen wir uns nicht nehmen.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:34 |
Das Leservolk durfte abstimmen. Drei Fragen waren gestern im Blick-Bericht zum Report über meinen aktuellen Abspeck-Anlauf gestellt worden. Fragen, bzw. Antwort-Möglichkeiten, die – muss ich jetzt sagen – in ihrer Formulierung dem Thema eigentlich nicht ganz gerecht wurden.
Hilft Akupunktur beim Abnehmen? So lautete die Ausgangsfrage. Was soll der Laie darauf sagen? Es gibt eine zunehmende Anzahl von internationalen, anerkannten Studien, welche belegen, dass Akupunktur durchaus bei der Gewichtsreduktion eine unterstützende, positive Auswirkung haben kann. Der Nutzen ist also medizinisch belegt und anerkannt. – Die Antworten aus der Leserschaft auf die gestellte Frage dokumentieren denn lediglich den aktuellen Stand des Nichtwissens:
1. Möglichkeit: Ja, Heinrich von Grünigen zeigt, dass es funktioniert. – 26 % haben dieser Aussage zugestimmt… das ist eine denkbar kleine Menge von Optimisten, was mich einigermassen verwundert, denn der bisherige „Erfolg“ ist ja offensichtlich und lässt sich nicht einfach wegdiskutieren.
2. Möglichkeit: Nein, wissenschaftlich ist die Wirkung nicht bewiesen. – 34% haben diese Meinung vertreten, obwohl sie nachweislich falsch ist und auf Unwissenheit beruht bzw. eine reine Vermutung der Antwortenden darstellt.
3. Möglichkeit: Nützts nüt so schadts nüt. – Dieser Option haben die Mehrheit, nämlich 40 %, zugestimmt. Nun weiss man aus Erfahrung, dass bei solchen Blick-Abstimmungen die dritte Antwort meist eine Art Scherzfrage ist. Aber diesmal ist die Formulierung insofern etwas heikel, als es ja durchaus sein könnte, dass das Programm, das ich gegenwärtig ausprobiere, auch negative Auswirkungen haben könnte. Es gab und gibt ernst zu nehmende Stimmen, die den Standpunkt vertreten, dass die sehr geringe Anzahl von Kalorien, die ich täglich zu mir nehme, sich für den Organismus auf lange Sicht negativ auswirken könnte…
Auf die Akupunktur allein bezogen mag die Aussage so „stimmen“: die Nadelstiche können tatsächlich kaum physischen Schaden anrichten, wenn sie vom Spezialisten sachkundig gesetzt sind. Mit den Nadeln werden, so das Konzept des Erfinders dieser Methode, jene Regionen im Körper beeinflusst, welche das Sättigungsgefühl und den Stoffwechsel steuern. Dies führt dazu, dass ich effektiv keinerlei Hungergefühl habe und auch von keinen Fressattacken geplagt werde. Während ich früher immer wieder der Versuchung ausgesetzt war, mal schnell einen Snack für den „kleinen Hunger zwischendurch“ (was eine perfide Erfindung des Lebensmittel-Marketings ist!) zu verspeisen, verwende ich heute während des ganzen Tages keinen Gedanken an Essbares. Das erleichtert es ungemein, den doch recht strengen Ernährungsplan einzuhalten.
Die Akupunktur bewirkt demnach das, was bei einem Patienten mit Magen-Operation unter anderem durch den Eingriff ausgelöst wird: das Zusammenspiel der Hormone wird so beeinflusst, dass der Organismus mit der sehr stark reduzierten Nahrungszufuhr umgehen kann. – Allerdings: ich habe erst einen Drittel der vorgesehenen Wegstrecke zurückgelegt. Es bleibt also noch viel zu tun!
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Von Heinrich von Grünigen um 16:00 |
Schon 35 Kilo sind weg. Eigentlich hatte ich nicht mehr damit gerechnet und mich innerlich darauf eingestellt, dass ich den verbleibenden Rest meines Lebens in der Höchstgewichtsklasse verbringen würde. Zu unergiebig und zermürbend waren die wiederholten Versuche, wenigstens ein paar Kilo abzunehmen: mehr Bewegung schaffte ich nicht, dazu schmerzten mich meine Gelenke zu sehr, überdies geriet ich nach wenigen Schritten zu Fuss dermassen ausser Atem, dass ich nach einer Möglichkeit ausschau halten musste, mich hinzusetzen, um nach Luft zu ringen. Treppensteigen war inzwischen zur Qual geworden. Ich versuchte, mich mit meinen nahezu 180 Kilogramm so einzurichten, dass es einigermassen erträglich war…
Dann kam die Anfrage eines Arztes aus dem Tessin. Er hatte einen Verwandten von uns behandelt und er suchte jemanden in der Deutschschweiz, dem er exemplarisch zu Leibe rücken könnte, so wie er es letztes Jahr im Welschland mit dem Lausanner Stadtpräsidenten gemacht hatte. Der hatte sein Gewicht von 172 auf 88 Kilo reduziert. An dieser Stelle hatte ich mich vorsichtig dazu geäussert, da sich der Erfolg einer Gewichtskontrolle erst an ihrem Langzeit-Resultat wirklich messen lässt.
An einem „Selbstversuch“ war ich interessiert, nachdem ich die Medthode näher kennen gelernt hatte: es ist eine Kombination aus einer strengen „ketogenen“ Diät (praktisch keine Kohlenhydrate) und Akupunktur, mit welcher die Hormone beeinflusst werden, die das Essverhalten und den Stoffwechsel kontrollieren. Nach vier Monaten habe ich nun 36 Kilo abgenommen und kann ermessen, wie sich Patienten nach einer Magen-Operation fühlen, die ebenfalls in so kurzer Zeit in vergleichbarem Mass ihr Gewicht reduzieren.
Plötzlich kann ich Dinge wieder tun, die mir lange Zeit nicht mehr möglich waren, von einfachsten Verrichtungen der täglichen Hygiene übers Schuhebinden bis zum Sitzen in Stühlen mit Armlehne, vom Kinobesuch gar nicht zu sprechen und davon, dass ich beim Duschen wieder Körperstellen erreiche, die sich dem Zugriff lange entzogen haben…
Heute nun wurde mein Abnehm-Prozess publik gemacht. Das bedeutet sowohl eine Belastung als auch eine Verpflichtung. Es heisst, dass ich unter Beobachtung stehe. Das war ich ja auch schon früher und es hat sich oft die Frage gestellt, ob ich denn als Aushängeschild der Adipositas-Stiftung glaubwürdig sein könne, wenn es mir nicht einmal selber gelingt, abzunehmen… Nun ist die Gelegenheit, es auszuprobieren. Ich bin gespannt auf den Dialog mit Kritikern, denn die „Kur“, die ich mache, ist medizinisch nicht unumstritten, was auch in einigen der Feedbacks, die bereits auf den Blick-Artikel eingetroffen sind, zum Ausdruck kommt. Abwarten und Abnehmen..!
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Von Heinrich von Grünigen um 19:56 |
Es geht um Klatsch und Tratsch. Von klein auf hat sie Gewichtsprobleme gehabt, Patricia, die Tochter des Entertainers Roberto Blanco. Anfang Jahr konnte man sie noch im Dschungelcamp sehen, echt moppelig. Seit fünf Jahren lebt sie im monegassischen Exil, wie die Auswanderer-Serie Goobye Deutschland auf dem Sender VOX berichtet.
In Monaco hat sie sich einen steuerflüchtigen schwäbischen Millionär angelacht, aber vorher hat sie noch auf die Schnelle 50 Kilo abgenommen. „Ich habe mir einen Magen-Bypass legen lassen“, sagt sie, und fügt gleiche noch hinzu, dass die Zuschauer nun nicht denken sollten, dies sei eine leichte Sache, denn mit dem Bypass allein sei es nicht getan, da müsse man auch konsequent seine Ernährung umstellen und vor allem täglich Sport treiben. Der Gewichtsverlust ist der 43-Jährigen gut bekommen: vor einem halben Jahr wog sie 115 Kilo, jetzt ist sie bei 65 und einem BMI von 24.
Dann aber kommts: um die Beziehung mit ihrem Millionär (die nun schon drei Monate gehalten hat) zu festigen, will sich Patricia für eine Straffung der überschüssigen Haut auf den OP-Tisch legen. Auf Anraten ihres Gefährten (und offenbar ohne Rücksprache mit dem Adipositas-Chirurgen) sucht sie eine Schönheitsklinik auf und gibt dort ihren Wunschzettel ab: Straffung der Bauchhaut, Oberarmstraffung, Fett an den Oberschenkeln absaugen, die Pobacken mit Eigenfett aufspritzen… und wenn wir schon dran sind: bitte auch grad noch die Brust-Implantate erneuern, die sind inzwischen 4 bis 5 Jahre alt, und dann doch gerne eine Grösse grösser!
Die Ärztin zeigt Verständnis und schwört ihre neue Patientin auf einen „OP-Marathon“ von mehreren Monaten Dauer ein, von den Kosten ist dabei nicht einmal die Rede, die spielen bei Millionärs eh keine Rolle. Was mir aber ziemlich fahrlässig erscheint: jeder verantwortungsbewusste Adipositas-Chirurg rät dringend davon ab, eine restruktive Operation früher als zwei Jahre nach der Magen-OP durchzuführen, da zuerst die Gewichtsreduktion abgeschlossen und konsolidiert sein muss. Davon war in der Münchner Schönheitsklinik keine Rede…
Was, wenn Komplikationen auftreten? Wenn das neu erlangte Gewicht trotz aller guten Vorsätze sich nicht auf Dauer halten lässt? – Ok, dann kann die TV-Berichterstattung ja fortgesetzt werden, zuerst die Operationen, dann das, was allenfalls darauf folgt. – Einsicht in die Konsultation hier, in Kapitel 4 der Serie, ab Minute 2.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:49 |
Nun toben sie wieder. Die Regulierungsgegner schreiben Zeter und Mordio in allen sozialen Medien und beschimpfen die WHO, die ihnen ihren täglichen Braten und das Grill-Barbecue vermiesen will. Und der Metzgermeister-Verband ist überzeugt, dass eine Studie, die seinen Interessen widerspricht, auf keinen Fall stimmen kann.
Als vor Jahresfrist die Eidgenössische Ernährungs-Kommission aufgrund umfangreicher Untersuchungen zum gleichen Schluss kam und von einem übermässigen Konsum von „rotem“ und verarbeitetem Fleisch abriet, tönte es ähnlich: was das Geschäft beeinträchtigen könnte, darf nicht wahr sein!
Dabei geht es – wie so oft – ja nicht darum, den Verzehr von tierischem Eiweiss in Form von Muskelfleisch zu verbieten oder gar unter Strafe zu stellen… es wurde und wird einzig vor einem übermässigen Konsum gewarnt. Zu diesem werden wir unweigerlich verführt, wenn ein Überangebot vorhanden sit.
Früher, daran erinnere ich mich, gab es einmal pro Woche Fleisch. Und dann bekam der Vater das beste Stück. Einst wurde es als sozialer Meilenstein gefeiert, als die Werktätigen am Sonntag ein Huhn im Topf hatten… Aber heute ist nicht nur alles andere Beilage, nein, wenn man die Inserate mit den verbilligten Produkten sämtlicher Grossverteiler betrachtet, so geht es da immer auch um rauhe Mengen von Fleisch, das mit bis zu 50% Rabatt auf den Markt geworfen wird, von der Pouletbrust über das Lammrack, das Schweinsfilet, das Nierstück bis zu den Koteletts… und es ist immer das hochwertige Luxusprodukt, das da per Farbinserat verramscht wird, nicht etwa das weniger gefragte Schnörrli oder Schwänzli, die sind bereits in der Tiermehlverarbeitung gelandet oder ins Ausland exportiert, zu Dumpingpreisen.
Massentierhaltung und Fleischberge, erodierende Preise, steigende Ansprüche… all das prägt unser derzeitiges Konsumverhalten und endet zwangsläufig in einer fleischlastigen, einseitigen Ernährung, die Risiken birgt, nicht nur das Krebsrisiko. Und der aktuelle Trend zum Vegetarismus ist da kein wirkliches Gegengewicht.
Doch unter dem Strich bleibt die ernüchternde Erkenntnis: was immer unser Dahinsiechen befördert – der Fleischkonsum ist bloss eine von vielen möglichen Ursachen, und wahrscheinlich nicht einmal die wichtigste, sonst wären alle Metzger-Dynastien längst ausgestorben… und jedes Leben hat einmal unweigerlich ein Ende, so oder so. Nur die Wurst hat deren zwei.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:35 |
Das Jammern ist vernehmlich. Die Kinder essen kein Gemüse, wen wunderts, dass sie dick und krank werden. Immer wieder tauchen gut gemeinte Ratschläge auf, wie man die Kids zu erhöhtem Gemüse- und Fruchtkonsum animieren, wenn nicht gar verführen oder überlisten könnte. Aber ein wirklicher Erfolg ist noch nicht in Sichtweite.
Letzten Sonntag sass ich mit Tochter und Enkelin (2 Jahre) in einem ländlichen Ausflugslokal. Die üppige Speisekarte erwies der Jagdsaison mit Wildspezialitäten aller Art die nötige Reverenz. Zu jedem Fleischgericht wurde ein vielfältiges Gemüsebouquet geboten, mit Blumenkohl, Broccoli, Rotkraut, Spinat, Tomaten, Bohnen, Zucchetti, Peperoni, Rosenkohl, Maiskörnern…
Daneben gab es für die Kleine eine spezielle Kinderkarte, hübsch verziert mit ansprechenden Illustrationen, und einem Angebot von Kinder-Menüs, für die halb Entenhausen das Patronat übernommen hat: Donald Duck, Mickey Mouse, Onkel Dagobert, Minnie Maus und Daisy standen mit ihren Namen Gevatter für die Bezeichnung der diversen Kinder-Teller. Was aber lag da wohl an Gesundem drauf?
Paniertes Schnitzel und Pommes, Schweineschnitzel an Pilzrahmsauce mit Pommes, Spaghetti nature, Spaghetti mit Tomatensauce, Chicken Nuggets mit Pommes… das wars. Kein einziges Stücklein oder Fetzelchen von einem Gemüse irgendwelcher Art! Einzig ganz zuletzt auf dem Kärtlein noch verschämt ein „Kindersalat“: Blatt- und Rüeblisalat mit French Sauce. Und natürlich auch noch die Portion Pommes als solche.
Unser Enkelkind ist schon von klein auf zuhause an verschiedenste Gemüse gewöhnt und spachtelte deshalb mit Behagen nicht etwa ein Kindermenu, sondern ass lustvoll von der Gemüseplatte der Erwachsenen mit. Wenn die 08/15-Kinderteller in den Gaststätten tatsächlich dem generellen Mehrheitsgeschmack entsprechen, dann läuft wirklich etwas schief mit der kulinarischen Akklimatisation unseres Nachwuchses. Dieser Umstand wäre mal eine gezielte Studie wert, verbunden mit einer praktischen Empfehlung an die Gastronomen für eine kindgerechte Zubereitung von Gemüse, damit dieses ebenso gerne genommen wird wie Schnipo & Co.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:32 |
Da bin ich kürzlich auf eine Website gestossen. Sie nennt sich „Smart Mama – digitale Foodberatung morgen“ und wird vom Gottlieb Duttweiler Institut präsentiert. Kurz gesagt geht es darum, dass Bestrebungen im Gange sind, uns in wohl nicht allzu ferner Zukunft mit einem ausgeklügelten Angebot von digitalen Ratschlägen und Empfehlungen so zu umsorgen, dass wir uns in jeder Lebenslage optimal verhalten können…
Die persönlichen Daten zu unserem körperlichen Wohlergehen werden laufend durch Sensoren erfasst, in irgendwelche Clouds gesendet, dort verwaltet, kontrolliert, überwacht (und nebenbei natürlich werbetechnisch ausgewertet), so dass zeitgerecht Anweisungen in Form von zweckdienlichen Informationen an uns zurückgespielt werden, die uns in die Lage versetzen, immer genau das zu tun und zu veranlassen, was für uns richtig ist im Sinne eines optimalen Lebenswandels…
Das sind Perspektiven, von denen nicht einmal Aldous Huxley zu träumen wagte, als er Brave New World schrieb, jene Gesellschafts-Utopie, die man gelegentlich wieder einmal darauf hin lesen sollte, wie weit einzelne Visionen sich bereits schleichend realisiert haben.
„Smart Mama“ wird also künftig unsere permanente Ernährungsberatung sein, wird uns im richtigen Moment jene Lebensmittel zuführen, die wir gerade brauchen, um gesund zu sein. Was aber, wenn uns zufälligerweise nach etwas gelüsten sollte, das eigentlich ungesund wäre? Wird das digitale Mütterchen dann böse? Kann es uns mit einem pädagogischen Elektroschock bestrafen? Oder redet es uns ins Gewissen, mit einem ähnlich insistierenden Stimmchen wie die gute Susi aus dem Navi?
Und was, frage ich mich vor allem, geschieht bei einem Stromausfall? Sitzen wir dann alle in der datenmässigen Finsternis, wie Marionetten, deren Fäden gekappt worden sind, und wissen nicht mehr, was zu tun ist, was wir essen sollen? Und am Ende stürzen wir ins Elend ohne die permanente fürsorgliche Anleitung aus einer omnipräsenten Datenwolke heraus.
Was für eine absurde Vorstellung: weltweit sind Millionen von Menschen auf der Flucht und wissen nicht, wovon sie morgen leben sollen, verelenden ganze Landstriche, vom Krieg verwüstet, versinken Städte und Länder im Chaos und in Hungersnot… und wir übersättigte Westler leisten uns den Luxus, uns auch noch die Arbeit des Denkens und der persönlichen Fürsorge durch einen anonymen Daten-Moloch abnehmen zu lassen!
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Von Heinrich von Grünigen um 16:24 |
Am Ende sind wir doch selber schuld. Eine Studiengruppe der Oxford University hat den Zusammenhang zwischen Essens-Abbildungen und Hungergefühlen bzw. der Bereitschaft, zu essen auch ohne hungrig zu sein, untersucht. Dabei hat sich – wen verwundert es? – gezeigt, dass sich beim Betrachten von attraktiven Bildern von Lebensmitteln zwangsläufig der Wunsch verstärkt, Nahrung zu sich zu nehmen.
Diese Fähigkeit, auf optische Signale mit Appetit zu reagieren, habe während Jahrtausenden im Laufe der Evolution dem Menschen als Jäger und Sammler geholfen, seine Nahrung zu finden. Aber in der heutigen Zeit der kulinarischen Überangebote sei dieses Talent eher gefährlich, denn es verführe die Leute dazu, aufgrund optischer Reize weit mehr zu essen als sie von ihrem Energiebedarf her eigentlich müssten.
Dass die Anbieter von Fertigmahlzeiten auf der Verpackung ein Menü wesentlich appetitlicher abbilden, als es sich dann im Inneren erweist, ist eine altbekannte Tatsache, die schon öfters gegeisselt wurde. Neu ist aber die Feststellung in der genannten Untersuchung, dass sich in letzter Zeit eine auffallende Zunahme von Mahlzeiten-Bebilderungen in sozialen Medien wie Facebook und Instagram feststellen lässt, das sogenannte „digital grazing“ oder „food porn“: das sind Fotos von Speisen, die die Leute selber aufgenommen haben und voller Essens-Stolz ins Netz stellen.
Diese überbordende Fülle von verlockenden Mahlzeiten-Abbildungen, unterstützt noch durch immer zahlreichere Koch- und Grill-Shows auf allen möglichen TV-Kanälen, könnte, so die Konklusion der Forschenden, unter anderen eine der treibenden Kräfte sein, die an der zunehmenden Verbreitung von Übergewicht und Adipositas beteiligt sind.
Wie lautet noch das zweite Gebot? – Du sollst dir kein Bildnis machen…
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Von Heinrich von Grünigen um 22:41 |
Wahrscheinlich habe ich hier schon einmal darüber berichtet. Wie früher, in meiner Kindheit, auf dem Bauernhof Brot gebacken wurde. Einmal im Monat war Backtag. Am Vorabend wurde der Teig in einem riesigen Holztrog angesetzt, daraus formte Tante Ella dann am frühen Morgen 32 Laibe von rund drei Kilo Gewicht, für jeden Tag des Folgemonats einen. Die Brote wurden im vorgeheizten Kachelofen ausgebacken und anschliessend, in Tücher gehüllt, auf einem Gestell an der Wand neben der Kellertreppe auf einem besonderen Regal gestapelt. Und am Ende des Monats schmeckte das Brot noch immer wie am Anfang. Vielleicht war es ein wenig härter, musste besser gekaut oder in die Kaffeetasse eingebrockt werden.
Die Erinnerung an diese Backtage wurde wach gerufen, als ich heute in der abendlichen Gratiszeitung einen aktuellen Bericht las: die Migros, hiess es da, tüftele an einem neuen Brot mit der Bezeichnung Happy bread. Dieses spezielle Brot habe die besondere Eigenschaft, dass es – sage und schreibe! – ganze 5 (in Worten: fünf) Tage lang „frisch“ bleibe, und zwar ohne künstliche Zusatzstoffe. Dazu trage auch bei, dass dieses neue Glücksbrot in einem speziell beschichteten Beutel verkauft wird, der verhindert, dass es vorzeitig austrocknet.
Fünf Tage frisch! Geht es noch? Was soll denn da Besonderes dran sein? Klar: man ist sich ja gewohnt, dass das Brot aus dem Grossverteiler spätestens 48 Stunden nach dem Kauf splittersteinhart geworden ist und in tausend Stücke zerspringt, wenn man es zu schneiden versucht. Vielleicht wächst eine neue Generation von Lebensmittel-Ingenieuren heran, der es gelingen wird, das Alltagsbrot für jedermann so zu produzieren, dass es frisch bleibt, wie man es von früher kennt. Das wäre ein Grund für wahre Glücksgefühle.
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Von Heinrich von Grünigen um 18:37 |
Wir sind mit ihm aufgewachsen. Wir haben mitgefiebert, wenn er auf dem schmalen, klapprigen Steg über die tiefe Schlucht balancieren musste. Wir haben die Geschichte unseren Kindern immer wieder erzählt und wir haben im Geiste mitgeschmaust, wenn es zum Abendessen nach dem erfüllten Tag als kulinarischen Höhepunkt Marroni mit Schlagrahm gab. Und wir werden das einzigartige Bilderbuch auch unseren Enkelinnen erzählen, wenn sie alt genug sind.
Heute habe ich den Film gesehen. Hollywood lässt grüssen, aber sehr adäquat. In eine wunderbare und eindrückliche Bilderflut gegossen, zeigt sich das verschneite Engadin von seiner besten Seite, kein Wunder, hat Swiss Tourismus sein Scherflein an Unterstütztung beigesteuert.
Die Geschichte, im Original ja in wenigen Minuten erzählt, wurde durch eine intrigenreiche Nebenhandlung erweitert, das Gute siegt am Schluss über das Böse und man erlebt sogar die Erfindung des Lawinenhundes durch sich selber…
Nein, es ist alles tadellos hergerichtet, die Kinder agieren natürlich, was nicht in jedem Schweizer Film der Fall ist, und die Erwachsenen sind hervorragend besetzt, echte Originale, dass es eine Freude ist.
Nur ein Wermutstropfen trübt das Wohlgefühl. Die Sache kommt nicht ohne Klischees aus, fast möchte man meinen, die Regie habe es darauf angelegt, diese besonders grosszügig zu bedienen. Eines dieser Klischees geht mir allerdings ziemlich auf den Senkel. Der fiese Gegenspieler des braven Bergbauernbubs mit der Zipfelmütze ist der Sohn des reichen Gemeindepräsidenten, und wie es sich in der Klischeewelt gehört, ist dieses verwöhnte und verzogene Bubi nicht nur dick, es hat auch rote Haare und eine Lücke zwischen den Vorderzähnen (auch wenn diese bloss geschminkt ist).
Das hätte nicht sein müssen, dass man den Spross des Dorfgewaltigen mit dem Stigma Übergewicht zeichnet, denn wenn er am Schluss von den andern gehänselt und ausgelacht wird, mischt sich ein bitterer Nebengeschmack in den Triumph des Guten. Sonst aber ist Schellen-Ursli Spitze.
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