3/5  Was ist eine Lobby?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:11

Als im Dürrenmattschen Güllen die reiche Alte Dame zu Besuch kam, war sie begleitet von ihren geblendeten Dienern. Sie hiessen irgendwie Robi und Kobi… oder Tobi und Zobi… nur Lobby hiess keiner. Es waren Jugendfreunde, die durch ihre Falschaussagen damals, vor vielen Jahren, das missbrauchte Klärli in der Schande hatten sitzen lassen. Später hatte sie Rache genommen, grausam.

Diese Szene spielt sich vor meinem inneren Auge ab, wenn von „Lobby“ die Rede ist. Eine freie Assoziation, gewissermassen. Und das war heute Nachmittag der Fall. Wir hatten uns getroffen, Vertretungen der Herzstiftung, der Diabetesgesellschaft, der Ärzte, der SAPS… um zu überlegen, mit welcher Aktion wir wohl am besten die helvetischen (um nicht zu sagen „Güllener“) Politiker auf die Tatsache aufmerksam machen könnten, dass eine massive Investition in Aufklärung und Prävention allemal günstiger kommt als die Bezahlung der Folgekosten, wenn man dem Unheil „Übergewicht“ seinen freien Lauf lässt…

Aber eben: um mit harten Fakten und Zahlen operieren zu können, muss man sie zuerst haben, müssen die Daten erhoben und die Berechnungen angestellt sein. Und dann müsste man diese Infos anschaulich aufbereiten, eindrücklich darstellen, beispielhaft „verkaufen“, so dass sie den Politikern einfahren, sich einprägen und einbrennen in ihr Bewusstsein, auf dass sie die Hand bei künftigen Abstimmungen im richtigen Augenblick heben mögen…

Und da kommen auch schon die Zweifel und Vorbehalte: wir als gemeinnützige Vertreter des Gesundheitsgedankens, AnwältInnen der Patientenschaft im Dienste des Hippokrates, auf den die Ärzte schwören, wir haben nur bescheidene Mittel zur Verfügung. Was sollen wir machen mit unseren kleinen, aus Spendengeldern gespeisten Budgets, im Wettbewerb mit den hauptberuflichen Lobbyisten der Ernährungs-Industrie, der Bauernsame, der Wirtschaft, die klotzen können und nach Umsatz und Gewinn lechzen, während wir für Sparsamkeit, Vernunft und Selbstbeschränkung werben möchten…

Es sind ungleiche Spiessse, das haben wir bald gemerkt. Aber wir müssen lernen, die Stärken der Schwächeren auszuspielen. Wir müssten cleverer sein, origineller, witziger… um einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Unser Vorteil könnte am Ende darin bestehen, dass wir im Jahrmarkt des Lobby-Treibens bescheiden auftreten – müssen. Mit einer dunklen Brille und leiser, hoher Stimme, wie Hobi und Mobi, oder wie immer sie geheissen haben. Denn – und das hat uns Dürrenmatt ins Stammbuch geschrieben – eine Geschichte ist immer erst dann zu Ende erzählt, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat. Das wäre dann in unserem Fall das „dicke“ Ende.




2/5  Paparazzi-Moral

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:14

Interessante Diskussion im ZischtigsClub: PublizistInnen und Promis diskutieren über die Blick-Bilder von den Badeferien des Bundespräsidenten. Gut, der Blick hat sie nicht selber gemacht, er hat sie nur von einem Amateurfotografen zugeschickt bekommen. Aber er hat sie veröffentlicht.

Auflage um jeden Preis – Politiker als Freiwild? Der Titel zielt aufs Allgemeine, aber die Antworten kreisen immer wieder um den einen konkreten „Fall Leuenberger“. Merheitlich sind die Teilnehmenden der Meinung, dass der Blick die Bilder zu Unrecht veröffentlicht hat. Aber der Blick-Chefredaktor ist so stark von seiner Sache überzeugt, dass er nichts an sich und seine Selbstgerechtigkeit herankommen lässt.

Melanie Winiger und Kurt Felix weisen auf die Gefahren für Prominente hin, die aus „Veröffentlichungen auf Teufel komm raus“ hervorgehen können. Filippo Leutenegger geht den Blick-Chef direkt an und wirft ihm Missbrauch der Medienmacht z.B. im Fall der Pitbull-Parlamentarier-Unterschriften vor, dabei weicht er in löblicher Weise vom Cliché ab, dass in der Regel die Krähen einander die Augen nicht aushacken…

Was hat das Thema mit uns, den Übergewichtigen zu tun? – Nicht wenig, denn einige von uns sind in mancherlei Form symbiotisch auf die Medien angewiesen, um wahrgenommen zu werden; aber wir möchten nicht mit unserem körperlichen Besonders-Sein in die Freak-Liga eingestuft werden… – Blickt man zurück, wie die Medien zu seinen Zeiten mit dem gewichtigen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl umgegangen sind, wenn er zur jährlichen Abspeckkur nach Österreich gefahren ist, dann kann man erahnen was möglich wäre. Und bei uns ist es Nella Martinetti, die immer wieder für eine saftige Story gut ist.

Irgendwo muss ein Mix gefunden werden zwischen dem Respekt vor der Person und dem legitimen Bedürfnis „Unerhörtes“ lesen und sehen zu können… selbst wenn diesem der Geruch des Verbotenen anhaftet. Was irritiert, das ist die moralinsüsse Selbstgerechtigkeit, die solches Tun verbrämt, sobald es auf Kritik stösst. Die Frage ist offen: was oder wen werden wir als Nächstes sehen? Mit oder ohne Badehose?




1/5  Bewegung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:21

Ich habe den Tag der Arbeit zum Arbeiten gebraucht. Nicht so ganz streng, das dann doch nicht. Ich habe mich in meinem Weekendhäuschen in der Ostschweiz an die Sonne gesetzt und darüber nachgedacht, wie wir die nächste Ausgabe unseres SAPS-Magazins gestalten wollen.

Dieses erscheint vierteljährlich und ist jeweils einem bestimmten Thema gewidmet. Nummer vier erscheint im Juli und gilt dem Thema Bewegung. Dabei soll es nicht um die Bewegung gehen, zu der man die Normalgewichtigen anhalten muss, damit sie nicht zunehmen, nicht um die Treppe, die anstelle des Lifts zu nehmen wäre, und nicht um die Tramstation, die man früher aussteigen sollte… das ist alles gut und recht, aber es hilft denen nichts, die von ihrem Übergewicht schon Gelenkschäden haben, denen jeder Schritt weh tut, die sofort ausser Atem kommen…

Darüber möchte ich in der Nummer vier berichten. Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt noch in dieser Situation? Wie kann man die schlaffen, degenerierten, durch zahllose Diäten abgebauten Muskeln motivieren, dass sie sich wieder aufbauen, dass sie dazu beitragen, den Grundumsatz zu erhöhen, dass Bewegung überhaupt erst wieder möglich wird… – Ich habe mir einige Gedanken und Ideen zu Papier gebracht und werde diese Woche versuchen, Autoren zu finden, Fachleute, die in einfachen Worten beschreiben können, worauf es ankommt.

Einen Vergleich möchte ich machen: zu den verschiedenen Arten und Formen von Bewegung jeweils festhalten, was die Vorteile sind, was die Probleme, worauf zu achen ist und was man meiden sollte… und dann gibt es auch noch Tipps und Erkenntnisse zu den gängigen Irrtümern und Vorurteilen, was Bewegung und Fitness betrifft. Dazu ist ein cleveres Buch von Udo Pollmer, Gunter Frank und Susanne Warmuth neu als Paperback erschienen: Lexikon der Fitnessirrtümer heisst es und es bietet einen kurzweiligen Lehrgang durch die Geschichte des Sports und seiner Bedeutung für die Gesundheit und über gängige Vorstellungen, was er können sollte und was nicht… Man kann Buch auch online bestellen. Beim Lesen bewegen sich wenigstens die Augen.




30/4  Les Pléiades

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:24

Wie eine Bergziege schnurrt die Zahnradbahn den steilen Hang hinan, von Vevey zum Aussichtspunkt „Les Pléiades“, 1348 Meter über Meer. Vorher ging es durch dicht bebaute Dörfer mit vielen Luxusvillen, hoch über dem Genfersee, mit Blick auf die französischen Schneeberge. Junge Männer sind mit im Zug, sie haben ihre gefederten spezial-Mlountain-Bikes dabei und ziehen plasticverstärkte Panzerkleidung an, so dass sie aussehen wie die Ninja-Turtles, ehe sie von der Bergstation aus wieder ins Tal brausen…

Wir kehren im Bergrestaurant ein, benannt nach dem Siebengestirn der Plejaden. Von der Terrasse aus ein kühner Blick über den grossen Bogen des bassin lémanique bis hinauf nach Genf, das sich klar am Horizont abzeichnet. Und gleichzeitig reicht das Auge bis weit hinein ins Greyerzer Land, tief unten schlängelt sich die Autobahn, ein gewundenes Strässlein, auf dem winzige Punkte langsam dahinziehn.

Es ist ein wunderschöner Ort, um bei gutem Wetter die Schwere der Tiefe hinter sich zu lassen. Das Gras auf den Bergmatten wird langsam grün, vor wenigen Tagen lag hier noch Schnee, und doch ist alles schon vorbereitet auf den Ansturm der Frühlingstouristen. Bergluft macht hungrig und wir lassen uns ein einfaches Essen schmecken, zum Abschluss dieses Meetings der Veteranen, ehe es zurück geht, mit dem Zug wieder nach unten und heim in die Städte. Auf Wiedersehn, melde dich mal, wär doch schön, jaja, sicher, bis dann, man sieht sich…




29/4  Veteranentagung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:27

Einige sind etwas runder geworden. Man legt zu, wenn man ruhiger lebt und das Dasein geniesst. – Wir treffen uns dieses Jahr in Montreux zur Generalversammlung eines ganz speziellen Vereins. Es sind die früheren Angehörigen der militarisierten Medien, genannt Abteilung Presse und Funkspruch, kurz APF.

Gut dreissig Mitglieder haben sich eingefunden, Vereinsleben eben mit Protokoll und Jahresbericht und und Mitgliederbeitrag und Rechnung, Revision, Décharge und Budget… alles läuft easy und unkompliziert, mit militärischer Routine, wie wir das jahrelang in zahlreichen Uebungen einstudiert haben. Näheres dazu ist nachzulesen auf einer speziellen Website, die aus Anlass der heutigen Tagung aufgeschaltet wurde.

Neben den statutarischen Geschäften geht es vor allem um Pflege der Kameradschaft, ums Austauschen und Auffrischen von Erinnerungen und nebenbei auch um kulinarisches Erleben, das in Montreux nicht zu wünschen übrig lässt, wenn man die richtigen Leute mit der Organisation betraut. – Ich muss mich kurz fassen, die Kameraden warten an der Bar beim Mitternachtstrunk, Morgen gehts wieder weiter, vielleicht kann ich den einen oder anderen noch überreden, dass er Mitglied wird bei der Adipositas-Stiftung.




28/4  Abnehm-Gespräche

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:53

Nach einer Sitzung gehen wir zum gemeinsamen Essen. Es ist ein gutes Lokal und ich bin gespannt, wie ich mit meinem No-Carb-Speisezettel über die Runden des vorbestellten Menus komme. Aber es geht erstaunlich gut.

Die erste Vorspeise besteht aus zwei Spargeln mit etwas Rührei, ideal für meine Zwecke. Die zweite Vorspeise sind zwei Ravioli mit Hackfleisch-Morchel-Füllung: ich operiere diskret die Füllung aus der Teigverpackung und habe kein Problem. Dann kommt der Hauptgang: ein Stück Rindfleisch, noch etwas saignant, dazu Gemüse, und auf den Kartoffelgratin verzichte ich, da kann er mich mit seiner glänzend-knusprigen Käsekruste anmachen, wie er will, es nützt ihm nichts. Erst beim Dessert muss ich passen: das luftige Rhabarber-Tiramisu passt nicht ins Konzept, ich muss um einen kleinen Käseteller bitten, der aber dann absolut hält, was das Tiramisu versprochen hatte.

Mit den Tischgenossen entspinnt sich ein Gespräch darüber, was nun an Ernährungstheorie gerade „in“ sei, wie schwer es falle, auf Kohlenhydrate zu verzichten („Ich könnte keinen Tag leben ohne Brot!“), über Sinn und Unsinn der Gewichtsreduktionsprogramme, deren Kosten und Wirksamkeiten… Mein Nachbar zur Rechten ist emeritierter Kinderazt und interessiert sich für die Erfahrungen, die wir im Austausch mit unserer Klientel am Stiftungs-Telefon machen.

Der Begriff „eBalance“ ist ihm bekannt, er hat das aber spontan für einen Marketing-Gag gehalten. Als ich ihm versichere, dass es sich um ein wissenschaftlich abgestütztes, seriöses und voll vertrauenswürdiges Angebot handelt, sagt er, dann wolle er es auch mal ausprobieren.

Bin gespannt, ob er heute schon zu meinen Lesern zählt. Viel Erfolg, Herr Doktor!




27/4  Ein bequemer Sündenbock?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:57

Ha! Dachten wir’s doch! Nun ist der Beweis da, schwarz auf weissem Forschungspapier. Wissenschaftlich bewiesen, was wir bisher nur instinktiv gewusst haben wollen: Kinder, die regelmässig Fast Food essen, sind öfter übergewichtig als die andern…

Das hat das Forschungsinstitut für Kinderernährung der Universität Bonn herausgefunden, im Rahmen einer Langzeitstudie (die seit 21 Jahren läuft und für die 7’400 Ernährungsprotokolle von Kindern und Jugendlichen zwischen einem und 18 Jahren erstellt und ausgewertet wurden.

„Jungen und Mädchen, die Fast Food verzehren, haben einen höheren Body-Mass-Index als ihre Altersgenossen“, fasst die Studienleiterin Dr. Mathilde Kersting das Resultat zusammen. Und zwar in allen Altersklassen, wie betont wird. – Weiter konnte ermittlet werden, dass die jugendlichen Fast Food-Konsumenten täglich bis zu 15 Prozent mehr Kalorien zu sich nahmen als die Kinder, die „normal“ assen, und dass sie überdies seltener Obst und Gemüse verzehrten, wodurch ihnen die für die Entwicklung wichtigen Vitalstoffe fehlten.

Heisst das nun, dass der „Sündenbock“ geschnappt, entlarvt und geständig ist? – Wohl nur bedingt. Die Argumente der Anbieter sind klar: Einmal pro Monat kann nicht schaden (was ja auch wahr ist) und solange wir nicht US-amerikanische Verhältnisse haben und die Kids nur noch in den Fast Food-Lokalen rumhängen, kann es noch nicht so schlimm sein.

Umso mehr bedeutet dies aber: Wehret den Anfängen, schafft Bewusstsein, informiert über die Zusammenhänge und Gefahren, klärt auf, bevor es zu spät ist. Die Industrie muss mitziehen, wenn sie glaubwürdig sein will.




26/4  Die Gen-Schuld

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:55

Es ist ein alter Streit: Ist Übergewicht primär genetisch bedingt oder ist es vor allem durch die (falsche) Lebensweise verursacht? Wer die Streitfrage auf ein simples „entweder-oder“ reduziert, macht ohnehin einen Fehler. Aber im einfachen Denken mancher Zeitgenossen ist die Frage sowieso schon beantwortet: Die Dicken essen zu viel und bewegen sich zu wenig, basta.

Dabei ist die Sache eben viel komplexer. – Genetisch vorgegeben ist auf jeden Fall das grundsätzliche Verhaltensmuster des Körpers: entweder er hat die (genetisch definierte) Eigenschaft, bei Überfluss an Energiezufuhr Reserven zu bilden – oder er gehört in die Kategorie der „verbrennenden“ Organismen, welche überflüssige Energie in nächtliche Wärme umwandeln und essen können, was und wieviel sie wollen, ohne je zuzunehmen. Man geht heute davon aus, dass etwa 30 Prozent zur Kategorie dieser „glücklichen Verbrenner“ gehören. Solange keine Hungersnot herrscht, haben sie es gut.

Die „anderen“ 70 Prozent sind genetisch so programmiert, dass sie Gewicht ansetzen (müssen), sobald sie „im Überfluss“ leben. Die haben es also wesentlich schwerer, mit dem überreichlichen Angebot an Nahrungsmitteln umzugehen, wenn ihnen gleichzeitig immer mehr Möglichkeiten geboten werden, Bewegung zu vermeiden. – Und dann kommen noch die genetischen „Spezialfälle“, bei denen durch „Defekte“ in der Gen-Struktur gewisse Funktionen gestört sind, die zur Steuerung des Essverhaltens durch geregelte Hunger- bzw. Sättigungsgefühle nötig sind. Hier hat die Forschung in jüngster Zeit einige Zusammenhänge aufgedeckt, die noch weiter zu vertiefen sein werden.

In der Zeitschrift „Science“ berichtet ein Forscherteam über eine neue Gen-Variante, von der man annimmt, dass sie massgeblich am Entstehen von Adipositas beteiligt ist. Bei einem breit angelegten Vergleich von DNA-Proben (von zehntausenden Probanden in USA) wurde das Gen „INSIGN2“ identifiziert, das bei etwa 10 Prozent der Bevölkerung vorhanden ist und das auf die Bildung von Fettsäuren in der Leber einwirkt. – Wer in seiner Erbsubstanz über diese Gen-Variante verfügt, der hat ein um 30 Prozent erhöhtes Risiko, an Adipositas zu erkranken.

Soweit die Studie, die durch verschiedene Vergleichs-Studien bestätigt wurde (wobei eine andere Studie nicht zu einer Bestätigung geführt hat). – Was können wir nun mit dieser Information anfangen? Sie bestätigt zunächst, dass nicht alle Menschen die gleichen (ungünstigen) Vorausetzungen haben, von Adipositas betroffen zu werden. Und dass bestimmte genetische Faktoren sich in ihrer problematischen Wirkung durchaus „verstärken“ können. Dies zu wissen oder gar für die eigene Situation durch einen Test bestätigt zu bekommen, kann eine grosse „Entlastung“ sein.

Das heisst freilich nicht, dass man in einem solchen Fall die ganze „Verantwortung“ nur auf die Gene abschieben kann. Sie spielen eine unterschiedlich wichtige Rolle, aber der Einzelne bleibt immer noch für sich selber verantwortlich. Er muss eine Veränderung wollen und sie auch – mit fachkundiger Hilfe – durchziehen. Dabei kann es hilfreich sein, etwas mehr über die Hintergründe und über mögliche Ansätze zur Lösung zu wissen. Die findet man – ich weise gerne wieder mal darauf hin – auf der Linkplattform unserer Stiftung, von der aus man mit einem Klick in die ganze Cyberwelt der Adipositas-Information eintauchen kann. – Auf Wiederlesen!




25/4  Was macht eigentlich Lisa Plenske?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:10

Höchste Zeit, um nachzufragen! – Am 4. Dezember 2005, vor gut 140 Tagen, haben wir an dieser Stelle zum dritten (und vorläufig letzten) Mal über Lisa P. berichtet, das hässliche Entlein aus der Berliner Agglomeration, das sich in den jungen Chef eines Modehauses verliebt, der es aber gar nicht zur Kenntnis nimmt.

Lisa ist etwas pummelig, ein Landei, in der TV-Soap hervorragend durch die Maske gestaltet mit einem „Fett-Anzug“… und es gab – eben Ende des letzten Jahres – den Versuch, abzunehmen, und wir hofften, nun die Verwandlung zum weissen Schwan miterleben zu können, dank Gewichtskontrolle. – Aber gefehlt. Nach dem Intermezzo mit einer mehr als fragwürdigenb Pülverli-Diät wurde das „Abnehmen“ still und leise auf Eis gelegt…

Inzwischen, einige -zig Folgen später, spitzt sich die emotionale Lage der Herzen zu: Lisa hat sich auf den neuen Marketing-Mitarbeiter, den lustigen Roco Kowalski, eingelassen, der hat durch behutsame Förderung bewirkt, dass sie sich zu ihren Gefühlen und Wünschen bekennen kann… und prompt hat sie sich in ihn verliebt, der erste, noch scheue Kuss besiegelt die Wandlung. – Aber da holt das Schicksal sie ein: just in diesem Moment, da sie ihr Herz für den lieben Roco öffnet und den einst vergötterten David daraus verbannt hat, kommt dieser David angekrochen wie ein verliebter Dackel: er habe gemerkt, dass sie die Frau seines Lebens sei… Jetzt steht das vormalige Mauerblümchen zwischen zwei möglichen Lovern und muss sich entscheiden…

Was heisst das nun für unsere Verwandlungstheorie dank Abnehmen? Eigentlich gar nichts. Es sei denn, dass ihr die Herzensnot so sehr auf den Magen geschlagen hat, dass sie seit Wochen nichts mehr isst. Dies ist aber offenbar nicht so. Und doch, wenn man sie sieht, ist sie sichtlich erblüht, wirkt schlank, die künstlichen Polster an der Hüfte sind weg, sie strahlt in der Gewissheit, zu lieben und auch – gleich doppelt -geliebt zu werden…

Liebe als probates Schlankheitsmittel? Das Gegengewicht zur Volksweisheit, nach der die Liebe durch den Magen geht? – Liebe macht schön. Dass sie auch schlank machen kann, das erleben wir hier in Berlin mit. Und wer mehr darüber wissen möchte, kann auf der interaktiven Website von SAT.1 Lisas Leben im Detail mitvgerfolgen. Und was ich bei dieser Gelegenheit auch realisiert habe: die Serie wird auf der Website gesponsort von Weight Watchers. Ein geschickter Zug, mit Blick auf all die Vielen, die das Abnehmen nicht mit der Liebe allein schaffen können.




24/4  Tschernobyl und Adipositas

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:23

2,8 Kilo sind wieder „zurückgekommen“ in diesen vier Wochen. Das ist für mich ein ansehnlicher Erfolg, denn sonst hat mich der Jojo-Effekt meist heftiger gebeutelt, wenn ich nicht mehr aufgepasst habe wie der sprichwörtliche Häftlimacher. Es besteht also die Chance, dass ich – bei konsequentem Verzicht auf die Ausnahmen von der Regel – bald wieder auf dem Weg nach unten sein werde. Die positive Differenz beträgt immer noch minus viereinhalb und es liegen die wzeiten vier Wochen der strengeren Art vor mir.

Aber dieses private Sörgeln ums Abnehmen nimmt sich fast etwas schäbig aus, wenn neben meinem Schreibtisch gleichzeitig die TV-Dokumentation läuft zum 20. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl. – Der Film weckt bei mir Erinnerungen. Ich habe einen Teil der Auswirkungen des „Ereignisses“ in der Schweiz aus nächster Nähe miterlebt. Ich habe damals mit einer kleinen Equipe die Radio-Berichterstattung aus den unterirdischen Studios der Nationalen Alarmzentrale organisiert. Ein im Rückblick hoch sensibles Unterfangen. Die Bevölkerung war aufgewühlt, lechzte nach Informationen und verlässlichen Empfehlungen, war in Panik und verwirrt durch widersprüchliche Nachrichten aus dem Ausland, die zum Teil völlig unterschiedlich klangen, je nach der politischen Grundhaltung der jeweiligen Regierung.

Und es war extrem mühsam und desillusionierend, miterleben zu müssen, wie schwer sich die Verantwortlichen bei uns taten, bis sie eine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis und Aussage so weit durch die politische Mühle gewalkt hatten, dass man sie übers Radio verbreiten konnte… – Dieses Prozedere erinnert mich in manchen Punkten an die heutige Diskussion über zu treffende Massnahmen im Umgang mit der Epidemie Übergewicht.

Ich weiss, der Vergleich ist frivol und vielleicht schockierend. Aber es gibt Parallelen. Adipositas ist eine schleichende Seuche, die vorhanden ist, auch wenn man sie lange nicht wahr haben will. Jede staatliche Massnahme oder Empfehlung hätte sofort Rückwirkungen auf den Markt, würde ganze Berufskategorien betreffen und hätte Einfluss auf den Alltag und dessen vertrauten Lebensstil. Das Thema betrifft – wie die Energiepolitik – das ganze Leben und fast die ganze Bevölkerung. Und so, wie man den Energieverbrauch mit Appellen und Empfehlungen allein (wie etwa Adolf Ogis geniale Eierkocherei) bis heute nicht in den Griff bekommen hat, so schwierig wird es sein, in nützlicher Frist jene Botschaften glaubwürdig zu kommunizieren, die ein nachhaltiges Umdenken in Sachen Lebensstil bei Ernährung und Bewegung von klein auf bewirken. – Aber soll man sich deswegen entmutigen lassen?