21/7  Thuri’s Blumenau

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:32

So geheim dürfte der Tipp eigentlich nicht sein, aber Hand aufs fröhliche Schlemmer-Herz: wer kennt schon die Ortschaft Lömmenschwil im Sanktgallischen? – Eben.

Aber der Tipp gilt nicht der Ortschaft, sondern einem besonderen Lokal, auf das unweigerlich stösst, wer sich mit Lömmenschwil befasst. Es geht um Thuri’s Blumenau. Das ist ein unscheinbares Gebäude an einer Strassengabelung, vom Zahn der Zeit schon arg benagt. Im Innern eine geräumige, stilvoll möblierte
Gaststube mit rund 30 Plätzen und einem Gastronomen, dessen Kochkünste den Ruf seines Lokals weit in die Runde getragen haben. Thuri Maag heisst der Mann und wenn man sich kulinarisch in seine Obhut begibt, muss man aufpassen, dass man nach dem dritten Gang nicht schon das ganze Lobpreisungs-Vokabular aufgebraucht hat, denn eine Überraschung jagt die nächste, kaum eine Speise kommt in vertrauter Form daher, jede ist durch bresondere Zutaten veredelt und raffiniert, wie es schon die Präsentation auf der Speisekarte von Thuri’s Sommerferien Genuss-Menü illustriert:
– Gemüse-Carpaccio an Kräutermarinade mit Tafelspitzssülzchen vom Mörschwiler Jungrind
– Zitronen-Risotto mit feinen Erbsen, Bodenseeforelle und bunten Blüten
– hauchdünne, hausgemachte Ravioli „création du jour“ (es geht um Pilze)
– kurzgebratenes Edel-Hacktätschli (mit Trüffel) vom Milchkalb auf warmem Sommerpilzsalat
– Thuri’s Ferien-Käsetraum
– Beeren-Gazpacho mit Himbeermousse

So wie diese Gerichtenamen beim Sprechen auf der Zunge zergehen, so schmecken sie auch: sie zerfliessen förmlich am Gaumen und vermengen ihren Geschmack mit dem zu jedem Gang speziell ausgelesenen Wein zu einem oralen Gesamtkunstwerk. Eigentlich zu schade, um einfach so im Magen zu landen, aber dann merkt man plötzlich, dass die ganzen Innereien mitzuleben und zu geniessen beginnen: es ist mehr als ein Gedicht, es ist ein ganzer Gedichtband. Und es ist absolut genial, sich auf ein solches kulinarisches Abenteuer einzulassen, ohne an diesem Abend an „vernünftige“ Ernährung zu denken.

Wobei, da bin ich überzeugt, diese Abfolge von Leckerbissen, angesichts der Portionengrösse, gar keinen extremen Kalorienwert auf die Energie-Balance bringen würde. Genuss ohne Reue: Morgen beim Aufstehen und nach dem Gang zur Waage werden wirs wissen. Aber wir wissen jetzt schon: es war die Sünde Wert, Reue ist nicht angesagt.




20/7  Hecht II

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:24

Das grosse Zelt auf Rigi-Staffel vermittelt schon von weitem einen majestätischen Zirkus-Eindruck. Es ist ein genialer Einfall, neben der Station des hellblauen Rigibähnchens ein permanentes Event-Zentrum hinzustellen, das nun für diese Theaterproduktion einen optimalen Rahmen abgibt.

Der Schwarze Hecht von Paul Burkhard ist mit seinen Melodien ein unverzichtbares Stück Schweizerkultur und es tritt während der Vorstellung ein ähnlicher Effekt ein wie man ihn kennt, wenn im Theater der Wilhelm Tell aufgeführt wird: es kommt einem zwar jedes Zitat bekannt vor, und doch hört man fasziniert zu, weil es interessiert, „wie“ es gemacht wird.

Die breite Bühne im Event-Zelt mit seinen 800 Sitzplätzen macht es der Regie nicht leicht, die Figuren so zu arrangieren, dass sie für alle jederzeit einsehbar sind, und doch lässt das Resultat sich sehen und hören. Zügige Gänge schaffen Dynamik, es bleibt Raum für die Gruppen, sich zu formieren, und während der Zirkus-Traum-Nummer verwandelt sich der Bühnenstreifen in eine Arena… raffiniert gelöst ist die Orchesterfrage: zwei Klaviere und ein Schlagzeug, für alle sichtbar, und gleichzeitig ein Lehrstück für musikalische Hingabe, wenn der Pianist sich voller Innbrunst in die Tasten fallen lässt und jede einzelne Note mit mimisch ausdrucksvoller Körpersprache unterstreicht.

Das Ensemble umweht ein Dunst von Klassentreffen: sturmerprobte Mimen und Miminnen der bewährten Garde für einmal wieder vereint, treffsicher besetzt und glaubwürdig vom ersten Auftritt an. Nun gut, das Stück an sich ist unverwüstlich mit seiner Mischung aus robustem Charme und verträumter Poesie, aber dieser Mix von rasantem Dialekt-Theater, treffsicherem Gesang und flinker Akrobatik stellt hohe Anforderungen, die von allen erfüllt werden. Nicht einfach wegzuspielen sind die Schatten der Vergangnheit, die Erinnerung an frühere Interpretationen, etwa durch Lys Assia, Margrit Rainer und Ruedi Walter… aber die aktuelle Besetzung muss sich nicht verstecken, sie gewinnt eigenes Profil und erobert die Herzen des Publikums im Sturm.

Da waren sich die Premièrengäste einig: eine auf Anhieb sympathische, gelungene Produktion, die das Gemüt erwärmt und der man einen nachhaltigen Erfolg wünscht. Das Wagnis hat sich gelohnt.




19/7  Freiluft-Acrylamid

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:49

Es ist die Zeit der kulturellen Darbietungen unter mehr oder weniger freiem Himmel… und nach dem teilweise verregneten, sonst aber mitreissenden Spektakel am Thunersee bin ich am Donnerstag in die Zentralschweiz eingeladen, wo es diesmal indirekt um Ernährungsfragen geht: um die richtige Zubereitung von Fisch mit den wertvollen Omega-3-Fettsäuren, wobei seinerzeit meines Wissens die Debatte über das Acrylamid-Problem noch nicht aktuell war, als es darum ging, einen Hecht so lange zu frittieren, bis er verbrannt war… – Morgen dann weitere Details zur Première von Der Schwarze Hecht auf der Rigi.




18/7  Les Imperméables

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 2:07

Ein unter vielen Vorzeichen unvergesslicher Abend, von dem ich spät nach Mitternacht zurück gekehrt bin. Die Thuner Seesspiele haben zur Première von Les Misérables geladen. Bis zum letzten Platz war die Tribüne mit den 2’500 Sitzen besetzt und der See mit seiner malerischen und doch majestätischen Umgebung zeigte sich, samt leicht bewölktem Himmel, am Anfang von seiner besten Seite.

Eine beeindruckende Show, ein farbiges Spektakel, rasant inszeniert und von schönen Stimmen gesungen, ein historischer Bilderbogen mit Episoden aus der französischen Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Sozialkritik, Romanze, Heldenepos in einem, nach der wuchtigen Romanvorlage von Victor Hugo.

Eine „grosse Kiste“ von 9,5 Millionen Franken, die mit 70’000 Besuchern rechnet, und es lässt sich jetzt schon sagen, dass diese auf ihre Kosten kommen werden. Die Organisation ist vom sogenannt Feinsten, bis in alle Details ausgeklügelt und stimmig, die verwandelbare Bühne über dem See beeindruckt durch ihre vielseitige Verwendbarkeit, Solisten und Ensemble und ein 30-köpfiges Live-Orchester überzeugen durch saubere Leistung und machen den Abend zum Genuss.

Einer hat sich eine besondere Rolle ausbedungen und wollte mit von der Partie sein: der gute Petrus hat dann doch im Lauf des Abends die dunkleren Wolken über dem Spektakel zusammengetrieben, hat zuerst einen ganz feinen Tröpfelregen geschickt, der leise für Abkühlung sorgte und als angenehm empfunden wurde. Dann kamen kräftigere Schauer mit soliden Tropfen, die tüchtig auf die Zuschauerköpfe klopften… und da klappte die Logistik hervorragend: innerhalb von Minuten wurden von einer Helferschar winzige Plastic-Päcklein verteilt, leichte durchsichtig-weisse Regenhauben mit coop-Aufdruck („unser Presenting Sponsor“) und innerhalb von Minuten verwandelte sich die Tribüne in eine weissliche Champignonzucht und die Regentropfen spritzten fröhlich von den Plastic-Hauben ab, während das Ensemble tapfer weiter sang.

Als der nasse Segen dann in einen veritablen Platzregen überging, wurde das Spiel für zehn Minuten unterbrochen, zahlreiche Zuschauer suchten das Weite und Schutz in den Verpflegungszelten… und in der nun einbrechenden Abenddämmerung sah es aus, als wäre eine Armee von Hippie-Gespenstlein (Peter Reber war auch unter den VIP-Gästen zu sehen) auf dem Rückzug. Als der Platzregen nach kurzer Zeit aufhörte, kehrten die Unentwegten an ihre Sitzplätze zurück und die Aufführung konnte mit Bravour beendet werden. Chapeau! Und herzlichen Dank für einen unter vielen Vorzeichen unvergesslichen Musical-Abend!




16/7  Die Vorher/Nachher-Frau

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:28

Mit Sicherheit haben Sie diesen immerwiederkehrenden Beitrag auf einem der zahlreichen TV-Verkaufskanäle schon gesehen, wo von einer gestandenen Lady der Zauberbody angepriesen wird: ein elastisch gewirkter Ganzteiler, der angeblich einen etwas zu füllig geratenen Frauenkörper um mindestens eine Kleidergrösse kleiner erscheinen lässt. Und die verkaufstüchtige Dame lügt nicht einmal, da sie offen zugibt, dass die um die Leibesmitte quellenden Wülstchen nicht etwa verschwinden, sondern durch die etwas strammere Verpackung einfach nur „weggeschummelt“ würden.

Dass sich die Frauenwelt in dieser Beziehung schon immer gerne täuschen liess und dass die Mechanismen dafür seit altersher die gleichen sind, das beweist eine vergnügliche Dokumentation, auf die ich im Internet gestossen bin: Die faszinierende Welt der Vorher- und Nachher-Frau in der Werbung. – Mit Beispielen aus Zeitungsinseraten der 30er- und 40er-Jahre wird die segensreiche Wirkung von Korsetts, Mieder und Hüftgürtel illustriert, so augenscheinlich, als kämen die Damen direkt von heutigen Laufstegen. Ich erspare mir weitere Kommentare ünd lasse die wirkungsvoll aufbereiteten Bilder für sich selber sprechen. Viel Spass.




15/7  Gnade walten lassen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:12

Früher gab es hitzefrei in der Schule, wenn ein bestimmtes Temperatur-Limit überschritten war. Aber was ist, wenn eh schon Ferien sind? Müsste man da nicht die der Hitze zum Opfer gefallenen Ferientage später wieder kompensieren können, wenn es nicht mehr so heiss ist und die Schweissströme versiegt sind?

Wir sind ja wirklich undankbar: jammern über den nassen, verregneten Sommer, der diesen Namen gar nicht verdient, und kaum klettert das Thermometer, ist es uns auch wieder nicht recht, wir lechzen mach Kühlung und schattigen Plätzen und fühlen uns so schlapp, dass wir uns kaum bis zum Kühlschrank schleppen können, wo die Wasserflaschen an der Kälte lagern.

Neben mir steht der Hometrainer, Kettler, Ergometer 7… und ich weiss, dass ich jetzt wieder mal eine halbe Stunde in den Sattel steigen müsste… aber beim blossen Gedanken daran formieren sich die salzigen Perlen auf dem Rücken und an der Stirne zu kleinen Bächen, und indem ich sie wegwische komme ich mir vor, als hätte ich bereits eine sportliche Höchstleistung vollbracht.

Also bin ich mit mir gnädig und fasse den Entschluss, früh Morgens das Versäumte nachzuholen, noch ehe die Sonne so richtig zu brennen begonnen hat, solang etwas Frische zwischen den Häuserzeilen steht, bei offenem Fenster. Bin gespannt, was mir in sieben Stunden an Argumenten einfallen wird, wie ich der Tretmühle entrinnen könnte. Hitzefrei wäre kein schlechtes Stichwort.




14/7  Statt Schokolade

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:42

Sie ist süss, enthält Fett und Zucker und macht glücklich. Da sind sich alle einig, auch die gesamten Gesundheits- und ErnährungsapostelInnen. Aber dummerweise macht sie, im Übermass genossen, dick. Und all die wohlmeinenden Empfehlungen, pro Tag nur ein einziges Stücklein zu nehmen, dieses genüsslich zwischen Zunge und Gaumen zergehen zu lassen und das ganze Geschmacksbouquet voll auszukosten, rieseln an mir unverbesserlichem Schoko-Junkie ab wie die Wasserperlen am Gore-Tex-Anzug: ich weiss schon im voraus, dass es bei dem einzelnen Täfelchen nicht bleiben wird, dass diesem ein zweites, ein drittes folgen werden, bis schliesslich die ganze Tafel in schmelzendes Glücksgefühl aufgelöst und verschwunden ist…

Zu loben sind da die Anbieter, die neben den normalen und den grossen Tafeln auch kleinere Tafeln à 20-30 Gramm im Angebot haben, tadellos verpackt mit dem ganzen Feeling und Geschmack… und wenn ich es schaffe, davon nicht grad ein paar sondern nur eine einzige zu kaufen, dann ist mein Gewissen gerettet. – Nun gibt es aber auch noch einen anderen Ersatz. Er hat die Form und das Aussehen einer 100-Gramm-Tafel, ist am obern Ende schon ausgepackt, die Alufolie knittert sich quer unter dem ersten Riegel durch und die Sache sieht so appetitlich aus, dass man direkt hineinbeissen möchte wie der kleine Käsedieb im coop-Spot. Aber Vorsicht: es ist eine Mogelpackung!

Statt Schokolade – Alles, was sonst noch glücklich macht ist ein schmales Büchlein, gerade mal 80 Seiten stark, mit solidem Kartoneinband, vefasst von Jutta Oster und erschienen im Pattloch-Verlag, seit 2001 auf dem Markt und schon 400’000 mal verkauft, in diesem Frühling neu aufgelegt, ein ideales Geschenk für Menschen, die Glücksgefühle brauchen können und die froh sind, dass der Glücksspender trotz extremster Sommerhitze nicht verläuft…

Empfehlungen und Anleitungen zum Glücklichsein im Kurzformat, von namhaften AutorInnen der Weltliteratur, von Goethe über Pearl S. Buck, Hemingway und Hesse, Virginia Woolf bis zum Volksmund und seinem Sprichwortgut aus aller Herren und Frauen Ländern. Es ist ein leichtverdauliches Glücksbrevier, das mit Sicherheit nicht im Magen aufliegt, und erst noch mustergültig deklariert: Mindesten haltbar bis Ende: 31.12.2999




13/7  Abnehmen mit Biss

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:24

Sie kennen Charles Comstock nicht? Das tut weiter nichts zur Sache, denn jetzt lernen Sie ihn ja kennen. Er ist der Leiter des Salt Lake Zahnlaboratoriums im US-Bundesstaat Utah und hat eine besondere Erfindung gemacht: den „CharlieBite“ (CharlieBiss).

Man hat ja auch schon so Greuelgeschichten gehört von übergewichtigen Menschen, bei denen jeder Versuch, abzunehmen, fehlgeschlagen war und die sich schliesslich in ihrer Verzweiflung vom Arzt mit Draht den Mund zunähen liessen, um so nur noch flüssige Nahrung mit einem Trinkhalm aufnehmen zu können… Etwas Ähnliches hat sich Charles „Charlie“ Comstock ausgedacht.

Er hat eine Art Mundspange entwickelt, die von spezialisierten Zahnärzten eingesetzt werden muss. Sie wird an den Zähnen des Unterkiefers befestigt und bleibt Tag und Nacht im Mund. Sie ist aus einer speziellen Legierung gefertigt, soll keinen Krebs erzeugen und auch keine Allergien auslösen. Und ihr Vorhandensein in der Mundhöhle hat verschiedene Auswirkungen. Zum einen kann man damit nur noch kleine Bissen auf die Zunge schieben. Dank dieser Spange ist man gezwungen, ganz langsam und vorsichtig zu kauen. So wird die Mahlzeit in die Länge gezogen und der Sättigungseffekt kann sich einstellen. Die Spange im Mund ist störend und unangenehm… aber das muss so sein, denn dies soll den Träger daran erinnern, dass er ja abnehmen will und dass er nicht mehr grosse Bissen unzerkaut hinunterschlingen soll.

Nach dem Einbau gibt es auch Ernährungsempfehlungen bezüglich Fett und Zucker und Salz… Der Erfolg sei, wird berichtet, bei allen Probanden bisher beträchtlich: im Schnitt rund 600 Gramm pro Woche werden abgenommen, das macht gut 30 Kilo aufs Jahr. – Aber die Sache ist auch sonst nicht trivial: das Gerät im Mund braucht regelmässige Kontrolle und Pflege, die Anschaffung einer Munddusche ist zwingend, da sich in der Metallkonstruktion Speisereste verfangen, die anders nicht entfernt werden können; je nach dem Typus der Charlie-Spange ist zudem die Sprachfähigkeit beeinträchtigt, eine „schwere Zunge“ dürfte wohl eine vorsichtige Umschreibung sein… aber auch dieser Effekt ist durchaus gewollt, denn er soll den Spangenträger daran erinnern, dass er bereit ist, Opfer auf sich zu nehmen, um sein Gewicht zu reduzieren. – Hat man das Zielgewicht erreicht, kann die CharlieBite-Spange wieder herausgeschraubt werden… aber sie bleibt stets in Griffnähe, damit der Zahnarzt sie sofort wieder montieren kann, wenn die Kilos sich anschicken sollten, zurückzukehren…

Letztlich ist so ein Schling-Hemmer nichts anderes als ein vorverlagertes Magenband. Die Mechanik erzwingt ein Ess-Verhalten, zu dem viele heute aus freien Stücken nicht mehr in der Lage sind. Vielleicht sind aber die Nebenwirkungen so durchschlagend, dass manche sich das „richtige“ Ess-Verhalten zu eigen machen, um sich den Einbau von CharlieBite zu ersparen…




12/7  Fleischeslust

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:05

Wiederbegegnung nach 34 Jahren: auf arte habe ich heute Abend einen Film gesehen, den ich seit den Siebzigern in Erinnerung hatte, der mir aber nicht mehr in allen Details bewusst war und von dem gerade jetzt und in diesem Blog-Zusammenhang eine morbide Faszination ausgeht: La Grande Bouffe.

Im Rückblick haben wir damals nicht realisiert, mit welch prophetischer Weitsicht hier eine Gesellschaft gegeisselt wird, die sich aus scheinbarer Todessehnsucht in Völlerei und Wollust stürzt, um in einem Höhepunkt des Genusses aus dem Leben zu scheiden. Wobei das Zelebrieren dieser Lüsternheiten, in denen sich ja eine Fülle von verborgenen Sehnsüchten spiegeln, nicht einmal die zentrale Botschaft zu sein scheint. Vielmehr haben, mit heutigen Augen gesehen, die hintergründigen Boshaftigkeiten und Sarkasmen an Bedeutung gewonnen, Seitenhiebe, Parabeln und Gleichnisse für Zustände, an die wir damals, 1973, als der Film in die Kinos kam, noch gar nicht gedacht hatten.

Völlig neu und stark habe ich zum Beispiel den Schluss empfunden. Die vier Protagonisten haben die Schwelle zum Totenreich bereits überschritten, ihre Kadaver liegen wahllos verstreut oder sind vergraben, da kommt auf Bestellung der Lieferwagen aus der Metzgerei mit der Fleisch-Ration für den nächsten Tag, da niemand weiss, dass hier keiner mehr kochen und fressen kann… Wohin mit der Ware? wird die einzige überlebende, das Urweib Andrea Ferrèol, gefragt, und sie sagt: Ach, laden sie das Fleisch einfach irgendwo im Garten ab. Und so wird denn der eiweissreiche Rohstoff, edle ausgeweidete Rinderhälften, Schweinelenden, Wildbret, liebevoll im Park auf dem Gras und in den Bäumen verteilt… unterdem Gelächter der Metzgersburschen, die so etwas Irres noch nie erlebt haben, aber sie tun, wie ihnen geheissen wurde, und da liegen nun die toten Fleischklumpen in der Landschaft, während die Kamera zur Totalen zurückzoomt, unkenntlich, was vorher noch Mensch war, was Tier… Fleisch eben, das den Weg des Vergänglichen gegangen ist, zu Tode gekommen durch Masslosigkeit und Überdruss, aus Lust an der Lust verreckt… eine Facette nur des grossen unendlichen Stoffwechsels, von dem wir alle bloss kleine Teilchen sind.




11/7  Dünn gepflastert

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:44

Das ist wieder eine Meldung nach meinem Geschmack, denn sie zeigt, wozu Menschen fähig sind, wenn sie glauben wollen. Obwohl jede Faser ihrer Vernunft ihnen sagen müsste, dass dies niemals funktionieren kann, klammern sie sich doch an den verzweifelten Rest von Hoffnung und lassen dabei jede kritische Vorsicht aussen vor.

Innerhalb kürzester Zeit hätten „Schlankheits-Pflaster“ aus China einen Umsatz von über 25 Millionen Dollar erzielt, ehe sie von den Behörden verboten wurden… Pflaster, die man einfach auf jene Körperstellen kleben kann, an denen man das Fett loswerden möchte, waren vor kurzem der absolute Werbe-Renner. Eines der schlagednen Argumente war dabei, dass die Clinton-Tochter Chelsea mit diesem Pflaster in weniger als einem Monat ganze 12 Kilo (!) abgenommen habe… eine Aussage, die erstunken und erlogen war.

Dazu kamen betrügerische Machenschaften beim Verkauf übers Internet: InteressentInnen konnten probeweise Pflaster für eine Woche bestellen, im Wert von knapp 3 Dollar… erhielten dann aber – mit automatischer Abbuchung vom Bankkonto – eine Rechnung über 170 Dollar. Wer sich telefonisch erkundigen oder beschweren wollte, wurde in kostenpflichtigen Warteschlaufen hängen gelassen, auf Briefe gab es keine Antwort und E-Mails führten ins Leere…

Fazit: die Menschheit will betrogen sein und die Dummen sterben nicht aus. Und wenn es um die Aussicht geht, abnehmen zu können, ohne etwas dafür tun zu müssen, dann sind alle Verstandesampeln auf Durchzug gestellt. Wenn der Glaube selig macht – wohlan.