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Von Heinrich von Grünigen um 22:39 |
Es ging ein Aufschrei durch eines unserer Medien, als ein Süsswarenhersteller seine Portionen verkleinerte… und dummerweise den früheren Preis für das grössere Format beibehielt. Ich habe an dieser Stelle darüber berichtet. Und nun zeigt es sich, dass die Gesundheitsbehörde in Grossbritannien das, was ich aus Sicht der bewussten Ernährung befürwortet hatte, zur Norm erklären will:
Eine gesetzliche Richtlinie ist in Vorbereitung, welche den Chocolatiers empfiehlt, von den beliebten Snacks (wie etwa Mars, Twix oder Schokostängeli) auch kleinere Varianten zu produzieren (40 Gramm statt 48, 50 Gramm statt 59…) aber auch Süssgetränke, die in 3,3 dl-Dosen verkauft werden, sollen künftig auch im 2,5 dl-Format angeboten werden.
„Downsizing“ statt Upsizing… die Massnahme steht in einem direkten Zusammenhang mit der nationalen Kampagne des Gesundheitsministeriums gegen Adipositas. Und sie signalisiert eine Trendumkehr: weg von den immer grössenen Multipack-Angeboten und hin zu gezielten, portionierten Einheiten, mit denen sich die Lust nach Süssem stillen lässt, ohne dass die Versuchung besteht, sich mit einem zu grossen Happen zu übernehmen.
Der Nahrungsmittelindustrie müsste eine solche Richtlinie gelegen kommen. Sie wird nicht müde, an die Eigenverantwortung des Konsumenten zu appellieren, wenn man ihr vorwirft, sie überflute den Markt mit vergünstigten Riesenportionen von „ungesunden“ Produkten, die der Mensch zum Überleben eigentlich gar nicht braucht, die aber happig dick machen.
Die freie Wahl der kleineren Portion, die allenfalls mit einer entsprechenden Werbung gefördert werden könnte, wäre ein starkes Stück Selbstverantwortlichkeit… aber der Gedanke daran enthält gleichzeitig ein zentrales Paradox unserer Marktwirtschaft: wer würde schon freiwillig dafür werben, dass von einem seiner Produkte weniger gekauft wird..?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:33 |
Nein, das ist nicht eine Diät, bei welcher man sich der Lektüre des mondialen Blattes enthalten sollte – im Gegenteil. Und ich bin in guter Gesellschaft, schreibend Seite an Seite mit Bundespräsident Merz, Bischof Koch, Allzweckpionier Schawinski, Eheflüsterer Heer, Frauenversteherin Kar, Alleswisser Stadler, Herrn und Frau Blocher und ganz vielen anderen bedeutsamen ZeitgenossInnen.
Die Frage, die man mir im Rahmen einer von der Redaktion konzipierten Lebenshilfe-Sondernummer gestellt hat, lautete: Welche Diät verspricht langfristigen Erfolg?
Da ich mich selber nur ungern zusammenfasse, liegt es nahe, dass ich am liebsten auf den Link zur Weltwoche hinweisen würde. – Aber hoppla, da habe ich die Rechnung ohne den Geschäftssinn des Herausgebers gemacht! Denn mein Beitrag zu der lebenshelfenden Frage ist nur zugänglich für Leute, die den Internet-Zugriff abonniert haben. Würde ich den Wortlaut meines Textes hier abdrucken, könnte man mir vorwerfen, die Interessen des Blattes verraten zu haben (vielleicht bekomme ich ja noch ein Honorar?)… so bleibt mir im Moment nur der Hinweis, dass es das „Sonderheft: Lebenshilfe“ zum Preis von CHF 5.90 (inkl. MwSt.) an jedem Kiosk zu kaufen gibt. – Wir beleben die Krise.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:02 |
Nach wie vor gibt es bei uns Klagen von übergewichtigen PatientInnen, dass ihr Arzt, ihre Ärztin zu wenig von der Adipositas-Problematik wisse, sie und ihre Krankengeschichten nicht ernst nähme und in der Behandlung relativ hilflos wirke…
Das muss nicht sein. In Amerika, wo jeder dritte Patient adipös ist, scheint sich eine gewisse Routine eingespielt zu haben. Eine Umfage unter ÄrztInnen hat zwar gezeigt, dass 40 Prozent der Befragten MedizinerInnen in New York angaben, sie hätten adipösen PatientInnen gegenüber eine negative Grundhaltung und dass sie die Behandlung von Übergewicht oft als frustrierend erlebten. Gleichzeitig ergab aber eine Erhebung bei Absloventen der New York School of Medicine, dass 56 Prozent angaben, sich in der Adipositas-Therapie auszukennen und 46 Prozent sagten, sie seien dabei erfolgreich.
Woher dieser Gesinnungswandel? Es sind vor allem die jüngeren Ärzte, die dem Problem aufgeschlossener und positiver gegenüber sehen. Es ist anzunehmen, dass sie im Studium bereits etwas mehr Informationen erhalten haben und dass sie vor allem gelernt haben, dass auch ein kleiner Erfolg, ja sogar ein „Stillstand“, grundsätzlich positiv zu werten ist.
Somit bestünde doch noch Hoffnung.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:34 |
Der Fall macht selbst in USA Schlagzeilen, wo doch Übergewicht schon fast zur mehrheitsfähigen Norm geworden ist. 14 Jahre ist Alexander alt und über 200 Kilo schwer. Seine Mutter steht in South Carolina vor Gericht, wegen Vernachlässigung ihres Kindes – durch falsche Ernährung. Dies komme – so die Argumentation der Anklage – dem Tatbestand des Kindsmissbrauches gleich, denn durch eine (allenfalls bewusste) falsche und schädliche Ernährungsweise sei das Kind an Leib und Leben bedroht. Es wurde der Mutter weggenommen und in Pflege gegeben.
Der Fall, über den u.a. USA Today berichtet, bewegt die Gemüter. Die Mutter habe alles unternommen, damit ihr Kind abnehmen könne, leider ohne Erfolg, sagt ihr Anwalt… Wer kann diese Aussage überprüfen? Würde die Mutter verurteilt, so müssten wohl die Hälfte aller amerikanischen Eltern ins Gefängnis.
Welche Verantwortung liegt bei den Erziehungsberechtigten? Wir nehmen jeweils mit Schaudern und Anteilnahme zur Kenntnis, wenn irgendwo ein Kleinkind nach elterlichen Misshandlungen verstorben ist, wenn eine drogenabhängige Mutter ihren Säugling „vergisst“ und ihn verhungern lässt… das sind alles menschliche Tragödien, die hinter solchen Vorfällen festgestellt werden und man denkt darüber nach, wie sie sich künftig vermeiden liessen, durch bessere Beratung, engere Begleitung, frühzeitige Einwirkung der zuständigen Behörden… und nicht zuletzt durch ein griffiges Rechtssystem.
Aber die Diskussion in USA zeigt, dass es hier eine immense Grauzone gibt, dass der Tatbestand selbst stärksten Übergewichts noch nicht zu einer akuten Gefährdung an Leib und Leben führt, wie dies offenbar als Auslöser für einen präventiven Eingriff von Gesetztes wegen nötig ist. – Bekommt die Debate über kindliches Übergewicht plötzlich den gleichen Stellenwert wie die Kontroverse zur Verschärfung des Jugendstrafrechts im Zusammenhang mit Gewalttaten Jugendlicher?
In der Schweiz ist die Situation (noch) nicht so krass wie in Amerika. Das kann sich ändern, die Debatte wird auch hierzulande zu führen sein.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:41 |
Natürlich war das die gute alte Zeit: einmal im Jahr kam der Störmetzger auf den Hof. Schon Tage zuvor war alles vorbereitet worden, hatten wir Kinder Abschied genommen von den Tieren, deren Tod wir in Kauf nahmen, um essen und überleben zu können, der grosse Bottich war aufgebaut, der Ofen im Freien installiert, die Bank, an welcher der Metzger arbeitete, an einem gedeckten Platz.
Dann wurde das Schwein mit einem Bolzenschuss getötet, das Blut in grosse Kessel und Schüsseln abgelassen und in die Küche gebracht, der Kadaver im heissen Wasser gebrüht und die Borsten abgeschabt… dann wurde das Tier aufgehängt, halbiert und das Fleisch herunter geschnitten und von den Knochen gelöst. Die noch warmen Schinken kamen in Salzkisten, ebenso die Speckseiten. Das gute Fleisch wurde fachgkundig zurecht geschnitten, das weniger gute kam in den Fleischwolf, aus dem eine grobkörnige Wurstmasse floss, die dann wieder den Weg in verschiedene Sorten von Würsten fand, die entweder in den Rauchfang gehängt wurden, gebrüht oder gebraten, denn in der Pfanne brutzelte schon all das, was den besonderen Reiz der lange erwarteten Metzgete ausmachte.
Damals wussten wir bis auf die letzte Faser, was sich in den Fleischerwaren befand. Sogar der Darm für die Würste kam vom eigenen Tier, nachdem er ausgiebig am Brunnen gewässert und gespült worden war. – Ich erzähle das nicht aus Nostalgie, sondern weil wir damals noch ein Urvertrauen in die Lebensmittel hatten, die auf dem eigenen Hof erzeugt wurden und an deren Herstellung wir selber beteiligt waren. Allerdings: schon damals erzählte uns Onkel Otto von einem Besuch in einem Pariser Schlachthof, wo die Schweine zu Hunderten bereits industriell verarbeitet wurden, so dass jede Menschlichkeit im Umgang mit den tierischen Opfern abhanden gekommen war… und wir schätzten die individuelle Nähe zum Produkt umso mehr, wie wir sie erlebten.
Heute ist das Grundvertrauen in die Lebensmittel einer Skepsis gewichen, die durch täglich neue Enthüllungen geschürt wird. Von synthetischen Nahrungsmitteln ist die Rede, von gestreckten, künstlich ergänzten, gepanschten und verfälschten Produkten, die uns von cleveren Vermarktern untergejubelt werden, haarscharf an der Grenze des Legalen und Erlaubten entlang… Was steckt denn heute in einer Wurst? Ist es noch redliches Fleisch und Fett von einem in Ehren und natürlich gehaltenen Tier? Oder ist es aufgepeppter Abfall, künstliche hergestellter, aromatisierter Füllstoff?
Das Misstrauen geht bereits so weit, dass sich in den USA eine Verbraucher-Bewegung gebildet hat, die ernsthaft per Gerichtsbeschluss verlangen will, dass die Hersteller von Hot-Dog-Würstchen ihr Erzeugnis mit einer Etikette versehen müssen, auf welcher – wie bei den Zigaretten – vor der latenten Krebsgefahr gewarnt wird, die beim Verzehr eines Hot-Dogs lauern soll. Auch wenn man im Sinne der Transparenz eine solche Deklarationspflicht durchaus bejahen könnte, wäre es dann nicht angezeigt, auf nahezu allen fabrikmässig hergestellten Produkten den Hinweis anzubringen, dass das Leben – und insbesondere das Essen – an sich ganz grundsätzlich lebensgefährlich ist?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:34 |
Heute ist Freund Rolf zu Besuch gekommen. Wir ertüchtigen uns nicht nur gemeinsam wöchentlich in der Aquafit-Lektion, wir haben auch den gleichen Arzt und tauschen nach jeder Konsultation die Befunde aus: die Empfehlungen und die Therapie-Schritte, in der Hoffnung, der eine könne vom andern etwas lernen. Auch führen wir ernsthafte Gespräche übers Essen und übers Nichtessen, ergehen uns dabei manchmal in lukullischen Phantasien, vergleichbar mit den Schwärmereien jener Leute, die im Meer auf einem Gummiboot treiben und nach einigen Tagen ins Delirium fallen, das ihnen Bratenduft und die Visionen von Büffets und Banketten vorgaukelt…
So schlimm steht es mit uns jetzt allerdings nicht, wir geniessen den schönen Nachmittag im Garten, nach einer fett- und kalorienbewussten Mahlzeit, tauschen Erinnerungen aus an gemeinsam Erlebtes und unternehmen noch einen Ausflug zum höchsten Aussichtspunkt, von dem aus man einen freien Blick auf den Bodensee hat, wie er sich nahtlos in das wunderbare Panorama einfügt. Die Schweiz ist schön! sagt eine Dame, die auf dem Ruhebänklein neben dem Triangulationspunkt sitzt, und wir haben keinen Grund, ihr nicht zuzustimmen.
Später fassen wir den Beschluss, uns in einer Woche vermehrt und zusätzlich gemeinsam um unsere Fitness zu kümmern, indem wir die guten Ratschläge quasi zusammenlegen und sie in ihrer Wirkung so verdoppeln. Ob und wie lange das helfen wird, muss sich in der Praxis zeigen, aber noch sind wir guten Mutes. Das Bilderbuchwetter hat uns beflügelt.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:28 |
Diskussion heute am Familientisch: wer verführt wen zum Essen/Snacken und wenn ja, warum bzw. wie? Es ist nicht eigentlich eine Schuldzuweisung, aber doch die Debatte darüber, weshalb es in einer Beziehung recht oft der Fall ist, dass einer der Partner den andern ermutigt (oder doch nicht daran hindert) zu essen. Denn wenn Liebe durch den Magen geht, dann kann sie auch dick machen. Und wenn Verwöhnen mit dem Angebot von Leckerbissen verbunden ist, dann können die Auswirkungen sich mit der Waage messen lassen…
Gespräche über Esswaren, Hinweise auf Vorräte, die Überraschung mit einem spontan zubereiteten Leckerbissen und das liebevolle Bekochen des Partners… all das weckt den Appetit, die Esslust, den Wunsch, sich kulinarisch etwas Gutes zu tun oder tun zu lassen. Und all dies steht im Widerspruch zu den Vorsätzen, die man gefasst hat, wenn es wieder einmal darum geht, sein Gewicht unter Kontrolle zu halten.
Es braucht viel, um sich gemeinsam gegen das innere Schleckmaul zu verbünden. Viel einfacher ist es, sich zum Konsum zu motivieren, sich gegenseitig quasi ein Alibi zu liefern: wenn du es tust, dann kann ich auch… Geteilte Schuld ist halbe Schuld…
Gibt es probate Hilfsmittel, um diesem Mechanismus entgegen zu wirken? Warum kippen die besten Absichten zur gegensitigen Motivation so mühelos um in eine gemeinsame Kapitulation? Und warum sind die Gewsissensbisse kleiner, wenn man den Entscheid nicht allein getroffen hat? – Viele Fragen. Gibt es Antwoten?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:51 |
Es kann sein, dass diese Information für die, die sie betrifft, gar keine ist. Denn möglicherweise ist das Unternehmen, das ich heute besucht habe, für alle, denen es etwas zu bieten hat, schon ein Begriff… man weiss ja nie. Und in der Szene kennt man sich.
Es geht ums Motorradfahren. Wer eine schwere Maschine hat, muss sich standesgemäss einkleiden, schon der Sicherheit wegen, und auch ween des Wetters, wenn man Wind und Regen ausgesetzt ist und über die Strassen brettert wie die Easy Riders. Da kommt es darauf an, dass das Outfit stimmt und passt: schwere Hosen und Jacken, wie Samurai-Panzer, mit den Aufprall-Schützern am richtigen Ort, Stiefel aus Leder und Gummi, Handschuhe und ein Helm, der wie angegossen auf dem Kopf sitzt und dem Fahrtwind trotzt… Keine Kleinigkeit, eine solche Ausstattung, hochspeziell und doch extrem individuell auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt, denn sie muss den Körper umschliessen und beschützen wie eine zweite Haut.
Da liegt es auf der Hand zu fragen, wie es denn stehe mit der Bekleidung für Menschen, die von Gewicht und Grösse her nicht ganz dem durchschnittlichen Normalmass entsprechen… und wenn 40 Prozent unserer Bevölkerung übergewichtig sind und 10% adipös, dann trifft dies ja auch auf die Gruppe der Motorradfahrer zu, rein statistisch. Aber auch praktisch.
Und hier kommt der Stolz des Firmeninhabers ist Spiel: er hat das Problem erkannt und selber festgestellt, wie schwierig es ist, Kleidergrössen ausserhalb der gängigen Normen zu finden. Deshalb reicht sein Sortiment vom Kombianzug für kleine Kinder bis zur professionellen Ausrüstung für Menschen von 180 Kilogramm Gewicht. – Kunden, die in keinem anderen Geschäft fündig geworden sind, bedient und berät er besonders aufmerksam. Das ist der Schlüssel zu seinem Geschäftserfolg. Und gerade weil er weiss, dass „schwere“ Menschen es im Alltag ohnehin schwerer haben als andere, will er ihnen den besten Service bieten. Individuelle Beratung wird gross geschrieben.
Die grosse Auswahl an grossen Grössen lohnt den Abstecher ins Toggenburg, nach Bütschwil, wo Christian Brunner, genannt „Büll“, seinen Laden im Untergeschoss eines Industriekomplexes betreibt: Büll Moto Leder. Das Geschäft ist schon lange kein Geheimtipp mehr: am Wochenende ist der Zulauf so gross, dass man oben beim Eingang ein Schild anbringen muss mit der Aufschrift: Laden überfüllt, eine Stunde Wartezeit... Und damit diese Zeit angenehm vergeht, werden Getränke angeboten und auf einem Grill können Würste gebraten werden. Hier geht es nicht nur um grosse Kleidergrössen: da ist auch menschliche Grösse in einem Gewerbe, dem wohl nicht selten mit Vorurteilen begegnet wird.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:19 |
Vor kurzem haben wir noch mit schauderndem Staunen nach Amerika geblickt, wo sich die Beerdingungsindustrie damit zu befassen begann, dass die Toten immer voluminöser, schwerer und unhandlicher wurden… Und nun hat das amerikanische Phänomen – mit dem obligaten Zeitverzug – auch uns erreicht. Im 20 minuten war heute zu lesen von den Problemen der Leichenbestatter mit übergewichtigen Toten. Die Särge müssen grösser werden, die Gräber breiter, die Türen zu den Krematoriums-Öfen weiter… und bei der Erdbestattung sind die Särge so schwer, dass die Träger sie nicht mehr „von Hand“ durch die Friedhöfe schleppen können, ohne sich bleibende Rückenschäden zu holen… Die ganze Infrastrukur für das Bestattungswesen muss neu definiert und ausgerüstet werden, und zwar nicht nur an einem zentralen Ort, sondern überall dort, wo gestorben wird. Denn die Verteilung der adipösen Verblichenen dürfte in der Bevölkerung etwa gleichmässig anfallen.
Der letzte Dienst am dicken Menschen wird zum Servitut. Nicht genug, dass noch immer viele Spitäler nicht adäquat ausgerüstet sind für den therapeutischen Umgang mit stark übergewichtigen Patienten und Patientinnen – das Defizit macht sich zunehmend auch bemerkbar bei der Behandlung der sterblichen Hülle „danach“. Und es sieht nicht aus, als würde es sich dabei um ein vorübergehendes Problem handeln. Die Adipositas-Welle, die wir im Moment registrieren, ist eine Tatsache und die Betroffenen sind real, mit all den Problemen die sie haben und die sie verursachen. Auch wenn die Präventions-Massnahmen in ferner Zukunft greifen sollten, bleiben doch die Generationen, die davon (noch) nicht erfasst wurden. Wie viele es sein werden, ist nicht abserhbar, Optimismus allein hilft nicht weiter und Pessimismus schon gar nicht. Früher war der Tod „umsonst“… aber auch der ist nicht mehr was er einmal war.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:17 |
Ich weiss, es ist ernährungspolitisch unkorrrekt, von einer Konfitüre zu schwärmen, die zähflüssig wie ein Fruchtbonbon am Löffel klebt und kaum wegzuschlecken ist, während sich die Werbung mit Anpreisungen überschlägt à la: ohne Zuckerzusatz, mehr Frucht – weniger Zucker, 50% weniger Kalorien… Und doch hat mich heute die Nostalgie voll erwischt:
Zuerst die Kirschen direkt vom Baum gepflückt, der hinter dem Haus im Garten steht. Ein kurzstämmiger Baum, die untersten Äste sind bequem im Stehen erreichbar. Und man muss sich sputen, denn die Vögel haben auch gemerkt, dass die Kirschen jetzt reif sind. Der Baum hängt voll, trotz – oder gerade wegen? – des nassen Frühlings. Ein gutes Pfund abgelesen, für den Anfang.
Dann das Entsteinen. Ich erinnere mich, dass wir früher zu diesem Zweck in Flaschenkorken gebogene Haarnadeln montiert hatten, mit denen wir dann die Steine aus den Kirschen pulten. Da war ein Kniff, den man anwenden musste, nicht zu fest zuzudrücken, damit das weiche Fleisch der Frucht nicht durch die ganze Küche spritzte und damit nicht zu viel vom Fleisch am Stein haften blieb… Was aber nichts daran änderte, dann wir nach kurzer Zeit den blauen Kirschensaft bis hinter den Ellenbogen hatten. Später gab es dann eine kleine Maschine aus Plastic, ein raffineirtes Ding, wo man die abgestielten Früchte vorne einführen konnte, dann schlug man von oben eine stählerne Klaue nach unten, die sich in die Kirsche bohrte und sich den Kern griff, ihn durch ein kleines Kreuz in einer Gummidichtung presste, so dass nur der Stein in den unten angeschraubten Behälter durchflutschte, während die Frucht oben blieb und von der zurückfedernden Klaue mitgerissen und abgestreift wurde, so dass sie mit flutschigem Plumps nach hinten in eine Schüssel fiel.
Dieses Gerät fand sich noch in einer Schublade, und es funktionierte wie einst im Mai. Die steinlosen Früchte und gleich viel Zucker (!) kamen in eine Pfanne, wurden ausgiebig gekocht, bis sich die Flüssigkeit eindickte… ich stand am Herd und meine ganze Konfitüren-Kindheit kam mir wieder hoch, mehr als ein halbes Jahrhundert ist es, seit Mutter mir die Anweisungen gab, wie zu rühren sei, worauf bei den aufsteigenden Zuckerblasen zu achten sei und wie man die Konsistenz anhand der erstarrenden Tropfen an der Kelle prüft. Blos, dass wir damals in der Saison tagelang und kilowseise Früchte eingekocht haben.
Mit der erforderlichen Geduld stellte sich auch diesmal ein schöner Erfolg ein. Immerhin anderthalb Gläser gab es: dunkelblaue, klebrig-süsse Masse mit Kirschen drin… und eine Pfanne zum Ausschlecken, wie damals… und die Vorfreude, bis sich morgen zum Frühstück die erkaltete Konfitüre auf ein Butterbrot streichen lässt. Nicht ganz kalorienfrei – aber lecker.
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