3/11  Silberstreif und Fakten

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:18

Zahlen lügen nicht. Wenn man sie als das nimmt, was sie sind. Heute wurden verschiedene Forschungsergebnisse zum Thema Übergewicht und Adipositas publiziert. Eine Langzeitstudie über das Gewicht von Schulkindern in den Städten Basel, Bern und Zürich zeigt, dass sich das Körpergewicht in den letzten Jahren stabilisiert hat, wenn nicht sogar leicht rückläufig ist. Das wäre der Silberstreif, der sich am Horizont abzuzeichnen beginnt. Aber die Stabilisierung findet immer noch auf dem Level von 20% statt, weiterhin ist jedes 5. Schulkind zu dick und geht damit das Risiko ein, früher oder später an Adipositas zu erkranken, wenn nicht rasch und wirksam Gegensteuer gegeben wird.

Der zweite Wert ist als Faktum alarmierender, auch wenn er nicht überraschend. Vor fünf Jahren wurde in der nationalen Gesundheitserhebung ein Anteil von Adipositas-PatientInnen an der erwachsenen Gesamtbevölkerung von 10% festgestellt. Dabei galt der Vorbehalt, dass die effektive Anzahl wohl grösser sei, da die errechneten BMI-Werte auf einer Selbst-Deklaration der telefonisch befragten Probanden beruhte.

Nun liegen mit der Studie menuCH erstmals „vermessene“ Werte vor, aus einer Querschnittsgrupppe, die zu ihrem Ess- und Bewegungsverhalten detailliert befragt wurde. Nach dieser Umfrage beträgt der Anteil der Adipositas-Betroffenen an der erwachsenen Gesamtbevölkerung 14%. Die Studienleitung führt einschränkend aus, dass dieser Wert wohl eine „vorsichtige“ Berechnung sei, denn die Teilnahme an der Studie war freiwillig und es muss angenommen werden, dass nicht wenige, die bewusst aufs Mitmachen verzichteten, zur Kategorie der Übergewichtigen gehört hätten.

Was sagt uns diese Zahl? Die Schweiz befindet sich im europäischen Mittelfeld, was den Anteil übergewichtiger und adipöser Menschen betrifft. Sie ist keinesfalls (und war nie) der Musterknabe bezüglich Übergewicht, als den sie interessierte Gruppen gerne sehen möchten, wenn sie jeden Versuch einer politischen Lenkungsmassnahme bekämpfen und abblocken. Die neuen, durch Fakten erhärteten Zahlen müssen zu denken geben und eine Umkehr auslösen.




2/11  OP-Exodus

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:13

Es ist ein bizarrer Vorschlag. Um die Gesundheitskosten zu senken, sollen Schweizer PatientInnen sich im Ausland operieren lassen, weil es dort billiger ist. Da werden Mittel für Gegen-Propaganda aufgeworfen, um die CH-KonsumentInnen zu motiovieren, weniger im preisgünstigen Ausland einzukaufen um das heimische Gewerbe zu schonen… Aber wenn es um die Gesundheit geht, spielen die Qualität und der Standard der inländischen Versorgung plötzlich keine Rolle mehr, dann zählt nur noch der schnöde Mammon: billig, billiger, am billigsten!

Keine Frage, im angrenzenden Ausland gibt es hochspezialisierte Kliniken, bei der unsere PatientInnen bestens aufgehoben wären, und erst noch zu einem vernünftigen Preis (angesichts des Franken-Gefälles und des unterschiedlichen Warenkorbs). Aber die von den Kassen empfohlene Fremd-Operiererei müsste auf empfindliche Weise die Angebote von bestimmten OP’s im Inland schwächen.

Ich denke da an die bariatrische Chirurgie, die Magen-Darm-Operationen zur Gewichtsreduktion. Gebetsmühlenartig empfehlen wir an unserer Helpline den Ratsuchenden, die sich nach „günstigen“ OP-Möglichkeiten im Ausland erkundigen, von diesem Vorhaben abzusehen. Der Eingriff selber mag vergleichsweise preiswert sein, was jedoch bei einer OP in fremden Landen nicht gewährleistet ist, das ist die eingehende, professonelle Vorbereitung und vor allem die lebenslange Nach-Betreuung, denn der Eingriff selber ist nur der Anfang eines Prozesses, der unter enger ärztlicher Begleitung eine komplette Umstellung der angewöhnten Lebensweise verlangt. Treten Komplikationen auf, weil ungenügend oder falsch nachgesorgt wird, muss der fahrlässig herbeigeführte Notfall wieder in einer Schweizer Klinik „geflickt“ werden. Die Kosten trägt die Allgemeinheit, weil sich eine Kasse den Aufwand für den Eingrif in der Schweiz etwas billiger machen wollte!

Die Gesundheitskosten sind zu hoch, keine Diskussion, die jährlichen Prämien-Erhöhungen sind ein Ärgernis… aber dann lesen wir von den massiven Gehältern an der Millionengrenze, die einzelne Kassenbosse sich garnieren, in einem fatalen Prestige-Wettlauf, wer die feudalste Residenz aufweisen kann.

Ich bin bestürzt, dass man die Option des „befohlenen“ OP-Outsourcings auch nur in Erwägung zieht. Aber es werden sich schon Kassen-Apologeten finden, die dies für eine geniale Idee halten.




1/11  Verbraucher rebellieren

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:48

Es müsse endlich etwas geschehen. Das fordert die Europäische Gruppe für Konsumenten-Rechte BEUC und proklamiert „Game Over!“ für Werbung für unpassende Nahrungsmittel, die an Kinder und Jugendliche gerichtet ist.

Zwar haben sich die grossen Anbieter 2007 auf eine freiwillige Verzichtserklärung (EU-Pledge) geeinigt, was die TV-Werbung betrifft. Und die dort formulierten Auflagen werden auch mehr oder weniger eingehalten… aber die Konsumenten-Organisationen haben nachgewiesen, dass die direkte Bewerbung von viel zu zuckerhaltigen und zu fettigen Genussmitteln massiv in andere soziale Medien und Apps verlagert wurden, die von Kindern aller Altersklassen häufig genutzt werden.

So sind die Kids einem permanenten Bombardement durch unpassende Werbebotschaften für dickmachende Schleckwaren ausgesetzt, während die Industrie sich zufrieden rühmen kann, sie halte das abgegebene Versprechen ein, im Umfeld der Kindersendungen am Fernsehen nicht für ihre Produkte zu werben. Dabei werden die Kindersendungen vornehmlich von den Omas und Opas geschaut (die freilich auch zum Zielpublikum für Kinderschleckzeug gehören, wenn sie vor der Tagesschau die gesäuselte Botschaft vernehmen, dass „auch die Drachen“ gerne zwischendurch einen „kühlen Snack“ naschen, auch wenn dieser praktisch rein aus Zucker und Fett besteht. Dass die Drachen nicht mehr fliegen können, wenn sie übergewichtig geworden sind, davon zwitschert das liebliche Kind natürlich nichts, sonst würden sich Omi und Mama die Sache nochmals überlegen.

Wann gehen bei uns die Verbraucher-Organisationen auf die Barrikaden? Bleiben wir dran.