13/2  Neue Frauen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:41

Man erinnert sich: vor einem Jahr hat die Spanische Regierung ihre Absicht kundgetan, nach verschiedenen Vorfällen mit ausgemergelten und kränkelnden Models einen Akzent zu setzen und die Frage des „normalen“ Gewichts und der entsprechenden Kleidergrössen für Frauen zu überprüfen.

Heute nun meldet heute (unter Berufung auf die NZZ), dass der Vorsatz in die Tat umgesetzt wurde: das spanische Gesundheitsministerium habe 10’000 Frauen vermessen lassen. Mit dem Resultat, dass fast die Hälfte davon aufgrund der geltenden Grössennorm keine passenden Kleider finden würde. Deshalb soll jetzt ein neues Kleider-Masssystem erarbeitet werden, das den aktuellen Bedürfnissen und Proportionen der Frauen besser entspricht. Grosse Modehäuser hätten zugesagt, die neuen Mass-Einheiten zu übernehmen.

Man darf gespannt sein, wann das auch bei uns „in“ wird. Die Kampfansage an den Schlanhietswahn ist auch hierzulande überfällig.




10/2  Die Absauger

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:44

Der Titel lehnt sich an die TV-Serie Die Abzocker an. Haha, wieder so ein Scherzchen. Dabei will ich ja den redlichen Schönheitsplastikern überhaupt nicht unterstellen, sie würden mit Abzockermethoden arbeiten. Das weiss ich selber, da muss ich meinen Nebenmann gar nicht erst fragen. Aber ein sich seriös gebender Bericht im SF-2-Magazin GesundheitSprechstunde, bei dem live im Studie abgesogen wurde, machte mich doch ein wenig stutzig: ist dadurch nicht der Eindruck vermittelt worden, das sei eine kleine Sache, so nebenbei, ganz selbstverständlich, damit man mit seinem Körper wieder zufriedener sein kann?

Die Dame, soviel wurde mir beim Zuschauen klar, hatte ein existenzielles Problem: wenn sie in der Boutique einen Bleistiftrock anziehen wollte, zeichneten sich darunter die Erhebungen der „Reiterhosen“ ab. Und das war der Dame ein Frust. Nun will ich das als Problem nicht kleinreden, aber es ist letztlich auch eine Frage von Ursache und Wirkung. Jonathan, mein buckliger Onkel vierten Grades, lobte jeweils die Kunst seines Herrenschneiders, der es verstand, durch perfekten Schnitt und Massarbeit seinen gewölbten Rücken so gut wie zum Verschwinden zu bringen. Nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, sich seine Wirbelsäule chirurgisch begradigen zu lassen, nur um Konfektion tragen zu können.

Das war damals. Aber heute haben wir die Möglichkeit, unsere Körper so modellieren zu lassen, dass sie in ihre modischen Hüllen passen, als wären diese eigens für sie gefertigt worden. Ein wahrer Triumph der Schönheit, der jeden zu seinem eigenen Michelangelo werden lässt, sofern er es sich leisten kann. – Mit Adipositas, das wissen wir, hat dies nichts zu tun. Fettabsaugen ist ein kosmetisches Ding zur Perfektionierung und Verschönerung, zur Feinziselierung von eigentlich eleganten Körpern. Und wem dies das Selbstwertgefühl positiv zu beeinflussen vermag, der soll es sich um Gotteswillen leisten können. Dass das Business boomt, hat offenbar auch mit der Konjunktur zu tun.




1/2  Visuell

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:24

Aus familiären Gründen war improvisierter kultureller Ausgang angesagt. Im Kulturkarussell im Rössli Stäfa trat eine junge Musikgruppe auf mit dem Namen SUBLAND. Das Programm skizzierte, was auf uns zukommen sollte: packende Songs, die zum Tanzen verführen… satte Drumbeats und ein markanter Bass… ein starkes und dynamisches Fundament, welches mit rockigen Gitarrenriffs und einer verrückt-verspielten musikalischen Umgebung verschmilzt.

Ich habe mir schon lange nicht mehr die Ohrenstöpsel in die Gehörgänge geschoben und an einem Coke (light) genuckelt, aber es war doch eine packende Sache. Diese „satten Beats“ schlugen zu und fuhren ein und es kam mir vor, als würde ich mich auf einer grossen Power-Plate-Maschine befinden, einfach ohne Plate…. aber die Vibrationen mussten in etwa dem entsprechen, was man dort zu gewärtigen hätte: dieser uralte Traum vom mühelosen Abnehmen, wo eine hilfreiche Energie einfach da ist und dich von innen her durchrüttelt, dir jede Faser im Leib knetet und die Fettzellen zum Hüpfen bringt…

Nach anderthalb Stunden war das Konzert vorbei und die Geräusche von draussen strömten knisterndfrisch durch die befreiten Ohren. Plötzlich verstand man sich wieder und es war, als wäre es Frühling geworden. – Nicht zu unterschätzen beim Genuss des Gesamtkunstwerks ist die Bedeutung der Visuals, das sind die auf die Hintergrundleinwand projizierten Bilder, welche die Musik illustrieren oder kontrastieren und eine Stimmung aus Farbe und Bewegung schaffen, wie ein kondensierter Streifzug durch die Stilkunde der Filmgeschichte… eine magische Faszination geht von dieser bewegten Bildergalerie aus und sie gibt der musikalischen Darbietung erst eine Dimension der Tiefe.

Der Zugang ins Innere durch das Auge ist ein anderer als der durchs Ohr… man steckt sich auch keine Augenstöpsel rein. Ok, Sonnenbrille wäre das optische Pendant, aber das braucht es nicht. Der Genuss ist so oder so intakt.




25/1  Power-Bilanz

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:36

Interlaken, Tag 2. – Den Reigen der Referate eröffnet der Berner Regierungsrat und Arzt Philipp Perrenoud (SP), Gesundheits- und Fürsorgedirektor des Kantons Bern. Er tritt mit klaren Worten ein für die Verantwortung des Staates und für gesetzliche Regelungen, wenn es darum geht, im Gesundheitswesen allen die gleiche Chance zu geben.

Ob sich Gesundheitsförderung und Prävention aus ökonomischer Sicht überhaupt lohnen, fragt Urs Brügger, Professor an der ZHAW in Winterthur. Verbindliche Zahlen gibt es nicht, er kann nur bestätigen, dass die Schweiz im internationalen Vergleich schlecht dasteht und bloss gut 2 Prozent der gesamten Gesundheitskosten für Vorbeugende Massnahmen ausgibt. – Mit einer sehr persönlichen Jungfernrede präsentiert sich Thomas Mattig, Dr. iur., der neue Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz. Seine Institution soll eine wichtige Rolle bei der Erreichung der Gesundheitsziele spielen und auch er appelliert an die Verantwortung der Regierungen, die Voraussetzungen zu schaffen für eine gedeihliche Entwicklung. Gut klingt auch sein Bekenntnis zur Bedeutung der Nichtregierungs-Organisationen im Gesundheitsbereich, die er in seine Aktivitäten einbinden will.

Und eine solche stellt sich im Anschluss vor: Public Health Schweiz ist eine international vernetzte Fach- und Dachorganisation unter dem Präsidium von NR und Dr. med. Ignazio Cassis (FDP): bei seinem Engagement ist zu hoffen, dass etwas auch auf „seinen“ Innenminister abfärben möge. – Und eine weitere Organisation zeigt interessante Zukunftsperspektiven auf: Thomas Wellacott, Programmleiter veim WWF Schweiz, berichtet über gemeinsame Projekte mit Partnern, die man früher mal bekämpft hat und mit denen man jetzt zusammenspannt: sich gemeinsam für eine gute Sache einsetzen anstatt sich zu befehden… das ist ein Prinzip, das wir uns auch bei der Adipositas-Arbeit zu eigen machen müssten… wenn denn eine Bereitschaft bei möglichen „Partnern“ vorhanden ist und wir Aktionen entwerfen können, bei denen die alles bestimmende „Win-Win-Situation“ gegeben ist.

Einen fulminanten Höhepunkt setzt Adolf Ogi, alt Bundesrat und Dr. h.c., Uno-Sonderberater für Sport, mit seinem Bericht über die Aktivitäten der UNO mit Sport im Dienste der Gesundheit Seine Begeisterung und seine träfe Spontaneität lösen einen Beifallssturm im Plenum der Gesundheitsförderer aus… – Der Abschluss der Tagung gilt – wohl unfreiwillig – unserem eigenen Thema, der Adipositas und ihren Ursachen. Isabelle Moncada, Journalistin bei Télévision Suisse Romande und Produzentin des Gesundheits-Magazins 36,9 Grad, zeigt in einer gnadenlosen Dokumentation die Realität, in der sich ein übergewichtiger neunjähriger Bub befindet, der keine Chance hat, dass seine Therapie von der Krankenkasse bezahlt wird, für den es kein Entrinnen vor der Werbung für kalorien- und fettreiche Nahrung gibt, der in der Schul-Kantine falsch ernährt wird und der sich im Sport zu wenig bewegen kann… all dies, obwohl heute schon gewisse gesetzliche Grundlagen vorhanden wären. – Diesen Schlusspunkt müssen die Verantwortlichen auf allen Stufen in ihrem Gedächtnis von Interlaken mit nach Hause nehmen, ehe sie sich wieder ans Fliessband ihres Büro-Alltags stellen… (Wir werden versuchen, den Text des Referats auf der SAPS-Webseite zu veröffentlichen.)

Fazit: eine anregende Tagung.




19/1  Am Symposium

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:58

Alle Jahre wieder – es ist schon zur Gewohnheit geworden: Mitte Januar findet in einer der OLMA-Hallen in St. Gallen das Gesundheits-Symposium statt und wir haben im Rahmen des Auftritts des Adipositas-Zentrums des Kantonsspitals unseren SAPS-Stand, zusammen mit einer Delegation der Selbsthilfegruppen St. Gallen und Sargans. Diesmal befindet sich die Ausstellung im Souterrain, neu angeordnet, es hat viel Kommerz neben den verschiedenen Abteilungen der Spitäler und Kliniken, das Gesundheitsgeschäft scheint zu boomen, aber was uns auffällt: diesmal hat es keine Gratis-Joghurtdrink-Verteiler… während man sich früher am Emmi-Stand für das ganze Jahr mit supergesunden Wunderdrinks volltanken konnte, gibts diesmal nichts zu schlürfen! Dafür – und auch das ist eine sympathische Erscheinung – werden an allen Ecken und Ende Äpfel verteilt, knackig frisches Obst, in das geräuschvoll gebissen wird und es macht Spass, die verschiedenen Apfelesstypen zu beobachten: die einen, die das Kernobst in grossen Bissen ratzeputz verspeisen unn am Schluss nur den blanken Stiel übrig lassen, den sie lässig mit dem Finger zur Seite spicken, zwischen die Stände… und die andern, die mit spitzen Nagerzähnchen an der äussersten Peripherie des Apfels knabbern, auf diese Weise rundum eine kleine Furche in das Fruchtfleisch ziehen, und wenn diese das Obst umrundet hat, beginnen sie schon mit suchenden Augen nach einer Möglichkeit Ausschau zu halten, wie sie sich des kaum richtig angebissenen Teils wieder entledigen könnten… Schade um all die gute, gesundheitsförderliche, aber ungegessene Substanz aus der Natur!

Diesmal haben wir kleine Plastic-Säcke mitgebracht, damit die Besucher unseres Standes die Broschüren, die sie mitnehmen, bequem heimtragen können. Sie finden reissend Absatz und es ist zu fürchten, dass unser Vorrat am Sonntag schon früh aufgebraucht sein wird… macht nichts, Hauptsache, es dient dem Publikum. Am Sonntagnachmittag übrigens gibt es einen Vortrag, der interessant werden dürfte. PD Dr. med Bernd Schultes vom Adipositas-Zentrum Rorschach spricht um 15.40 Uhr zur Frage: Warum macht Übergewicht krank? Vielleicht sehen wir ja unter dem Publikum sogar einen Weltwoche-Journalisten… lieber spät und inkognito noch etwas lernen als gar nicht.




16/1  Die Beilage

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:20

Eine kleine Begegnung, heute, auf der Autobahn, hat mir zu denken gegeben. Unterwegs von Zürich nach Winterthur, etwa auf halber Strecke, taucht vor mir im leichten Nieselregen der massige Umriss eines Sattelschleppers auf. Hell golden leuchtet er durch den leicht diesigen Vormittag und ich erkenne, als ich mich nähere, grosse Kornähren, die auf dem Wagen, ihn ganz umspannend, abgebildet sind: ein mächtiges, prachtvoll wogendes Kornfeld… und ich rieche förmlich diesen erdigen Duft nach Sonnenwärme, das Gesunde und Heilsame, das als Kraft in diesen massiven Aehren steckt: Korn! Brotgetreide! Ich schmecke und spüre die krachende Kruste beim Reinbeissen, der würzige Geruch von warmem Gebäck steigt mir in die Nase, vollkorn oder weiss – Hauptsache es ist das gute, natürliche Brot, das direkt aus dem Ofen kommt!

Und irgendwo in meinem Innern trällert eine Erinnerung leise das blöde Lied vom „Bett im Kornfeld…“

Inzwischen bin ich nahe genug an den Wagen herangekommen, um ihn zu überholen und um zu lesen, was hinten und auf der Seite inmitten des wogenden und sonnengertränkten Kornfeldes auf weissen Täfelchen geschrieben steht: Schweizer Fleisch. – Das macht mich nachdenklich. Was hat ein Weizenfeld mit Fleisch zu tun? Klar, man hat diese Geschichten gehört, dass in Südamerika ganze Landstriche veröden, weil das Vieh dort den Einheimischen die Brotfrucht wegfrisst, damit es in andern Kontinenten als Super-Beef verkauft und geschmort werden kann… Aber Schweizer Fleisch?

Alles andere sei Beilage, heisst es im TV-Spot. Ist das Kornfeld also die Beilage? Oder hat es noch einen ganz anderen symbolischen Wert? Eine Botschaft, die mir mitgeteilt werden soll? Vielleicht der Zusammenhang zwischen der bodenständigen Grundlage unserer Nahrung und dem Luxusgut Fleisch? Wie lange ist es her, dass wir höchstens einmal pro Woche Fleisch auf den Tisch bekommen haben? Ein halbes Jahrhundert erst, und auch dann galt es einzuteilen. Das beste Stück bekam der Vater… zweimal schöpfen lag nicht drin. Und heute ist die Diskussion über Wursthaut zur Staatsaffäre geworden.

Ich bin längst von der Autobahn herunter und kurve an den einstigen Sulzer-Hochburgen vorbei… Fleisch und Korn spuken immer noch durch meine Gedanken und erst später entschlüsselt sich mir das Rätsel, beim Blick auf die Website des Fleischvermarkters Proviande: die Fleisch-Transporter symbolisieren rollende Speisekammern und „dokumentieren“ ein besonderes „Engagement für die Schweizer Landwirtschaft“. Gut zu wissen, wenn man unterwegs ist.




7/1  Gesund essen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:14

Es sei, sagt der Volksmund, paradox: alles, was gut schmecke, sei ungesund oder mache dick. Und „gesundes“ Essen sei quasi von Amtes wegen wenig schmackhaft…

Dieser landläufigen Meinung tritt nun einer entgegen, der es wissen muss: der Gastro-Journalist und -Kritiker Beat Wüthrich vom SonntagsBlick. Er lanciert eine Serie im SoBli-Magazin, in welcher eine vierköpfige Schweizer Normalfamilie im Küchenalltag den Zugang zu gesundem Essen erlernen soll.

Das ist ein sehr lobenswertes Unterfangen, auf das man gespannt sein darf. Im ersten Beitrag wurden die aktuellen Voraussetzungen der Übergewichts-Problematik skizziert. Als Gewährsmann figuriert der Adipositas-Spezialist und Kinderarzt Dr. med. Andreas Bächlin, der u.a. auch dem wissenschaftlichen Fachrat der Schweizerischen Adipositas-Stiftung SAPS angehört. Er ist einer der Pioniere im Kampf gegen Adipositas bei Kindern und Jugendlichen und seine Einschätzungen sind fundiert.

In einem Punkt sollte die Darstellung noch ergänzt werden. Wüthrich legt seinen Ausführungen die Werte des statistischen Amtes zugrunde, was die Anzahl der Betroffenen angeht. „Fast 30 Prozent aller Schweizer“ seien übergewichtig, schreibt er. Das sind die offiziellen Werte. Inoffiziell weiss man aber, dass diese Zahlen (sie stammen aus dem Jahr 2002 und werden alle 5 Jahre neu erhoben) nicht auf einer „akribischen Befragung“ beruhen, wie Wüthrich ausführt, sondern auf einer telefonischen Erhebung. In den meisten Ländern werden die für die Bestimmung des Übergewichts (BMI) relevanten Daten durch Messungen am Körper erfasst; in der Schweiz werden die Leute bloss am Telefon gefragt, wie gross und wie schwer sie seien. Da liegt es auf der Hand, dass nicht selten etwas geflunkert wird… dies muss nicht absichtlich passieren. Seine Grösse hat man noch von der militärischen Aushebung her im Kopf. Dass man im Lauf der Jahre „gechrumpft“ ist und dass diese – wenigen – Centimeter den BMI stark beeinflussen können, ist ein Faktum. Auch das Gewicht wird tendenziell eher „positiver“ drgestellt, als es die Waage anzeigt, das ist nur verständlich.

Inzwischen ist man in Fachkreisen überzeugt, dass in der Realität der Anteil an übergewichtigen Leuten in der Schweiz deutlich grösser ist – wenn nicht doppelt so hoch. Das unterstreicht die Tragweite des Problems. Wie auch immer: mit gesundem Essen fängt es an. Je schmackhafter, desto besser.




6/1  J+S

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:21

Ein vielversprechendes Signal kommt aus dem Departement des immer noch SVP-Bundesrates Samuel Schmid. Da können seine Parteifunktionäre in der selbstverordneten Schein-Opposition noch so täubelen: dass das staatlich organisierte Turnprogramm Jugend und Sport (J+S) bereits für Kinder ab 5 Jahren eingeführt werden soll (bisher ab 10 Jahren), und dass dadurch 150 000 kleine Menschen einen neuen, spielerischen Zugang zu körperlicher Bewegung erhalten können, das ist grundsätzlich eine gute Sache, die ein kräftiges BRAVO! verdient.

Freilich – und wir wollen da nicht undankbar sein – ist dies nur ein einzelner Bestandteil im Puzzle zur Lösung des Problems, wie mit dem kindlichen Übergewicht (und dessen gesundheitlichen und finanziellen Spätfolgen) umzugehen sei: angeleitete Bewegung allein ist ein wichtiger Pfeiler, aber sie ist nicht alles. Genauso wichtig sind Massnahmen, die dazu dienen, dass sich Kinder und Jugendliche auch ausserhalb der Turn-Veranstaltungen wieder gerne und gut bewegen können, planerische Gestaltung von sicheren Fusswegen in die Schulen, Spielplätze, inspirierende Freiräume, die zum Toben und Tollen einladen… und Aufklärung über einen verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit dem überreichlichen Nahrungsangebot, Anpassung der Lehrpläne, Haushaltsunterricht, optimale Verpflegung in den Schulen selber, gute Mittagstische mit Anrezen, „gesund“ zu leben und nicht auf die Schnelle einen Pizzaschnitz herunterspachteln zu müssen…

Das alles indessen ist nicht gratis zu haben. Wie die SonntagsZeitung berichtet, schätzt das Bundesamt für Sport BASPO den Aufwand für diese neuen, ausserschulisch organisierten Angebote für die 5- bis 10-jährigen auf 20 Millionen Franken pro Jahr. Und es hofft auf die Einsicht der Politiker. – Diese haben in der letzten Session aufgrund eines Vorstosses aus dem Parlament schon mal prinzipiell positiv reagiert, dabei ging es aber noch um einen deutlich kleineren Betrag. Wir drücken dem Projekt aus dem VBS die Daumen und nehmen zur Kenntnis, dass es Bundesämter gibt, die den vorhandenen Bedarf benennen und auch für die notwendigen Mittel kämpfen wollen.

Wir erwarten diese gleiche Haltung auch vom Bundesamt für Gesundheit, das in einem ersten Entwurf einer Vorlage an den Bundesrat immer noch davon ausgeht, man könne die Übergewichts-Problematik landesweit ohne zusätzliche Mittel bekämpfen, indem man einfach etwas besser koordinieren und an die Selbstverantwortung der Bürger und der Wirtschaft appellieren würde. – Hallo! Aufwachen! Es ist 2008!




2/1  Ein Laubfrosch

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:26

Mit klebrigen Füssen klammert er sich am Zweig fest und zieht sich langsam in die Höhe. Unglücklich schaut er drein und verzieht sein ohnehin schon breites Maul zu einer noch breiteren, gequälten Fratze. Ein leises, jämmerliches Quaken wird laut. Der giftgrüne Laubfrosch hat eine medizinische Botschaft zu vermitteln, die mir seit Tagen keine Ruhe mehr lässt. Er empfiehlt mir ein Medikament, für den Fall, dass ich an verzögerter Magenentleerung leiden sollte.

Seitdem frage natürlich auch ich mich, ob dies eine Krankheit sei, die ich haben könnte, von der ich aber bis heute noch nichts gewusst habe. Und ich horche oder fühle tief in mich hinein, ob mein Magen, mit dem ich ja einen ständigen Dialog führen möchte, mir irgend ein heimliches Signal sendet, vielleicht in Form eines gequälten Quakens, das mir bedeuten sollte dass er sich nicht so zügig entleeren kann, wie er das möchte.

Bis heute habe ich naiverweise geglaubt, der Magen sei ein sehr patentes Organ, säureresistent und ein prächtiges Labor für die erste Stufe der Auflösung der Nahrungsmittel. Dass man ihn von Zeit zu Zeit füllen muss und dabei darauf achten sollte, dass man dies vorsichtig und bewusst tut, das war mir schon klar. Dass man nun aber auch noch seine Entleerung überwachen muss, das ist mir neu. Von Verstopfung und Hartleibigkeit habe ich schon gehört, aber das findet weiter unten statt. – Vielleicht ein Fakir auf dem Jahrmarkt, der Nägel, Schrauben und Scherben schluckt, bei dem kann ich mir vorstellen, dass die Entleerung zum Problemfall wird. Aber ich?

Nun stellen die Vertreter der Pharma-Industrie immer wieder gerne und vehement in Abrede, sie würden durch geeignete Propagandemassnahmen laufend zuerst auf die Existenz von neuen Krankheiten hinweisen, um für diese dann entsprechende Mittel anpreisen zu können… – Aber wenn ich den grünen Lurch und sein trauriges Froschgesicht auf dem Bildschirm sehe, dann befallen mich doch Zweifel, ob dem auch wirklich so sei.




1/1  Jung gewohnt…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:05

Zum Jahresauftakt noch einmal das kulinarische Ferkel rausgelassen… nicht extrem, aber doch mit schwerem Hefezopf zum Frühstück, erlesenem Käse aus Franzosenland, den man in Spanschachteln fangen muss, damit er nicht davonläuft, duftendem Parmaschinken, dampfender Ovomaltine, zuckersüssem Honig und Konfitüre… ein Brunch, wie er im Buch steht.

Aber nun wäre eigentlich wieder Vorsicht angesagt für die restlichen Ferientage, wenn da das Dilemma nicht wäre. Sie kennen sicher die Situation. Man hat das Haus voller lieber Gäste und denkt sich bei der Vorbereitung, es solle ihnen an nichts fehlen. Deshalb wird eher grösszügiger eingekauft als für den Eigengebrauch. Das geht schon weg, denkt man, wenn die hungrigen Mäuler um den Tisch sitzen, Gesellschaft macht Appetit.

Dann treffen die Besucher ein und packen ihre Taschen aus: Käse, Fleisch, Chips, Torten, Gebäck, Brote, Butter, Zopf eben, Zutaten zur Spaghettisauce, Getränke, Champagner, Wein, Energydrinks… Und für neun Leute wird in grossen Portionen gekocht, nicht gekleckert. – Reisen sie dann im Lauf des zweiten Tages nach durchgefeierter Nacht wieder ab, bleiben die Lebensmittel zu einem guten Teil zurück.

Zuerst wollen die Reste gegessen sein. Das hat man uns von klein auf beigebracht, eingetrichtert im wahresten Sinne des Wortes: Esswaren sind eine Gabe Gottes, dürfen nicht verschwendet werden. Man wirft keine Speisen, die nicht verdorben sind, in den Müll, auch nicht auf den Kompost, selbst wenn sie dort noch eine nützliche Aufgabe zu erfüllen hätten. Man zwingt die Kalorien aus tiefster (wenn auch automatischer) ethischer Überzeugung in einen Kreislauf, der Wochen und Monate dauern kann. Durch den Mund und den Magen-Darm-Trakt auf Hüften und in den Bauchspeck… zum Ablagern, bis sie dann nach vermehrter Anstrengung sich im Lauf der Zeit wieder in den Energiestrom einfügen müssen.

Sogar wenn das sogenannte Verfalldatum sich anzeigt, reut es uns noch, uns von den „guten Sachen“ anders zu trennen als indem wir sie ihrer ursprünglichen Bestimmung zuführen, gegessen zu werden. – Das Neue Jahr hat also wie all die früheren begonnen. Einen aktuellen Lichtblick gibt es: Starbucks kündet die Einführung von „light“-Kaffeegetränken an. Mal sehen, wie lange es dauert, bis dieser auch in der Schweiz zu haben ist.