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Von Heinrich von Grünigen um 15:15 |
Die geballte Ladung macht betroffen. Ende des letzten Jahres, vom September bis im Dezember, hat die New York Times eine Reihe von aufwändig recherchierten, wissenschaftlich fundierten Artikeln publiziert. Acht sind es insgesamt, ergänzt durch einen eindrücklichen Video-Bericht.
Thema: die Veränderung der Essgewohnheiten und deren gesundheitliche Auswirkungen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Aufgezeigt wird dabei, wie rücksichtslos die globalen Food-Hersteller ihr Marketing vorantreiben, illustriert an Beispielen aus Brasilien, Ghana, Kolumbien, Mexico und Indien…
In Ghana zeigt sich, wie nach der flächendeckenden Einführung von Fastfood-Angeboten – insbesondere Kentucky Fried Chicken – sich das Essverhalten der Bevölkerung verändert und wie rapide sich eine Gewichtszunahme feststellen lässt. – Die Einbindung von Mexico in das Freihandelsabkommen NAFTA hat unmittelbar zu einer Veränderung der Ernährungskultur und damit auch zu einem Anstieg von neuen Volkskrankheiten geführt. – In bestimmten Ländern Asiens lassen sich Ernährungswissenschaftler von der Lebensmittelindustrie kaufen und verharmlose die Risiken, die durch die Hinwendung zum Fastfood-Konsum bestehen. – Indien „sitzt auf einem Diabetes-Vulkan“: geschildert wird der verzweifelte Kampf eines besorgten Vaters dagegen, dass sich im Umfeld von Schulen Fastfood-Ketten etablieren können. – In mehreren Ländern tobt ein erbitterter Kampf um die Einführung ener Zuckersteuer, wobei die Zuckerlobby immer unzimperlicher ihre Gegner unter Druck setzt…
Die Lektüre dieser Berichte ist eine Herausforderung. Eine diagonale Durchsicht der Inhalte führt zur Erkenntnis, dass die nach wie vor weltweit zunehmende Adipositas-Pandemie ebenso „menschgemacht“ ist wie die Klima-Erwärmung: dass sie sich durch ein verändertes Verhalten des Einzelnen kaum bewältigen lässt, aber dass auch dies eine so „unbequeme Wahrheit“ ist (im Sinne von Al Gore und dem Klimawandel), dass wir sie lieber verdrängen als uns ernsthaft damit zu befassen.
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Von Heinrich von Grünigen um 18:46 |
Trends über lange Zeit erfassen. Das ist das Ziel der Hartman Group, eines Forscherteams in USA, das seit 25 Jahren Daten erhebt zu den Ess- und Trinkgewohnheiten der US-BürgerInnen, und diese jeweils am Jahresende mit einigen markanten Eckdaten publiziert.
Im Rapport für 2017 werden die folgenden Resultate kommuniziert:
- 65% der Befragten geben an, dass sie vermehrt auf die Qualität der Lebensmittel achten: frisch, regional, weniger verarbeitet
- 45% sind interessiert daran, sich die Mühe des Einkaufs zu ersparen und sich statt dessen die frischen Zutaten für ihre Menüs liefern zu lassen
- 91% geben an, dass sie neben den Hauptmahlzeiten mehrmals pro Tag etwas „snacken“
- 47% sagen, dass sie ihren Tag ohne diese Zwischenmahlzeiten gar nicht überstehen könnten
Diese Zahlen sind sowohl positiv wie auch negativ zu werten: die Anzahl der „bewussten“ EsserInnen wächst; die Bereitschaft, zuhause zu kochen, ist vorhanden, wenn auch in Kombination mit einem Liefer-Service; auf der andern Seite scheint die Snack-Lust geradezu epidemisch zu sein, mit fast 50% Suchtfaktor. Das mag einerseits begründet sein in einem immer hektischeren Arbeitsalltag, in dem das Naschen und Snacken eine Flucht und eine Ablenkung (Trost, Belohnung?) bedeutet, gleichzeitig ist dieses (ungesunde) Verhalten aber auch begünstigt durch die permanente und umnipräsente Verfügbarkeit von Verpflegungsangeboten, denen kaum noch jemand zu entgehen vermag.
Amerika ist uns immer um einige Zeit voraus. Aber der Abstand wird kürzer. Manche der Hartman-Beobachtungen lassen sich hier bereits feststellen.
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Von Heinrich von Grünigen um 21:47 |
Immer im Januar machen sich die Medien über die Dicken her. Der Vorsatz, endlich abzunehmen, wird in Wort und Bild umgesetzt und auf alle Arten und Weisen analysiert… – Die ARD ht heute ihr Abendprpogramm auf dieses Thema ausgerichtet.
Angefangen mit TV-Koch Tim Mälzer, der in seiner Serie Lebensmittel-Check der Frage nachging, was Diät-Konzepte bringen und was beim Abnehmen hilft. Ohne Illusion wird die Wirkungslosigkeit von „Diäten“ dokumentiert, u.a. anhand von vier Testpersonen, die vor sieben Jahren für eine Sendung vier verschiedene Diäten ein halbes Jahr lang ausprobiert haben (Weight Watchers, Low Carb, „Schlank im Schlaf“, Trennkost). Alle vier hatten damals Gewicht verloren. Und alle vier haben heute das „verlorene“ Gewicht wieder drauf – und z.T. deutlich mehr.
In Gesprächen mit Fachleuten und Spezialisten wird den verschiedenen Fragen rund um die Thematik von Übergewicht und Ernährung nachgegangen und die Bilanz ist am Schluss so vertraut wie ernüchternd: es gibt keine Allerweltsmethode für alle, jeder Fall von Übergewicht ist individuell verschieden und benötigt eine individuell abgestimmte Therapie; Diäten helfen nur kurzfristig, das Gewicht kommt zurück; alle Abnehm-Pillen sind unwirksam; eine dauernde Ernährungsumstellung soll in kleine Schritten erfolgen, unterstützt durch massvolle Bewegung.
Ja, Tim Mälzer, das hätten wir eigentlich auch gewusst. Aber vielleicht hilft es ja etwas, wenn die Botschaft am Fernsehen kommt.
In der anschliessenden Show-Debatte „Hart aber fair“ geht es weiter zur Sache: „Wampe oder Waschbrettbauch“ lautet dort die Frage, die Frank Plasberg in die Runde wirft. Wir bleiben dran.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:37 |
Der Moderator war begeistert. Ein graumelierter Herr an einem Stehtisch, im Mittagsmagazin des Mitteldeutschen Rundfunks. Ihm gegenüber eine elegante Dame, die in kurzatmigem Staccato auf seine einfühlsamen und bewundernden Fragen Auskunft gab.
Sie hat in einem Jahr 60 Kilo abgenommen, von 130 auf 70, und fühlt sich wie neu geboren. Wie ihr das denn gelungen sei? Mit der SOS-Diät, sagt sie. SOS ist nicht nur ein Notrufsignal, in diesem Fall ist es das Kürzel für: Schlank ohne Sport.
Das ist eine Botschaft zum Jahresbeginn, die gerne gehört wird von allen Bewegungsmuffeln. Worum geht es bei diesem Ernährungskonzept? Angepriesen wird es in Frauenzeitschriften als Wunderdiät für den wirksamen Quickie: in 7 Tagen bis zu 4 Kilo abnehmen!
Für diese sieben Tage gibt es einen strikten Menüplan: am ersten Tag nur Früchte, am zweiten nur Gemüse, am dritten Früchte und Gemüse, am vierten Bananen oder Avocados und Bouillon, am fünften Tomaten und mageres Fleisch, am sechsten mageres Rindfleisch mit Gemüse, am letzten dann Reis mit Gemüse und Fruchtsäfte, selbstgepresst.
Dazu weitere Regeln: zum Trinken nur Wasser ohne Kohlensäure, grundsätzlich keinen Zucker und keine zuckerhaltigen Fertigprodukte. So wie es aussieht gibt es auch keine Milchprodukte. Und nur drei Mahlzeiten pro Tag, die letzte vor 18 Uhr.
Angesichts der sehr eingeschränkten Ernährungsvariationen bekommt der Begriff SOS auf Dauer dann vielleicht wieder seine ursprüngliche Bedeutung zurück. Was ist von dieser Diät zu halten? Wenn sie funktioniert und passt, dann ist das doch bestens und ok. Nach dem Motto: Wer heilt hat recht. Der Verzicht auf Zucker ist nur zu empfehlen, die Einschränkung des Fleisch-Verzehrs ist prima und wenn die Dame damit leben kann, so hat sie auf der ganzen Linie gewonnen, ohne Risiken und Nebenwirkungen.
Sie will jetzt als Diät-Coach durch die ostdeutschen Lande tingeln. Schauen wir, was in ein paar Jahren daraus geworden ist.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:19 |
Es ist ein alljährliches Ritual. In den ersten Tagen eines neuen Jahres erstelle ich mir am PC eine Gewichtstabelle. 14 Kolonnen senkrecht, 32 waagrecht, für jeden Tag des Jahres ein Feld, in das ich dann fein säuberlich jeden Morgen mein aktuelles Gewicht eintrage. Die tägliche Kontrolle entscheidet über Erfolg oder Misserfolg meiner Gewichtsreduktion. Aber ich habe die fatale Neigung, mich selber immer wieder etwa auszutricksen.
Habe ich mal die Ernährungsdisziplin missachtet, zu viel oder das Falsche mit Genuss genossen, würde sich das am nächsten Morgen sofort auf der Waage manifestieren. Daher gibt es Tage, an denen mache ich einen grossen Bogen um das Messgerät, das mit seiner sauberen Glasfläche so einladend neben meinem Bürotisch steht. Das entsprechende Feld bleibt leer, in der Hoffnung, dass am folgenden Tag dann der Fauxpas ausgebügelt ist.
Im Verlauf des letzten Jahres hatte ich begonnen, mein Essen und das Tagesgewicht in der App FatSecret zu registrieren. Dort werden die Gewichtsangaben in Relation zu einem angestrebten Zielgewicht gesetzt, mit einer grafischen Kurve abgebildet und die Fortschritte bzw. das Versagen augenfällig in einer aktuellen Zwischenbilanz ausgewiesen.
Dieses System lässt sich nicht überlisten. Verzichte ich auf die Aktualisierung der Daten, so bekomme ich nach wenigen Tagen ein Mail, in dem ich dringend gemahnt werde, meine Chronistenpflicht nicht zu vernachlässigen. Man kontrolliert mich also irgendwo oben, in der Wolke, wo offenbar die Daten der über 30 Millionen User, die mit diesem System arbeiten, laufend verfolgt und ausgewertet werden.
Deshalb bin ich zu meinem Papierblatt zurückgekommen. Es hängt an der Schrank-Innenseite neben meinem Bett. Und ausser mir kontrolliert da keiner den Erfolg oder Misserfolg meiner Wägerei. Ich habe mir deshalb vorgenommen, in diesem Jahr konsequent auch die unbequemen Fakten zu protokollieren.
Wetten werden entgegengenommen, wie lange das anhält.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:37 |
Wer die Vergangenheit kennt. Der, sagt man, habe bessere Chancen, die Gegenwart und die Zukunft zu bewältigen. Mit Interesse lesen wir deshalb ein Interview mit dem international renommierten Schweizer Mumien-Forscher Professor Frank Rühli, der schon unsere Alt-alt-alt-Vorvorderen wie Tutanchamun und Ötzi klinisch untersuchen durfte. Dabei ging und geht es auch immer wieder um den jeweiligen Gesundheitszustand und dessen Determinanten, zu denen auch und vor allem die Ernährungsgewohnheiten gehören.
Rühli befasst sich aber auch mit den aktuellen Daten und kommt zum naheliegenden Schluss, dass Körpergrösse und -gewicht
Wesentliches aussagen über den Gesundheitszustand einer Population. Und auch, dass des Problem der Adipositas wirklich eines ist, das nicht verharmlost werden dürfe. Da sind wir doch sehr einverstanden, Herr Professor!
Dann lesen wir, dass es zwei Optionen gebe, um der Adipositas-Problematik zu begegnen: entweder über „Verbote und Regulierungen“ oder über „positive Anreize und Motivation“. Nun folgt ein Satz, der offenbar auf den Erkenntnisse der Mumienforschung beruht: Aus einer evolutionsmedizinischen Sichtweise ist für mich klar: Verbote und Regulierungen sind der falsche Weg. Und zwar, weil sich der Mensch nur dann verändert, wenn er davon intrinsisch überzeugt ist und aus der Veränderung einen Nutzen zieht.
„Intrinsisch“ heisst: von innen heraus. Vielleicht hat Herr Rühli tiefere Erkenntnisse, von was denn der Ötzi und der Pharao in ihrem Innersten überzeugt waren… aus Sicht des praktischen Umgangs mit Adipositas-Betroffenen lässt sich diese Formel nicht so ohne weiteres einordnen. Da „wirken“ aus dem Innersten heraus ganz andere Kräfte als die Überzeugung von einem Nutzen, den langfristige Veränderung bringen würde.
Seine Schlussfolgerung teilen wir nicht. Richtig bzw. besser wäre es, für eine Kombination zu plädieren: Aufklärung und Information so viel und so gut wie möglich, mit einer gleichzeitigen und vernünftigen Regulierung und Einschränkung (nicht: „Verbot“) all jener Bereiche, in denen der sogenannte freie Markt eklatant versagt, indem er durch überbordende Propaganda und mit falschen Anreizen in einem gnadenlosen Verdrängungskampf durch Verbilligung ungeigneter Produkte die KonsumentInnen gezielt und bewusst in die Irre führt.
Was uns aber gar nicht verwundert: dass das Rühli-Interview vom Informationsdienst der Süssgetränke-Lobby publiziert wird.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:23 |
Wir alle sind PatientInnen. Wir sind sowohl aktiv wie passiv eingespannt in ein System, das seine eigenen Gesetzmässigkeiten hat und das uns lieb und teuer ist. Vor allem letzteres: immer teurer.
Der alljährliche Anstieg der Gesundheitskosten – sie betragen inzwischen gegen 78 Milliarden Schweizerfranken, wovon rund 9 Milliarden direkt oder indirekt verursacht sind durch Adipositas und deren Begleiterkrankungen – weckt Emotionen und schürt Vorurteile. Wer blickt überhaupt noch durch? Wo soll man mit dem Sparhobel ansetzen? Wer ist bereit zum Verzicht?
Eine äuserst lesenswerte Analyse dieser verzwickten Situation (leider kein Rezept dagegen!) findet sich auf „Journal 21“ unter dem Titel „Das System ist unheilbar krank“. Hier werden Zusammenhänge aufgezeigt und Abhängigkeiten erläutert, Hintergründe ausgeleuchtet und Interessenskonflikte offengelegt.
Die Erkenntnis ist ernüchternd: kein Ausweg in Sicht! Die Spirale dreht sich weiter nach oben, wir selber sind es, die mit unseren Ansprüchen die Kosten für deren Erfüllung ansteigen lassen. – Darf bzw. muss man daraus folgern, dass es sich hier um ein klassisches „Marktversagen“ handelt? Als Illustration dafür, dass der so gerne von liberalen Schwärmern als Allheilmittel gepriesene „freie Markt“ eben gerade nicht in der Lage ist, ein solches System zu beherrschen?
Wenn es um die Gesundheit geht, tritt die Vernunft in den Hintergrund. Dann stirbt die Hoffnung im wahrsten Sinn des Wortes „zuletzt“, d.h. erst dann, wenn alle Mittel fertig ausgeschöpft sind. Auch die finanziellen.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:26 |
Ewiger Essens-Kreislauf. Das ist meine erste Assoziation, als ich vom „Milliardencoup“ lese, mit dem der Nahrungsmulti Nestlé sich eine kanadische Firma einverleibt hat, die u.a. spezialisiert ist auf die Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln und gesunden Produkten, die vorzugsweise an „dicke Menschen“ verkauft werden, wie die Aargauer Zeitung berichtet.
Aha, denkt da der kritische Zeitgenosse: damit schliesst sich der Kreislauf perfekt. Auf der einen Seite fabriziert der Konzern vorzugsweise Süsskram in Massen, der die Bevölkerung dick und krank machen kann, und auf der andern Seite wird er nun den Dickgewordenen aus dem gleichen Portfolio jenes medizinisch empfohlene Kontra-Mittel verkaufen, das gegen die zuvor angefutterten Pfunde und deren gesundheitliche Risiken wirken soll.
Diese Aufgabenteilung unter dem gleichen Dach ist gewinnversprechend und natürlich ja nur eine Segnung der freien Marktwirtschaft. Ein Schelm, wer sich was Schlechtes dabei denkt! Die Nestlé-Firmenstrategie solle langfristig auf den Gesundheitsmarkt ausgerichtet werden. Da ist dieser Zukauf nichts als logisch und konsequent.
Glaubwürdig wird die Politik aber erst, wenn auf die Herstellung und Vermarktung von überzuckerten und allzu fetten Kalorienbomben überhaupt verzichtet wird. Da hilft die Reduktion des Zuckergehaltes bei einzelnen Lebensmitteln um ein paar Gramm-Bruchteile auch nicht wirklich…
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Von Heinrich von Grünigen um 17:32 |
Es ist Advent. Aus allen Werbeporen sämtlicher Medien trieft die zuckersüsse Verheissung von Genüssen aller Art. Und wie jedes Jahr offenbart sich in der erwartungsfrohen Zeit der alte Widerspruch: einerseits werden wir auf allen Kanälen rund um die Uhr eingedeckt mit gutgemeinten Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Essverhalten, anderseits klotzen die Grossverteiler mit festlich herausgeputzten Sonderangeboten in weihnächtlicher Glitzerverpackung und unterbieten sich gegenseitig mit Rabatten und Vergünstigungen… und was wird uns da mit der grossen Werbetrommel zu vermehrtem Verzehr eingebläut?
Es sind just die Lebensmittel, von denen man uns eigentlich abrät: rotes Fleisch in jeder Form und Konsistenz, vom Fondue Chinoise über das Schüfeli, das fixfertige Filet oder das Schinkli im Teig, das Gigot und das Lammrack bis zur Trüffel- und zur Gänseleberpastete auf der einen Seite, und gleichsam zum Dessert all die Schokolade-Samichläuse, die aufgedonnerten Praliné-Bomben und die Schoggi-Adventskalender, der süsse Christbaumschmuck zu sofortigem Verzehr…
Natürlich leben wir in der freien Marktwirtschaft und der mündige Konsument und sein weibliches Pendant haben die Wahl, wofür sie sich entscheiden wollen, aber die beiden Kontrahenten haben alles andere als gleich lange Spiesse: hier die Geiz-ist-geil-getriebene Aktionitis mit den Sonderangeboten – dort die oft dröge, besserwisserische Belehrung über Sachverhalte, von denen man eigentlich gar nicht so viel wissen möchte.
Das eine tun, das andere nicht aus den Augen verlieren, heisst da wohl die Devise. Genuss ja, aber nicht zum Exzess. Und wenn, dann bewusst. So gehts.
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Von Heinrich von Grünigen um 13:53 |
Eigentlich ein Gefühl, das wir hierzulande kaum noch kennen sollten. Jedenfalls nicht in dem Masse, wie es früher üblich war, wenn schlechtes Wetter die Ernten verdarb und die Menschen monatelang nichts zwischen die Zähne bekamen, wenn sie „Gras essen“ mussten, wie in entsprechenden Berichten zu lesen ist. Heute leben wir in einem kulinarischen Schlaraffenland, unsere Briefkästen quellen über vor Hochglanzmagazinen mit immer raffinierteren Koch- und Genuss-Empfehlungen, praktisch im Tagesrhythmus werden neue Take-Aways eröffnet, die uns rund um die Uhr mit Essenswertem versorgen möchten…
Und dann höre bzw. sehe ich am Dienstagabend nach Mitternacht die SRF-Sendung „Nachtwach“, diese feinfühlig-anteilnehmende Diskussionsstunde mit Barbara Bürer und eimner Handvoll Menschen, die offen über ihre Erfahrungen berichten. Thema heute: „Hunger“. Als erstes meldet sich eine junge Frau, 29, Andrea nennt sie sich. Schon als Kind war sie übergewichtig und hatte in ihrer Jugend immer wieder negative Erlebnisse zu verarbeiten, die sich auf ihr Gewicht bezogen.
Vor drei Jahren wog sie 175 Kilo. Immer wieder versuchte sie – manchmal mit Erfolg – durch Verzciht aufs Essen abzunehmen, aber erst eine Magenbypass-OP brachte die Wende: in kurzer Zeit nahm sie sehr viel ab und eine panische Angst davor, jemals wieder zuzunehmen, trieb sie immer weiter, bis sie schliesslich – jetzt nur noch 34 Kilo schwer! – als Anorektikerin in eine Klinik eingewiesen werden musste.
Nun ist sie dabei, mit psychologischer Unterstützung wieder ein „normales“ Verhältnis zu einem gesunden Hungergefühl zu finden, eine erneute Gewichtszunahme zuzulassen, ohne sich vor einem Rückfall in die schlimmen Mobbing-Zeiten fürchten zu müssen. Sie will, sagt sie, ihren „Kopf neu programmieren“. Dass sie nach einem Gewichtsverlust von 140 Kil0 aussieht wie ein „Faltenhund“, ist nur ein weiteres Problem.
Das nächtliche Gespräch dauert eine knappe Viertelstunde. Es ist hörens- und sehenswert für alle, die sich mit dieser Thematik befassen oder von ihr betroffen sind. Zu hören ist es auf Radio SRF 3 hier, und zu sehen auf Play SRF hier.
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