31/3  Streicheleinheiten

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:14

Freitag und Samstag findet in Bern der Jahreskongress des Schweizerischen Verbandes der diplomierten ErnährungsberaterInnen statt. Thema der Veranstaltung: Marketing in der Ernährungsberatung – mehr als nur Werbung?

Die Thematik ist nicht zufällig gewählt. Die Nachfrage nach Beratung bezüglich Ernährung erlebt zwar eine ausgeprägte Hausse, aber der offizielle und einzig „zertifizierte“ Berufsverband steckt ein Stück weit in einer Image-Krise. Das Bild der qualifizierten, kassenzugelassenen „diéticienne“ (wie es auf Französisch so elegant heisst) ist in der Wahrnehmung vieler Patienten geprägt von überlieferten Clichés, die in den Köpfen vorhanden sind, auch wenn sie längst nicht mehr stimmen.

Die Ernährungsberaterin ist diese feingliedrige Dame, die schon so gesund aussieht, weil sie weiss, wie man gesund lebt… und die mit ihrem Mahnfinger an das Glöcklein unseres schlechten Gewissens klopft, das umso lauter klingelt, als wir ja selber ganz genau wüssten (oder doch zu wissen glauben), was gut für uns wäre, aber aus einem der Gründe, die uns nie exakt bewusst sind, tun wir es nicht.

Überholt und falsch sei dieses Bild, wird zu Recht moniert, die diplomierten und in der Praxis geschulten Beraterinnen verfügten über das nötige Wissen, um auch mit schwierigen Fällen umzugehen und das Vertrauen selbst misstrauischer und widerspenstiger Kunden zu gewinnen. Aber: sie müssten sich besser verkaufen können. „Qualität“ und „Wissen“ allein sind noch keine Marke. Und es schmerzt die Frauen, die nach der Matur eine dreijährige Fachhochschul-Ausbildung absolviert haben, wenn irgendwelche Quereinsteigerinnen nach der Anlern-Schnellbleiche ein Gewichtskontroll-Programm mit wohlklingendem Fantasie-Namen anbieten, und damit auf Erfolgskurs sind…

Marktgerechtes Verhalten ist also zwingend, neue Ideen sind gefragt. – Wir von der Adipostias-Stiftung vertreten eine markante Gruppe von potenziellen AbnehmerInnen sprich KundInnen. Auf diese gilt es sich mit besonderer Sorgfalt einzustellen, denn eine Adipositas-„Karriere“ mit jahrelangen Ups and Downs macht dünnhäutig und kritisch, jeder wohlgemeinten Empfehlung gegenüber. – Wir wurden eingeladen, im Umfeld der Veranstaltung einen Informationsstand zu betreiben und unsere Unterlagen abzugeben, die von den interessierten Teilnehmerinnen auch gerne mitgenommen werden.

Und was mir unsere Präsenz besonders angenehm gestaltet, das sind die kleinen Botschaften der Anerkennung und der Zustimmung für das, was wir mit der Stiftung leisten: Danke, dass ihr euch für die Übergewichtigen einsetzt. Gut, dass es euch gibt. Eure Arbeit ist wichtig, gerade jetzt… Macht weiter so! – Ein Auftrag, den wir gerne übernehmen. Es ist an uns, zu danken.




30/3  Was hilft, was nicht?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:42

Unser Bedarf nach Orientierungshilfen ist enorm. Ratgeber-Publikationen boomen. Empfehlungs-Journalismus hat Konjunktur. Und dass ich nur einen bestimmten Drink schlürfen muss, damit ich im Winter füdliblutt im Meer baden kann, das hämmert mir die Television jeden Tag mehrmals ein, mit Geld-Zurück-Garantie. Was ist, wenn ich das gar nicht will?

Die heutige Ausgabe von FACTS bringt eine sorgfältige Auslegeordnung der im Moment herrschenden Ansichten bezüglich vernünftiger, sprich „richtiger“ Ernährung. Eine klare Absage an alle einseitigen „Diäten“, wie heilsversprechend sie immer angekündigt werden mögen, ein Plädoyer für mässiges, ausgewogenes und bewusstes Essen und schliesslich auch ein verdankenswertes Bekenntnis dazu, dass „ein bisschen dicker“ nicht so schlimm ist wie wenn man sich mit alljährlichen Diätversuchen den Winterspeck wieder wegzuhungern versucht und dabei den Stoffwechsel ruiniert.

Sie merken: ich spreche nicht von Adipositas, nicht vom massiven, auf lange Sicht gesundheitsbedrohenden Übergewicht, zu dessen Reduktion besondere, gezielte und individuell abgestimmte Massnahmen nötig sind. Aber es geht um die Prävention, ums Vorbeugen bzw. um die Bewahrung eines „gesunden Gewichts“. Dass man hier nicht jedes Grämmlein verbissen bekämpfen muss, sondern sich mit seinem „Wohlfühlgewicht“ auch oberhalb des theoretischen „Idealgewichts“ sehr gut arrangieren kann, das braucht vielleicht etwas Mut. – In dieser Hinsicht bin ich sehr angetan von den TV-Spots für das Sonnenschutzmittel „Dove“, in dem sich einige Ladies räkeln, die locker mit einigen zusätzlichen Pfunden umzugehen wissen.

Und dann bringt mir meine Mitarbeiterin ein Inserätlein, das sie in der Zeitung gefunden hat: „Neu! Das Pflaster zur Anwendung bei Übergewicht: SinoPlast Body“. Nun gibt es also schon Pflaster gegen Übergewicht, sagt sie. Was wird das wohl Wert sein? – Zuerst lache ich sie aus: Hereingefallen! Das ist gar nicht „gegen“ Übergewicht… es heisst: „Zur Anwendung bei Übergewicht“… und bei Übergewicht könnte man auch Hühnermist einreiben… es wird ja nicht behauptet, das nütze etwas.

Der Blick in die Website belehrt mich auf doppelte Weise eines Bessern: Dort heisst es, es handle sich um ein „registriertes Medizinprodukt zur Behandlung von Übergewicht und zur Gewichtskontrolle!“ Es beruhe auf den Erkenntnissen der traditionellen chinesischen Medizin. Man muss sich den ganzen Tag lang ein Pflaster auf die Fusssohlen kleben und spüre sofort die wirkende Wärme. (Das hat meine Mutter früher mit einem Senfpflaster auch geschafft, wenn ich erkältet war.) Und zwar 90 Tage lang. Das kostet dann 249 Franken 95 Rappen. – Irgend eine Information über das Produkt und dessen Zusammensetzung ist nicht zu finden. Dafür vier begeisterte Äusserungen von Leuten, die glauben, es habe ihnen geholfen.

Die ganze Wahrheit ist dann auf einer anderen Seite zu lesen: Nicht anwendbar bei krankhafter Fettsucht. (Das habe ich mir doch noch fast gedacht…)




29/3  Food Engineering

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:27

Zu diesem Begriff zählt die Suchmaschine Google in 0,34 Sekunden ganze 222 Millionen (!) Nennungen auf, weltweit. Für die Schweiz sind es immer noch 346’000. Und seit heute Nachmittag weiss ich ungefähr, was ich mir darunter vorzustellen habe.

Der Begriff ist emotional belastet. Man malt sich aus, wie düstere, auf Profit sinnende Technokraten in Labors irgendwelche Esswaren austüfteln, denen sie möglichst unnatürliche Eigenschaften verleihen, indem sie sie verändern und umkonstruieren, sie auf besondere Wirkung programmieren, damit sie am Markt bessere Absatz-Chancen haben…

Aber was ich heute in der Hochschule Wädenswil erlebt habe, gibt mir Zuversicht und Hoffnung. Eine diskrete Institution schmiegt sich über dem Zürichsee in die malerische Landschaft. Hochschule für Life Science und Facility Management nennt sie sich, und wer meint, das liesse sich einfach so übersetzen, der soll es mal versuchen.

Die Leute in Wädenswil sind alles andere als düstere Tüftler. Sie analysieren die Trends in der Ernährung und in Produktion und Vertrieb von Nahrungsmitteln, unter dem Aspekt der globalen Zusammenhänge, die eng mit Politik verknüpft sind. Sie machen sich Gedanken zur Entwicklung der Gesundheit und zu künftigen Perspektiven und sie überlegen sich, ob es Möglichkeiten gibt, gemeinsam mit Partnern Prozesse einzuleiten, welche zu einer positiven Veränderung führen könnten.

Das klingt zwar reichlich utopisch, ist aber durchaus praxisnah und handfest: Hier werden Grundlagen erarbeitet, wird Wissen vermittelt und Expertise gefördert, deren sich bedienen könnte, wer dafür Verwendung hat (und wer es sich leisten kann, denn alles hat seinen Preis). – Da gibt es ganz konkrete Fragestellungen: Müsste man nicht einen kleinen, schmackhaften (aber „gesunden“) Snack entwickeln können, der günstig im Preis ist, an jedem Kiosk verfügbar, nahrhaft und bekömmlich, und eine klare Alternative zu all dem kalorienverdichteten Süss-Zeugs, das die ganzen Auslagen verstopft und praktisch keinen Nährwert hat?

Oder man hat Analysen gemacht zu den Erfahrungen in andern Ländern mit alternativen Lösungen für einfache Deklaration der Lebensmittel, von der „Ampel“ bis zu positiven „Labels“… Aber es ist nicht einfach, diese Erkenntnisse zu vermitteln und unter die Leute zu bringen. Denn der Markt ist hart, die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind erschwerend und das Beharrungsvermögen der Zustände ist enorm… – Ich habe von meinem Besuch in Wädenswil zahlreiche Impulse mitgenommen und denke, da wird sich das eine oder andere in die praktische Arbeit übertragen lassen, wenn wir die richtigen Leute finden für eine gute gemeinsame Sache.




28/3  Ein Bier-Traum

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:29

Freund Rolf, mit dem ich nach der Aquafit-Lektion noch in der Quartierwirtschaft bei einer Flasche Mineral (er ohne, ich mit) sitze, wäre eigentlich ein grosser Biertrinker vor dem Herrn. Aber sein Arzt hat ihm, wegen Adipositas in Verbindung mit Diabetes und Herzproblemen, dringend geraten, den Bierkonsum einzuschränken. Was Freund Rolf auch brav befolgt, jedenfalls wenn ich dabei bin.

Aber irgend eine suchtbildende Substanz muss in dem Gesöff drin sein, denn der Verzicht führt offenbar zu Entzugserscheinungen, die mit Wahnvorstellungen und Visionen verbunden sind. Heute jedenfalls hat Rolf sich plötzlich zurückgelehnt (nachdem er bis ins kleinste geschmackliche Detail alles wissen wollte über das samstägliche Geburtstagsmenü, an dem er zu seinem Leidwesen infolge Terminkollision nicht hatte dabei sein können), hat in die Weite der Gaststube geblickt, tief geseufzt und gesagt:

Du müsstest einmal beschreiben, wie das ist, wenn einer auf das Biertrinken verzichten muss. Das geht eine Weile lang gut. Aber dann staut es sich tief in ihm drin auf, das Verlangen nach Bier. Es wächst und wächst und dehnt sich aus, wird immer grösser, bis es ihn „verjagt“, richtiggehend „vertätscht“, bis er nicht mehr anders kann und einen grossen Humpen frischen, kalten Biers bestellt, mit einer richtig dicken Schaumhaube obendrauf. Dann nimmt er diesen Humpen in beide Hände, führt ihn sorgsam wie einen heiligen Kelch an die ausgetrockneten Lippen, die er in den Schaum eintaucht, bis sie die gelbe Flüssigkeit finden. Er nimmt einen langen, tiefen Zug und fühlt die kühle Flüssigkeit in sich hineingleiten mit einer anschmiegsamen Frische, die seine ganze Kehle erfüllt. Dann setzt er das Glas ab und fährt sich, schwer durchatmend, mit dem Handrücken über die Lippen, wischt die letzten Schaumfetzchen ab und schlenkert sie symbolisch aus, dann schnaubt er hart und befriedigt durch den Mund aus und weiss: es ist noch da, das Bier, es hat mich nicht im Stich gelassen, es nimmt mir nicht übel, dass ich es so lange verschmäht, gemieden habe. Mein Bier!

Ich höre Rolf mit einer gewissen Andacht zu. Seine Geschichte hat kein Happy End. Er weiss, dass er am Montag wieder zum Arzt muss. Bis dann wird aus seinem Bier-Traum sicher nichts. Aber es war doch schön, ihn sich ausgemalt zu haben.




28/3  Gruss nach Ouagadougou

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 1:16

Eigentlich tickt die innere Uhr ja noch nach dem alten Zeitplan und signalisiert eine Viertelstunde nach Mitternacht, obwohl es bereits 1 Uhr 17 ist. Ich habe den Abend in Solothurn verbracht, vielmehr in Bettlach, an der Generalversammlung einer der Arbeitsgruppen von Terre des hommes.

Nach den statutarischen Geschäften gab es einen Vortrag über die Hilfsprojekte in Burkina Faso, dem zweitärmsten Land der Welt, dessen Hauptstadt Ouagadougou heisst. Früher, wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, hiess das Land Obervolta. Und das Kindeshilfswerk Terre des hommes betreut dort unter anderem Mütter und Kinder. Denn die Sterblichkeit bei den Gebärenden ist hoch und mehr als ein Viertel der Kleinkinder sind unterernährt.

Unterernährung im Kindesalter beeinträchtigt das Leben dauerhaft und reduziert die Chancen, überhaupt eine Existenz aufbauen zu können. Die Projekte von Terre des hommes zielen deshalb darauf ab, die Existenzgrundlagen zu verbessern und das Überleben zu ermöglichen, in einem gesellschaftlichen Umfeld, das von völlig anderen Werten geprägt ist, als wir sie kennen.

Während ich mir den Vortrag anhöre, gehen mir die bizarrsten Gedankenkombinationen durch den Kopf, ausgelöst durch die Tatsache, dass in weiten Teilen der Welt Kinder verelenden, weil sie zu wenig zu essen haben, während es bei uns zu einem Problem der Volksgesundheit wird, dass die Kinder zu viel essen…

Uns hat man seinerzeit bei Tisch das Leeressen des Tellers mit der Aufforderung schmackhaft gemacht: „Denk an die armen Kinder in Afrika, die wären froh, wenn sie diesen guten Kartoffelstock hätten!“ Nie war die Rede davon, wie denn gerade dieser Kartoffelstock jetzt nach Afrika zu den armen Kindern kommen könnte… Aber das Problem bleibt unverändert bestehen.




26/3  Paradox

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:01

Den gestern gefassten Vorsatz hab ich eingehalten: Ich habe mich heute nicht auf die Waage gestellt! – Und was das Essverhalten betrifft, so ist wieder relativ strikte Konsequenz angesagt. Dazu trägt ein Artikel in der SonntagsZeitung bei.

Es geht um eine Studie des Gottlieb-Duttweiler-Instituts GDI, die nächste Woche herauskommen soll und die dem Blatt mal so für ein bisschen Vorauspropaganda zugespielt worden ist. Sie handelt vom „Gesundheitsmarkt“, trägt den Titel „Health Horizon“ und blickt in die Zukunft, wie sich das für eine horizont-überschreitende Analyse geziemt.

Die Schlussfolgerungen, zu denen die Studie kommt, sind eigentlich logisch: Wenn immer mehr Menschen immer früher zu dick werden und deshalb eine kürzere Lebenserwartung haben, und wenn gleichzeitig die Kosten für das Gesundheitswesen unablässig steigen, wobei die Krankenkassen die Leistungen in der Grundversicherung redzieren… dann führt das unweigerlich zu einer knallharten Zweiklassen-Medizin, in der sich die Reichen jede Luxusbehandlung leisten können und in der die Minderbemittelten froh sein müssen, wenn sie beizeiten abtreten dürfen, da sie sich die Behandlung ja ohnehin nicht mehr leisten könnten. Und wenn ein Teil der Leute früher stirbt, wird noch weniger an Prämiensubstanz eingezahlt, und die Spirale dreht sich unaufhaltsam nach unten…

Diese letzte Schlussfolgerung steht allerdings nicht im Artikel, die habe ich mir selber ausgedacht. Es könnte ja sein, dass… – Aber Fakt ist, dass sich schon heute klare Trends abzeichnen, nach denen der Übergewichtige auf jeden Fall der Betrogene sein wird. Denn schon jetzt kennen viele Krankenkassen kein Pardon, wenn es um die Zusatzversicherungen geht: Wer nicht dem Normalgewicht entspricht (BMI nicht über 25!), hat schon heute kaum eine Chance, noch eine Zusatzversicherung abschliessen zu können. Oder er muss sich einen Vorbehalt gefallen lassen, der die Behandlung von Folgen der Adipostias ausschliesst. Wir haben bei unserer Geschäftsstelle gerade neulich einen solchen Fall gehabt. – Was also, wenn – wie die Studie vorhersagt – gewisse zusätzliche medizinische Leistungen künftig nur noch über Zusatzversicherungen zu finanzieren sind… aber gleichzeitig die Kassen den Dicken diese Möglichkeit verweigern?

Eine paradoxe Situation, für die alle gemeinsam nach einer Lösung suchen müssen, die noch guten Willens sind.




25/3  Genuss ohne Reue

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:15

Das kommt ja nur einmal im Leben vor, dass man jenen imaginären Zeit-Äquator überquert, der laut Gersetz das aktive Leben von der sogenannten Pension trennt. Gut, es hat den Vorteil, dass vom nächsten Monat an eine Art staatlicher Alters-Bonus auf mein Konto überwiesen wird. Dumm nur, dass der gleiche Betrag bei der berufsbedingten Vorsorge wieder abgezwackt wird, so dass die Summe unter dem Strich die gleiche bleibt.

Gefeiert wird trotzdem. Familienangehörige und zugewandte Orte versammeln sich in einem gemütlichen Beizlein, der Wirt steht höchstpersönlich in der Küche, im Keller wird ein adäquater Tropfen ausgewählt und das Menü ist von auserlesener Natürlichkeit und perfekt zubereitet.

Das sind die Momente, in denen für einige Stunden der tägliche Kampf mit sich selber etwas zurückgestellt wird. Das Bewusstsein ist noch da. Das Wissen um die Problematik der zu grossen Menge. Man wählt gezielt keine allzu üppige Portion, hat bei der Festlegung des Speisenplanes schon darauf geachtet, dass die Grundregeln, an die man sich halten möchte, nicht ganz ausser Acht gelassen wurden.

Aber dann darf auch der Genuss zu seinem Recht kommen. Man darf es sich ohne schlechtes Gewissen wieder einmal schmecken lassen, den einzigartigen schwarzen Risotto zum gegrillten Fisch, das zartschmelzende Lammkotelett, das knackigfrische Gemüsebouquet und zuletzt den kleinen Käseteller mit einer Variation von verführerischen Kostproben aus dem westlichen Nachbarland…

Einfach nur das Gute – mit Verstand, wie unsere Mütter zu sagen pflegten – auf der Zunge zergehen lassen, in kleinen Bissen, andächtig fast, im Wissen, dass es das nicht jeden Tag gibt. Und mit dem festen Vorsatz, am nächsten Morgen einen grossen Bogen um die Waage zu machen.




24/3  Übergewichtig invalid?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:28

Mit einem halben Auge und einem halben Ohr bin ich noch beim Schweizer Fernsehen und der ARENA. Es geht um das „Milliardenloch“ der Invalidenversicherung. Alle sind sich einig, dass etwas geschehen muss… aber konkrete Vorschläge habe ich bis jetzt nicht gehört.

Das Thema ist emotional belastet. Auf der einen Seite steht der böse Vorwurf, unsere Sozialinstitution sei von den „Scheininvaliden“ ausgehöhlt… auf der andern Seite geht die Klage, dass immer mehr Betriebe sich des überzähligen Personals zu Lasten der IV entledigen, während oben die Bosse den Gewinn privatisieren…

Dabei geht mir die Frage durch den Sinn, was mit den Menschen ist, die infolge ihres Übergewichts quasi aus der Gesellschaft herausgefallen sind in eine Form der Invalidisierung, die möglicherweise nirgends registriert ist. – Vor einigen Jahren habe ich versucht, durch Nachfrage bei Arztpraxen zu eruieren, wie gross der Anteil solcher „Fälle“ etwa sein könnte. Denn in der Öffentlichkeit hört und sieht man von diesen wenig, sie ziehen sich zurück, vereinsamen, verlassen ihre eigenen vier Wände kaum noch…

Aber es gibt sie und es ist praktisch unmöglich, zu erfassen wo sie sind und wie viele es sind. Da gibt es eine Grauzone, in die kaum jemand leuchtet. Auch bei der Pro Infirmis konnte man – trotz guten Willens und viel Bereitschaft zur Kooperation – keine schlüssige Antwort geben. – Muss man diese Gruppe, wie gross sie auch sei, in der ganzen IV-Revisions-Diskussion besonders berücksichtigen? Ist sie automatisch mit gemeint und mit betroffen, was immer passiert? Ich habe keine Antwort. Aber ich fürchte, diese Menschen stehen nicht im Vordergrund des Interesses.




23/3  Adipositas per magna

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:58

Das ist der medizinische Fachbegriff für „extremes“ Übergewicht mit BMI grösser als 40. – Ein Mitglied unseres SAPS-Trägervereins hat mir heute einen Link zu einem Internet-Forum geschickt, in dem sich medizinische Azubis zum Thema Adipositas per magna äussern. Was dort zu lesen steht, ist schlicht schockierend.

Angerissen hat das Thema jemand, der (oder die) Medizin studiert und während des Studiums die „Famulatur“, das ist ein viermonatiges Krankenpflege-Praktikum, absolviert hat. Also ein angehender Arzt oder eine Ärztin. Jemand, der sich dem Eid des Hippokrates verpflichtet fühlen sollte. Was uns da aber aus diesen Einträgen im Diskussions-Forum von MEDI-LEARN.de entgegenkommt, ist so ziemlich das Übelste an Vorurteilen und menschenverachtendem Zynismus, mit dem man übergewichtigen Menschen – Patienten! – begegnen kann.

Viele, die ihr Leben lang den Makel von übermässigem Gewicht mit sich herum geschleppt haben, sind sich ja einiges gewohnt in Sachen Anmache und dumme Sprüche. – Wenn diese dann aber aus dem Mund bzw. der Schreibe von im Praktikum stehenden Medizinern kommen, dann hört für mich der Spass auf. Es zeigt, auch wenn sich die Sache in Deutschland abspielt, dass noch sehr viel Informations- und auch Überzeugungsarbeit zu leisten ist, um die hässlichen Vor-Verurteilungen und Schuldzuweisungen aus der Welt zu schaffen. Helfen Sie mit!




22/3  Welcome, Balance Boy!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:49

Sie kennen Balance Boy nicht? – Können Sie auch gar nicht, der wurde erst am Mittwochnachmittag quasi geboren oder aus der Taufe gehoben oder der Weltöffentlichkeit präsentiert… Sie machen also erst hier und jetzt seine Bekanntschaft.

Balance Boy ist ein munteres Kerlchen, sieht aus wie ein entfernter Verwandter von Oscar aus Hollywood, wie er da auf seinem glänzenden Sockel steht, strammbeinig und mit einer beatles-artigen Haarkappe, beide Ärmchen waagrecht ausgestreckt, in der einen Hand einen Hamburger, in der andern einen Salatkopf, ein Symbol für ausgewogene Fast-Food-Ernährung.

Und darum geht es: Balance Boy ist das Maskottchen, das Preis-Symbol und das Label für Schnellimbiss-Angebote, die schmackhaft, ernährungstechnisch wertvoll und gesund sind, überdies sollen sie preiswert sein und von jungen Menschen gerne genommen werden. So lautete der Auftrag, mit dem sich die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE an Lebensmittel-Produzenten gewandt hatte im Rahmen eines im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit vor zwei Jahren lancierten Projektes Fast Food & Gesundheit.

Elf Firmen hatten sich am Wettbewerb beteiligt. Eine Jury von 60 Jugendlichen hat heute in Zürich die z.T. eigens entwickelten Menüs degustiert und mit Punkten benotet. Wer einen gewissen Wert erzielen konnte (dabei wurde bei „nationalen“ Anbietern auch das Marketing-Konzept daraufhin begutachtet, ob und wie es bei Jungen ankommt), der wurde mit einem Abbild des Gleichgewichts-Bübchens ausgezeichnet.

Von 36 eingereichten Speisevorschlägen fanden 30 die Zustimmung der jungen TesterInnen und wurden mit dem Blance Boy belohnt. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie standardisiert zubereitet sind, rasch über die Theke gehen (wichige Präzisierung: der Begriff „Fast Food“ bedeutet nicht, dass das Essen schnell verschlungen wird, obwohl dies manchmal der Fall sein mag, sondern dass es schnell zubereitet und abgegeben werden kann), gut schmecken, „gesund“ und ausgewogen in der Zusammensetzung der Nahrungsbestandteile sind, mit Gemüsen und Früchten kombiniert…

Und in der anschliessenden Ausstellung der Produkte konnte man das Wasser im Mund so richtig zusammenströmen spüren: lecker sahen die präsentierten Gerichte aus, viele Spezial-Sandwiches mit Zubehör, Salate, asiatische Küche im Take Away, Speisen nach Art aller Herren Länder, eine urban-moderne Vielfalt, neben welcher der obligate Hamburger, die Pizza und der Döner, an die man beim Wort Fast Food fast automatisch denkt, geschmacklich arg verblassen…

Ich kann hier nicht ins Detail gehen. Jedes der Gerichte und seine Entwickler würden es verdienen, näher vorgestellt zu werden. Wer das wissen will, findet alle nötigen Informationen zum Thema auf der sehr schön gemachten Website der SGE. – Zu hoffen bleibt, dass sich das gute Angebot durchsetzt und die besten Gerichte bis in einem Jahr zum unverzichtbaren Standard geworden sind. Vivat, Balance Boy.