30/4  Asphalt-Picknick

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:24

Das war ein wunderlicher Anblick, heute Mittag, als ich am Zürcher Paradeplatz von einem Tram ins andere umgestiegen bin, um zur eBalance-Stammtisch-Runde ins KingsKurry zu stossen. Knappe zehn Minuten musste ich auf den Anschluss warten, aber es hat sich gelohnt.

Viertel vor zwölf. Mitten auf der Paradeplatz-Insel im Fussgängerstrom, steht ein rosasrotes Damenvelo. Daneben, am Boden, ist eine rosarote Wolldecke ausgebreitet. Auf dieser Decke sitzen, als wären sie auf einer grünen Wiese oder am Sandstrand, drei junge Frauen, behaglich hingefläzt, und verspeisen mitgebrachte Lebensmittel: Gipfeli, die sie mit Butter bestreichen, Servelat, Orangesaft… Sie lachen, schwatzen, fotografieren sich gegenseitig – und kümmern sich einen Dreck um die Passanten, die sich im Vorübergehen nach der seltsam friedlichen Szene umsehen.

Eigentlich sind die Passanten die Attraktion. Wie sie gucken, den Kopf schütteln, missbilligende Blicke schicken, einander mit wissendem Gesichtsausdruck anschauen, sich rasch wieder abwenden, betont in die andere Richtung sehen, kichern, auf die drei Frauen deuten, mit den Schultern zucken… es ist ein ganzes Arsenal von nonverbalen Missfallenskundgebungen, ein wenig Amüsement ist auch noch dabei, aber nicht zuviel, wir sind schliesslich in Zürich, der Stadt, in der durch obrigkeitlichen Ukas die Lounges vor den Bars verboten worden sind… – Ist es am Ende eine Protestkundgebung für demonstrativ bequemen Verzehr von Esswaren auf öffentlichem Grund?

Ich fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Polizei aufkreuzt, bestimmt und höflich die Ausweise zu sehen wünscht, das Fahrrad und die Wolldecke beschlagnahmt und die drei Frauen mit auf den Posten nimmt, um ihre Personalien festzustellen? Aber ich habe keine Chance. Jetzt fährt mein Tram Nummer 9 ein, eine Cobra, und ich muss weiter. Als ich nach zwei Stunden wieder vorbeifahre, ist vom Fahrrad, der Wolldecke und den drei Frauen nichts mehr zu sehen. Passanten, wie immer, eilig unterwegs zur Arbeit des Nachmittags.




29/4  Der Sommer ist cool!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:33

Die Zeitungen wissen nicht so recht, ob sie den vorgezogenen Sommer bejubeln oder verfluchen sollen. Als Bote der globalen Klimaerwärmung wird er gegeisselt, als Bringer verfrühter Badefreuden freudig begrüsst und in idyllischen Bildern festgehalten… fast stiehlt die überfallartig wieder aus den Schränken geholte Sommermode mit nabelfreien Tops, kurzen Minis und tiefen Ausschnitten den teilweise schon etwas angefältelten Damen die Show, die sich hüllenlos für eine auf Auflage bedachte Frauenzeitschrift ablichten liessen.

Aber das Schlimme am Sommer – neben der Wasserknappheit für Natur und Landwirtschaft – ist wohl, dass er dick macht. Wie Pilze schiessen jetzt wieder die Glacé-Stände der fliegenden Händler aus dem Boden, die Soft-Drink-Verkäufer versprechen Kühlung und die leichtere Sommerkleidung lässt den Körper vergessen, dass er gewisse Masse zu sprengen droht, wenn er nicht eisern auf Widerstand und Enthaltsamkeit macht. Die luftigen Sommerhemden spenden nicht nur Kühle, sie umschmeicheln elegant den Wanst, und die leichten Freizeithosen mit ihrem Stretch-Bund schnüren nicht mehr ein, man kann aufatmen, und sich sogar ein kühlendes Bierchen, allenfalls ein Grosses, gönnen, ohne schon beim ersten Schluck an dessen Folgen denken zu müssen.

Ist es da nicht ein eleganter Zufall, dass just in dieser klimatischen Herausforderung uns aus dem elektronischen Briefkasten, Abteilung ***SPAM***, eine Fülle von sorgfältigst aufeinander abgestimmten Wohltaten entgegenkommt und unsere Herzen und Sinne mit jedem Klick frohgemuter stimmt? Es passt alles zusammen: eine vertrauenserweckende Bank aus London teilt mir mit, dass ich zweieinhalb Millionen Englische Pfund gewonnen habe, die mir übermittelt werden, wenn ich einige Formalitäten erledige… mehr als die Hälfte aller Mails enthält glaubwürdige Hinweise auf unmittelbar bevorstehende Börsen-Scoops, wenn ich nur noch rechtzeitig von den bald steil aufsteigenden Aktien erwerbe… A propos steil aufsteigend: die andere Hälfte der Mails stammt von Leuten, die durch irgendwelche Indiskretionen herausgefunden haben, dass ich dringend eine günstige Erektionshilfe in Tablettenform und einen wohltuneden Wachstums-Schub bei meinem Gemächte brauchen könnte… Und um das Bouquet der Wohltaten aus dem Internet noch abzurunden, erreichen mich seit einigen Wochen die euphorischen Zeugenaussagen zu einem völlig neuen Produkt, das mir verspricht, ohne jede Anstrengung in zwei Monaten 11 Kilo abzunehmen. Und das muss ja wahr sein, denn schliesslich habe mans in der TV-Show von Oprah Winfrey gesehen. – Einer der zitierten Kornzeugen bringt alles auf einen einzigen Punkt, nachdem das Mittelchen seine Ehe gerettet hatte: And you see, the bed became cool, too!




28/4  Eglisau (3/12)

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:34

Der Ort nimmt immer noch ab. Gut ein Kilo pro Person und Woche im Schnitt, wenn man von den ProtagonistInnen ausgeht. Es scheint, als habe man sich im Städtchen am Rhein inzwischen an die eingespielten Vorgänge gewöhnt. Die Wirtin wirkt etwas weniger schrill und reflektiert nicht mehr dauernd ihr Sexualleben, das Original wird seinem Ruf gerecht und hüpft nackend in die Fluten, und die Gewichtskontrolle vollzieht sich quasi routiniert, als hätte man schon lange nichts anderes mehr gemacht.

Miss Molly stattet einen Besuch ab, der seltsam unbemerkt verläuft, und die inzwischen bildschirmerprobte Crew darf sich ein Kleid nach Vorgaben von Christa de Carouge schneidern. Welche Ehre. – Selber Machen scheint das Motto dieser Ausgabe gewesen zu sein. Auch beim Magen-Bypass kam vorübergehend dieser Eindruck auf: eine junge Frau hatte sich mit 160 Kilo dem bariatrischen Eingriff unterzogen und nahm mehr als die Hälfte ihres Körpergewichts ab. Eine gewaltige Leistung, in kurzer Zeit… und doch: hier ist Kritik angesagt.

So, wie dieses Thema eingeführt wurde, geht es nicht. Die gesprächsweise Abhandlung der Operation hat so ungefähr alle Vorurteile bestätigt, die gegenüber dieser Form der chirurgischen Adipositas-Therapie vorhanden sind: ich habs einfach gewollt, sagt die junge Frau, ihre Mutter habe ihr zur Operation geraten, dann habe sie es machen lassen… Einfach so, als könne man in eine Klinik marschieren wie in einen Selbstbedienungsladen: Einmal Magen-Bypass, bitte, zum mitnehmen! – Kein Wort davon, dass dies ein schwerer, risikoreicher Eingriff ist, zu dem man sich nur nach reiflicher und gründlicher Prüfung und Abwägung entschliessen darf, wenn alle anderen Massnahmen nachweislich keinen Erfolg gebracht haben. Kein Wort davon, wie einschneidend danach die Umstellung der Essgewohnheiten ist, wie konsequent man sich an strenge Regeln halten muss, um schwere Komplikationen zu vermeiden… So, wie der Eingriff im Film dargestellt wurde, konnte man es für ein Zuckerschlecken halten, das man machen kann, oder nicht.

Ich unterstelle nicht, dass all dies bei den Aufnahmen nicht gesagt und erörtert worden sei, ich war ja nicht dabei. Aber im Beitrag, so wie man ihn gesehen hat, kam nichts davon vor, und das hat einen falschen Eindruck erweckt. – Zugegeben, die Serie läuft am TV unter dem Label „Unterhaltung“ und wird nicht von der PULS-Rdaktion vderantwortet. Aber gerade weil sie eine populäre Breitenwirkung hat, ist es wichtig, dass die Fakten vollständig und korrekt vermittelt werden. Wir sind gespannt, wie es weiter geht.




27/4  Man ist wie man isst

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:49

Essen zu Image-Zwecken? – Das ist eine der wunderlicheren Studien, die mir in der letzten Zeit begegnet sind. Da ist man zu Forschungszwecken der Übereinstimmung zwischen stereotypen Clichés und unterschiedlichem Ess-Verhalten nachgegangen. Wie wirken bestimmte Erscheinungsformen beim Essen darauf, wie die Essenden durch die Betrachter wahrgenommen werden?

Und da haben sich interessante Parallelen ergeben, und bei der Wiederholung haben sie sich erstaunlicherweise bestätigt. Zum Beispiel wird jemand, der/die eine kleine Portion von eindeutig „gesunder“ Nahrung zu sich nimmt, durchwegs als „feminin“ wahrgenommen, während das Essen einer grossen und „ungesunden“ Portion unweigerlich mit „männlich“ assoziiert wird.

Ebenso hat sich gezeigt, dass Menschen, die „ungesund“ essen, allgemein als weniger positiv, weniger sympathisch, weniger attraktiv wahrgenommen werden. Auf der andern Seite wirken Menschen, die „ungesund“ essen, humorvoller und weniger langweilig als „Gesund-Esser“. – Wie fallen denn die Reaktionen aus, wenn zum Essverhalten an sich noch die äussere Erscheinung in Form von Übergewicht hinzu kommt? Wie verändert sich das Essverhalten von Leuten, die mit attraktiven Personen zusammen am Tisch sitzen? Und umgekehrt?

Kann es sein, versuchte eine Studie zu klären, dass Menschen sich – unbewusst – ein bestimmtes Essverhalten aneignen, um bei ihren Mitmenschen einen bestimmten Eindruck zu erwecken? Und dass diese besondere (in der Regel vohl „ungesunde“) Ess-Praxis auf den Gesundheitszustand des Betreffenden eine Auswirkung haben könnte? – Fragen über Fragen, auf die noch keine schlüssigen Antworten vorliegen. Braucht es noch Forschung? Oder möchten wir es am Ende gar nicht so genau wissen?




26/4  Verunsicherungen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:42

Lieben Sie Schokolade? Dann gibt es jetzt wieder eine Ausrede mehr. In einer Reihe von Studien wurde nachgewiesen, dass der Konsum von dunkler Schokolade sich positiv auf zu hohen Blutdruck auswirkt, während Teetrinken nichts bewirkt. (Nichts gesagt wird offenbar über die Gefahr, dass bei zu ausgiebigem Schokolade-Verzehr das Gewicht zunehmen kann und dass dann dadurch auch der Blutdruck wieder steigen könnte.)

Manchmal, wenn man so durch die verschiedenen wissenschaftlichen Quellen surft, hat man das Gefühl, es könne jederzeit und überall mit einer Studie irgendetwas bewiesen werden, das zufällig grad in einen thematischen Zusammenhang passt… Ich will damit nicht den akademischen Forscherdrang madig machen, dem wir medizinische Fortschritte und Erkenntnisse zu verdanken haben, aber es gibt kaum einen Bereich wie den der Ernährung (im Zusammenhang mit Übergewicht), in dem sich die Theorien und Konzepte so häufig ablösen. Abgesehen von den immer wieder auftauchenden Wunder- und Spezialdiäten kommen quartalsweise neue Erkenntnisse und Weisheiten in die Gazetten. Der Markt ist gross, die Nachfrage immens, das Angebot boomt, weil jeder und jede das grosse Geschäft hinter der Not der Übergewichtigen wittert.

Die Verunsicherung ist beträchtlich und der Informationsbedarf gross… Wem kann man glauben, wem vertrauen? Glauben will man am Ende meist das, was einem gerade passt. Bequeme Wahrheiten bestätigen das, wovon man bereits überzeugt ist. Eine grosse Gefahr, der wir uns aussetzen, und die unser Leben nicht gerade erleichtert. Ein kurzer Blick in unser Diskussionsforum zeigt, zu welchen Themen ein Klärungsbedarf besteht. Aber selbst wenn es einfache Antworten gäbe: würden sie gehört und angenommen?




25/4  Blogger-Einmaleins

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:23

Heute war ich eingeladen vom MAZ (Medienausbildungszentrum – die Schweizer Journallistenschule), um eine Lektion zu halten zum Thema Bloggen. – Die Ehre wurde mir zuteil aufgrund dieses eBalance-Blogs, obwohl ich ja eigentlich kein „professioneller“ Blogger bin, sonder eine Art spätberufener Quereinsteiger, der sich durch anfängerhaftes Learning-by-doing das Bloggen selber beibringen musste.

Es war eine spannende Begegnung mit einem Dutzend Journalistik-StudentInnen in einem Nachdiplom-Kurs, alle bereits auf ihrem Beruf tätig, mit professionellem Hintergrund. Bei der Vorbereitung musste ich mich selber erst schlau machen und mich aufdatieren lassen, aber ich merkte, wieviel ich selber durch diese Tätigkeit schon an interessanten Erkenntnissen gewinnen konnte.

Bloggen ist der Einstieg in das virtuelle Universum der elektronischen Kommunikation. Und da man nicht nur als Leser und Betrachter durch die Datenwogen surft, sondern selber mit einer regelmässigen Botschaft den Dialog sucht, wird daraus ein interaktiver Vorgang der Verständigung auf sehr vielen Ebenen. Das WWW-Netz ist ein wunderbarer „neutraler“ Tummelplatz für intellektuelle und andere Begegnungen: jeder ist an sich gleichberechtigt, aber kann sich im Schutz der Anonymität durch professionellen Auftritt profilieren. Bloggen ist eine eminent journalistische Form geworden, auch wenn sie praktisch von jedermann und jederfrau ausgeübt werden kann…

Die Blogger-Community wächst täglich und führt zu neuen Begegnungen. Unlängst ist ein Magistrat zu uns gestossen und hat einen gewaltigen Startup produziert, der zu einer aktuellen Popularisierung des Bloggens geführt hat. Einer der jouranlistischen Spitzenreiter ist der Sekten-Experte des TagesAnzeigers, der pro Eintrag meist Hunderte von Antworten zu lesen bekommt; oder dann gibt es eine verspielte Zeitgenossin, die fotografiert jeden Tag ein neues Bild und stellt es quasi kommentarlos ins Netz… Von hohem Lesevergnügen geprägt ist etwa die Begegnung auf der „Blogwiese„. Oder Kreuzworträtselfans tauschen ihre Gedanken rund um die kultigen Rätsel im „Magazin“ des TagesAnzeigers aus. Schliesslich gibt es noch den Radiosender der Jungen, der sich als erster eine Vielzahl von ModeratorInnen-Blogs und einen Userblog leistet, um seinem Publikum eine günstige und aktuelle Feedbackmöglichkeit zu bieten.

Und wer sich dann definitiv im uferlosen Blog-Surfen verlieren will, der findet unzähliche Möglichkeiten auf der einen oder anderen Blog-Übersicht. – Ich hoffe, ich habe Sie – und die MAZ-Absolventen – ein wenig neugierig gemacht.




24/4  Alles nimmt ab

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:01

Früher sang man, wenn die Flocken fielen, die fröhliche Melodie Alles fahrt Schii! Heute müsste man den Text aktualisieren: Alles nimmt ab… Worauf die „satten“ Keilhosen, in denen sich das „Grittli“ am Hang zeigt, plötzlich eine ganz andere Bedeutung bekämen.

Gesundheitsförderung Schweiz hat die landesweite Kampagne Ende letzten Jahres eingeläutet mit Plakaten und TV-Spots. Der Ringier-Verlag lanciert die grosse FdH-Offensive, das Schweizer Fernsehen startet den Dreimonate-Parcours Ein Ort nimmt ab, Weight Watchers haben die Guinnesbuch-rekordverdächtige Aktion Power Start gestartet, in welcher abnehmwillige Menschen in der Schweiz seit Ende Dezeober 2006 in 90 Tagen sage und schreibe 56 Tonnen abgenommen haben… das sind, verteilt auf die knapp 19’000 Teilnehmenden, im Durchschnitt 3 Kilo pro Person. Nicht schlecht, als Anfang.

Und jetzt kommt die Botschaft aus Deutschland: ein Bericht der International Association for the Study of Obesity (IASO) hat festgehalten, dass Deutschland die „dickste Nation Europas“ ist. Vor fünf Tagen wurde das Resultat publiziert. Und sofort ging eine Welle von Erklärungen durch das Land, verbunden mit einer von Hektik geprägten regierungsamtlichen Aktivität. So ist auf den 10. Mai die Proklamation eines Aktionsplanes angekündigt, von dem man jetzt schon einige Eckpunkte kennt: verstärkte Aufklärung und Information, Subventionierung von „gesunden“ Nahrungsmitteln, Erleichterung des Zugangs zu Bewegungsangeboten… Alles Dinge, über die wir hier auch schon intensiv diskutieren und nachdenken. – Tröstlich, dass wir alle vor dem gleichen Problem stehen, in den immer satter werdenden Keilhosen.




23/4  Gute Absichten

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:43

Eines muss man den verschiedenen Aktionen und Kampagnen lassen: das Thema ist allgegenwärtig und wird diskutiert, wo immer Leute zusammenkommen. Denn überall ist immer jemand dabei, der/die das Problem am eigenen Leib spürt. – Wir waren heute im ZUg unterwegs. Dorli, die seit Weihnachten versucht, das eine Kilo, das merklich zuviel ist, wieder loszuwerden, und es einfach nicht schafft, obwohl sie sich der Problematik bewusst ist und genaustens weiss, was sie wollen sollte. Sie verordnet sich eine tägliche Kalorienmenge von 1’500 und versucht, diese einzuhalten… und dann bricht unvermittelt wieder die Versuchung ein. Das Glas Wein zum Essen… vernünftig wäre, es wegzulassen, aber was ist das Leben, wenn man sich gar nichts mehr gönnt?

Unsere Rede kreist ums Abnehmen, um Tipps und Tricks, Anleitungen… und landet unweigerlich wieder bei den Frusterlebnissen, den Enttäuschungen, den Rückfällen, die auf eine geheimnisvolle Weise programmiert scheinen, ob man will oder nicht. Und dass es völlig unfair ist, dass es Menschen gibt, die essen können, was sie wollen, und dabei spindeldürr bleiben… und uns andere, die nur ans Essen denken müssen, und schon spüren wir, wie sich die Bauchdecke zu spannen beginnt…

Und das ist Fluch und Segen zugleich: man kann sich so gut trösten, sich gegenseitig Mut zusprechen, sich das Selbstbewusstsein stärken und Durchhalteparolen beschliessen… aber man kann sich ebenso gut gegenseitig verführen, das Fehlverhalten des andern quasi verzeihend legitimieren, und meint dann, es sei nur halb so schlimm. Menschlich, halt, und ab Morgen geht es wieder streng zu. Versprochen.




22/4  Ein fulminanter Start

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:00

Heute hat Dr. med. Samuel Stutz seine neue Kampagne gegen das Zuviel-Gewicht lanciert und in der Sendung GesundheitSprechstunde die neue Aktion FdH eingeleitet. Er tat dies mit einem markanten Auftakt: ins Studio geladen hatte er den Berner Professor und Immunologen Beda M. Stadler, der nach der von ihm so genannten Oma-Diät auf eigene Faust 40 Kilo abgenommen hat. Vor genau einem Monat hatte er in der Weltwoche darüber geschrieben.

Stadler eignet sich gut als Anreisser: er schreckt nicht vor plakativen Aussagen zurück, liebt die krasse Formulierung und das offene Wort. Im Bild sah man all das Gemüse, das den Hauptbestandteil seiner neuen Ernährung bildet, und ein gefilmten Rundgang durch den Supermarkt wurde zum Rundschlag gegen jede Form von „verarbeiteten“ Nahrungsmitteln und zu einer flammenden Kampfansage gegen die „übermächtige Lobby der Lebensmittelindustrie“.

Grundsätzlich ist ihm darin zuzustimmen: naturbelassene, unverarbeitete Produkte sind auf jeden Fall „gesünder“ für Verdauung und Stoffwechsel. „Stauden und Knollen“ mit geringer Kaloriendichte füllen den Magen, tragen zur Sättigung bei und enthalten keine überflüssige Energie, die wir nicht mehr abarbeiten können… – Ein Vorbehalt bleibt: nicht jeder Mensch reagiert in gleicher Weise auf die einzelnen Nahrungsmittel. Was dem einen geholfen hat, kann sich beim andern als schädlich erweisen. Ich kenne jemanden, der hat über hundert Kilo dadurch abgenommen, dass er sich ein ganzes Jahr lang ausschliesslich von Äpfeln ernährt hat… eine Gewaltskur, die ich niemandem empfehlen möchte.

Die FdH-Aktion von GesundheitSprechstunde hat interessant begonnen: ein versprochener Preis (100 Franken pro Kilo Gewichtsverlust für einzelne, durch Zufall ausgeloste Teilnehmer), eine kompetente Jury (bestehend aus dem erprobten eBalance-Team), das sind die Garanten für eine verantwortungsbewusste Evaluation und Begleitung. Es ist gut, dass jetzt populäre Aktionen anlaufen und es bleibt zu hoffen, dass sie eine möglichst grosse Breitenwirkung zeigen.




21/4  Benefiz

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:25

Eine Goodwill-Country-Night in Benken. Das klingt beim ersten Hinhören noch nicht nach viel. Die Einnahmen kommen dem Kinderhilfswerk Terre des hommes zu gute. Deshalb bin ich eingeladen, um einen kleinen Begrüssungs-Speech zu halten.

Der Ort liegt weitab in der Linthebene. Der Zufahrtsweg ist gut ausgeschildert, und als wir eintreffen, bin ich verblüfft. Da steht neben der Sportanlage ein Festzelt mit tausend Plätzen. Auf dem Vorplatz eine Ausstellung mit US-Oldtimern und Trucks, ein Westernstore mit allen Accessoires, ein Küchenzelt, in dem saftige Steaks bruzzeln, Pommes im heissem Öl zischen, Bratwürste auf dem Grill rösten… und wo es ein Kuchenbüffet hat, bei dem einem die Tränen kommen.

Schon kurz nach Beginn der Veranstaltung ist das Zelt bis zum letzten Platz gefüllt. Die Country-Rhythmen dröhnen über die Tische, das Publikum klatscht, stampft, wiegt sich im Takt, steigt auf die Bänke und reiht sich zum Line-Dance zwischen den Tischreihen. Es herrscht eine Country-Stimmung wie zur Goldgräberzeit im Wilden Westen, und so sehen Viele auch aus. Sie sind im passenden Outfit gekommen, den Stetson selbstverständlich auf dem Kopf, den Sheriff-Stern am Revers der Lederjacke, den Patronengurt um die Hüfte geschlungen, im einen Halfter das Fahrtenmesser, im andern die langläufige Pistole und an den Stiefeln die Sporen, die bei jedem Schritt klirren… und die Frauen tragen die weiten Röcke bis zum Boden, auch sie mit dem Cowboy-Hut auf dem Kopf, einen Zopf nach hinten, viele breit ausladend, stolze Western-Matronen, die Lebenslust pur verströmen und keine Minute darüber nachdenken, dass sie einem hiesigen Schlankheitsideal nicht entsprechen könnten. – Ein bemerkenswerter Abend, von bemerkenswertem freiwilligem Engagement getragen, für eine gute Sache, die von Herzen kommt.