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Von Heinrich von Grünigen um 23:29 |
Ich habe mir einen Ruck gegeben und bin der Aufforderung von Freund Rolf gefolgt. Heute habe ich mich am Nachmittag in der Turnhalle eingefunden. Angesagt war ein spezielles Training für Leute, die sich zu wenig bewegen, weil sie Probleme mit ihren Gelenken, dem Atmen oder dem Herzen haben.
Ich ging mit gemischten Gefühlen, denn die schwerelose Bewegung im Wasser beim Aquafit war so etwa das höchste der Bewegungsgefühle, das ich mir vorstellen konnte. Ich hatte keine Ahnung und malte mir aus, wo ich mich wohl hinsetzen könnte, wenn die Knie oder die Füsse zu schmerzen begännen…
Es kam dann ganz anders. Wir stellten uns zuerst auf weiche Matten an die Sprossenwand und bewegten und mit Schritten vor- und rückwärts, zur Seite hin, liessen uns in die Knie federn, dann setzten wir uns auf grosse Gummibälle, die Hände noch an den Sprossen, kreisten mit dem Becken, rollten den Ball vor und zurück, zur Seite hin und her, bewegten die Beine aus der Hüfte und verdrehten unsere Wirbelsäulen… und das war nicht ohne, obwohl es nur um kleine Bewegungen, Spannung und Entspannung ging: die ungeübten Muskeln wärmten sich auf, der Schweiss begann zu rieseln, der Puls klopfte… und so ging es schon fast behende in ein kleines Mannschaftsspiel mit Ball über, sieben Tore hier und dort, bevor eine weitere Phase mit dem grossen Ball folgte.
Sitzen auf kleinem Hocker, den Ball zwischen den Knien und nun eine Folge von Übungen zur Kräftigung der Beinmuskulatur, der Arme und der Hände… langer Rücken, runder Rücken, hohles Kreuz, immer gestützt auf den weichen Ball, der federnd die Kraft ausgleicht. – Die Stunde ist um, ehe wir es richtig gemerkt haben, schon klopft eine Kindergruppe an die Tür, sie hat die Halle nach uns belegt… Ich fühle mich zwar etwas schlapp, aber angenehm durchwärmt und irgendwie erleichtert. Den nächsten Termin darf ich nicht versäumen.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:54 |
Ab und zu taucht der Name dieser New Yorker Adipositasklinik in den Medien auf, meist mit spektakulären Bildern von Menschen, die ums Überleben kämpfen, 200 bis 400 Kilo schwer, lebendige Fleisch- und Fettgebirge, die sich aus eigener Kraft nicht mehr fortbewegen können… und ein staunendes Publikum darf Anteil nehmen an einem Vorgang, der rational fast nicht nachvollziehbar ist, der aber in ätzender Schärfe die Dimension des Problems umreisst.
Die Therapeuten dieser Klinik haben sich der sanften Methode verschrieben: eine ausgewogene, bewusste Ernährung mit 1’500 Kalorien pro Tag, so viel Bewegung und Training, wie die massiven Körper überhaupt leisten können, unter fachkundiger Anleitung, und daneben Gespräche und Begleitung zum Aufbau des angeschlagenen Selbstwertgefühls. Langsam aber stetig nehmen die einen ab und bereiten sich vor auf eine Rückkehr in den leichteren Alltag, andere lassen sich von der Freundin beim Chinesen Essen bestellen und schlingen sich voll, verzweifelt und frustriert, weil sie nicht abgenommen haben. Sie sind krank, suchtkrank nach Essen.
Die behandelnden Ärzte haben Verständnis, wollen es ohne Operation versuchen und den Patienten ist klar, dass dies ihre letzte Chance ist… und trotzdem werden sie wieder rückfällig, weil „es“ stärker war als sie. – Solche Berichte machen hoffnungslos, man möchte verzweifeln, weil es keine Aussicht auf wirkliche Hilfe gibt… aber vielleicht können sie auch ein Stück weit Mut machen: wenn man selber noch nicht in einer derart auswegslosen Lage ist, sollte man es doch schaffen können…
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Von Heinrich von Grünigen um 16:21 |
Junkfood stumpft ab. Das haben Hirnforscher in Amerika bei einem Experiment mit Ratten herausgefunden. Die Versuchstiere wurden über einige Zeit mit fett- und kalorienreicher Nahrung gefüttert. Das hatte zur Folge, dass deren Lustzentren im Gehirn weniger aktiv auf Reize reagierten; gleichzeitig setzte ein zwanghaftes Essverhalten ein, das zu Übergewicht führte. Auch zeigte sich, dass die mit Junkfood angefixten Tiere weniger gern „gesunde“ (aber weniger schmackhafte) Nahrung zu sich nahmen, selbst wenn es sonst nichts zu fressen gab. Eine ähnliche Reaktion hatten die Forscher in einer früheren Studie an Ratten beobachtet, welche von Heroin oder Kokain abhängig waren.
Das Verlangen nach Junkfood hätte demnach einen Sucht-Charakter, der durch Reaktionen im Gehirn ausgelöst wird. – Die Erkenntnisse dieser Studie an Ratten könnten auch für die Menschen von Bedeutung sein, denn die kalorien- und fettreiche Nahrung, welche den Tieren in unbegrenzter Menge zur Verfügung gestellt wurde, entsprach weitgehend dem Essen, von dem sich grosse Teile der US-Bevölkerung täglich ernähren: Speck, Würste, Käsekuchen, Schokolade… – und das nicht nur in Amerika.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:39 |
Ein Wort, das im Englischen so viel bedeutet wie adipös. So soll eine neue Reality-Show heissen, deren Konzept in einem Branchendienst vorgestellt wurde:
Die Idee ist so simpel, dass sie gar nicht neu sein kann. Da gab und gibt es die Abnehm-Shows, in denen fette Menschen um die Wette abspecken, eingesperrt in Schlankheits-Camps, zur Fitness gehetzt von Drillmeistern und gefüttert von Diätköchinnen… der Kampf auf der Waage um jedes verlorene Pfund, die Verzweiflung und der Frust, wenn andere rascher abnehmen als man selbst… dieses big-brother-mässige Ausgestellt-Sein, das war zutiefst menschenverachtend und hat keinen wirklichen Beitrag geleistet zur Adipositas-Problematik.
Das neue Sendekonzept mit dem Arbeitstitel Obese macht es ganz anders: ein Reporterteam begleitet einen schwer übergewichtigen Menschen durch seinen Alltag, während er – auf welche Weise immer – ohne Zwang und Wettbewerb im Laufe eines ganzen Jahres abnimmt… so viel oder so wenig, wie er eben schafft. Die kompletten Jahres-Erfahrungen und -Veränderungen eines bestimmten Individuums mit allen Höhen und Tiefen, Erfolgen und Rückschlägen, werden dokumentarisch eingedampft auf eine einzige Sendestunde. Man kann zusehen, wie die Hauptperson im Laufe von 60 Minuten ein neues Leben bekommt bzw. sich in ihrem Leben neu positioniert.
Das dürfte durchaus spannend sein. – Aber Grund zur Euphorie über diese Idee, die für den US-Sender ABC entwickelt wird, besteht kaum. Vergleichbare Formate kennt man hierzulande längst, bei SF läuft in der Gesundheitssendung PULS eine Langzeit-Serie, in der eine Familie begleitet und beobachtet wird, wie sie mit dem Abnehmen zurecht kommt. Aber da das neue Konzept aus den Staaten kommt, findet es vielleicht sogar Eingang in die europäische Privat-TV-Szene, und wird dort dann als gewatlige Innovation gefeiert. Hauptsache, es wird abgenommen.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:56 |
Zu jedem Vortrag über Adipositas und deren Ursachen gehört standardmässig ein Bild aus einem Bahnhof, wo Rolltreppen neben einer „normalen“ Treppe laufen. Die Rolltreppe ist dicht bestückt mit Menschen, die sich in beide Richtungen tragen lassen, während auf der steinernen Treppe nebenan gähnende Leere herrscht.
Bei meinen Referaten muss ich dieses Bild allerdings relativieren. Möglicherweise haben all die Kampagnen und Aufrufe zur Bewegung bereits etwas bewirkt. Wenn ich am Morgen im Bahnhof umsteige, dann sind sämtliche Treppen dicht belegt und auf der Rolltreppe funktioniert die gelbe Markierung bestens: während rechts gestanden und sich am Handlauf gehalten wird, steigen die Eiligen links zügig auf der rollenden Treppe hoch, verbinden so die Bewegung mit dem Komfort der höheren Geschwindigkeit.
Ein völlig neues Treppenmodell kommt nun aus Schweden, wo im Bahnhof von Stockholm die Piano-Treppe installiert wurde. Die „normale“ Treppe neben der Rolltreppe wurde kurzerhand durch entsprechende Beklebung umfunktioniert ins Keyboard eines Klaviers mit weissen und schwarzen Tasten. Unter der Auflage auf den Stufen wurden Sensoren angebracht, die bei Belastung einen Klang erzeigen, die Tonleiter quasi, aufsteigend von unten nach oben.
Und nun ist es absolut amüsant zu sehen, wie die Leute beginnen, spielerisch hüpfend der Treppe Melodien zu entlocken, mit Zwischensprüngen, grossen und kleinen Schritten… es gibt im Video Phasen, wo die Rolltreppe leer bleibt und alles sich auf den Piano-Stufen tummelt. Die Frequenz auf der Treppe habe, heisst es, um 66% zugenommen. – Was Spass macht, das wird auch benützt, so lautet die Schlussfolgerung. Hierzulande würden bei einem solchen Expereiment wohl bald Unterschriften gesammelt gegen die akustische Belästigung.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:08 |
War das zu erwarten? – Es hat sich offenbar herumgesprochen, dass immer mehr Länder eine Kennzeichnung für gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel einführen. Die britische Regierung hat als erste den Versuch mit der Rot-Gelb-Grün-Ampel gewagt und ist auf Widerstand der Industrie gestossen. In vielen Ländern wogt ein Kampf zwischen Pro und Contra, was die Ampel betrifft… und in der Schweiz verfolgt man die bereits andernorts bewährte Piste eines „Empfehlungs-Labels“ („Tick“).
Und nun sehe ich heute – zum ersten Mal, das macht mich stutzig – auf einer Packung mit 14 Mini-„Milky Ways“ (à je 70 Kalorien) unten links ein auffälliges, rotes Label. Auf der Abbildung im Angebot von Le Shop kann man es nur undeutlich erkennen, da es in einer Falte der Verpackung eingeknittert ist: es ist ein roter Kreis, mit dem original OK-Haken drin, sieht genau so aus wie die Labels in vielen Ländern und ist ähnlich wie das für die Schweiz geplante, bloss in Rot statt in Blau. Und daneben steht eine Produkte-Information, die gut zu dem vorgegaukelten „Unbedenklichkeits-Label“ passt: Ohne Konservierungsstoffe, künstliche Aromen und Farbstoffe.
Ganz schön clever. Wer das sieht und sich bewusst ernähren will, muss zugreifen. Was so redlich empfohlen wird, kann nur gut sein für meine Gesundheit. Rot ist eine attraktive Farbe. Bis das blaue Label kommt, haben wir uns schon daran gewöhnt. Wohl bekomms.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:38 |
Gerade noch rechtzeitig bin ich fertig geworden mit einem Projekt, das ich die letzten Tage und Wochen aufschieben musste, weil ich vorübergehend zuvieles gleichzeitig am Hut haben zu müssen glaubte… Aber jetzt bin ich einen Schritt weiter.
Es geht um eine kleine Informationsbroschüre, die wir in Zusammenarbeit mit einem unserer Sponsoren herausgeben. Thema sind die Adipositas-Operationen, Magenband und Magen-Bypass, Eingriffe, die zwar immer öfter ausgeführt werden, die in aller Regel erfolgreich verlaufen, die aber doch gerade in Kreisen der Ärzteschaft häufig auf Skepsis und Ablehnung stossen.
Zwar ist es – bis jetzt – die einzige Adipositas-Therapie, die in „schweren“ Fällen eine nachhaltige und langfristige Wirkung zeigt – abgesehen von einigen Glücksfällen, die es geschafft haben und schaffen, mit einer konsequenten Umstellung der Lebensgewohnheiten ihr neues Gewicht über längere Zeit zu halten.
Ziel ist also Information, Aufklärung, Abbau von Vorurteilen, ohne zu beschönigen, dort wo es sich auch um unbequeme Wahrheiten handelt, die gesagt werden müssen. – Das Heftchen kommt im Dezember heraus. Den Textentwurf habe ich fertig gestellt, jetzt geht es an die Überprüfung der Fakten, die Bereinigung und an den Feinschliff.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:03 |
Das haben wir ja mitbekommen, dass grosse Schweizer Tageszeitungen mit einem neuen Auftritt an neues Publikum kommen möchten. Beim Blick hiess die Parole: zurück zum „harten“ Boulevard, und es sieht aus, als würde flott daran gewerkelt. Heute habe ich mich (obwohl ich ja weiss, dass das nichts bringt) doch reichlich geärgert.
Die Sensations-Redaktion hat offenbar ein Problem mit übergewichtigen Menschen. Nachdem vor einigen Monaten der „dicke Reto“ durch die Mangel gedreht und landesweit unter falschem Vorwand an den medialen Pranger genagelt wurde, geht es jetzt einfallsstark um den „dicken Paul“.
Der Engländer aus Ipswich hat das Pech, zum „schwersten Mann der Welt“ avanciert zu sein, nachdem der bisherige Rekordhalter, der Mexikaner Manuel Uribe, abgenommen hat. Paul Mason heisst das Opfer, ist 48 Jahre alt und wiegt derzeit 444,5 Kilo. Mason ist ein schwerkranker Mann, der ärztliche Hilfe braucht und auf einen Operationstermin wartet.
Die Sensations-Reporter machen aus ihm ein fresssüchtiges Monster, einen Freak, der extreme Spitalkosten verursacht, „zu Lasten der Steuerzahler“ (als würde es sich um einen Sozialschmarotzer von SVP-Gnaden handeln). Wegen Unterschlagung sass er ein Jahr im Gefängnis… auch das muss in Fettdruck gesagt sein, man weiss ja, wie die dicken sind! 20’000 Kalorien verschlinge der Koloss pro Tag, wird genüsslich berichtet (wenn dem so wäre, müsste er täglich mehr als zwei Kilo zunehmen).
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hause Ringier, es ist ja gut, dass ihr macht, was eure Chefs von euch verlangen. Und irgendwie verständlich, dass diese schamlose Hetze gegen dicke Menschen keinen Namen eines „verantworltichen“ Journalisten trägt: dazu hat euch offenbar der Mut gefehlt. Es ist einfach, sich auf Kosten einer ohnehin schon verachteten und diffamierten Gruppe zu profilieren. Aber schwieriger, mit dem Namen dazu zu stehen.
Dicke können sich nicht verstecken.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:34 |
Ich bin mir noch nicht sicher, ob es wirklich ein gutes Zeichen ist. – Während den Herbstferien in Frankreich hatte ich es mir einigermassen gut gehen lassen, was sich in kurzer Zeit gewichtsmässig niederschlug und u.a. dazu führte, dass ich meinen Gürtel ablegen musste, der mir zu eng geworden war. Dank Elasto-Technik schmiegte sich die Jeans hingebungsvoll an meine Rundungen, aber auch sie begann mit der Zeit zu spannen.
Wieder zu Hause sann ich auf Besserung und versuche seither, den Kalorienkonsum wieder zu überwachen. Ab und zu gelingt das auch. Aber so richtig purzeln wollen die Pfunde trotzdem nicht, weshalb ich mich geniere, auf die Waage zu steigen, solange ich mich nicht selber leichter fühle. – Gestern nun, ich hatte eine Sitzung in Bern, fiel mir auf dem Weg zum Bahnhof auf, dass meine bis anhin anlehnungsbedürftige Hose ins Rutschen kam. Alle fünf Schritte musste ich sie beim Bund packen und nach oben ziehen, wollte ich nicht riskieren, plötzlich unten ohne auf der Strasse zu stehen. Das muss ulkig ausgesehen haben: ein gestandenes Mannsbild, das dauernd an seiner Hose zupft…
Heute habe ich einen Gummigurt eingezogen und nun sitzt das Beinkleid wieder unverrückbar. Trotzdem plagen mich noch Zweifel: habe ich wirklich abgenommen? In der Regel ist bei mir Gewichtsverlust zuerst in der Bauchgegend spürbar. Aber ich „fühle“ mich noch nicht erleichtert. Könnte es sein, dass sich die Hinterbacken etwas dünner gemacht haben? Dass der Hosenbund deshalb ins Gleiten gekommen ist? Oder dass sich das Bauchfett bloss verlagert hat, tiefer gerutscht ist, in die Fettschürze, so dass oben der Halt verloren ging? – Zum Glück habe ich verschiedene Gürtel in verschiedenen Längen aus verschiedenen Stadien.
Und morgen stehe ich auf die Waage.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:18 |
Vor drei Wochen habe ich mich hier über die Verlogenheit der Werber mokiert, die Maltesers-Schokokugeln mit der fahrlässigen Aussage anpriesen, sie hätten weniger als 190 Kalorien. – Offenbar war ich nicht allein mit meiner Kritik, denn heute sehe ich plötzlich, dass in dem gleichen TV-Spot bei der entsprechenden Stelle unten eine Schrift eingeblendet ist, nicht allzu gross, aber doch einigermassen leserlich, mit dem Hinweis: in 37 Gramm.
Damit ist die Aussage auf den Boden der Realität zurückgeholt worden. Jetzt stimmt sie sogar und man kann sie nicht mehr der wahrheitswidrigen Anpreisung bezichtigen, auf 100 Gramm ergibt das rund 500 Kalorien, was mit der offiziellen Nährwert-Deklaration durchaus übereinstimmt und uns direkt zum nächsten Problem führt: die 37 Gramm stellen offenbar eine „Portion“ dar, wie sie nach den Richtlinien für die Angaben beim GDA-System (Empfohlener Tagesbedarf) zu definieren sind. Offen ist dabei, ob es beim Essen/Naschen bei dieser einen Portion auch bleibt, oder ob der beworbene Genuss dazu führt, dass eine zweite, dritte Staffel reingezogen wird. Klar, kann man sagen, hier kommt nun die beliebte Eigenverantwortung ins Spiel und wenn der Mensch genügend Willenskraft beweist, lässt er es sogar bei einer halben Portion bewenden. Die Menge machts auch hier.
Klärung zeichnet sich auch ab beim Projekt eines einheitlichen Empfehlungs-Labels für Lebensmittel. Das Bundesamt für Gesundheit hat heute an einer Fachtagung orientiert über den aktuellen Stand der Überlegungen, die in gewissen Kreisen schon für Unruhe gesorgt haben. Man hat sich in der Studiengruppe für eine Lösung entschieden, die seit zwei Jahren erfolgreich im Aufbau ist und schon in 9 EU-Ländern umgesetzt oder zumindest in Prüfung ist. Es geht um das Modell Choices International: ein Symbol, das den KonsumentInnen anzeigt, dass es sich hier um ein „empfohlenes“ Produkt handelt, von dem man freilich auch nicht beliebige Mengen verschlingen darf: ein blaues OK-Häkchen in dem eine Sonne aufgeht, mit dem Schriftzug „Bewusst Wählen“.
Wie der Name sagt, soll dieses Zeichen auf der Lebensmittel-Verpackung zeigen, ob ein bestimmtes Produkt in seiner Zusammensetzung den Richtlinien entspricht, die für 27 verschiedene Lebensmittel-Kategorien von Experten festgelegt wurden. Hersteller müssen ihre Angebote testen und zertifizieren lassen, ehe sie das empfehlende Zeichen erhalten, die Kontrolle erfolgt durch eine unabhängige Instanz. – Auch hier wird sich unter anderem die Frage nach der Portionengrösse stellen… wobei nach den Angaben, die bis jetzt bekannt sind, die Referenzwerte immer auf 100 Gramm berechnet sind und nicht in Portionen umgemünzt werden können.
Dieser Vorschlag ist ein Schritt in die richtige Richtung, der bei Bedarf immer noch angepasst und weiter entwickelt werden kann. Schade, dass im Rahmen der Präsentation eine Vertreterin einer KonsumentInnen-Organisation sich beklagen musste, dass sie den Vorschlag nicht unterstützen könnte, weil sie zu spät konsultiert worden sei… noch geht es uns zu gut, wenn wir Energie für solche Zickenkriege haben, über die sich nur die Gegner einer wirkungsvollen Regelung freuen werden.
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