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Von Heinrich von Grünigen um 21:07 |
Alle Schauergeschichten von unterernährten oder gar verstorbenen Magermodels haben wenig genützt. Die stegläufigen Idole für Modeschauen bleiben dürre Klappergestalten, das führt uns ein TV-Sender namens Fashion-TV 24 Stunden am Tag bildhaft vor Augen.
Und doch geschehen Zeichen und Wunder. Erstmals waren über dieses Wochenende an der New York Fashion Week Kleider in Übergrössen zu sehen, und zwar nicht einfach die unförmigen Zeltsäcke, die man hierzulande gelegentlich vorfindet, sondern eine elegante, farbenfrohe Kollektion, präsentiert von ansehnlichen, stolzen Frauen in prächtiger Fülle.
Ist damit nun der Bann gebrochen? Sind Damen im Normalformat zugelassen als akzeptierte Vertreterinnen von Stil und Chick? Wird man künftig auch Kollektionen von renommierten ModeschöpferInnen in XXL-Grössen bewundern und auch kaufen können?
Auch wenn der Applaus in NY offenbar nachhaltig und gross war, möchte man doch noch etwas skeptisch bleiben. Eine ganze Industrie, die bisher von der Auszehrung gelebt hat, wird nicht innert nützlicher Frist auf mollige Vollformate umschwenken, dazu müssten zuerst die gängigen Clichés abgebaut oder umgepolt werden.
Zwar häufen sich die Anzeichen, dass dickere Menschen in US-Comedies nicht mehr nur die Vollpfosten-Rollen spielen, sondern dass es zunehmend Exemplare gibt, die zu Sympathieträgern werden, wie etwa in Mike & Molly... Aber das sind immer noch eher die vereinzelten Schwalben, die keinen Sommer ausmachen. Warten wir auf den Klimawandel.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:09 |
Es gibt wieder Morgenröte am Übergewichts-Horizont. Heute beim Zappen bin ich in einem der Wahrsager-TV-Sender auf eine hoffnungsvolle Botschaft gestossen. Die gerade amtierende Dame teilte ihrem Publikum mit, sie böte nun in der kommenden halben Stunde Synapsenprorammierung an. Dazu zeigte sie eine Bildtafel mit einem farbigen Kreisgebilde drauf. In den einzelnen Sektoren dieser Kreise waren Texte eingedruckt. Dies seien Sätze, die sie ihren Kunden vorlesen würde, worauf diese die Sätze dann wiederholen könnten, so dass sie sich in ihr Gehirn einprägten, und dann sei alles gut.
Sie wisse, wovon sie spreche, betonte die sonst unauffällige Dame, denn sie seindiplomierte Kinesologin. Es war tröstlich zu erfahren, dass selbst eine diplomierte Therapeutin den Namen ihres Berufs nicht korrekt aussprechen kann. Sie gehe übrigens dann kommende Woche an eine Weiterbildung in Synapsenprogrammierung, da werde auch gelehrt, wie man diese Behandlung gegen Übergewicht anwenden könne. Schon am Tag nach dem Kurs, sagte sie, wäre sie dann wieder am Sender und könnte all das Gelernte weitergeben und die Menschen vom Übergewicht erlösen.
Denn es sei so, dass in den meisten Menschen die Synapsen – das seien die Verbindungen wie in einem Computer, sagte sie, denn der Computer sei ja seinerzeit im Wesentlichen dem menschlichen Gehirn nachgebildet worden – dass also die meisten Synapsen destruktiv programmiert seien, das komme automatisch so, und dagegen könne sie mit ihrer Tabelle und den Sätzen etwas machen. Für 4Franken 50 pro Minute.
Ich traue der Sache doch nicht so recht. Vor einigen Jahren hatte zwar sogar die als seriös geltende „action d“ bei der Aufklärung über Diabetes-Risiken gut besuchte Vorträge angeboten, in denen es um NLP ging, also um Neurolinguistisches Programmieren als Massnahme gegen Übergewicht, und ich stelle mir vor, dass es bei den Synapsen um etwas Ähnliches gehen könnte… nur habe ich seither nichts mehr zu diesem Thema gehört. Vielleicht müsste man der Sache mal ohne Wahrsagerei nachgehen.
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Von Heinrich von Grünigen um 21:53 |
Der Fall des Linienrichtes wirft die Frage nch der Zuverlässigkeit des BMI auf. Dass dieser immer etwa wieder in die Kritik gerät, ist bekannt. Trotzdem hält die Forschung daran fest, dass er als EIN Element für die Definition der Ausbreitung der Adipositas nach wie vor das tauglichste Werkzeug ist, weil er allein international anerkannte Vergleiche zulässt und weil bei der Vermessung des Bauchumfangs etwa ein viel zu grosser Interpretationsspielraum besteht, um „genaue“ Resultate zu erzielen.
In dieser Debatte trifft es sich gut, dass nun auch unterschieden wird zwischen Adipositas mit erheblichen gesundheitlichen Risiken durch Nebenerkrankungen und zwischen metabolisch gesunder Adipositas. Gemeint ist dabei ein BMI über 30, bei dem jedoch die Merkmale der Komorbiditäten, die auf das metabolische Syndrom schliessen lassen, fehlen: keine Prädisposition für Diabetes, keine Gefährdung des Herzkreislaufsystems.
In dem Studienbericht ist allerdings keine Rede von den Abnützungs-Schäden der Gelenke, die durch das exzessive Gewicht verursacht sind. Aber die Überlegung hat etwas für sich, dass eine sorgfältige medizinische Abklärung der Risikofaktoren die Grundlage sein müsste für den Entscheid, welche therapeutische Massnahme angezeigt und gerechtfertigt ist.
Ebenso wichtig ist auch die Erkenntnis, dass ein BMI von 26 nicht schon automatisch das Todesurteil bedeutet… dies müsste heute mancher jungen Dame und auch manch smartem Businessman eingebläut werden.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:37 |
Er steht neben dem Spielfeld und beobchtet. Geht der Ball über die Linie, gibt er ein Zeichen. Heute befinden wir uns in dieser Rolle und heben die rote Fahne: ACHTUNG DISKRIMINIERUNG!
Die Aargauer Zeitung hat den Fall gestern aufgegriffen: von seinem Club wurde der Volleyball-Linienrichter D.G. an die Europameisterschaft delegiert, doch im Juni wurde diese Nomination wieder zurückgenommen. Der Internationale Volleyball-Verband hatte eine Richtlinie erlassen, nach welcher die Linienrichter gewisse Kriterien bezüglich Fitness und Gesundheit erfüllen sollen. Dazu gehören der Body-Mass-Index und der Bauchumfang. Der BMI darf nicht über 30 sein und der Bauchumfang nicht mehr als 102 cm betragen – das sind die offiziellen Grenzwerte für den Befund „Adipositas“.
D.G. hatte einen BMI von 36,4. Dies bedeutete das Aus für seinen Einsatz an der EM. In der heutigen Ausgabe wurde nachgedoppelt. Mit einer Stellungnahme der SAPS und einem Statement aus der Sportmedizin. Erfreulich ist die grosse Solidarität mit dem ausgeschlossenen D.G., die in den Online-Kommentaren zum Ausdruck kommt.
Hier wurde klar die Diskriminierungs-Linie überschritten. Es geht nicht an, jedem Menschen mit einem BMI über 30 quasi „automatisch“ die körperliche Fitness abzusprechen. Zum Glück hat der europäische Volley-Verband signalisiert, dass er bereit sei, seine Zulassungs-Kriterien zu überprüfen.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:31 |
Eine Nachricht in den Nachrichten. Es sei – besagt sie – laut einer NGO-Studie nicht auszuschliessen, dass auch renommierte Schweizer Firmen im Bekleidungsbereich ihre Ware in Asien mithilfe von Kinderarbeit herstellen lassen.
Kinderarbeit ist ein mehrschichtiges Problem. Auf der einen Seite gibt es ganze Landstriche, wo Eltern ihre Kinder als Arbeitssklaven „verkaufen“ müssen, weil dies der einzige Weg für die Familie ist, um zu überleben. Wenn solche Kinder und Jugendliche einen fairen Lohn erhalten und unter menschenwürdigen Bedingungen so tätig sind, dass sie daneben zur Schule gehen und etwas lernen können, dann ist dies besser als eine gnadenlose Ausbeutung der Kleinen, wie sie auch bei uns vor noch nicht allzu langer Zeit gang und gäbe war.
Aber grundsätzlich sollten Kinder auch als Kinder aufwachsen, spielen, lernen, sich entwickeln können, unter Respektierung der international anerkannten Charta der Kinderrechte.
Die Meldung hat mich heute Morgen beim Aufstehen wieder eingeholt und ich habe mir vorzustellen versucht, wie so ein indischer oder pakistanischer Textilarbeiter (oder war es ev. sogar ein Kind?) an seiner Nähmaschine sitzt und im Akkord für einen minimalen Lohn meine 5XL-Unterhose näht… und welche Gedanken dabei den Arbeitenden durch den Kopf gehen, wenn sie sich vorstellen, welcher europäische oder amerikanisch A**** einmal in diesem Kleidungsstück stecken wird, mit dem man zuhause die ganze Familie bekleiden könnte… Wie überhaupt Menschen leben würden, die solch riesige Unterhosen oder T-Shirts wie Biwakzelte brauchen… was die den ganzen Tag verschlingen mögen, dass sie so unförmig und dick werden, dabei geht die Produktelinie, an der in dieser riesigen Halle von Hunderten von NäherInnen gearbeitet wird, bis zu 10XL… eine Grösse, die kaum mehr vorstellbar ist, es sei denn, man würde einen Fahrradanhänger damit überziehen…
Und dann stellt sich der Vergleich ein zwischen dem Speiseplan des Textilarbeiters und dem meinen, der darauf ausgerichtet ist, dass ich wenn möglich etwas abnehmen kann. Eine Sorge, die der Arbeiter oder das Kind an der Nähmaschine nicht kennt, wenn seine flinken Finger die Stoffbahn unter der Nadel durch führen und wenn am Schluss der Stempel unterhalb des Elastikbandes auf den Stoff kommt: 100% COTTON / MADE IN INDIA
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Von Heinrich von Grünigen um 17:01 |
Jedes sechste Schulkind in der Schweiz ist zu dick. Bei Ausländer-Kids ist es sogar jedes vierte. Das hat eine aktuelle Studie ergeben.
Seit heute läuft in der Migros die Aktion „MiniMania“ mit 52 Miniatur-Attrappen von Markenprodukten aus dem Migros-Sortiment. Beim Einkauf im Wert von mehr als 20 Franken wird ein solches Mini-Produkt abgegeben, an bestimmten Tagen gibt es auch spezielle Joker-Produkte als Anreiz. Mit diesen Prodüktlein können die Kinder dann spielen und täuschlen…
Als ich vor einiger Zeit die Ankündigung dieser Aktion sah, freute ich mich spontan, denn im historischen Verkäuferlis-Laden unserer Enkelin ist das Sortiment an handelsüblichen Waren schon länger ausgedünnt, und der blau-weisse Zuckerstock ist irgendwie auch nicht mehr zeitgemäss.
Als ich dann aber ein wenig in der einschlägigen Website herumgesurft bin, sind mir Zweifel gekommen, ob es bei dieseer Aktion wirklich primär darum gehe, die Migros als Kinderfreund zu positionieren. Im Unterschied zu früheren Aktionen, wo man Bildlein oder Spielsteine oder verschiedenartige Plasticfiguren sammeln konnte, verkörpert hier jede einzelne Miniatur ein bestimmtes Kauf-Gut und wird als solches auch angepriesen und belobt, sprich: beworben.
Interessant ist ein Blick auf auf die Verteilung der Produkte im Sortiment. Den grössten Anteil (10 Artikel) machen Süsswaren und Schokolade aus. Dazu kommen noch 4 Süssgetränke (inkl. Energy Drink) und zwei Sorten Pommes. 8 Haushaltprodukte ergänzen das Sortiment (von WC-Papier bis zu Dusch-Gel), dreimal steht Gebäck im Angebot, viermal Fleischwaren, viermal Milchprodukte und fünfmal Beilagen. Viermal (!) gibt es Früchte und Gemüse… einmal Mineralwasser (wobei positiv zu vermerken ist, dass bei jedem Süssgetränk bei den ergänzenden Informationen darauf hingeiwesen wird, das ideale Getränk wäre reines Wasser.) Dann gibt es noch so einige Einzelposten wie Kaugummi, Aromat, Kaffee, Fertigpizza, Ketchup, Frühstückflocken und Eier.
Würde man diese Angebote in die klassische Lebensmittel-Pyramide einordnen, so ergäbe dies das typische Abbild der sog. „Werbe-Pyramide“, bei der die fett- und zuckerhaltigen Speisen den Hauptanteil ausmachen, die quasi auf dem Kopf steht. Diese Wirkung wird leider noch verstärkt durch einzelne begleitende Texte, wie den bei den Süsswaren, wo doch tatsächlich zu lesen ist: „Vor gar nicht allzu langer Zeit, nämlich bis ins 16. Jahrhundert hinein, galten Süsswaren in Europa als echte Luxusartikel. Nur der Adel und reiche Kaufleute konnten es sich leisten sie zu essen. Das hat sich zum Glück geändert! Heute gibt es Süssigkeiten überall und für jeden zu kaufen.“
Es lohnt sich, solche Botschaften mit einer gewissen kritischen Distanz zur Kenntnis zu nehmen. Denn damit unterläuft die Migros alle Bestrebungen, nach internationalem Vorbild die Kinder bis zu 12 Jahren vor werbenden Botschaften für „ungesunde“ Produkte zu bewahren, auf die sich die grossen Lebensmittelproduzenten auf freiwilliger Basis (Stichwort: Swiss Pledge) verpflichtet haben.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:33 |
Das vergangene Wochenende stand im Zeichen der starken Männer. Und heute sind alle Zeitungen voll davon. Porträts der Sieger und Verlierer, Geschichten über Promis am Rand der Sägemehl-Arenen… und plötzlich stehen die mächtigen, bulligen, stiernackigen, schweren Burschen im Blitzgewitter der Aufmerksamkeit und im Fokus der Sympathien der Bevölkerung.
Auch wenn sie „Böse“ sind, mag man sie, denn sie sind faire Sieger und gute Verlierer, klopfen einander das Sägemehl vom Rücken und brechen vor lauter Überwältigtsein sogar in Tränen aus. Und alle sind sie eigentlich dick. Sie sind bis zu 142 Kilo schwer und haben einen BMI zwischzen 30 und 37…
Halt, höre ich hier rufen: das ist ja eben das Problem mit dem BMI. Die Schwinger werden ja wohl keinen übermässig hohen Anteil an Körperfett haben, das sind Muskelpakete und durchtrainierte Kraftmaschinen… auch wenn sie nicht eigentlich wie Bodybuilder aussehen.
Und trotzdem: ihr Erscheinungsbild gleicht dem eines adipösen Menschen, sie haben kurze, feste Hälse, ihr Bauchumfang füllt die Schwingerhosen aus, wenn sie ihre Leiber gegeneinander stemmen, wabbeln die Wampen wie bei Sumoringern… und wären sie keine Helden des Sports, so würde sie die Verachtung derer treffen, die sich selber für „normal“ halten.
„Dick“ ist nicht gleich dick… der Kranzschwinger trägt seine Fülle mit sportlicher Würde, er verdankt ihr nicht zuletzt seinen Sieg, womöglich sogar über ein noch schwereres Exemplar seiner Gattung. Das verlangt Respekt und bringt Anerkennung. Im Unterschied zum armen Teufel, der unter seiner Fettleibigkeit leidet und allenfalls Spott und Häme erntet. Eine gute Gelegenheit, seine eigenen Vorurteile zu überprüfen.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:27 |
Unser Glaube an die Medizin und ihre Vollstrecker ist gross. Das Vertrauen ebenso. Was immer uns an Krankheiten befällt – und das Wort sagt schon aus, dass wir meinen, es treffe uns unerwartet und aus dem Hinterhalt – der Onkel Doktor wird sich darum kümmern und unseren gebrechlichen Leib wieder heil machen, denn dafür lassen wir uns doch die Krankenkasse etwas kosten.
Dass wir aber für unsere Gesunderhaltung eine wesentliche Mit-Verantwortung tragen und mit unserem persönlichen Verhalten (sprich: Prävention) dazu beitragen können, dass wir gar nicht erst krank werden, das ist ein Aspekt, den wir in dieser leistungsorientierten Zeit nur allzu gern vergessen. Wir denken, unser Körper funktioniere wie ein Auto, mit einer generellen Garantie für eine bestimmte Betriebsdauer… und geht mal etwas kaputt, wird es in der Garage wieder geflickt oder das ganze Teil ersetzt.
Ein Gerichtsurteil der besonderen Art hat in Australien gezeigt, dass es auch eine andere Dimension gibt, wie der Medical Observer berichtet. Ein adipöser Patient – mit dem beachtlichen BMI von 59 – war von seinem Hausarzt nicht auf die Möglichkeit einer bariatrischen Magen-Operation hingewiesen worden… unter anderen deshalb, weil er infolge seiner Adipositas einen Leberkrebs entwickelt hatte und darum nur noch eine verkürzte Lebenserwartung hatte.
Der Patient hatte den Arzt wegen unterlassener adäquater medizinischrer Hilfe verklagt und Schadenersatz in der Höhe von 364’000 Dollar verlangt, die ihm erstinstanzlich zwar zugesprochen, im Berufungsverfahren dann aber wieder verweigert wurden.
Der Arzt, den das Gericht so vor einer Genugtuungs-Leistung bewahrt hatte, sagte, es tue ihm zwar leid für den Patienten und dessen Familie, aber das Urteil „vermittle die Botschaft, dass jeder nach wie vor für die Wahl seines Lebensstils selber verantwortlich ist und diese nicht an seinen Arzt abschieben kann.“
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