29/6  Weniger Markt für Süsses

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:49

Eine Schwalbe mache noch keinen Sommer. Aber als die Taube den Ölzweig brachte, sah Noah, dass die Wasser wichen. Als was für ein Omen sollen wir nun die Meldung aufnehmen, dass der weltweit grösste Nahrungsmulti, Nestlé, sich strategisch von der Produktion und vom Handel mit Süssigkeiten verabschieden will und statt dessen mit Medikamenten, Mineralwasser und gesunden Lebensmittel-Angeboten die Welt verbessern und sein Geld machen will?

Ist es „nur“ der Einfluss eines neuen, aufsässigen Investors, der sich ein Aktienpaket erstanden hat und dafür Anpassungen im Geschäftsgebaren einfordert? Oder ist es, weil – wie verlautet – der Bereich Süsswaren ertragsmässig eingebrochen ist und im letzten Jahr mit einem Wacvhstum von „nur“ 1,8 Prozent die geringste Rendite aller Nestlé-Sparten auswies?

Noch vor sechs Jahren hatte der Konzern massiv in die süsse Zukunft investiert, hatte für 1,7 Milliarden in China Schleckerei-Werke aufgekauft, hatte vorher in ganz Amerika traditionelle Dickmacher gehamstert… und nun? Ist der Ertrags-Rückgang effektiv auf ein verbessertes Konsumentenbewusstsein zurückzuführen? Ist die Abkehr des Volkes von den Zuckersachen eine Folge der intensiven Information auf allen Kanälen über die gesundheitlichen Risiken eines überhöhren Zuckerkonsums?

Schön wäre es. Dann hätte der Markt seine selbstregulierende Kraft bewiesen und die VerbraucherInnen hätten ein Beleg dafür, dass es sich lohnt, bewusst, gezielt und überlegt einzukaufen.

Aber was passiert dann mit den Firmen, die von Nestlé abgestossen werden? Schon setzen Spekulationen darüber ein, welche der „Marken“ die Firma behält (angefangen von der traditionsreichen Schweizer Cailler-Schokolade bis zur KitKat-Massenware, mit der die Schwellenländer nach wie vor überschwemmt werden). Wechseln die Fabriken nur den Besitzer? Und werden die zu fettigen und zu süssen Schleckwaren weiterhin kraftvoll an die Kundschaft gebracht? Oder zeichnet sich ein effektiver Wandel, eine absichtsvolle Verhaltensänderung ab? Man darf gespannt sein und hoffen…




26/6  Grün und dick

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:14

Das hat ja nicht direkt etwas miteinander zu tun. Irland ist die „grüne Insel“, ein natürliches Paradies am Rande der industrialisierten Welt, zwar latent immer noch von Glaubenskämpfen zerrissen, aber in unserer Vorstellung (und jener der Reisebüro-Werbung) der Inbegriff der heilen Welt, wo die Butter von glücklichen Kühen auch noch so schmeckt.

Und doch ist Irland adipositas-mässig eines der „dicksten“ Länder: 38% der Erwachsenen sind laut WHO-Statistik adipös! Und noch ist keine Besserung in Sicht. Eine Steuer auf zuckergesüssten Getränken soll helfen, der weiteren Ausbreitung der Übergewichts-Epidemie Einhalt zu gebieten. Das Vorhaben ist auch auf der Insel umstritten, die Getränkeleute wehren sich vehement, klagen über unfaire Diskriminierung und zweifeln den Nutzen der Massnahme an. Der Finanzminister selber äussert Vorbehalte: eine solche Taxe könne nur wohlüberlegt und wissenschaftlich fundiert eingeführt werden, sie dürfe keinen administrativen Aufwand verursachen und müsse alltagstauglich sein.

Aber ob sie etwas zur Verbesserung der Situation an der Adipositas-Front beiträgt? – Dieser Frage nahm sich ein Wissenschafter-Team im Zentrum für Ernährungsforschung an der Universität Cork an, indem es das Trinkverhalten von 1’075 Kindern zwischen acht und elf während drei Tagen protokollieren liess und die so gewonnenen Informationen in Korrelation setzte zu deren Körpergewicht und anderen Lifestyle-Faktoren.

Das Resultat, knapp ausformuliert: übergewichtige und adipöse Kinder trinken mehr zuckergesüsste Getränke als die andern. Während normalgewichtige Kinder am Tag im Schnitt 3,2 Deziliter tranken, konsumierten die „dicken“ Kids 3,8 Dezi. Die Studienleiterin Dr. Janas Harrington präsentierte diese Resultate unlängst am Europäischen Adipositas-Kongress in Portugal. Natürlich würde die Einführung einer Steuer auf Zuckergetränken dasProblem nicht aus der Welt schaffen, aber sie könnte doch einen namhaften Beitrag zur Lösung darstellen, im Sinn eines „faszinierenden Public-Health-Experimentes“. Und so die grüne Insel auf ihrem Weg zum „dicksten Land Europas“ (WHO) ein wenig ausbremsen.




23/6  Anti-Trump-Programm

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:54

Trump-Bashing ist ein beliebter Sommersport. Weit über den professionellen Journalismus hinaus. Aber da die Vorgänge in USA auch für unsere Breitengrade Signalwirkung haben können, lohnt es sich, genauer hinzuschauen, wenn es um die Frage geht, wie die Trump-Administration (der Mann mcht ja nicht alles im Alleingang) mit dem Thema „gesunde Ernährung“ umgeht.

Ernährungswissenschafterin Marion Nestle hat in ihrem Blog ein gutes Dutzend von Trump-Entscheiden und -Vorstössen aufgelistet, um das Rad auch im Bereich einer gesundheitsförderlichen Ernährungspolitik zurückzudrehen und damit die Bevölkerung ernsthaften Ernährungs-Risiken auszusetzen. Nestle spricht sogar von einem „Krieg gegen die Nahrung“:

Dabei geht es einerseits um massive Budgetkürzungen bei Forschungs- und Förderprogrammen zur Verbesserung der Nahrungs-Situation bei bedürftegen Familien, in Entwicklungshilfe-Programmen und an Schulen, aber auch um die Lockerung von gesetzlichen Auflagen im Zusammenhang mit der Nährwert-Deklaration, der Lebensmittelsicherheit, um die erneute Zulassung von Chemikalien in der Landwirtschaft, um das Einmotten von Plänen zur Reduktion des Salz- und Zuckergehaltes in den Lebensmitteln und manch anderes mehr.

Diese Übersicht sei alarmierend und besorgniserregend, folgert Nestle, und alle, denen gesunde Ernährung ein Anliegen ist, sollen Widerstand leisten – aber wie? Marion Nestle zuckt die Schultern: How? – that’s the question…

Wir, die wir hier nicht unter dem Trump-Regime leben, hätten es da leichter. Wir könnten einfach in all den genannten Punkten das Gegenteil anstreben und unterstützen. – Dummerweise wird der Trumpismus aber selbst in dieser Thematik auch hierzulande politische Anhänger finden, und leider wohl nicht zu knapp.




21/6  Bye bye Oversize!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:40

Es war ein Schock, als der Brief eintraf. Ein renommiertes Herren-Bekleidungsgeschäft, auf Übergrössen spezialisiert, bei dem ich seit mehr als vier Jahrzehnten regelmässig zufriedener Kunde war, teilte seiner geehrten Klientel mit, dass es Mitte Juli schliessen müsse und dass im Schluss-Ausverkauf Rabatte von 50 bis 70 Prozent auf allen Artikeln winkten.

Das Geschäft war vor 90 Jahren gegründet worden und hat stets beste Qualität, allerdings auch zu respektablen Preisen, geboten, und zwar für wirklich alle Grössen. Und nun das Aus? Was war geschehen?

Die Begründung im Brief liest man verwundert: Wegen Totalrenovation und geplanter Umnutzung der Liegenschaft musste ein neues Lokal gesucht werden. Die Suche blieb leider erfolglos (Lage und Miete konnten offenbar auf dem teuren Zürcher Pflaster nicht optimal in Einklang gebracht werden), man sah keine andere Möglichkeit als die – zumindest vorübergehende – Geschäftsschliessung, verbunden mit Totalliquidation.

Auch wenn ich selber ja inzwischen nicht mehr auf das Übergrössen-Sortiment angewiesen bin und mich locker von der Stange bei C&A und Konsorten einkleiden kann, wollte ich doch noch einen letzten Sympathisanten-Einkauf tätigen. So machte ich mich gestern auf den Weg und staunte nicht schlecht: schon von weitem fiel auf, dass die grossen Schaufenster, in denen vormals die dickbäuchigen Herren-Figuren standen, welche die Gesichtszüge bekannter übergewichtiger Prominenz trugen, nun leergeräumt waren, kein einziges Kleidungsstück war mehr zu sehen. Im Innern ebenfalls gähnend leere Regale und Stangen, wo früher die Anzüge, Hosen, Jacken der verschiedenen, edeln Produktelinien sich aneinander reihten… und das kaum zwei Wochen nach Versand des Liquidations-Briefes!

Der Ansturm, sagte mir der Verkäufer, sei so gross gewesen, dass man gewisse Kleidungsstücke nochmals nachbestellen musste, um die Erwartungen zu bedienen. Aber die Auswahl in den meistverkauften Grössen war drastisch geschrumpft, gewisse Teile des Sortiments waren völlig ausverkauft, ich konnte mir gerade noch eine leichte Sommerhose und ein Sommerhemd erstehen…

Wie gesagt: es war ein Sympathiekauf. Trotz Rabatt wären die Klamotten im Billigladen wohl um die Hälfte günstiger gewesen. Trotzdem wird das Angebot der Gemeinde der gutbetuchten Adipösen fehlen. Und wir hoffen mit ihnen, dass die Schliessung doch nur vorübergehend sein möge.




20/6  Wunderpillen im Duett

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 13:56

Eine sonderliche Werbung hat mir der Algorythmus auf den PC gespült. Absender ist eine „Damen-Apotheke“ irgendwo im elektronischen Nirwana, und beworben werden in einem Doppel-Inserat zwei Produkte, von denen man auf den ersten Blick nicht annehmen möchte, dass sie etwas miteinander zu tun haben.

Im oberen Bild geht es um ein Generikum für den Fettblocker Xenical. Das wird als ideales Allheilmittel zur Gewichtsabnahme angepriesen, im Online-Handel rezeptfrei (im Unterschied zum offiziellen Bezug in Schweizer Apotheken). – Im unteren Bild geht es um Lovegra, ein Potenzmittel, auch als „Viagra für Frauen“ bekannt, zu 5.75 Euro pro Pille…

Meine erste Reaktion war Kopfschütteln… was haben diese beiden Pharmaprodukte gemeinsam? Aber beim Schütteln verfestigte sich trotz der drückenden Hitze im obersten Büro-Geschoss, direkt unter dem Flachdach, die Erkenntnis (oder die Vermutung), dass dies wieder einmal eine unsinnige Clichierung alter Vorurteile sei: nur wenn du abgenommen hast und schlank bist, kann man dich als LiebhaberIn gebrauchen; wenn du dann zusätzlich noch dein Lustempfinden steigerst, kommst du direkt in den Sinneshimmel, fit und dünn und allzeit bereit.

Das macht natürlich Sinn, wenn man die Sache so besieht. Was mich aber doch nicht daran gehindert hat, die Löschtaste zu drücken und das Xenical/Lovegra-Kombi in den eletronischen Orkus des WWW zurückzuschicken. Delete.




19/6  Auf Spur

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:43

Die Foodtruckerin. So heisst eine Reihe des deutschen Nachrichtensenders N24. Eine junge Frau ist darin unterwegs zu zahlreichen Schauplätzen, an denen Essbares hergestellt wird, auf der Suche nach „guten“, nachhaltigen, umweltgerechten Produkten und deren Produzenten. Sie hat eine frische, etwas forsche Art, ihre jeweiligen Gegenüber zu befragen. Zwischen ihrer Spurensuche vermittelt sie wertvolle Informationen, die auch zum Nachdenken und Vergleichen anregen.

Gestern Abend bin ich beim Zappen zufällig in die Folge „Es gibt Fleisch!“ geraten. Mit zunehmendem Interesse habe ich die Dokumentation verfolgt. Für einmal ging es nicht darum, über Missstände, schlechte Arbeitsbedingungen, fehlende Qualität beim Junkfood und so zu klagen, sondern um das Aufzeigen von guten Beispielen, mustergültigen Betrieben, vorbildlichen Berufsleuten in Landwirtschaft und Fleischproduktion…

Das zeigte, dass es neben der Billig-Billig-Ware im Supermarkt auch noch eine andere, alternative Welt gibt, wo die Herstellung von Lebensmitteln unter Berücksichtigung des Tier- und des Menschenwohls oberste Priorität hat und mit viel Herzblut betrieben wird. (Was mich dabei an diesem Format etwas nervte: die Foodtruckerin ist nicht nur Reporterin, sie lässt es sich nicht nehmen – wie bei uns im Privatfernsehen weiland die oft unsägliche Sarah Bachmann, die alles „gemacht“ hat – selber in vielen Situationen Hand anzulegen, im Stall Streu zu schütten, beim Metzger ein Rind zu zerschneiden… muss das wirklich sein?)

Aber Felicitas Then ist nicht nur Reporterin, sie bloggt auch und kocht in ihrer fahrbaren Küche, die in einen Anhänger (Truck) eingebaut ist, wo sie am Schluss dann die riesigen, saftigen Schweinskoteletts mit der dicken Fettschicht auf dem Kugelgrill brät, dass einem das Wasser fontänenweise im Mund zusammenläuft… – Wenn es „gutes“ Fleisch ist (das natürlich seinen Preis hat), dann soll es auch wirklich gut schmecken.

 




13/6  Rosa Schleim

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 19:55

Eine böse Geschichte mit offenem Ausgang. Sie geistert seit einiger Zeit durch die Medien und hat unlängst wieder beklemmende Aktualität erreicht. Es geht um Fleisch bzw. um das, was davon noch verwertbar zu sein scheint, nachdem schon alles vom Schlachtkadaver abgetrennt wurde, was noch irgendwie nach Fleisch aussieht. Ein Fleischmulti in USA hatte offenbar eine Technik entwickelt, die allerletzten fleischähnlichen Reste maschinell so zu bearbeiten, dass sie noch eine hellrote (rosa) Paste hergaben, die man verkaufen konnte als Zusatz, um das Hackfleisch bei der Hamburger-Zubereitung zu strecken.

Journalistische Recherche hatte den Vorgang aufgedeckt und publik gemacht, worauf sich namhafte Burger-Brater vom für eklig gehaltenen Ergänzungs- und Verbilligungsgeschäft zurückzogen. Der Konzern hatte nun das publizierende Medium (ein Unternehmen aus der Disney-Gruppe) auf Schadensersatz in Milliardenhöhe verklagt. Im anstehenden Monsterprozess geht es um Lebensmittelsicherheit im Zeitalter von JunkFood. Marion Nestle dokumentiert in ihrem Ernährungs-Blog die Chronologie des Vorgangs und verspricht, dran zu bleiben.

Bei meiner Suche nach weiteren journalistischen Quellen bin ich auf ein interessantes Phänomen gestossen: gibt man „rosa Schleim“ bei Google ein, kommen sogleich eine Fülle von Hinweisen auf medizinische Phänomene, vom COPD-Auswurf bis zum Vaginalsekret, als hätte jemand alle Texte zur Fleischverarbeitung gesperrt, aus Angst davor, ebenfalls gerichtlich belangt zu werden… Einzig bei der Bilderstrecke kommen die bereits vertrauten Illustrationen pfundweise: pinkes Hack-Mett, das in Wurstform aus dem Cutter kommt, sich in Kübeln und auf Schalen türmt, Hamburger in jeder Grösse undForm, Links zu Hackfleisch, McDonald’s, Chicken Nuggets und immer wieder Brötchen mit Ham- und anderen Burgern…

Erst etwas weiter hinten kommt dann ein Bericht auf Deutsch im ManagerMagazin von diesem März mit dem Hinweis, dass schon Jamie Oliver mit einer ähnlichen Aussage vor Gericht antreten musste. Er war allerdings damals frei gesprochen worden. Wie auch immer: ein guter, selbstgemachter Rindshack-Burger ist über jeden Schleim-Verdacht erhaben.




12/6  Mit-Planen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:02

Mitbestimmung wäre zu viel gesagt. Aber wir durften und dürfen mitreden und unsere Ansicht kundtun. Und das ist lobenswert und vorbildlich.

Es geht um Spitalplanung. Das Universitätsspital Basel steht vor einer tiefgreifenden Neubau- bzw. Erneuerungsphase. Schon vor einiger Zeit wurden verschiedene Patientenorganisationen eingeladen, ihre Anliegen und Erwartungen aus der spezifischen Sicht Betroffener zu formulieren, die ein neu konzipiertes Spital erfüllen sollte.

Wir haben von der SAPS aus eine Reihe von Anforderungen formuliert und eingegeben. Heute nun waren wir aufgeboten, zwei Planungsbesipiele in Form von zwei „Musterzimmern“ zu begutachten und gezielte Fragen des Architektenteams zu beantworten. Ein knappes Dutzend Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Krankheitsbilder hatten sich eingefunden, einige davon in Rollstühlen.

Nun wurden die unterschiedlichen Konzepte für die Raumnutzung, für die Anordnung der einzelnen Behelfsmittel, die Ausstattung der Nasszellen und die Funktionalität der Umgebung analysiert und kommentiert, jeweils aus der Sicht der spezifischen Gruppen und aufgrund der Erfahrung von zahlreichen Aufenthalten in Spitälern und Reha-Kliniken. Die Spital-Verantwortlichen skizzierten ihre Lösungsvorschläge, dann hörten sie uns zu und notierten unsere Bemerkungen und Vorschläge. In vielen Fragen waren wir alle gleicher Meinung, in andern wurde engagiert diskutiert und um Konsens gerungen.

Noch ging es nur um die grundsätzlichen Planungsfragen und nicht um die Ausrüstung mit konkreten Gerätschaften, dies ist einer späteren Phase vorbehalten. Denn der Neubau wird kaum vor 2030 abgeschlossen sein. Wie sich dann die Krankheits-Landschaft der Schweiz präsentieren wird, ist schwer vorauszusagen. Auf jeden Fall ist die Initiative der Basler Spitalleitung in höchstem Masse begrüssenswert und hat Vorbildcharakter. Man kann nur hoffen, dass andere Institute nachziehen und sowohl das Gespräch mit den Patientenorganisationen suchen, als auch sich an positiven Beipsielen im Ausland orientieren. Die Betroffenen wissen es zu danken.




11/6  Donuts-Attacke

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 11:23

Es gibt kein Entrinnen mehr. Seit einigen Tagen hat direkt nebenan an unserer Strasse ein neuer Shop eröffnet. Früher war dort eine kleine Bäckerei-Filiale mit diskretem Angebot an schlichten Backwaren, etwas Konfekt, einem Mandelgebäck mit dem (mir) sympathischen Namen „Heinerli“, aber im Vorbeigehen oder wenn man beim direkt daneben angebrachten Bancomaten sein Bargeld bezog, hatte man nicht den Eindruck, dass der Laden besonders gut lief.

Kürzlich stand ein Umzugswagen davor auf den Trottoir, es wurden Regale und gläserne Theken ausgeladen und in das Verkaufslokal geschafft. Ein Kleber im Schaufenster zeigte nur zwei Worte, in abgerundeten Grossbuchstaben, orange und pink: DUNKIN‘ DONUTS. Am nächsten Morgen war die Neu-Installation abgeschlossen. Neben der Eingangstür, die halbwegs hinter einer stützenden Säule verborgen liegt, welche das Hotelgebäude trägt, war eine mobile Absperrung montiert, wie man se vom Flughafen oder von anderen Orten kennt, wo Menschen sich in Warteschlangen einreihen müssen, um dranzukommen.

Und seitdem ist von früh bis spät eine Gruppe von Leuten auszumachen, die sich an dieser Absperr-Strecke sammeln und geduldig warten, bis sie an der Reihe sind und eintreten dürfen in den kleinen Tempel der Gaumenfreude und der Zuckerlust: tropfenweise kommen sie wieder zurück, drängen sich an den Wartenden vorbei, mit glänzenden Augen der Vorfreude, in der Hand eine pink und orange bedruckte Tüte, grössser oder kleiner, je nachdem.

Auf einem Stellplakat neben der Tür prangen farbenfroh die verschiedenen Modelle der crèmegefüllten Teigringlinge… und ich konnte natürlich nicht anders, als probeweise der Verführung nachzugeben. Wir haben uns ein Exemplar mit Marzipanverzierung erstanden und ich habe davon genascht. Und muss neidlos eingestehen: das Zeug hat Suchtpotenzial!

Nun sind also auch wir an diesen weltweiten Luxus des Nasch-Rausches angeschlossen. Zum Glück legt mir mein Essensplan in dieser Hinsicht straffe Zügel an, sonst würde ich der Versuchung beim täglichen Vorbeigehen kaum auf Dauer widerstehen können. Insgeheim frage ich mich, auf welche anderen Kalorienbomben all die Leute nun verzichten, die da immer in der Warteschlange stehen. Oder werden die jetzt auch einfach dicker?




6/6  Selbstbestimmt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:32

Alle Jahre wieder. Schon zum vierten Mal in Folge hat die Informationsgruppe Erfrischungsgetränke bei einem repräsentativen Panel von 1’000 StimmbürgerInnen deren Einstellung gegenüber allfälligen staatlichen Massnahmen zur Regulierung des Umgangs mit „ungesunden“ Lebensmitteln erfragen lassen. Das gfs-Institut hat diese Umfrage durchgeführt.

Das Resultat der vierten Welle ist an sich nicht überraschend. Noch immer bekundet eine satte Mehrheit der Befragten, dass sie – vor die Wahl gestellt, ob sie selber darüber entscheiden möchten, was und wieviel sie essen, oder ob sie vorziehen, dass Väterchen Staat ihnen dies vorschreibt – sich beherzt für die individuelle Freiheit und damit für ihre Selbstverantwortung aussprechen. Alles andere hätte im Land der Tellensöhne und -töchter mehr als verwundert.

Und doch zeichnen sich nach vier Jahren bei praktisch gleichbleibender Fragestellung gewisse Tendenzen ab: so hat sich der Anteil derer, die der Einführung einer Besteuerung von „ungesunden“ Lebensmitteln (zu viel Fett, Salz und vor allem Zucker) seit letztem Jahr vergrössert von 20% auf 30%. Die Zustimmung ist in der Suisse Romande mit 39% deutlich höher als in der Deutschschweiz (27%). Das mag damit zusammenhängn, dass in zwei welschen Kantonen (Neuenburg und Waadt) ein politischer Entscheid über konkrete Vorschläge zur Einführung entsprechender Steuern hängig sind und in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

Interessant ist auch, dass der Gedanke, die an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für ungeeignete Lebensmittel zu regulieren, an Boden gewinnt und dass eine deutliche Mehrheit sich eine bessere Nährwert-Deklaration wünscht und eine konstruktive Kooperation der Lebensmittel-Produzenten mit staatlichen Instanzen begrüssen würden.

Die Umfrage ist zwar so angelegt, dass ihre Auftraggeber vor allem jene Resultate herauslesen könnn, die ihre eigene Argumenation stützen („76% der Schweizer halten eine Zuckersteuer für ungerecht“ – „für 70% der Schweizer ist die Eigenverantwortung bei Ernährungs- und Gesundheitsfragen zentreal“ – „die Mehrheit der Schweizer ist sich sicher, dass Ernährungsgewohnheiten nicht mit Steuern geändert werden können“). Aber zwischen den Zeilen lassen sich auch Trends herauslesen, die den Gesundheitsverantwortlichen Hoffnung geben können.

Aber zu einer wirkungsvollen geetzlichen Regelung ist es noch ein weiter Weg. Positiv stimmt mich die Tatsache, dass die Getränke-Industrie sich seriös mit der Thematik befasst und offen ist für den Dialog. Fast etwas Mitleid erweckt der Rivella-Boss, wenn er sagt, man könne doch das Problem der Adipositas-Erkrankten nicht einfach der Getränke-Industrie anlasten, deren Umsatz ohnehin in der letzten Zeit kaum mehr gewachsen sei…

Und das ist ebenfalls ein spezieller Diskussionspunkt: eines der Verteidigungsargumente der Getränkeleute besagt, dass „Erfrischungsgetränke nur einen kleinen Teil der täglichen Kalorienzufuhr der Europäer ausmachen“. Das mag statistisch korrekt sein. Aber: beim Zucker geht es eben gerade nicht um die Kalorien, sondern um die generell schädlichen Auswirkungen auf den ganzen Stoffwechsel und die daran beteiligten Organe, wenn er im Übermass genossen wird. Und hier ist jede noch so geringe Reduktion der Gesamtmenge erstrebenswert und segensreich. Die Empfehlungen der Weltgesundheits-Organisation WHO sind in dieser Hinsicht eindeutig.

Die kompletten Unterlagen der Studie finden sich auf der Website der IG Erfrischungsgetränke.