4/8  Diskriminell!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:23

Dass einem Menschen aus einem – zu grossen – Körpergewicht keine Nachteile erwachsen sollen/dürfen, darüber sind sich die meisten einig. In der Praxis sieht es indessen oft ganz anders aus. Die Diskriminierung übergewichtiger Personen in Ausbildung, Beruf, Alltag und sogar im Gesundheitswesen ist leider nach wie vor eine Realität, die sich nicht leugnen lässt.

Nun gibt es in Deutschland seit einiger Zeit eine Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung (GgG). Sie ist der Amerikanischen NAAFA (National Association to Advance Fat Acceptance) nachempfunden und setzt sich durch Lobbying und politische Aktivitäten gegen jede Diskriminierung von übermässigem Körpergewicht zur Wehr. Das ist verdienstvoll und lobenswert, zumal die Initiative auf Ehrenamtlichkeit beruht und dadurch weitgehend unabhängig ist.

Bei der Durchsicht der „häufig gestellten Fragen“ (FAQ) ist mir aufgefallen, dass neben sehr vielen wissenswerten Sachinformationen auch mit einer gewissen Militanz der Standpunkt vertreten wird, jedes Bemühen, übergewichtige Menschen beim Abnehmen zu unterstützen, trage letztlich zu deren Diskriminierung bei und richte mehr gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Schaden an als das Übergewicht an sich. Simpel vereinfacht: Lasst die Dicken dick sein!

Was mir an dieser Botschaft gefällt ist die eindeutige Absage an jede Form von Schlankheitswahn und der Appell, man solle auch seinen allenfalls etwas molligen Körper zu akzeptieren und zu lieben lernen. Es ist richtig, dass falsch verstandene Schönheitsideale viele junge Menschen in einen Teufelskreis von Fastenkuren und Jojo-Effekt treiben. Aber auf der andern Seite bleibt der Aspekt der individuellen Befindlichkeit. Schon in den 80er-Jahren gab es die Bewegung „Wir sind rund – na und?“, der ich mich als jüngerer Mensch mit einiger Begeisterung angeschlossen hatte. Nie hätte ich mein exzessives Gewicht als „Krankheit“ anerkannt. Erst zwanzig Jahre später, als sich die Gelenkschmerzen einstellten, als der Atem immer schwerer ging, als das Treppensteigen zur Qual wurde… da hat mich mein Körper unmissverständlich eines anderen (ich sage nicht „besseren“) belehrt. Und ich wäre froh gewesen, schon früher mein Gewicht etwas weniger auf die leichte Schulter genommen zu haben.

Das ist der heikle Aspekt einer solchen Bewegung, die das Gute meint, aber fatalerweise auch Schlechtes bewirkt, nicht zuletzt dadurch, dass sie gratis Munition liefert für jene, welche die gesundheitlichen Präventions-Bemühungen aus politischen Gründen abschiessen möchten.




3/8  Keine Satire

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:32

Es gibt immer noch zu viele Menschen, die dem Phänomen Übergewicht mit völliger Ahnungslosigkeit und erfüllt von bittersten Vorurteilen gegenüberstehen. Davon zeugt auch eine Zuschrift, die unlängst in unseren Briefkasten geflattert ist. Ein Mann, der als Leiter von Jugend-Sport-Lagern tätig ist, bekundet darin seine persönliche Mühe im Umgang mit dicken Kindern. Er ist überzeugt, dass kindliches Übergewicht allein die Folge von falscher Erziehung und fehlender Strenge im Elternhaus ist. Er rühmt sich unter anderem, dass er einem massiv übergewichtigen Kind die Teilnahme an einem Sport-Lager verweigert hat und formuliert eine Reihe vom – offenbar ernst gemeinten – Vorschlägen, wie kindlichem Übergewicht zu begegnen sei:

  • In Kindergärten/Schulen müssen überall Bilder von dicken Kindern mit dem Titel DICK = HÄSSLICH! aufgehängt werden
  • Kinder, die beim Schuleintritt übergewichtig sind, sollen von den Behörden eine Behandlung zur Gewichtsreduktion aufgezwungen bekommen, zu bezahlen durch die Eltern, nicht durch die Krankenkasse. Wer sich weigert, fliegt von der Schule.
  • Übergewichtige Kinder müssen in ihrer Freizeit an sogenannten „Moppelturnstunden“ teilnehmen. Zu bezahlen sind die Leiter ebenfalls von den Eltern. Wer sich weigert, fliegt von der Schule.
  • Das Schulgeld soll um ca. 25% erhöht werden, so kann eine vernünftige Verpflegung abgegeben werden. Wer selber von zu Hause etwas mitbringt, dessen Eltern bezahlen CHF 100 beim ersten Mal, 200 beim zweiten Mal, bis 500 beim 5. Mal… Beim 6. Mal fliegt das Kind von der Schule.
  • Ohne Eltern können Kinder an Kiosken und in Läden keine Süssigkeiten/Limos mehr laufen. Erhält das Kind im Laden trotzdem etwas, wird die Kassiererin gebüsst, von CHF 5000 an aufwärts.

So weit der vorgeschlagene Massnahmen-Katalog, der zum Teil erinnert an das Programm, das von der diktatorischen Regierung in Singapur vor einiger Zeit umgesetzt wurde.

Was sollen wir von solchem Denken halten?




2/8  Essen und Bewegen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:05

Man könnte sich ein Vorbild nehmen. Für ihre Rolle als CIA-Agentin Evelyn Salt musste Superstar Angelina Jolie ihren Body in Topform bringen. Zu diesem Zweck verschrieb sie sich einem harten Training (fünfmal 2 Stunden pro Woche) und einer rigorosen Ernährung, die zu 70 Prozent aus Kohlenhydraten und zu 30 Prozent aus Eiweiss bestand (offenbar gab es dabei Null Prozent Fett!?), verteilt auf fünf kleine Mahlzeiten pro Tag. Nach Beginn der Dreharbeiten wurden die Kohlenhydrate auf 60 Prozent gesenkt und es gab 40 Prozent Eiweiss… und trainiert wurde nur noch über Mittag, denn Bewegung gab es am Set bei den Stunts in ausreichendem Masse…

Der einfache Mensch in seinem täglichen Trott hat da eine andere Praxis. Das hat das Bundesamt für Gesundheit BAG in einer aktuellen Broschüre publiziert. Sie trägt den etwas holperigen Titel Wie essen und bewegen wir uns? (ich habe grundsätzlich nicht im Sinn, mich selber oder jemand anderen zu essen… aber das ist ein anderer Punkt). Das Büchlein gibt Aufschluss über das Gesundheitswissen, das Ernährungsverhalten, das Bewegungsverhalten, das Körpergewicht und den Gesundheitszustand der Schweizer Bevölkerung und zeigt entsprechende Trends auf. So hat etwa das Ernährungsbewusstsein in den letzten 15 Jahren um drei Prozent zugenommen (von 68 auf 71), nur noch 30 Prozent der Bevölkerung geben zu, dass sie beim Essen „auf nichts achten“. Die Gründe für ein ungesundes Essverhalten sind vielfältig. An erster Stelle steht der hohe Preis gesunder Lebensmittel, dann kommt die Vorliebe für gutes Essen, gefolgt von Alltagsgewohnheiten und fehlender Zeit für den Einkauf.

Nur 30 Prozent der Bevölkerung geben an, die täglichen 5 Portionen Gemüse und Früchte zu konsumieren, 7 Pr0zent schaffen winiger als 2 Portionen und zwei Dritttel bringen es immerhin auf 2-4 tägliche Portionen! 22 Prozent der 15-49-jährigen Bevölkerung geben an, unter Essstörungen zu leiden („enorm viel, ohne aufhören zu können“). Die Anzahl der körperlich Aktiven, die dreimal und mehr pro Woche ins Schwitzen kommen, hat in den letzten 15 Jahren um 6 Prozent zugenommen (von 26 auf 32), aber noch immer sind ein Drittel der Bevölkerung völlig inaktiv.

Interessant ist die Verteilung des BMI: Die Anzahl der Adipösen hat in den letzten 15 Jahren um 3 Prozent zugenommen (von 5 auf 8), diejenige der Übergewichtigen hat 4 Prozent zugenommen (von 25 auf 29) und die der Normalgewichtigen hat sich um 7 Prozent von 66 auf 59 verringert. Untergewichtige gibt es noch 3 Prozent (1 Prozent weniger als vor 15 Jahren). Dabei ist zu beachten, dass die Angaben zu Gewicht und Grösse, aus denen sich der BMI berechnen lässt, nicht gemessen wurden, sondern von den Befragten selber angegeben wurden… die effektiven Werte dürften also wohl etwas höher bzw. tiefer liegen.

Diese Bestandesaufnahme dürfte einigen Stoff für weitere Informationen und Planungen bieten, die wohl von nachhaltigerer Wirkung sein wird als das Wissen um die Ernährungs- und Bewegungs-Phänomene der Hollywood-Prominenz.




1/8  Zeichen für Dicke?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:59

MAGAZIN-Kolumnistin Michèle Roten hat in der gestrigen Tagi-Beilage die Frage erörtert, weshalb sich die Angehörigen bestimmter „Gruppen“ untereinander mit speziellen Zeichen oder Formeln grüssen. Ein Kunde, der sich wie sie am Zigaretten-Automat bedient hatte, habe sich verabschiedet mit den Worten Happy Smoking.

Da fiel ihr ein, dass Fischer sich Petri Heil! zurufen, dass Pfadfinder, Kegler und Bauern spezielle Grüsse kennen und dass sogar Motorradfahrer sich diskrete Fingerzeichen zukommen lassen, wenn sie sich unterwegs kreuzen… von den Tram-Kondukteuren kennt man das ja schon lange und auch die Lastwagenfahrer schaffen sich Gruppen-Identität, indem sie ihre Namensschilder hinter die Windschutzscheiben montieren. Warum tun das nicht auch andere Gruppen, fragt sich Roten, zum Beispiel die Fetten?

Zuerst dachte ich, das sei eine bescheuerte Frage. Was sollen wir Dicken uns noch öffentlich zu erkennen geben? Uns sieht man es ja eh an, dass wir zu viel Gewicht auf die Waage bringen? Wenn sich zwei Dicke begegnen, kommen sie nicht darum herum, sich gegenseitig wahrzunehmen. Vielleicht muss sogar der eine dem andern Platz machen, etwa im Supermarkt zwischen den Regaln, wo sie Mühe haben zu kreuzen? – Aber dann dachte ich, so abwegig sei der Gedanke am Ende gar nicht. Vielleicht wäre ein kleines Zeichen der Solidarität sogar hilfreich… und wenn es nur ein Lächeln wäre. Ein freundlicher Blick, der ausdrückt, dass auch mir die Problematik vertraut ist, dass auch ich weiss, wie man sich in einem viel zu breiten Körper fühlt…

Es muss keine Wort-Botschaft sein. Nicht: Fett Ahoi! Oder: Dick fürbass! Oder gar: Gut Mampf!, wenn man sich als Übergewichtige an einem Buffet begegnet. Aber vielleicht einfach ein freundliches Kopfnicken, ein anerkennender Blick, eine ganz konventionelle Begrüssung unter Unbekannten, die sich dadurch etwas näher sind als andere, dass sie das gleiche „Problem“, die gleiche Krankheit haben. Und die dies dadurch bezeugen, dass sie sich offen dazu bekennen. Das wäre schon etwas.

Nachtrag:
Beim Gespräch im Familienkreis sind Zweifel aufgetaucht an der Schlüssigkeit meiner Folgerung. Zu Recht wurde geltend gemacht: Im Unterschied zu allen andern „Minderheiten“, die sich durch besondere Zeichen ihrer Solidarität versichern, ist es in der Praxis extrem schwierig, einen Übergewichtigen als solchen zu „bezeichnen“. Begegnen sich zwei Dicke, so findet ein unbewusst-spontaner Abgleich der Wahrnehmung statt: Wer von uns beiden ist schwerer? Und eine klammheimliche Erleichterung, um nicht zu sagen Schadenfreude, wenn sich herausstellt, dass der andere dicker ist als ich. Das ist alles andere als trivial. Gerade bei der Adipositas-Therapie macht man immer wieder die Feststellung, wie heikel und verletzend es sein kann, wenn man Adipöse auf ihr Gewicht anspricht. Und das würde man ja unweigerlich tun, wenn es einen vereinbarten „Code“ wie oben beschrieben wirklich gäbe. – Nein, letztlich muss es bei der Feststellung bleiben, dass dies ein bescheuerter Gedanke der Frau Roten war und ist… – Oder sehen Sie das anders?




31/7  Erster August

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:15

Die Frage ist ja, ob man am Vorabend des Nationalfeiertags erfüllt sein sollte von vaterländischen Gefühlen. Früher, als wir klein waren, gehörte es dazu, dass man sich auf den Abend am Höhenfeuer freute. Man hatte sich eingedeckt mit Knallkörpern (die heute für Kids verboten sind) und verspürte eine unbändige Lust am Experimentieren. Dass da vorher noch jemand auf einem Podest stand und eine Rede hielt, war so ziemlich egal. Wichtiger waren das Glas Sirup und die Bratwurst gewesen, sofern es eine gab.

Zwei-drei Mal war ich später selber gebeten worden, eine Ansprache zu halten und ich hatte mich dabei immer gefragt, wen das wohl interessieren möchte… Jetzt bin ich diesbezüglich keiner Gefahr mehr ausgesetzt und mein patriotisches Engagement könnte sich darauf beschränken, am Ferienhaus die Schweizerfahne zu montieren, oben beim kleinen Fenster unter dem Giebel, so dass man sie von Weitem sieht, als Zeichen für alle Barfusswanderer, dass hier ein aufrechter Bürger wohnt…

Feuerwerk habe ich schon lange keins mehr gekauft. Wenn Besuch kommt, freuen sich die Jungen, sofern sie etwas dabei haben, das sich abbrennen lässt. – Der Patriotismus findet in den Gazetten statt, in Leitartikeln und Kommentaren. Das ist wahscheinlich gut so. Denn der Stolz, in unserem Land im Wohlstand und in Freiheit leben zu dürfen, sollte sich nicht auf einen offiziellen Tag beschränken.




30/7  Kaufanreize

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:55

Wir halten uns ja im allgemeinen für aufgeklärt und einigermassen kompetent, wenn es darum geht, uns „gesund“ zu ernähren. Wir wüssten was zu tun wäre. Gelegentlich tun wir es auch, in einer bewussten Phase, wenn wir uns ein klares Ziel gesetzt haben. Aber all unser Wissen hindert uns nicht daran, uns gelegentlich „falsch“ zu verhalten, Dinge und Speisen zu essen, von denen wir genau wissen, dass sie uns bzw. unserem Gewicht nicht so gut tun… Aber es sind nicht nur die spontanen Gelüste, die uns beeinflussen, wenn wir im Supermarkt vor dem Regal stehen, viel stärker ist z.B. die stille Macht der Marken und der Verpackung. 

Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass verschiedene Faktoren einen Kauf-Entscheid bestimmen können: Vertrautheit der Marke, Etikettierung und Verpackung, Preis und Herkunft eines Produkts. Am Beispiel einer Wein-Verkostung wurden diese Faktoren und die Reaktionen von 521 deutschen Konsumenten erforscht. Zuerst gab es einen Blind-Test mit entsprechender Reihenfolge, dann wurden die übrigen Elemente bewertet.

Dabei zeigte sich, dass an der Spitze die Etikette und die Marke standen und dass der Geschmack erst an dritter Stelle kam. Nachdem die Probanden ihre Präferenzen festgelegt hatten, wurde auch der Preis ins Spiel gebracht. Dabei wurde festgestellt, dass Qualität und Geschmack etwa gleichwertig beurteilt wurden die der finanzielle Aspekt.

Eine Reihe von Faktoren blieben allerdings unbewertet, so etwa der Alkohol-Gehalt, oder Gesundheits-Hinweise… hier müsste weiter geforscht werden. Aber das Faktum, dass wir als Käufer durch entsprechende Gestaltung und Präsentation der Produkte in unserem Kaufverhalten manipuliert werden, ist nicht von der Hand zu weisen. Bloss: Auch das hätten wir doch eigentlich gewusst…




29/7  Pommes-Entzug?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:19

Eine bizarre Nebenwirkung der Sommerhitzewelle sucht unser nördliches Nachbarland heim: Die Pommes schrumpfen! Rund 10 Prozent der deutschen Kartoffelernte werden zu Pommes Frites verarbeitet und landen so in unserem bzw. den deutschen Mägen. Zu diesem Zweck werden vornehmlich die schön grossen Kartoffeln verwendet, so dass die gebrutzelten Stäbchen möglichst lang sind und gut im Ketchup getunkt werden können.

Die durch die Hitze bedingte Trockenheit – so wurde vor wenigen Tagen vermeldet – habe zur Folge, dass es keine grossen Kartoffeln gebe sondern bloss kleinere Knollen. Damit werde sich die Durschnittslänge der Fritten von 55 Millimeter auf 45 Millimeter verkürzen! O schreckliche Einbusse! O schlimmer Verzicht!

Ich bin mir nicht so sicher, ob hier ein wehklagendes Lamentieren überhaupt angesagt ist. Denn: Die Pommes werden ja wohl in den meisten Etablissements nach Gewicht verkauft. Die Menge der erstandenen Nahrung bleibt sich also gleich. Im Gegenteil: Durch die Verkürzung der einzelnen Stäbchen um rund 20 Prozent erhöht sich deren Anzahl im gleichen Masse. Der Genuss dürfte sich dadurch also vermehren und nicht vermindern! Es ist keine Panik angesagt, umsomehr als die sintflutartigen Regenfälle der letzten Tage den kohlehydrathaltigen Knollen wohl einen neuen Wachstumsschub gegeben haben dürften. Das Überleben der Generation Pommes ist gesichert!




28/7  Netz-Import

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:44

Die Meldung kam heute Morgen aus dem Radio: Die Zollbehörden hatten eine massive Zunahme von illegalen Importen von Medikamenten festgestellt, die übers Internet bestellt worden waren. Die meisten Produkte betrafen zwei Bereiche: Potenzpillen und Mittel zum Abnehmen.

Nach dem Mittagessen kam die Anfrage von der Tagesschau. Dank der automatischen Umleitung landete der Anruf auf meinem Handy und erreichte mich im Garten meines Ferienhauses. Man wollte ein Statement zum Thema der Abnehm-Pillen, und überhaupt. – Wir trafen uns auf halbem Weg bei einer Autobahn-Raststätte zwischen Zürich und St.Gallen, ich gab auf die gestellten Fragen Antwort, und daraus wurde ein informativer Beitrag für die Huptausgabe..

Es ist von grosser Wichtigkeit, dass dieses Thema öffentlich diskutiert wird. Die „Medikamente“ aus dem Internet werden irgendwo in indischen Hinterhöfen gebraut, ohne jede Kontrolle, als Fälschungen oder als Formeln, die nie klinisch erprobt wurden. Selbst wenn sie bekannte Wirkstoffe enthalten, so kann ihre Konzentration so hoch sein, dass Lebensgefahr besteht.

Weshalb seit einem Jahr eine Zunahme der Bestellungen um mehr als 75 Prozent? – Ich sehe mehrere Gründe. Zum einen ist die Verzweiflung des Übergewichtigen so gross, dass nach jedem Strohhalm gegriffen wird. Zum zweiten wurden zwei erprobte Appetitzügler durch die Zulassungsbehörden vom Markt genommen, deren Gefahrenpotenzial bei unsachgemässer Anwendung bloss einen Bruchteil dessen betrug, was die Online-Pillen anrichten können. Und zum dritten stellen wir schon lange fest, mit welcher fahrlässigen Penetranz zum Beispiel Google-Ads selbst auf seriösen Gesundheits-Portalen Werbung betreibt für Medi-Schund, der eigentlich verboten gehörte… ganz abgesehen von der Spam-Schwemme, die in unsere E-Mail-Accounts schwappt, mit Anpreisungen für mühelosen Gewichtsverlust und direkten Links auf ein Bestellformular.

Es war höchste Zeit, dass auf diesen Missstand vor einem breiten Publikum einmal öffentlich aufmerksam gemacht wurde! Ob die Information auch wirklich ankommt und etwas nützt, ist eine andere Frage.




27/7  Dick am TV

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:41

Schwergewichte auf dem Bildschirm: Unter dem Titel Alarm auf der Waage läuft eine TV-Serie, deren Sinn sich mir bisher noch nicht erschlossen hat. Ich sehe sie auch bloss gelegentlich beim Zappen. Diesmal war eine Gruppe von schwer Adipösen auf Ferienreise in Ägypten. Man sah sie beim Shoppen auf dem Basar, beim Karaoke-Singen, beim Coiffeur, reitend auf Kamelen und bei der Wassergymnastik… massig aus der Kleidung quellende Leiber, die Mühe hatten, sich aus den Autos und kleine Treppen hoch zu stemmen… Im Untertitel der Sendung war die Rede von den „dicksten Touristen der Welt“ oder so, und das Ganze war so augenfällig ausgerichtet auf plumpen Voyeurismus: Da, seht her, die fetten Freaks, Hartz-IV-Empfänger, im Luxushotel, und immer wieder beim Essen gefilmt… – Zum Verständnis der Probleme, mit denen stark Übergewichtige in ihrem Alltag konfrontiert sind, tragen solche Beiträge nun rein gar nichts bei.

Von anderem Kaliber war ein Bericht im Infomagazin AKTE 20.10 auf Sat.1: Da ging es um die 28jährige Jennifer B., 221 Kilo schwer. Jahrelang hatte sie mit ihrer Krankenkasse um einen chirurgischen Eingriff gekämpft, erst als der TV-Sender sich einschaltete, wurde die OP finanziert. Die Bilder aus ihrem schweren Alltag waren eindrücklich. Sprechend eine Szene, in welcher ein Leistungssportler zeigte, welche Mühe es ihm bereitet, die 140 Kilo „Zusatzgewicht“ – die Jennifer tagtäglich mit sich herumschleppt – in Form einer Hantel auf seinen Schultern auch nur eine kurze Zeit zu tragen.

Nach einer Schlauchmagen-Operation hat die junge Frau in kurzer Zeit über 50 Kilo abgenommen. Sie bewegt sich leichter und lieber, hat ein neues Leben und eine neue Identität gefunden, auch wenn sie noch nicht am Ziel ihrer Träume angekommen ist: Ihre Situation wird langsam normal und die Erleichterung, die sie verspürt, ist deutlich nachvollziehbar. Hier erfüllt das Medium Fernsehen einen echten Informationsauftrag und bietet Lebenshilfe.




26/7  Fleisch los

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:46

Schlechte Nachricht für Karnivoren: ein Britisches Forscherteam hat in einem 5-Jahres-Experiment herausgefunden, dass Menschen, die mehr Fleisch essen, mehr Gewicht zulegen als Menschen, die weniger Fleisch essen… bei identischer Kalorienmenge.

Früher war Fleisch auf unseren Tischen Mangelware. Als ich klein war, gab es einmal die Woche etwas Fleischiges, an den andern Tagen gab es zwar auch zu essen, Hunger kannten wir nicht, aber es kam eben kein Fleisch auf den Tisch. Wenn man ausnahmsweise und aus besonderem Anlass einmal auswärts ass, was das ein Festschmaus, denn im Wirtshaus gab es mit grosser Wahrscheinlichkeit Fleisch.

Ich erinnere mich, dass wir einst mit der Familie einen Velo-Ausflug machten. Ich hatte als kleiner Knirps noch kein eigenes Fahrrad, für mich war an Vaters Rad ein kleiner Sattel hinter der Lenkstange angebracht. Wir fuhren wenige Kilometer aus der Stadt ins bernische Wynigen… und ich krähte – damals schon poetisch veranlagt – auf dem ganzen Weg aus vollem Hals: Z‘ Wynige gits Schwynige! – vor lauter Vorfreude auf den zu erwartenden Schweinebraten…

Am meisten zugelegt hätten – laut Studie – jene Probanden, die häufig Poulet verspeisten. Könnte es sein, dass die Empfehlung zu wenig beachtet wurde, vor dem Verzehr die krosse, wohlschmeckende Haut zu entfernen? – Seit Fleisch quasi täglich, oft mehrmals auf den Teller kommt, nehmen wir zu. Denn Fleisch ist ein Nahrungsmittel mit hoher Kaloriendichte und grossem Fett-Anteil.

Wie kann man sich diesem Fleischesfluch entziehen? Mindestens einmal pro Woche einen Vegi-Tag einzulegen, das ist noch eine moderate Empfehlung. Dazu könnte man gezielt und bewusst die Portionen verkleinern, den Fleisch-Konsum einschränken… aber dann haben wir ein volkswirtschaftliches Problem. Mit der Fleischproduktion sind Arbeitsplätze verbunden. Der Bund unterstützt die Propagierung und Vermarktung von Schweizer Fleisch mit wesentlich höheren Subventionen als die Bewerbung von Früchten und Gemüse… obwohl doch die Beilage wesentlich gesünder wäre als der Hauptgang.