7/10  Kochen ohne fast alles

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:50

Samstagabend ist Demoabend. Nicht draussen auf der Strasse, dafür sind wir wohl zu alt. Aber drinnen in der guten Stube, bei Thomas.

Thomas hat sich das Koch-Set vor einiger Zeit angeschafft und ist extrem zufrieden. Seit er eine Magen-Bypass-Operation hat, muss er beim Esen aufpassen. Das System iCook erlaubt eine besondere Form von Garen. Ohne Fett, mit wenig Wasser, bei niedriger Temperatur und mit Unterdruck.

Wir sind zu acht in der gemütlichen Stube und das Demonstranten-Paar führt uns in die Kunst des Kochens ein. Auf einem kleinen Tisch stehen die 27 Teile des Sets aufgebaut, ein imposantes Gebirge aus Chromstahl, Pfannen, Töpfe, Deckel in allen Grössen und Formen. Auf einem zweiten Tisch steht ein transportabler 2-Platten-Elektroherd, und auf dem spielt sich das Cook-In ab.

Alles geht in die Töpfe: Poulet, Kaninchenschlegel, Fisch, dazu Gemüse sämtlicher Sorten, von Broccoli bis zu Kartoffel, Tomate bis zu Fenchel, sogar zwei ganze Eier in der Schale. Die Behältnisse türmen sich übereinander, „Kochen im Turm“, und zuoberst kommt auf den Deckel noch eine weitere Pfanne, in der schon ein Penne-Gericht angesetzt ist.

Das Besondere ist dabei, dass die oberen Pfannen bzw. die Deckel sich so dicht an die unteren Gefässe schmiegen, dass kein Dampf entweichen kann. Nach einer ersten Aufwärmphase bildet sich ein feiner Kondenswasser-Film zwischen Pfannenrand und Deckel. Jetzt wird die Wärme zurückgefahren, das Gargut in der Pfanne kühlt leicht ab, von 100 Grad zurück auf 80. Dadurch entsteht in der Pfanne ein Unterdruck, der verhindert, dass Gerüche von Gemüse oder Fisch entweichen.

Die ganze Installation schmort nun friedlich vor sich hin, so lange, wie die Speise mit der längsten Garzeit braucht. Und dann, oh Wunder, als es an Degustieren geht, zeigt sich, dass sämtliche Gemüse nach 45 Minuten Kochzeit von gleicher Knackigkeit sind. Fisch und Fleisch sind zart im Biss, aber nicht verkocht. Sie haben sowohl die Vitamine wie ihren Geschmack behalten und nichts davon an das andere Kochgut abgegeben. Das Gemüse ist schmackhaft, ohne eine Spur von Salz oder Gewürzen.

Wir sind beeindruckt und haben einiges gelernt über den schonenden Umgang mit Lebensmitteln und auch darüber, dass sich mit den gut verschiessenden Töpfen auf der einen Platte und bei niedriger Gartemperatur bis zu 60 Prozent Elektrizität einsparen lassen…

Wo man diese Pfannen kaufen kann? Sie werden nur in Wohnstuben vertrieben, mit Mund-zu-Mund-Propaganda, persönlichen Präsentationen… Sie sind nicht billig, aber – wie es scheint – doch preiswert, da sie 30 Jahre Garantie haben. So lange leben wir voraussichtlich gar nicht mehr, auch wenn wir sehr gesund kochen würden.




6/10  Eine fette Sache

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:15

Verblüffend im Zusammenhang mit der Nachricht vom Tode von Emmi Creola: als diese vor einem halben Jahrhundert die Figur der Küchenfee Betty Bossi erfand, stand diese im Dienst der Nahrungsmittelindustrie und ihr Auftrag lautete, dem Schweizervolk die Verwendung von Astra-Fetten schmackhaft zu machen.

Oh glückliche Zeiten, unbelastete Fünfzigerjahre! Als man noch guten Mutes für Fett Werbung machen konnte, wenn auch – wie Emmi C. schon damals wusste – nur indirekt, über das Vehikel von Rezepten und Küchentipps, fernab von Fettsteuer und Low-Fat, guten und schlechten Fetten… Der Aufschwung war da, nach der Kriegszeit. Wir, die wir in den Vierzigerjahren aufwuchsen, haben zwar keinen Hunger gekannt. Aber die Nachwirkungen der Rationierung spürten wir, von der Anbauschlacht hatten wir manches mitbekommen, wir hatten gelernt, nur altbackenes Brot zu essen, damit man weniger verschwenderisch damit umging… Und dann gab es wieder Fett. Sogar so viel davon, dass man für dessen Verzehr werben musste.

Heute ist Fett ein umstrittenes Nahrungsmittel. Unbestritten ist dessen Bedeutung im Ernährungsplan eines gesunden Menschen. Aber Fett ist nicht gleich Fett. Und gerade im Zeichen der immer raffinierteren industriellen Fertigprodukte, bei denen die Haltbarkeit und die Preisgestaltung eine zentrale Rolle spielen, gibt es immer wichtigere Unterscheidungen, wie zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, Transfetten, „langkettigen“ Fetten und Nahrungscholesterin…

Orientierung tut Not. Deshalb hat die Eidgenössische Ernährungskommission EEK jetzt eine aktualisierte Fassung ihres Fettberichts herausgegeben, der auf 50 Seiten alles Wissenswerte über diese lebensnotwendige und doch so oft verteufelte Substanz vermittelt.

Kalauernderweise könnte man sagen: Es ist nicht alles Fett, was glänzt. Aber das trifft nur einen Teil des Problems: Wir brauchen es, als Träger für Geschmack, aber auch als Energiezufuhr im Alltag. Wir müssen lernen, bewusst und vorsichtig damit umzugehen, wenn wir auf unser Gewicht achten sollten. Aber wir dürfen uns positiv zur Tatsache einstellen, dass unser Organismus für sein gesundes Funktionieren durchaus etwas Fett braucht. Wieviel von welcher Art, das verrät der Bericht.




30/9  Die Schlankheitspille

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:54

In meinem Vortrag, den ich am Sonntag in der Züspa um 14 Uhr zum achten und damit auch zum letzten Mal halte, gibt es eine Folie, auf der in grossen Buchstaben steht: Es gibt k e i n e Wunderpille! – Und ich flehe mein Publikum geradezu an, nicht den Verlockungen der Werbung zu erliegen, wenn wieder mal die Rede ist von einem neuen Mittel, mit dessen Hilfe man die Pfunde mühelos zum Schmelzen bringen könne, ohne dabei auf Pizza, Hamburger und Cola verzichten zu müssen.

Solche Produkte mit diesen Versprechungen sind Humbug. Neben den heute zugelassenen, rezeptpflichtigen und nur unter gewissen Bedingungen von der Krankenkasse übernommenen Medikamenten Xenical und Reductil gibt es keine wissenschaftlich erprobte Pille oder Substanz, die in der Adipositas-Therapie von Bedeutung wäre.

Und nun lese ich in der berühmten amerikanischen Wissenschafts-Publikation Wired Magazine einen Artikel, der in internationalen Foren bereits eine heftige Kontroverse ausgelöst hat. – Es geht um das Metabolische Syndrom (auch „Syndrom X“ genannt), das als Oberbegriff all jene Krankheitsbefunde vereint, die mit Adipositas einhergehen.

In den USA wird dieser Begriff offenbar noch nicht so lange benutzt. Jedenfalls setzt sich der Autor kritisch und spekulativ damit auseinander. – Er sagt – knapp zusammengefasst – so viel wie: Ok, wenn wir Adipositas und die Begleiterscheinungen als „Krankheit“ definieren, so liegt es auf der Hand, dass die mächtige Pharma-Industrie nicht zögern wird und Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um entsprechende Medikamente auf den Markt zu werfen. Denn die 75 Millionen von diesem Metabolischen Syndrom betroffenen Amerikaner sind ein zu verlockender Markt. Und die Erfahrung hat gezeigt: sobald eine neue Krankheit benannt wird, ist die Chemie mit einer Pille zur Stelle. Und – so fragt der Autor sich selber und seine Leserschaft – was liegt näher, als dass die Leute dann sofort aufhören, sich mit Ernährungsumstellung und mehr Bewegung zu plagen, wenn sie doch ganz bequem eine Pille einwerfen können?

Nun wissen wir aber, dass Novartis vor vier Jahren die Forschung an einer Schlankheitspille eingestellt hat, weil sie ohne gravierende Nebenwirkungen nicht zu realisieren war, wie der damalige Forschungsleiter Dr. Leoluca Criscione berichtet. Das hindert aber offenbar meinen Kollegen Richard Atkinson, Präsident der American Obesity Association AOA, nicht, die These zu proklamieren: Die Zukunft der Adipositas liegt in den Medikamenten.(so jedenfalls wird er im besagten Wired Magazine-Artikel zitiert).

Die Diskussison ist damit lanciert.




29/9  Die Superdicken

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:24

Nein, gemeint sind nicht diese schokoladeumhüllten Schaumsüssigkeiten, denen der politisch korrekt sein wollende Mensch nicht mehr Mohrenkopf sagen darf und die von der Firma Dickmanns hergestellt werden.

Die Superdicken sind übergewichtige Menschen, die 200 und mehr Kilos wiegen. Die Sendung Focus TV auf Pro Sieben hat einige von ihnen in ihrem Alltag begleitet, unaufgeregt, sachlich, bei der Suche nach Kleidern, die gross genug sind, bei der Auswahl eines neuen Bettes, dessen Spezialmatratze bis 400 Kilos aushält und dennoch „weich wie eine Wolke“ bleibt, beim Versuch, sich in einer ganz gewöhnlichen Badewanne nass zu machen und beim Hausarzt, wo man die eigenen beiden Waagen mitnehmen muss, weil das Gerät in der Praxis nur bis 180 misst.

Eindrücklich der Bericht über Sylvia Strasser, eine – selber übergewichtige – Frau, die ein spezielles Reisebüro betreibt, das Ferien für Superdicke vermittelt und die alle Hotelangebote vorher persönlich testet: die Badezimmer und Duschen ausmisst, die Türbreiten, sich in die Liegestühle auf dem Balkon setzt, um herauszufinden, ob man sich darin wohlfühlt, ob die Betten hoch genug sind, so dass man nach dem Liegen wieder aufstehen kann.

Die Dicken werden zunehmend als interessante Konsumentengruppe erkannt und angesprochen. Noch fehlen systematisierte Angebote, wie sie in USA gang und gäbe sind. Aber die werden kommen. Tendenz zunehmend.




25/9  Von der Macht des Fettes

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:29

Mal eine andere Perspektive. Da hat man uns eingetrichtert und wir haben es allmählich, wenn auch ungern, begriffen, dass die gleiche Substanz, die wir mit uns herumtragen, und die unser Körper zu seinem Schatz und Notvorrat verklärt, so dass er sie hortet wo er doch gar nicht sollte, dass also diese gleiche Substanz es ist, die unser Essen so schmackhaft macht, die als Aromaträger unsere sensorischen Zellen wachküsst und den Appetit in uns wachsen lässt, so dass wir es uns schwer machen, sie zugleich zu hassen und auch zu lieben…

Fett also, als Medium für den Transport von Geschmack, von Aromen, von Düften, spielt eine ganz besondere Rolle im Film Das Parfüm nach dem Roman von Patrick Süskind. Es ist die schauervoll tragische Geschichte von Jean-Baptiste Grenouille, der im Paris des 17. Jahrhunderts als vermeintliche Totgeburt überlebt, eine erbärmliche Jugend fristet, die geprägt ist von seinem aussergewöhnlichen Geruchssinn, so dass seine Laufbahn als genialer Parfumeur durch alle Fährnise vorgezeichnet ist.

Zwanghaft verfolgt er das Ziel, den Duft junger Mädchen im Form ihres Destillates einzufangen und daraus das ultimative Liebesparfüm zu mischen, was ihm nur dann gelingt, wenn er die Mädchen ermordet, in grosse Tücher hüllt, die mit Fett bestrichen sind, so dass das Fett den Mädchengeruch aufnimmt, den er anschliessend in der Distillerie abzapfen kann.

Unser liebes Fett also als mörderische Trägersubstanz, ausgestattet mit der Macht, die wahre Essenz der Gerüche von Unschuld (man schreibt das 17. Jahrhundert) in sich aufzunehmen und, geläutert durch die reinigende macht des Feuers, wieder freizugeben… – Es handle sich, sagt Grenouille zu einem seiner ersten Opfer, um Tierfett. Nicht auszudenken, wozu allenfalls – nach greouille’scher Manier – unser eigenes Fett fähig wäre, so man es denn liesse bzw. seiner habhaft werden könnte. Es müsste, meine ich, für ein halbes Dutzend Jungfrauen reichen, wenn man nicht allzu verschwenderisch damit umginge.




24/9  Mundfüller DDS

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:39

Natürlich, es kommt aus Amerika. Und ich muss die Leserin um Entschuldigung bitten, die sich weniger Links zu englischen Websites gewünscht hat… aber das Ding mit Namen DDS wurde nun mal in USA erfunden und wird vielleicht einmal auch zu uns kommen.

Spontan erinnert es mich an jene kleinen Vogelpfeifchen aus Papier mit einer Metallzunge, die es früher in Tischbomben oder andern Party-Überraschungen gab: man konnte sie mit der Zunge gegen den Gaumen drücken und darüber hin blasen, und dann waren täuschend echte Trillerlaute zu vernehmen, die sich mit Mundöffnung und Wangenspannung melodisch modulieren liessen…

Das Ding, um das es hier geht, ist aus Plastic, wird nach Mass gefertigt, kostet so um die 500 Dollar. Das DDS System funktioniert offenbar ganz einfach: man klemmt es zwischen die oberen seitlichen Zahnreihen und dann füllt es einen Teil der Mundhöhle aus, so dass man beim Essen nur noch kleinere Mengen in den Mund nehmen und kauen kann. Dadurch wird man gezwungen, langsamer und in kleineren Bissen zu essen, man kann nicht mehr schlingen und das Essen in sich hinein schaufeln, sondern braucht automatisch länger, wodurch der Körper Zeit erhält, auf natürliche Weise sein Sättigungsgefühl zu aktivieren und zu spüren.

Also quasi eine mechanische Essbremse, ein technisches FdH-Programm. Und man kann diesen Gaumenblocker nach dem Essen wieder herausnehmen, abwaschen, in die Tasche stecken, bis zur nächsten Tafelrunde, wo man ihn sich kurz vorher wieder diskret reinschiebt… – Und wer weiss: Wenn das Prinzip Schule macht, kann es zum kultigen Ritual werden, wie einst das Tischgebet, indem man vor dem Essen kurz und meditativ innehält, der Hausherr blickt in die Runde und murmelt: Nehmt euer DDS… eins – zwei – und eingesetzt! Wohl bekomms, esst langsam, Freunde. Und die gepflegte Gastgeberin stellt neben das Gedeck ein kleines Schälchen mit lauwarmem Wasser (so wie wir es früher bei bestimmten Speisen, zu deren Verzehr man sich der Hände bedienen durfte, hatten, mit einem Zitronenschnitz), und er DDS-Träger lässt elegant sein Plasticteil hineingleiten, kurz bevor die Tafel aufgehoben wird… Das kann ja heiter werden.




21/9  Die SAPS ist eine Messe wert

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:36

Wir stehen wieder einmal mitten im Messe-Vorbereitungs-Stress. Das heisst: eigentlich ist er schon abgeschlossen, denn heute haben wir unseren Stand fix und fertig installiert und am Freitagvormittag ist Eröffnung.

Die Schweizerische Adipositas-Stiftung tritt gemeinsam mit der action d – Diabetes aktiv vorbeugen im Rahmen der Sonderschau „Rundum Gsund“ an der diesjährigen Züspa auf.

Die bisherigen Erfahrungen waren ja nicht unbedingt ermutigend. Wir haben festgestellt, dass gerade jene ZeitgenossInnen, die eigentlich an Informationen zum Thema Übergewicht interessiert sein müssten, nicht primär zu denen gehören, die solche Gesundheitssektoren in den Messen besuchen… und wenn sie sich schpn dorthin verirren, dann machen sie einen weiten Bogen um unseren Stand… So haben wir diesmal einen eher verspielten Ansatz gewählt.

„Hier dürfen Sie zuschlagen!“ steht über einer ganz besonderen Art von „Hau den Lukas“: auf sechs Tablaren sind Lebensmittel ausgestellt, in aufsteigender Rangordnung diejenigen, die weniger Kalorien und Fett enthalten. Und mit einem Hammer kann man einen Puck nach oben spicken, bis eine Glocke anschlägt… und es gibt einen kleinen Preis zu gewinnen.

Zudem kann man seinen BMI messen und seinen individuellen Tagesverbrauch an Kalorien bestimmen lassen. Dazu gibt es einen Diabetes-Risiko-Test und täglich einen Vortrag zum Thema Adipositas-Therapie… – Die nächsten zehn Tage gehören also voll dem Publikum. vielleicht sieht man sich ja.




20/9  Dicker wird sexy

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:09

Ich war jetzt zwar zehn Tage lang in spanischen Gefilden… aber von der hitzigen Model-Debatte habe ich nichts mitbekommen.

Da hat doch tatsächlich die spanische Regierung per Erlass verboten, dass zu magere Models an Modeschauen teilnehmen. Und dieses Verbot zieht nun offenbar weitere Kreise. Die Modebranche gerät in Aufruhr, die Trendsetter-Journalistinnen finden es gut und spenden Applaus… Die BBC zitiert eine Expertin mit der Aussage: „Die jungen Frauen brauchen Models als Vorbilder, die aussehen wir richtige Frauen und nicht wie Stabheuschrecken auf dem Laufsteg.“

Und von den Model-Agenturen hört man, sie probten den Aufstand… Jedenfalls ist es gut und war es an der Zeit, dass diese Debatte aufgenommen wurde. Sie passt zu der Kampagne der Kosmetiklinie „Dove“, die mit Insearaten und Events darauf hinwirken will, dass auch junge Frauen ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln, die im und sogar leicht über dem Normalgewicht liegen. Mit einem „Handbuch“ werden Mütter und Töchter angesprochen und Aktionen sollen jungen Frauen mit Essstörungen helfen, ihr Problem zu überwinden.

Es geht nicht um Schwarz oder Weiss, um Dick oder Dünn… es geht um die Nüancierungen und darum, dass nicht verallgemeinert werden darf. So wenig wie jedes Model in der Branche automatisch anorektisch ist, so sehr müssen Menschen unterstützt und gefödert werden, deren Körpergewicht nach oben nicht dem entspricht, was gängige Ideale zur Norm verklären. Der Erlass aus Spanien markiert hoffentlich eine Trendwende.




7/9  Noch mehr Labelling

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:35

Die Ampel gibt zu reden. Soll man, kann man, will man überhaupt? In einer Sitzung, bei der es heute darum ging, die Prioritäten und die Stossrichtung für politische Aktionen zu definieren, mit denen man die Rahmenbedingungen für gesunde Ernährung und gesundheitsfördernde Bewegung verbessern könnte, steht der Punkt, dass es gewisse lenkende Vorgaben brauche, ganz oben auf der Liste.

Aber wenn das Stichwort „Ampel-Deklaration“ fällt, gehen die Meinungen auseinander. Ja, man sollte, man müsste so etwas einführen… Nein, das habe keine Chance, würde am Widerstand der Lebensmittelindustrie scheitern, sei politisch nicht durchsetzbar und in der Praxis schwer zu realisieren. – Sicher, es gibt Leute, die möchten der Schweiz ein isolationistisches Inseldasein bewahren… aber Europa rundherum ist nun mal eine Realität, und was in Europa in die Läden und auf die Tische kommt, wird über kurz oder lang auch bei uns zum Alltag gehören.

Soeben erreicht uns die Kunde, dass in England ein neues, „nicht-offizielles“ Labelling-System eingeführt wird, nachdem der Kampf zwischen der Regierungs-Ampel und dem Industrie-Gegenmodell schon entbrannt ist. – Nun hat zusätzlich die Detailhandels-Kette Hannaford Bros ein eigenes „System“ entwickelt: 27’000 Food-Artikel wurden mit einem Etikett versehen, das einen, zwei oder drei Sterne enthält.

Es wird nicht „gewarnt“, sondern es wird „ausgezeichnet“, wenn Qualität vorhanden ist. Die Anzahl der Sterne bedeutet gut, besser, am besten. – Wenn ein Produkt einen oder mehr Sterne aufweist, so bedeutet dies, dass es mehr Vitamine, Mineralien, Vollkorn enthält, und weniger gesättigte Fettsäuren, Transfette, Cholesterol, Salz und raffinierten Zucker.

Von den 27’000 Produkten haben bloss etwa ein Viertel einen oder mehr Sterne bekommen. – Drei Sterne haben z.B. Broccoli, Heidelbeeren, Artischocken und Vollkorn-Haferflöckli… – Solche Systeme dürfen nicht zu kompliziert sein. Und Grenzfälle gibt es immer. Wie würde man etwa ein Ei einstufen? Die Frage steht im Bericht über das System von Hannaford… und die gleiche Frage wurde auch heute Morgen in der Sitzung gestellt. – Wollen wir mit dem Ei oder mit dem Huhn beginnen?




4/9  Die Englische Ampel

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:37

Alle reden darüber, die Food-Konzerne fürchten sie… aber wie sieht sie aus?

England hat für die Information der Konsumentinnen und Konsumenten eine Ampel-Deklaration eingeführt: Rot – Orange – Grün. So einfach ist es. Und die Farben bedeuten: hoch – mittel – tief… bezogen auf den prozentualen Anteil der jeweiligen Substanz in 100 Gramm des entsprechenden Produkts. – Angegeben werden die Werte für Fett, Eiweiss, Kohlenhydrate, Salz.

Wenn es also auf der Packung rote Punkte hat, dann weiss der Konsument, dass er aufpassen muss. Nicht, dass er das Produkt überhaupt nicht kaufen und essen sollte, aber er realisiert, dass er „dosiert“ damit umgehen muss: Keine allzu grosse Menge. Orange geht gerade noch, das kann man bedenkenlos auch nehmen… und grün ist der Hinweis, dass man eine gesunde Wahl trifft. Natürlich enthalten die meisten Lebensmittel einen farbigen Punkte-Mix, denn es kommt am Schluss auf die Ausgewogenheit der Bilanz an.

Aber wenn man verschiedene Produkte miteinander vergleicht, dann sieht man sofort, dass dasjenige mit „mehr grün“ auf jeden Fall die „gesündere Wahl“ ist. – Die Engländer haben das rasch begriffen. Schon weinge Wochen nach der Einführung dieses Systems ist der Verkauf bestimmter Produkte um mehr als 40 Prozent zurückgegangen. Andere, mit mehr grünen Punkten, haben sofort zugelegt.

Die Lebensmittelindustrie in Grossbritannien ist in Aufruhr. Die fünf grössten Produzenten – Kellogg’s, Nestlé, Kraft, Danone und Pepsico – haben sich zusammengetan, um in einer gross angelegten Werbekampagne ihre eigene Deklaration zu propagieren und so die Vorschriften der Regierung zu unterlaufen. Die Lösung der Food-Produzenten informiert darüber, wie viel vom täglichen Bedarf der einzelnen Nahrungs-Bestandteile in einer Portion enthalten ist… (vom gleichen Prinzip geht auch die Deklaration bei McDonald’s aus, wir erinnern uns).

Dieses System aber, da sind sich die Beobachter einig, ist wesenltich „anspruchsvoller“ als die farbige Ampel. Es verlangt eine kognitive Anstrengung, man muss umrechnen, den Dreisatz können… erst durch die Berechnung wird die „Aussage“ überhaupt nachvollziehbar. Und was am meisten zu Buche schlägt: während man sogar einem kleinen Kinde den Farb-Code leicht erklären kann (es kennt seine Bedeutung von der Verkehrsampel her bereits), hat man mit dem prozentualen Tagesbedarfs-Anteil bei Kindern absolut keine Chance. – Und so muss denn das von der Industrie forcierte System zwangsläufig gerade dort versagen, wo es am dringendsten nötig ist bzw. wäre, rasch und wirkungsvoll eine Lenkungsmassnahme zu implantieren!

Die Food-Industrie in England beklagt sich über Tony Blair und wirft ihm und seinen Leuten vor, man würde die Industrie zum Sündenbock für die Adipositas-Epidemie stempeln… – So, wie sich ihr eigener „Code“ im Blick auf die Wirksamkeit bei Kindern auswirkt, wird die Sündenbock-Rolle offenbar durchaus aktiv gespielt. Die Frage bleibt, wie lange die Konsumenten sich das bieten lassen.