7/10  Hungern ist gesund

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:07

So lautet die provokative Verkürzung eines Forschungs-Befundes aus Peking. Verringerung der Kalorien-Zufuhr bewirkt, dass sich das Risiko verkleinert, ein Aneurisma der Bauch-Aorta zu erleiden. Auch wirke es sich positiv aus bei Arterienverkalkung. Eine – vorübergehende – Restriktion der Kalorien-Aufnahme simuliere quasi die Zeiten der Hungersnot, mit denen die Menschen früher im Laufe der Evolution leben lernen mussten.

Allerdings: der Bericht der chinesischen Forscher beruht auf Experimenten mit Mäusen. Der Analogie-Schluss zu Adipositas-PatientInnen wird erst mal theoretisch gezogen, denn er steht in einem deutlichen Widerspruch zu der gängigen Auffassung, wonach künstlicher Nahrungs-Mangel in Form von Radikal-Diäten tunlichst zu vermeiden sei, um nicht in die Jojo-Falle zu tappen, die unweigerlich auf die schiefe Adipositas-Spirale führt.

Aber dann stellt sich uns doch die Frage, wieso es denn in so vielen Religionen traditionelle Fasten-Rituale gibt und gab, wenn nicht aus ursprünglich gesundheitsförderlicher Absicht? Begleiteter temporärer Nahrungsverzicht – er muss ja nicht radikal sein – ist schon heute für Viele ein akzeptiertes Programm zur Verbesserung des Wohlbefindens. Nicht nur für Mäuse.




6/10  Das andere Euter

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:57

Was ist aus Milch und Honig geworden. Einst in alttestamentarischer Zeit der Inbegriff von Wohlergehen und Überfluss im verheissenen Land gemäss dem 2. Buch Moses… und nun?

Die Bienen sterben dank globaler Agrochemie weg und im Honig werden Pestizide nachgewiesen. Immer mehr Leute meinen an Laktolse-Intoleranz zu leiden und der bekennende Veganer wendet sich aus Überzeugung vom „Kuhsaft“ ab. Ersatz-Produkte sind im Aufwind.

Die Industrie reagiert und stellt Kunstmilch her aus Substanzen, die auch ökologisch überzeugende Vorteile bieten: die alternative Fabrik-Milch mit Protein-Verbindungen aus Zucker und pflanzlichen Fetten benötigt für ihre Herstellung 91% weniger Land, 98% weniger Wasser, zudem entsteht 84% weniger CO2, gemessen am Verbrauch bei herkömmlicher tierischer Milch. Dazu keine Massentierhaltung, keine Quälzucht mit überdimensional vergrösserten Eutern und abgebranntem Gehörn und kein „Nahrungsraub“ an den unschuldigen Kälblein…

Gross im Kommen ist offenbar die Bananen-Milch, bestehend aus Bananen (mit natürlicher Süsse) und Wasser; sie löst die Soya-Milch ab, sagt man. Weitere Milch-Grundlagen sind: Mandeln, Hafer, Reis, Cashew-Nüsse… Damit hat die Milchbauern-Romantik langfristig ausgedient, der Markt reagiert auf die Bedürfnisse der KonsumentInnen.

Noch wissen wir nicht, wie sich der Trend auf die übrigen Milchprodukte auswirken wird. Ob sich ein würziger Bergkäse auch aus Mandelmilch produzieren lässt? Die Aroma-Industrie wird es vielleicht richten. Wir Food-Nostalgiker werden uns aber immer noch an den Geschmack der Wildkräuter erinnern, mit dem wir uns auf der Alp den warmen Strahl direkt von der Zitze in den Mund gespritzt haben, wie wohl einst unsere Vor-Vorfahren, als sie den Jäger-Sammler-Job an den Nagel hängten und sich der Tierzucht zuwandten.

Aber auch wir sind zum Aussterben verurteilt, dereinst.




5/10  Am 11. Oktober…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:36

…ist es so weit. Da wird zum zweiten Mal der „World Obesity Day“ begangen, der Adipositas-Welt-Tag. Es gibt ja inzwischen für alles und jedes einen Welt-Tag. So viele, dass die Tage im Lauf des Jahres längst nicht mehr ausreichen. Und neben den Welt-Tagen gibt es die kontinentalen Gedenktage sowie die nationalen Tage des einen oder anderen Themas.

Vor einigen Jahren wurde in Europa der EOD – der European Obesity Day – ausgerufen und wir haben ihn einige Male auch begangen, bis er dann, mangels Sponsoren, eines stillen Todes gestorben und wieder in Vergessenheit geraten ist. Nun also hat die World Obesity Federation, ein Zusammenschluss von 50 regionalen professionellen Obesity-Organisationen, einen jährlichen Thementag etabliert, im Rahmen ihrer Kampagnen-Aktivitäten, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und einen Beitrag zu leisten, um die weltweite Adipositas-Epidemie einzudämmen.

In diesem Jahr stehen thematisch die Kinder und Jugendlichen im Vordergrund. Die Regierungen aller Länder sollen ermutigt werden, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um der Fettleibigkeit bei Kindern entgegen zu wirken. Die Empfehlungen, die von der zuständigen WHO-Kommission abgegeben werden, beruhen auf sechs Säulen: gesund essen, ausreichend bewegen, Beratung bereits in der Schwangerschaft, richtige Ernährung für Säuglinge, Gesundheitsförderung der Kinder, Gewichtskontrolle…

Die Bedeutung der Adipositas-Prävention bei Kindern und Jugendlichen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie beginnt heute schon vor der Geburt und ist eine permanente Herausforderung angesichts der Vielzahl der „Fallen“, welche der aktuelle Lebensstil in unserer Zivilisation für die heranwachsenden Erdenbürger bereitstellt. Fachliche Hilfe bekommt man hierzulande vom Schweizerischen Fachverband Adipositas im Kindes- und Jugendalter akj und im Rahmen vonzahlreichen Kantonalen Aktionsprogrammen, die durch Gesundheitsförderung Schweiz koordiniert werden. Und zwar das ganze Jahr, nicht nur am 11. Oktober…




4/10  Welt-Index

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:44

Er sei, höre ich immer wieder, ja doch nicht präzis. Es geht um den Body Mass Index, den BMI. Weil er ja nur auf die mathematische Relation zwischen der Körpergrösse in Centimetern und dem Gewicht in Kilogramm abgestützt ist und dabei völlig ausser Acht lässt, aus welchen „Elementen“ die gemessene Person besteht: Muskelmasse, Körperfett, Wasser… und wie viel Energie sie in ihrem Alltag verbraucht.

Deshalb werde bei einem Bodybuilder, der aus reinen Muskelpaketen besteht, ein BMI diagnostiziert, der eindeutig auf Adipositas hinweise, obwohl der Mann kein Gramm Fett an seinem Körper habe… Das ist rechnerisch richtig so, sagt aber noch nichts aus über die „Untauglichkeit“ des BMI als grobe Richtschnur für die Übergewichts-Klassifizierung, wie sie nach wie vor von der Weltgesundheitsorganisation WHO vorgegeben wird.

Eben wurde wieder eine kartografische Übersicht publiziert, wie ausgeprägt die Adipositas (BMI grössser als 30) in den verschiedenen Ländern der Welt vorhanden ist, ausgewiesen nach Männern, Frauen, Buben und Mädchen. Erstmals sind in dieser Karte auch Werte für die Schweiz eingetragen, basierend auf Erhebungen aus den Jahren 2011/2012. Demnach sind 14,7% der erwachsenen Männer adipös. Bei den Frauen sind es 12,8%. Bei den Jungs macht der Anteil 17,2% aus, bei den Mädchen 17,8%.

Die Schweiz liegt etwas unterhalb des europäischen „Mittelfelds“. Am ausgeprägtesten ist die Adipositas in den USA mit durchschnittlich 35%, in Australien beträgt sie 27% und in Grossbritannien 24%.

Aber die Hinterfragung des Body-Mass-Wertes ist berechtigt. Er gibt keine verbindliche Auskunft über den individuellen Gesundheitszustand. Es gibt „gesunde Dicke“ ebenso wie kränkliche „Sprenzel“… er kann je nach Kontinent und Ethnie mehr oder weniger variieren, die gesundheitlichen Risiken sind keine absolute Grösse, aber sie sind doch vorhanden und lohnen eine vertiefte Abklärung, wenn ein gewisser Grenzwert überschritten ist.

Ich mache in diesem Zusammenhang gerne wieder einmal auf den Smart-BMI-Calculator aufmerksam: er berücksichtigt neben Grösse und Gewicht auch das Geschlecht, das Alter, die Herkunft sowie Ernährungs- bzw. Diät-Aspekte. Er wird mit zunehmendem Lebensalter gnädiger, verschiebt die Risiko-Grenze etwas nach oben, ehe das Alarzeichen Übergewicht/Adipositas erscheint. Das hat eine beruhigende Wirkung, die man sich gönnen kann.

 




3/10  Chancengleichheit?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:32

Was lesen und hören wir nicht alles über Diskriminierung. Den Dicken geht es schlecht. Sie werden verspottet, ausgegrenzt, niedergemacht, gemobbt. Sie haben keine Chance bei Bewerbungen (sobald sie ein Foto von sich beilegen müssen), sie verdienen im Schnitt weniger als Normalgewichtige…

Das alles trifft zu, ist bedauerlich und muss mit allen Mitteln bekämpft werden, damit niemand durch sein Abweichen von einer vermeintlichen Norm benachteiligt wird. Toleranz und Rücksicht sind gefragt, ebenso Akzeptanz.

Da ist es dann doch direkt eine Art Lichtblick, wenn ich heute in einem Artikel im Tages-Anzeiger lese, dass im Bordell die dünnen Mädchen weniger verdienen, das heisst: weniger „gefragt“ sind als die fülligeren Damen, an denen etwas dran sei. Die Gäste, sagt die Betreiberin des Etablissements, möchten weibliche Kurven und rundliche Formen, Schönheit und Alter seien nebensächlich, im Gegenteil, allzuviel an Makellosigkeit schüchtere den Normalo-Schweizer eher ein.

Dieser Tatbestand mag uns etwas über die sonstige Ungleichheit der Chancen hinwegtrösten, auch wenn nicht alle Betroffenen ausgerechnet auf diesem Gebiet Kompensation für erlittenes Ungemacht suchen und finden werden… Diese emotionale Präferenz stellt doch ein nützliches Korrektiv dar zum weit verbreiteten Schlankheits- und Schönheitswahn, in den viele sich treiben lassen, auch wenn ihnen das rational gar nicht bewusst ist.




27/9  Gruss aus Syrakus

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:34

Die Bürgschaft. Was hatten wir doch damals gelitten beim Auswendiglernen der klassischen Balladen, hatten sie mit geschlossenen Augen heruntergerattert, dankbar für Versmass und Rhythmus, auch wenn wir dem Deutschlehrer bei seinen weitschweifigen Exegesen nicht immer zu folgen vermochten.

Sie war und ist das Hohelied der selbstlosen Beziehung, die bereit ist, für den Freund das eigene Leben zu opfern, gegen jeden Widerstand der Welt. Gipfelnd in dem fast dreisten Ansinnen des Tyrannen, nach dessen Leben der eine der Freunde getrachtet hatte, ebenfalls so ein treuer Freund zu werden: Ich sei – gewährt mir die Bitte – in eurem Bunde der Dritte!

Ob die Bitte auch tatsächlich gewährt wurde, ob und wie lange der Dreierbund danach Bestand hatte, ob die Kluft zwischen dem verhassten Tyrannen und dem abgefangenen Attentäter sich einfach so überwinden liess, darüber schweigt sich Friedrich Schiller wohlweislich aus und überlässt es dem Optimisten wie dem Pessimisten, seine eigene Version der Geschichte zu Ende zu denken.

Wie ich ausgerechnet auf die Bürgschaft komme? – Ein Artikel im heutigen Tages-Anzeiger berichtet über eine Umfrage und verschiedene wissenschaftoliche Studien zu Phänomenen, die mit Freundschaft verbunden sind. Ein Themenkreis betrifft die Gesundheit:

Menschen, die Freunde haben, sind gesünder als Einzelgänger. Sie erholen sich schneller von Krankheiten, sie haben ein deutlich geringeres Risiko, an Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Hirnschlag zu erkranken – oder an Adipositas. Und sie sterben weniger früh als ihre Vergleichsprobanden, die ohne Freunde auskommen…

Im Freundeskreis erhalte man positive Impulse, was die Gestaltung des Lebensstils angeht, sagt die Studie, bis hin zur Ausschüttung des „Kuschelhormons“ Oxytocin, die beim freundschaftlichen Zusammensein das Gehirn beglückt. Diese Botschaft nimmt man natürlich gerne zur Kenntnis. Ich hatte bis jetzt eher das Gegenteil vermutet; dass man „unter Freunden“ auch auf die schiefe Bahn geraten kann, dass der Gruppendruck dazu verleitet, Dinge zu tun – und in unserem Fall: zu essen – , die man von sich aus unterlassen hätte.

Nun gut, kann man sagen, das waren dann halt die falschen Freunde, die unsere Freundschaft missbrauchten um uns Schaden zuzufügen. Und der heilsbringende Effekt bleibt den „wahren“ Freunden vorbehalten. Dann macht es ja Sinn, dass ich jetzt Freund Rolf zur gemeinsamen Aquafit-Stunde abhole und dann mit ihm ein lecker-leichtes Gemüseplättli verspeisen gehe.




26/9  Wieder mal fliegen…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:01

Seit Jahren bin ich nicht mehr in einem Flugzeug gesessen. Innerhalb von Europa habe ich mich nur noch per Auto oder Eisenbahn bewegt, da mir die Benützung von Flugzeugen mit meinen 180 Kilo zunehmend unbequem ja sogar lästig wurde. Nicht nur die unendlichen Distanzen, die es in den Flughäfen zu überwinden galt, wenn man sich mit schmerzenden Gelenken und an Gehhilfen humpelnd durch die mondänen Hallen der zeitgemässen Nomaden quälen musste oder wenn es galt, unter Aufbietung der letzten Kräfte über den Gateway zu hasten. Kam dann dazu, dass ich mich kaum in den Sitz quetschen konnte, selbst bei hochgeklappter Armlehne, was mir jeweils missmutiges Grunzen und abschätzige Blicke meiner Platznachbarn eintrug… zum Glück konnte ich zuletzt an verschiedene Fachkongresse gemeinsam mit anderen Kollegen reisen, die nicht nur von kleinerer und schmalerer Statur waren sondern darüber hinaus als Adipositas-Spezialisten auch Verständnis für meine Situation aurfbringen mussten.

Und dann war da noch die Sache mit der Beinfreiheit: meine Kniescheiben verkeilten sich jeweils in der Stuhllehne des Vordermanns und wenn dieser sich zum Schlafen nach hinten klickte, hatte ich das Gefühl, meine Knochen splittern zu hören. Und wenn man das im Vordersitz eingebaute Tablett nicht herunter klappen kann, weil die Bauchtrommel zu mächtig ist, vergeht einem jede Lust aufs Essen… Das mit dem Verlängerungsgurt allerdings war mir nicht peinlich, nach dem musste ich nie fragen, den brachten die Flight Attendants von sich aus, wenn sie mich sahen. Es gab auch Flugbegleiterinnen mit einem guten Herz. Bei einem Trip mit KLM bot man mir spontan eine leere Sitzreihe an, auf der ich querbeet halb sitzen, halb liegen konnte…

All diese Reminiszenzen stiegen in mir hoch, als ich kürzlich den Bericht las über einen Anwalt, der eine Fluggesellschaft verklagte, weil er neben einem zu dicken Mitreisenden sitzen musste. Ich will hier nicht über Diskriminierung jammern… früher konnte man ja beim Einchecken auf das Problem hinweisen und einen speziellen Platzierungswunsch anmelden. Heute geht das mit dem „Self-Check-In“ nicht mehr so einfach und viele Flüge sind so überbucht, dass kein Spielraum für Umplatzierungen bleibt.

Aber seit ich 73 Kilo leichter bin und keine Probleme mehr habe mit zu schmalen Sitzen und auch das Tablett locker herunter klappen könnte, und vor allem seit ich mühelos auch grössere Strecken zurücklegen kann, befällt mich der Wunsch, es wieder einmal mit einem Flug zu versuchen, das neue Gefühl der Unbeengtheit auszukosten und es zu geniessen, ein stinknormaler Passagier zu sein, ohne jeden Sonderwunsch und ohne dass ein Mitreisender sich bedrängt fühlt…

Nur die Beine sind leider nicht kürzer geworden.




21/9  Krankenkassen-Telefon

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:25

Die Dame am anderen Ende der Leitung sprach gebrochen Deutsch. Sie begann die Unterhaltung mit einer unverfänglichen Einleitung: ob ich kürzlich auch einen Brief von meiner Krankenkasse erhalten hätte, in welchem diese mir mitteilte, dass die Prämien nächstes Jahr wieder steigen würden, wollte sie wissen.

Ich sagte: Ja, ich habe tatsächlich eine Mitteilung meiner Krankenkasse erhalten, aber darin informierte sie mich darüber, dass sie mir eine ansehnliche Summe rückerstatte für eine insgesamt kostspielige Therapie… Deshalb sei ich meiner Kasse sehr dankbar und ich würde nicht im Traum daran denken, sie je zu wechseln.

Die Dame in der Leitung war jetzt kurz angebunden. Sie sind in Behandlung? fragte sie. Und: Dann sind sie für uns nicht interessant. Damit hängte sie wortlos auf.

Offenbar bin ich da auf einen praktischen Trick gestossen, wie man sich schmerzlos vor der permanenten Belästigung durch Krankenkassen-Callcenter-Anrufe schützen kann.

Dabei habe ich nicht mal geflunkert: die Kasse hatte mir tatsächlich unlängst mitgeteilt, dass sie die Kosten für die Akupunktur-Sessionen im Zusammenhang mit meinem Gewichtsreduktionsprogramm übernehme. Etwas, worauf ich eigentlich fast nicht zu hoffen gewagt hatte, da ich keine Zusatzversicherung für Alternativmedizin habe. Aber es hatte sich doch gelohnt, die aufgelaufenen Rechnungen einzuschicken, begleitet von einem freundlichen Schreiben, in dem ich darlegte, dass der Gewichtsverlust von inzwischen 73 Kilo sich auch auf die künftigen Leistungen auswirken würde, indem ich bereits jetzt meine Medikation deutlich reduzieren konnte und indem dadurch weitere, grössere Interventionen vermieden würden, wie eine zweite Knie-Operation, allenfalls ein weiterer Infarkt oder eine spätere Erkrankung an Diabetes Typ 2…

Danke, liebe KPT!




20/9  Doch keine Verschwörung?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:51

Ich weiss noch gut. Es war Ende der Neunzigerjahre und der Adipositas-Spezialist, den ich mit meinen damals 165 Kilo Lebendgewicht aufgesucht hatte, empfahl mir dringend, weniger Fett zu essen. Kohlenhydrate könnte ich bedenkenlos zu mir nehmen, ohne auf die Menge zu achten, denn die würden vorneweg verbrannt und könnten sich nicht im Körper als unverbrauchte Fettreserve einlagern.

Inzwischen hat sich der momentane Stand des Irrtums – genannt Wissen – merklich verändert: Fett ist aus der Schmuddelecke zurück gekehrt in den Kreis der reputierlichen Nährstoffe, dafür sind die Kohlenhydrate – allen voran der Zucker, im Übermass genossen – ins Fadenkreuz der Anklage geraten: gut 160 Gramm Zucker verzehren wir täglich, bewusst und unbewusst, während die Weltgesundheitsorganisation WHO dringend rät, den Tageskonsum auf maximal 25 Gramm zu beschränken.

Und der Zucker ist als der Übeltäter entlarvt, der die Aufpolsterung der Fettzellen anregt und befördert.

Vor wenigen Tagen erregte eine Publikation weltweit Aufsehen, in der dargelegt wurde, wie die Zucker-Industrie schon in den Sechzigerjahren die öffentliche Meinung mit „gekauften“ wissenschaftlichen Studien beeinflusst habe, dass kein Zusammenhang nachzuweisen sei zwischen Zuckerverzehr und Gesundheitsrisiken, insbesondere Herz-Kreislauf-Beschwerden. Das Fett wurde an den Pranger gestellt. Inzwischen hat sich eine „Ernährung mit weniger Kohlenhdraten“ auf breiter Basis in den Empfehlungen zur Gewichtsreduktion etabliert, von LowCarb über Paleo bis zur ketogenen Diät…

Aber schon kommt wieder eine Gegendarstellung: die Beschuldigungen gegenüber der Zucker-Industrie und insbesondere der Vorwurf der Bestechlichkeit an namhafte Wissenschafter (die inzwischen notabene verstorben sind) entsprängen einem zwanghaften Vorurteil der Verfasser des entsprechenden Berichts, sie seien der Versuch, die amerikanische Ernährungsgeschichte rückwirkend „neu zu schreiben“ und die Faktenlage dazu sei extrem dürftig, denn die Zucker-Leute hätten damals lediglich eine Meta-Analyse der bereits vorhandenen Studien in Auftrag gegeben. Was dabei resultiert habe, reflektiere nichts weiter als den damaligen Stand des allgemeinen Wissens und sei mitnichten eine willkürliche Verfälschung wissenschaftlicher Erkenntnisse gewesen, wie nun im Nachhinein unterstellt werde… Von der behaupteten „Verschwörung“ könne keine Rede sein.

Wie auch immer: die Forschung geht weiter und es bringt nichts, an vergangenen Irrtümern und deren Ursachen oder Auswirkungen herum zu deuteln. Entscheidend ist, dass wir aus den gemachten Erfahrungen die richtigen Schlüsse ziehen und offen bleiben für neue Erkenntnisse, die hilfreich sein können. Auch mein damaliger Spezialist hat inzwischen dazugelernt.




15/9  Ampel-Zoff

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:08

Rot-Orange-Grün. Die Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel sorgt immer wieder für Gesprächsstoff. So auch vorgestern bei der Präsentation der Studie „Monitor Ernährung und Bewegung 2016“. Demnach gaben 75% der Befragten an, sich regelmässig oder gelegentlich anhand der Lebensmittel-Deklaration auf der Verpackung über den spezifischen Inhalt eines Produktes zu informieren. Das ist ein erfreulicher Wert, der sich von früheren Befunden abhebt, wonach nur eine Minderheit diese Informationen beachten würde. Die permanente mediale Aufklärungsarbeit bewirkt am Ende doch etwas.

Zudem gaben 59% der Befragten an, sie würden die Einführung einer Ampel-Kennzeichnung begrüssen.

Bezüglich der Ampel hat England eine Vorreiter-Rolle übernommen. Dort wurde 2013 nach jahrelanger Diskussion eine Kombination aus Ampel und der Tagesbedarfs-Angabe eingeführt: ausgewiesen werden die vier Nährstoffe Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz; die Ampel-Farben stehen für hoch, mittel und tief, dazu kommen die effektiven Anteile pro 100 Gramm, in Relation zur empfohlenen Tagesdosis. So hat ein bestimmtes Produkt nicht nur eine einzige Farbe, sondern der Konsument erhält einen Überblick über die einzelnen Anteile und kann selber beurteilen, was er für zuträglich hält und was nicht.

Diese Lösung ist pragmatisch, hat aber innerhalb der EU zu Protesten geführt von Ländern (wie Italien), deren Lebensmittel-Produktion sich traditionell eher im rot-orangen Bereich abspielt… Aufgrund zahlreicher Interventionen hat die EU-Kommission nun zugesagt, sie wolle im Dezember 2016 einen Bericht vorlegen über die Auswirkungen dieser Kennzeichnung auf das Konsumverhalten. In einzelnen Fallstudien war ein Rückgang beim Umsatz der rot-orangen Produkte um 8 bis 14 Prozent festgestellt worden.

Auf diesen Bericht darf man gespannt sein. Er wird etwas aussagen darüber, ob und wie die Konsumenten sich in ihrem Kaufverhalten durch eine plakative und leicht verständliche Kennzeichnung beeinflussen lassen. – Welche Konsequenzen die EU insgesamt dann aus den Befunden ziehen wird, ist offen. In England rechnet man damit, dass aus Rücksicht auf den Markt die Ampel-Lösung unter Druck geraten könnte. Man freut sich deshalb über den Brexit-Entscheid, der es erlauben würde, einen „schärferen“, unabhängigen Kurs zu fahren. – Und was ist/wäre mit der Schweiz??