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Von Heinrich von Grünigen um 23:10 |
Auf dem Handy kommen die ersten SMS mit Neujahrswünschen herein. Natascha und Jörg haben sogar einen Vers geschmiedet. In der Küche hat sich die Festgemeinde vor dem Karaoke-Automaten versammelt und schmettert aus voller Kehle das Lied vom Bett im Kornfeld und von den Tränen, die nicht lügen.
Das Jahresende ist auf leisen Sohlen gekommen und steht nun unvermittelt da, es gibt kein Entrinnen, kein Kneifen und kein Zurück: was geschehen ist lässt sich nicht aufheben oder nochmals besser machen, es ist zu akzeptieren als Faktum und das Blatt mit der vertrauten Jahreszahl wird umgelegt, in der Chronik beginnt ein neues Kapitel, auch wenn die alten Geschichten zum Teil nur fortgeschrieben werden.
Was haben wir uns erhofft? Was davon erreicht? Was ist ganz anders gekommen als wir gedacht haben? Gibt es eine Chance zum Nachbessern? Oder bleibt uns eigentlich nur die Option, zu akzeptieren, was war, so wie es ist? Das ist wahrscheinlich keine schlechte Lösung. Ein neuer Anfang schliesst die Hoffnung ein, dass es diesmal gelingen könnte.
In diesem Sinne wünsche ich allen einen offenen und wachen Geist, um das, was auf uns zukommt, ohne Vorurteil zu akzeptieren, um das beste daraus zu machen.
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Von Heinrich von Grünigen um 20:43 |
Wenn sich auf Silvester hin die Familie zusammenrottet, werden die alten Spiele aus dem Kasten geholt, die man mit den Kindern schon gespielt hat, als diese noch klein waren. Es sind die zeitlosen Familienspiele und es sollte sich der vertraute déja-joué-Effekt einstellen… aber irgendwie ist der alte Charme von damals nicht mehr da. Die Rollen innerhalb der Familie sind zwar nicht neu verteilt, aber die Zeit, die vergangen ist, hat ihre eigenen Akzente gesetzt und die Erinnerung an „damals“ deckt sich nicht unbedingt mit dem Erleben von heute.
Erst wenn man aktuelle, neue Spiele macht, egalisiert sich die Runde über die Generationen hinweg, keine Erinnerung steht dem Erlebnis im Weg und man entdeckt im gemeinsamen Wettkampf die elementaren Freuden des homo ludens. Das ist eine gute Erfahrung, denn sie zeigt, dass wir noch immer offen sind für die Begegnung mit neuen Inhalten, die noch nicht vertraut sind. Das hält beweglich, zumindest im Geist. Und machgt fit für dden Jahreswechsel.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:37 |
Da war heute eine Sendung im Fernsehen. Sie handelte von einem „Vorurteil“ aus dem kulturellen Bereich: Müssen Opernsänger wirklich dick sein? lautete die Frage, und ich war gespannt auf die Antwort. Der Untertitel weckte die Erwartung, man würde etwas zur Entlarvung dieses „Vorurteils“ erfahren.
Die Sendung war interessant, aber eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage hat sie nicht gebracht. In Erinnerung ist mir geblieben, dass es sich mit dickem Körper generell besser singt (Resonanz), dass die Sänger und Sängerinnen übereinstimmend sagten, ihre Leibesfülle gebe ihnen Sicherheit und Bodenhaftung, lasse sie in sich selber ruhen und erlaube ihnen eine natürliche Stimmführung.
Früher war es allgemein anerkannt, dass OpernsängerInnen wohlbeleibt waren. das komme, mutmassten einige, davon, dass der Sängertyp ganz allgemein dem angenehmen Leben zugeneigt und kein Kostverächter sei, dass der Tagesablauf mit Proben und Auftritt es gar nicht zulasse, dass man früher am Tag essen kann als spät am Abend nach der Vorstellung, was dann besonders anschlägt, wie wir wissen.
So waren früher die fülligen Stimmwunder auch problemlos akzeptiert, selbst wenn sie nicht ganz dem Idealbild einzelner Opernfiguren entsprachen… aber mit der Zeit änderte sich das Stilempfinden und es wurden Ansprüche ans Aussehen gestellt, insbesondere bei den Frauen, was dazu führte, dass einige sich einer Magenoperation unterzogen, massiv an Gewicht verloren… und dabei ihre stimmliche Qualität einbüssen mussten. Als prominentes Beispiel wurde Maria Callas genannt.
Also gut, was will uns der Beitrag sagen, was wir nicht schon gewusst haben? Dass bei Frauen in der Öffentlichkeit die Gewichtsfrage unerbittlicher thematisiert wird als bei Männern? Dass man Opfer bringen muss, wenn man Gewicht reduziert? Dass (zu) viel Gewicht auch etwas Gutes haben kann? – Letztlich dann vielleicht doch eine tröstliche Botschaft zum Jahresende.
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Von Heinrich von Grünigen um 20:29 |
Es ist ein alter Witz vom Grafen Bobby oder sonst einem für etwas dumpfbackig gehaltenen Menschen (man könnte ihn auch dem Dällebach Kari zuschreiben): er (der Protagonist) steht mit seinem Kumpanen an der Theaterkasse, als er plötzlich rechtsumkehrt macht und sagt: Das kölnnen wir uns doch gar nicht leisten! – Wieso? fragt der Kumpan, und Bobby zeigt auf eine Tafel, auf der geschrieben steht: Programm: 2 Franken.
Ganz ähnlich verhält es sich mit den Proportionen. Und jeder eBalance-User weiss, dass viele Kalorien- und Nährwertangaben, die man für die tägliche Bilanz eingeben muss, sich auf „eine Portion“ beziehen. Nur: wie gross oder wie klein darf denn so eine Portion sein, damit sie ins Rechnungs-Schema passt? – Es gibt Rezepte, die definieren ihre Mengenangaben nicht in Gramm, sondern mit einer „Handvoll“. Und da könnte man folgerichtig sagen, dass grosse Leute einen höheren Kalorienbedarf haben als kleine Leute und dass dies nichts als logisch ist, da diese auch „grössere“ Hände haben als die Kleinen…
Trotzdem: beim Schöpfen in der Kantinenschlange wird einem auch bewusst, dass die Portionengrösse sich individuell variieren lässt. Aber entsprechend muss sich auch der Nährwert und die Kalorien-Summe verändern. – Hier schafft nun ein neues Online-Angebot aus Amerika Abhilfe, indem es u.a. mit einer Serie von Abbildungen die jeweilige Portionengrösse zur Auswahl anbietet. Das Programm nennt sich Figwee und befindet sich noch in der sog. Beta-Phase der Erprobung. Wer sich dafür interessiert, kann sich in dieser Phase gratis als Mitglied eintragen und das System ausprobieren; mit entsprechenden Feedbacks kann man zur Verbesserung des Angebots beitragen. Gerade für erfahrene eBalance-BenutzerInnen dürfte dies eine interessante Horizont-Erweiterung darstellen, ohne damit eBalance direkt zu konkurrenzieren.
Eine andere (von unzähligen) Hilfen, um die Portionengrösse zu bestimmen, ist der „Diät-Teller“, der vor kurzem in USA auf den Markt gekommen ist. Auf einem Teller ist aufgezeichnet, bis wo sich welche Lebensmittel ausbreiten dürfen, wenn sie noch als „Portion“ durchgehen sollen. – Es sind Hilfsmittel. Aber wenn sie wirklich helfen, sind sie gut.
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Von Heinrich von Grünigen um 0:02 |
Wenn die letzte Woche des alten Jahres angebrochen ist, dann stellt sich unweigerlich die Frage, wie man es denn mit den – guten – Vorsätzen hält. Einst legte man feierliche Gelübde ab und fühlte sich mies, wenn es nicht gelang, sie einzuhalten… bis man merkte, dass das ja eigentlich folgenlos blieb, dass es gar keine höhere Instanz gab, die sich furchtbar dafür rächte, dass man wortbrüchig geworden war. Und so wurden die Vorsätze beliebig, man erlernte einen spielerischen Umgang damit oder gab sie überhaupt ganz auf.
Anders ist es mit dem Vorsatz, im neuen Jahr wieder mal kräftiger abzunehmen. Hält man den nicht ein, so sind die Konsequenzen jeden Tag auf der Skala der Waage abzulesen. Und es ist keine höhere Macht, die hier eingreift, man ist es ganz alleine selbst und es sind die einfachen Gesetze des Stoffwechsels. Die Gefahr ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass man angesichts des drohenden Ungemachs a priori darauf verzichtet, solche Vorsätze überhaupt zu fassen.
Dies wiederum ist ein eher unkluges Verhalten. Und wenn es noch einer Motivation bedarf, um dieses Verhalten zu überwinden, so ist es eine Studie, die jetzt von der Internationalen Organisation zur Erfoschung der Adipositas (IASO) publiziert wird: Übergewicht und seine sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen. Die IASO hat eine Powerpoint-Präsentation von 33 Tafeln veröffentlicht, die in knappen Stichworten (ergänzt mit zahlreichen wissenschafltichen Quellenangaben und Hintergrund-Informationen) umreissen, worum es geht. Wer von klein auf dick ist, hat eine Zwei am Rücken, ist schon im Elternhaus, in Schule und Ausbildung und am Arbeitsplatz von Vorurteilen umstellt, hat im Alltag schlechtere Chancen und kaum eine Möglichkeit, diesem Teufelskreis zu entkommen. Eine Analyse der gängigen (US-)Fernseh-Serien zeigt, dass es kaum positiv besetzte Figuren mit Übergewicht gibt, die Dicken sind die stereotypen Loser…
Sicher, ein Vorsatz allein macht noch nichts gut. Aber er kann ein Anfang sein. Ein Einstieg in eine neue Perspektive. Und ein Versuch, der gewagt werden sollte. Noch haben wir fünf Tage Bedenkzeit.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:57 |
In der Zeit der gepflegten Festtagsmenüs geziemt es sich auch derer zu gedenken, die uns zur Herstellung derselben anleiten, indem sie Bücher verfassen, in denen diese Speisen beschrieben sind, illustriert mit Bildern, die zeigen, wie das Essen zubereitet wird und insbesondere wie es dann aussieht, wenn es auf den Teller angerichtet ist.
Und das ist ja wohl die deprimierendste aller Erfahrungen im Umgang mit Kochbüchern: dass es uns normalsterblichen Hausmannsköchen nie und nimmer gelingt, die Dinge so farbenfroh und knackigfrisch auf den Tisch zu bringen, wie sie im Buch abgebildet sind. Das Gemüse läuft an und wird bräunlich, die Saucen sind dünn und blass, das Fleisch sieht dumpf und unregelmässig gebraten aus… der ganze Anblick ist weit von dem entfernt, wonach es schmecken sollte, ganz unabhängig davon, wie lecker es tatsächlich auch sein mag.
Eigentlich hat man es ja immer gewusst oder davon gehört: wer in professioneller Manier Speisen fotografiert, der bildet keine richtig gekochten Mahlzeiten ab, der trickst mit bösen Rosstäuschermethoden einen Glanz und Farben und eine ganze Pracht herbei, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Eine instruktive Übersicht der elementaren Kniffe hat das Internetlexikon Wikipedia zusammengestellt. Der Food Stylist tut alles, nur nicht kochen. Und das, was er abbildet, ist in der Regel auch gar nicht geniessbar.
Da wird mit artfremden Materialien und Farben nachgeholfen, damit die Strukturen erhalten bleiben, Gemüse wird roh oder nur blanchiert auf den Teller gelegt, um die originalen Farben zu konservieren, das Ganze wird besprayt und lackiert, damit es in Form bleibt… Irgendwie sind da die Japaner fast ehrlicher, die in den Restaurants die verschiedenen Menüs, die am Tresen ausgestellt werden, aus Plastic oder Acryl anfertigen, was so kunstvoll und täuschend echt wirkt, dass es der Kundschaft effektiv die Auswahl der Speisen erleichtert.
Die alten klassischen Koch-Kompendien hatten noch keine Fotos. Bestenfalls eine Zeichnung, wie man ein Poulet oder ein Kaninchen zerlegt. Das tat dem Resultat keinen Abbruch, es erschwerte allenfalls die Auswahl.
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Von Heinrich von Grünigen um 20:04 |
An den Fenstern haben wir kleine Lichtergirlanden angebracht, das macht sich festlich und signalisiert in die nächtliche Welt: hier wohnen Leute. Zum Abendessen gab es einen Kaninchenrollbraten, von einem Nachbarn gestiftet, der seine Langohren in einem kleinen Holzsstall nebenan hält und der sie mit dem Wasser aus unserem Brunnen tränkt, der unsern Parkplatz benutzen darf, denn er kommt von auswärts für sein Züchterhobby.
Es war ein absolut ruhiger Tag. Der kurze Abstecher ins Dorf für die letzten Einkäufe hatte nichts von der Hektik des Last-Minute-Shoppings, kaum gab es Leute im Genossenschaftsladen und man fühlte sich angesichts der noch vollen Regale fast verpflichtet, mehr mitzunehmen, als man geplant hatte, sonst war die Ware dem Verfall geweiht. Vieles davon war ohnehin schon als Aktion herabgesetzt.
Der besinnliche Teil des TV-Programms war mit Gut Eiderbichl und Francine Jordi nicht schlecht abgedeckt, jetzt sorgen noch die Katastrophenfilme dafür, dass das Fest der Liebe nicht ohne Kontrast bleibt.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:04 |
Ein untrügliches Zeichen, dass es draussen kälter wird, sind die flinken, pelzbozogenen Lebewesen, die Zuflucht in der gewärmten Küche suchen. Früher hatte man diese kleinen Holzbretter mit dem von einer Feder gespannten Drahtbügel. Und schnappte sich der kleine Frevler das Stücklein Käserinde oder die Haselnuss, dann schnellte die befreite Feder zurück und die Drahtschlinge brach dem Nager das Genick, wenn der Glück hatte. Oft war auch nur einfach ein Bein ab.
Seit einigen Jahren gibt es praktische kleine Fallen aus Plastic. Etwas grösser als eine Zündholzschachtel, mit einem Feder-Mechanismus, der sich quasi durch Knopfdruck spannen lässt, unten offen, so dass man sie bequem über den Köder stellen kann, ohne diesen gefahrvoll erst montieren zu müssen, und mit einer Öffnung nach vorne, so dass das hungrige Viehzeug locker den Kopf hinein strecken kann, und wenn dieser eine herunterhängende Klappe auch nur leicht berührt, so knallt die Feder eine Plastic-Guillotine nach unten und es gibt kein Entrinnen mehr, bloss noch einen raschen, sauberen Mäusetod.
Diese Falle ist leicht zu leeren, man hält sie mit Daumen und Mittelfinger, der Zeigfinger zieht den Spannhebel zurück, und die Beute fällt locker heraus, ohne dass man sie berühren muss. Es gab Jahre, da haben sich in den zehn Fallen, die ich jeweils im Haus verteilte, bis zu sechs Tiere pro Nacht gefangen. Das waren die milden, mäusereichen Jahre, in denen sich die Populationen ungehindert vermehren konnten. Vielleicht waren ja auch die Katzen etwas faul gewesen.
Letzten Winter war interessanterweise Ruhe, aber jetzt haben sich die ungebetenen Gäste wieder gemeldet. Es knistert in den Wänden und trippelt hinter den Schränken und ich habe probeweise die ersten Fallen in der Küche aufgestellt. Ein potenhzielles Opfer haben wir bereits gesichtet: gross, schlank und fit. Im Prinzip müsste ich ja dankbar sein und einen Pakt schliessen mit ihnen: jede Kalorie, die sie widerrechtlich vernichten, bleibt mir erspart, und wenn sie davon dick und träge werden, lassen sie sich leichter erwischen… Wenn das nur nicht zur Obsession wird.
PS: Während ich diese Zeilen durchgelesen habe, hörte ich aus der Kücke ein trockenes Klicken, gefolgt von etwas klapprigem Zappeln, dann war Ruhe. Das war offenbar der erste Streich.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:47 |
Der Stadt entflohn und wieder auf der Datscha in der Ostschweiz angelangt, wo es zwar noch keinen Schnee hat (der war im November), aber wo der Raureif in der Sonne glitzert, wenn sie mal den Nebel durchbricht. Wie haben das die Leute früher gemacht? Als es keine Autos gab und keine Elektrizität? Der Kachelofen braucht Stunden, bis er so weit aufgeheizt ist, dass er Wärme abgeben kann, dafür hält es dann an, den Tag und auch die Nacht lang.
Und schon waren die Nachbarsbuben da, wie die Könige aus dem Morgenland, mit einem frisch gebackenen Butterzopf, der dann morgen die Frühstückstafel zieren wird… und ich merke: der Vorsatz, die Feiertage vor allem bei bekömmlich gedämpftem Gemüse, vielen Früchten und wenig sündhaftem Genuss zu verbringen, gerät schon am ersten Abend unter Druck, wenn der verlockende Duft des golden geflochtenen Gebäcks von unten in die Nüstern zieht…
Jetzt gilt es Standhaftigkeit beweisen. Zum Glück sind die Geschäfte zu und die Zimmertemperatur ist so, dass man sich am liebsten unter die Decke verkriecht. Wer schläft, sündigt höchstens im Traum.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:19 |
Volksmund ist Sprachgebrauch – und umgekehrt. Was sich an Redewendungen eingebürgert hat, das entspricht meist einer emotionalen Logik durch Erfahrung. Etwas hat mir „zugesetzt“, sagen wir, wenn wir meinen, dass uns ein bestimmtes Erlebnis nachteilig beeinflusst hat.
Ein Zusatz an sich muss noch nichts Negatives sein. Es ist eigentlich etwas, das zu etwas anderem dazu gesetzt wird, dieses ergänzt, vervollständigt, wertvoller macht, wenn wir Glück haben. – Eine Mischung besteht aus verschiedenen Dingen, die einander zu-gesetzt wurden. Ein Menu entsteht, wenn man unterschiedliche Nahrungsmittel zu(sammen)setzt.
Dieser volksetymologische Hintergrund soll erhellen, worum es unter anderem auch geht, wenn nun von „Zusatzstoffen“ die Rede ist, zu denen sich das Bundesamt für Gesundheit BAG kürzlich in einer aktualisierten Publikation geäussert hat. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie auf der Verpackung deklariert werden müssen und dass sie eine Nummer tragen, die hinter einem E steht. Wieviele es davon gibt, in welche Kategorien sie eingeteilt werden können und was sie bewirken, das ist in einem interessanten Faktenblatt beschrieben, das man auf der entsprechenden BAG-Website herunterladen kann.
Zusatzstoffe können durchaus natürliche, organische Substanzen sein, sie können aber auch synthetischen Ursprungs, also im Labor hergestellt sein. Bezüglich Übergewicht haben sie ein belastetes Image. Immer wieder tauchen Theorien auf, wonach es diese „künstlichen“ Stoffe seien, welche über die industriell gefertigte Nahrung den menschlichen Stoffwechsel negativ beeinflussen und Adipositas verursachen würden. Solche Vermutungen sind bis jetzt nicht bewiesen.
Von Amtes wegen erteilt das BAG den Zusatzstoffen einen Unbedenklichkeits-Ausweis: sie gehörten zu den am besten erforschten Lebensmittel-Bestandteilen und würden laufend getestet darauf, dass sie auch wirklich verträglich seien (sofern nicht besondere Allergien bestehen). Ihre Verwendung würde wenn nötig immer wieder neu geregelt, mit strikten Höchstwerten und Empfehlungen für eine „Gute Hersteller-Praxis“ (GHP).
Zusatzstoffe seien notwendig, um Lebensmittel dauerhaft haltbar zu machen. Gäbe es sie nicht, sagt der Bericht, dann könnten wir nicht währernd des ganzen Jahres saisonale Produkte aus aller Welt konsumieren… – Aber hier soll die Frage zugesetzt werden: müssen wir denn das wirklich können?
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