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Von Heinrich von Grünigen um 23:13 |
Mein Kollege rümpfte die Nase. Mit Grund. Denn unser Hotel lag nah beim Bahnhof und der Lärm, unten aus der Bar, war deutlich zu hören. Auch hatte man uns nicht die besten Zimmer zugeteilt, denn wir kamen in den Genuss eines vergünstigten Spezialtarifs für Nonprofit-Organisationen. Was aber happig war: fürs Frühstück gab es einen Gutschein. Darauf war ausdrücklich erwähnt, wozu er berechtigte und wozu nicht. Es war verboten, sich am üppigen Buffet nach Belieben zu bedienen. Der Gutschein galt für eine Tasse Kaffee, ein Glas O-Saft, ein Brötchen, ein Croissant, eine Portion Butter und etwas Konfitüre.
Nichts war mit Eierspeisen, gebratenem Speck, Käseplatten, Aufschnitt, Wurstwaren, Schinken und Bündnerfleisch, nichts mit Fruchtsalat, Cerealien, Joghurts und den speziellen Süssgebäcken, auch nichts mit dem Lachs… – Mein Kollege hatte kurzerhand das Lokal gewechselt, dafür dann wohl auch mehr bezahlt. – Ich habe grotzdem gut geschlafen, die Matratze war perfekt, das Duvet angenehm, die Dusche zwar etwas eng – aber das war nicht ihr Problem sondern meins.
Und als ich am Morgen beim Frühstück sass, die Butter vorsichtig mit der Messerspitze portionierte und an der einen Kaffeetasse nippte, da fand ich es plötzlich sehr verdienstvoll, dass die Voucher-Regelung mich daran gehindert hatte, in das alte Frühstücksbuffet-Jäger-und-Sammler-Schema zu verfallen und hemmungslos zuzuschlagen, weil es doch da war und weil man ja dafür bezahlt hatte, also ein legitimer Anspruch darauf bestand, soviel abzuräumen, wie man konnte…
Ich erinnerte mich an die Horden russischer Touristen, die ich im Berner Oberland angetroffen hatte, die sich am Buffet Berge von Würstchen und Rührei auf die Teller geschaufelt hatten, bloss um diese dann an den Tischen stehen zu lassen. Da lobte ich mir die – wenn auch unfreiwillige – Erziehung zum Masshalten.
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Von Heinrich von Grünigen um 9:48 |
Auf dem Weg an eine zweitägige Stiftungsratssitzung prangt mir am Kiosk die fette Boulevard-Schlagzeile entgegen, man hätte das sogenannte Dickmacher-Gen lokalisiert und die Mehrzahl der Europäer hätten es… – Zuerst muss ich die Zeitung kaufen, dann lesen. – Vielleicht ist alles weniger dramatisch als es tönt…
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Von Heinrich von Grünigen um 17:54 |
Ich habe heute eine spannende Tagung besucht, einberufen von einem internationalen Pharma-Konzern. Es ging um seltene Krankheiten, die auch als Waisenkinder der Gesundheitspolitik bezeichnet wurden. Mit dem Fachausdruck: Orphan Diseases.
Von einer „seltenen“ Krankheit spricht man dann, wenn von 10’000 Leuten nicht mehr als 5 betroffen sind, also weniger als ein halbes Promille. Solche speziellen Krankheiten sind in der Diagnose und in der Behandlung extrem teuer; die Erforschung und Produktion von Heilmitteln ist über den Markt kaum zu finanzieren. Es braucht besondere gesetzliche Regelungen, um Medikamente für seltene Krankheiten zuzulassen, da man ja keine breit angelegten Versuchs-Reihen machen kann… Und die Schweizer Pharma ist weltweit an zweiter Stelle führend auf diesem Gebiet.
Eine Studie in England hat gezeigt, dass 18% aller Heilmittelkosten aufgewendet werden für 0,012% der Patienten, die an seltenen Krankheiten leiden. Da stellt sich sofort die Frage, ob der Gemeinschaft aller Prämienzahler zuzumuten ist, diese Kostenlast zu tragen.. – Das Interesse seitens der Krankkassen und der Pharma-Firmen an der Thematik war gross. Hier scheint ein Markt zu bestehen, den es zu entdecken gilt und der besonderen Gesetzen gehorcht.
Als Interessen-Vertreter einer Krankheit, die heute zwar epidemisch auftritt, die aber in der Öffentlichkeit ein miserables Prestige hat und sich zuweilen auch wie ein Stiefkind vorkommt, haben mich bei dieser Diskussion zwiespältige Gedanken beschlichen: die „raren“ Krankheiten haben offenbar Seltenheitswert, werden wie eine Art „kostbares Gut“ gehandelt, da deren Ursachen weithin unbekannt, kaum erforscht und dokumentiert sind. – Adipositas dagegen ist eine Jedermanns-Krankheit, eingebettet in ein dickes Polster von Vorurteilen und Ablehnung. Mitleid ist damit nicht zu erwecken.
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Von Heinrich von Grünigen um 20:58 |
Heute, in einem interdisziplinären Workshop unter dem Generalthema der Herzgesundheit (zu der bekanntlich Übergewicht bzw. dessen Fehlen nicht wenig beiträgt) kam die Rede auf die Formel Know Your Numbers (Kenne deine Zahlen). Die Idee einer flächendeckenden Kampagne wäre, dass jeder Erwachsene und jedes Kind seine gesundheitsrelevanten Werte kennt und beurteilen kann, was sie über das Risiko aussagen, später ev. an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu leiden. Und – falls das Risiko entsprechend hoch ist – durch Veränderung der Ernährung, der Bewegung und überhaupt des Lebensstils etwas dazu beizutragen, dass dieses Risiko wieder abnimmt und man möglichst lange gesund bleiben kann. Gemeint sind dabei in erster Linie Blutdruck und Cholesterol-Wert, aber es können auch andere Daten sein wie das Gewicht, die Grösse, der BMI, der Bauchumfang oder der Blutzucker…
Jeder Workshop-Teilnehmer wurde aufgefordert, zu formulieren, was er sich persönlich von einer Know-Your-Numbers-Kampagne versprechen würde. Ich selber habe Mühe mit der Vorstellung, dass ich laufend diese Werte aktualisieren müsste und eine Umrechnungstabelle griffbereit haben sollte, um das jeweils aktuelle Risiko zu kalkulieren. Ich, der ich schon Probleme habe, am Bancomaten meinen Code richtig einzutippen (die Vorstellung, es könnten mich mal Einbrecher dazu zwingen wollen, führt zu einem unmittelbaren Blackout!) und der ich nie die Bank-Clearing-Nummer auswendig weiss, ganz abgesehen von der eigenen Autonummer… – Bezüglich Gesundheit würde ich voll und ganz auf die eHealth-Karte vertrauen, von der an dieser Stelle auch schon die Rede war, und auf der alle relevanten Fakten festgehalten sind, so dass jeder behandelnde Arzt jederzeit mein Risiko überblicken und Massnahmen einleiten könnte.
Was soll die tägliche Kümmernis, ob ich ev. ein um einen Punkt höheres oder tieferes Risiko habe? Ob es mir noch gut geht oder ob ich mich schon schlecht fühlen müsste… Ich behaupte, dass die ewigen Kümmerer, auch Kummerfürze genannt, insgesamt eine schlechtere Lebensqualität haben, auch wenn sie gesünder leben, als jene, die fröhlich sind und ihr Leben geniessen, auch wenn es dadurch ein wenig kürzer sein sollte.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:11 |
So lautet der Titel eines spannenden Buches, das allen ans Herz gelegt werden muss, die sich für Ernährung und Lebensmittel interessieren. Die Autorin Tanja Busse, Journalistin, TV-Moderatorin und promovierte Medienwissenschaftlerin, hat die Zusammenhänge im globalisierten Food-Business recherchiert und zeigt auf anschauliche und eindrückliche Weise, wie die KonsumentInnen weltweit nach Strich und Faden über den Tisch gezogen werden, immer alles strikt legal, unter Ausnutzung vorhandener Spielräume in einer Gesetzgebung, die von den grossen Nahrungsmittel-Konzernen diktiert zu sein scheint .
Anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis zeigt sie die Abhängigkeit der heutigen Menschen von einem mächtigen, erdumspannenden Markt, der in den einen Ländern bewirkt, dass Übergewicht und Adipositas sich epidemisch ausbreiten, und in andern Ländern zu Ausbeutung und Hunger führt. Das illustriert sie mit dem Bild eines „globalen Esstisches“, an dem die ganze Weltbevölkerung speist, wobei die Armen gezwungen werden, hinter einem Vorhang hervor die Reichen und Dicken zu füttern… – Busse rüttelt auf. Aber sie zeigt auch Wege für den Einzelnen zur Umkehr. Lesenswert!
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Von Heinrich von Grünigen um 22:23 |
…pro Kopf soll ein erfolgreiches Programm gegen Adipositas kosten! Wenn es das gäbe, warum werden denn hierzulande Millionen in Form von nationalen und kantonalen Kampagnen umgesetzt?
Weil es sich bei diesem Konzept um Schwellenländer im asiatischen Raum handelt. Das haben Forscher der Weltgesundheitsorganisation WHO und der OECD herausgefunden. In diesen Ländern hat sich die Übergewichts-Epidemie erst vor kurzem in Bewegung gesetzt, parallel zum Einzug des „abendländischen“ Lifestyles. Wenn man jetzt mit einfachen aber konsequenten Massnahmen eingreifen könnte, müsste es gelingen, die weitere Ausbreitung der Adipositas in den Griff zu bekommen.
Die „günstigen“ Massnahmen sind einfach und regulatorischer Natur, es sind ihrer drei:
- Junk Food besteuern
- Werbung für Lebensmittel einschränken
- klare und eindeutige Deklaration der Nährwerte auf den Lebensmitteln
Wenn diese drei Massnahmen konsequent und koordiniert angewendet würden, mit strikter Verordnung durch den Gesetzgeber, müsste die Wirkung beträchtlich sein in Ländern, in denen die ganze Kette der Lebensmittelproduktion nicht schon über Generationen etabliert ist. – Dazu kämen dann noch die Aufklärungs- und Motivationskampagnen einer kohärenten Präventions-Strategie in den Massenmedien.
Diese These wurde in der weltweit renommierten Medizin-Zeitschrift The Lancet publiziert. So völlig abwegig kann sie demnach kaum sein. Das müsste uns zu denken geben.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:05 |
Ein aussergewöhnlich ehrgeiziges Ziel hat sich der American Council On Exercise (ACE) gesetzt, die führende nationale Fitness- und Sport-Organisation in den USA: er will nicht weniger als die Adipositas in Amerika ausrotten (eliminate obesity in America). Mit einer landesweiten Offensive sollen die Amerikaner dazu gebracht werden, sich mit Freude und Elan sportlich zu betätigen. Jeder Bürger soll Zugang haben zu einem Personal Trainer, der ihn in gesundem körperlichem Tun unterweist.
Wenn ganz USA an der individuellen Fitness arbeitet, müsste sich die Adipositas-Epidemie überweinden lassen, meinen die Verantwortlichen. „Weil Adipositas die Ursache von so vielen lebensbedrohlichen Krankheiten ist, haben wir uns verpflichtet, mit Nachdruck die Gesundheit und die individuelle Fitness ins Zentrum der amerikanischen Kultur zu rücken und so letztlich die Adipositas in unserem Land zu besiegen“, wird Scott Goudeseune zitiert, Präsident und Direktor des ACE.
Ist das mehr als ein frommer Wunsch? Hat ein solch „einseitiger“ Ansatz eine Chance? Sicher ist, dass „mehr“ vernünftige Bewegung wohl nicht schaden würde. Sicher ist auch, dass in der ganzen westlichen Welt hier ein Nachholbedarf besteht. Aber ob der ganze Fitness-Boom wirklich den Trend der Epidemie zu brechen vermag, das darf bezweifelt werden. Nötig sind Institutionen, in denen die Adipositas ganzheitlich angegangen wird. Prävention ist das eine, damit kann man – über Generationen! – die heranwachsende Jugend vor späteren Folgen zu bewahren versuchen. Für alle, die bereits betroffen sind, braucht es intensive, zertifizierte und ärztlich/fachlich betreute Hilfe, interdisziplinär organisiert, die erst noch geschaffen werden müsste. Die Bewegung allein wird es kaum richten.
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Von Heinrich von Grünigen um 18:36 |
Wenn das Jahr zur Neige geht und der Anstieg der Krankenkassen-Prämien bekannt ist, geht das landesweit verbreitete Kassen-Hüpfen wieder los. Die Medien überschlagen sich mit Appellen an die Wechselfreudigkeit, bringen Ranglisten der monatlichen Kosten und werden nicht müde, sich zu darüber wundern, dass insgesamt doch nur so wenige von der einen Kasse zur anderen switchen, obwohl die Preisunterschiede doch nicht unerheblich sind…
Was dazu nicht genug betont werden kann: Wer in einer Zusatzversicherung gut aufgehoben ist und sich überdies zu viel Körpergewicht zugelegt hat, der soll nicht im Traum daran denken, diese Zusatzversicherung zu künden, denn eine neue findet er mit Übergewicht kaum noch bis gar nicht. Das zeigen alle Erfahrungen von Risikopatienten. Deshalb, sagen die Experten, könne, ja solle man zweigleisig fahren, indem man nur die Grundversicherung wechselt, die Zusatuzversicherung jedoch bei der alten Kasse belässt.
Ich bin überdies auch sonst gegen einen Kassenwechsel. Mein ganzes Leben habe ich bisher bei der guten alten Beamten-Kasse verbracht, in die mein Vater mich damals nach meiner Geburt eintragen liess, da er selber eidgenössisch besoldet war. Lange war sie eine der günstigsten überhaupt, mit einem subtil dezentralisierten Verwaltungs-System von Laien geführt… und heute führend im Online-Verkehr. Sogar die Affäre mit den zu tief bewerteten Aktien, von denen die Verwaltungsräte profitierten, hat mich nicht in meinem Urvertrauen in „meine“ Kasse erschüttert.
Ich halte die Wechslerei – wenn es nicht um eine überlebenswichtige Budget-Bereinigung geht – für eine mutwillige Verursachung unnötiger Verwaltungsspesen, zulasten der Allgemeinheit! Und auch wenn dieser Aufwand marginal sein sollte: ebenso entscheidend wenn nicht entscheidender als eine allfällige Preisdifferenz ist doch die Leistung! Ist der Umgang einer Kasse mit ihren Kunden, sind Kulanz und Unkompliziertheit in der Abwicklung der Kostenrückerstattung, etc.!
Wenn ich mit meiner Kasse „zufrieden“ bin, so stellt dies doch auch einen „Wert“ dar, der zu kalkulieren ist. Den ich nicht mutwillig preisgeben sollte auf die Gefahr hin, in eine völlig neue Konstellation zu geraten und mit anderen, möglicherweise schlechteren Leistungen konfrontiert zu sein. – Auf die Gefahr hin, als wenig kostenbewusster Hinterwäldler zu gelten: ich halte meiner Kasse die Treue und werde nicht nur meine alten, sondern vermutlich auch meine letzten Tage in ihrem Schoss verbringen.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:55 |
Im Auto schnappe ich eine Radiomeldung auf. Es geht um die Verabschiedung der Zürcher Soldaten, die ihre Dienstpflicht erfüllt haben. Eine ehrende Versammlung, gekrönt von einem Schlussappell und einem Abschieds-Apéro mit Buffet.
Vom feierlichen Abschluss der Veranstaltung ausgeschlossen sind jene Wehrmänner, die in den zurückliegenden Jahren zuviel an Gewicht zuglegt haben, so dass ihnen die Uniform zu klein geworden ist. Da sie nicht reglementskonform gekleidet sind (bzw. sein können), werden sie eine halbe Stunde vorher entlassen. In Schande, gewissermassen.
Was soll diese militärische Abstrafung der Dicken? – Die Meldung weckt in mir Erinnerungen an meine eigene Militärzeit… damals war es noch ein Faktum, dass höhere und hohe Offiziere oft gut in die Breite ausgewachsen waren. In der RS (vor 50 Jahren) hat man uns die Gradkenntnis mit dem alten Witz vermittelt: Woran erkennt ihr den Mauptmann? An den drei Spaghettis auf dem Käppi. Woran den Major: An der breiten Nudel. Woran den Obersten? Am dicken Bauch.
Ich hatte mich selber dann später auch an diese Regel gehalten und habe mir im Laufe meiner Übergewichts-Karrriere zahlreiche – je nach dem aktuellen Verlauf der Gewichtskurve – weitere oder engere Uniformen anmessen lassen… die Spezialisten waren jeweils stolzerfüllt, wenn sie nach der Messung mit einem Griff ein passendes Stück aus ihrer Sammlung ziehen konnte, weit ausserhalb der Ordonnanz-Normgrösse. Bloss als es in späten Jahren noch an die Umrüstung auf den Tarn-Anzug ging, gab es Probleme: meine Grösse war nicht am Lager, sie musste extra gefertigt werden, und man gab mir von jedem Kleidungsstück vorsorglich zwei Exemplare mit, zum Wechseln und zum Waschen, da man die meinen ja nicht einfach bei Bedarf im Arsenal umtauschen konnte. Ich schleppte jeweils in den Übungen Uniformen mit mir herum wie ein Sherpa Gepäck auf den Himalaya.
Die „Entlassung“ hatte ich irgendwie verpasst. Zwar war ich aufgeboten worden, musste verschieben, dann ging das vergessen… und hat sich mit der Abgabe des Materials und all der Felduniformen dann von selbst erledigt. Es ist nicht anzunehmen, dass heute jemand im Dienst in meinen abgelegten Kleidern herumläuft, denn Soldaten mit meinem Gewicht sind kaum mehr diensttauglich. – Soll man den Entscheid der Zürcher Behörden, die Übergewichtigen vorzeitig auszumustern, nun als stigmatisierende Schikane kritisieren oder als entlastende Schonung loben? Ich weiss es nicht. Das kommt wohl auf das Verhältnis des Einzelnen zu „seinem“ Militär an.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:14 |
Heute fand in Magglingen die dritte nationale Netzwerktagung statt aller Organisationen und Institutionen, die sich mit Ernährung, Bewegung und Körpergewicht befassen. Am Nachmittag standen verschiedene Workshops auf dem Programm. Einen davon durfte ich leiten, er galt der Frage, wie wir in Themen, die unsere Gesundheit betreffen, so kommunizieren sollen bzw. können, dass Betroffene sich dadurch nicht verletzt und stigmatisiert fühlen.
Als Experten hatten wir Peter R. Schwegler verpflichtet, ein Kommunikationsprofi mit eigener Agentur und langjähriger Erfahrung im Medizin-, Pharma- und Gesundheitsbereich. Sein einführendes Referat zeigte die Mechanik der Informationsvermittlung auf und machte klar, dass die Verbreitung von Fakten allein niemals genügt, um Wissen zu vermitteln oder gar Handeln auszulösen, dass es vielmehr darauf ankommt, wie diese Faken aufgenommen werden, in welchem Zusammenhang sie stehen und was sie auslösen können.
Beim Reden über Krankheiten stellt man bald fest, dass es gesellschaftlich „akzeptierte“ Krankheiten gibt und solche, die von der Umwelt weniger akzeptiert werden. Dazu gehören Übergewicht und Adipositas: rasch sind Vorurteile zur Hand, welche eine sachliche Information abblocken und zu Schuldzuweisung führen. Da helfen nur Klartext und Insistenz. Wenn eine Aufklärungs-Kampagne so intensiv geführt wurde, dass sie allen buchstäblich zum Halse heraushängt und keiner mehr was davon hören will – dann hat sie eben gerade zu wirken begonnen. Mindestens achtmal muss ein Individuum mit einer Botschaft kontaktiert werden, ehe es sie überhaupt zur Kenntnis nimmt!
Wann aber fühlen Betroffene sich verletzt, stigmtisiert? – Ist es unkorrekt, wenn man einen adipösen Menschen als „dick“ bezeichnet? Hat er Grund, sich angegriffen zu fühlen? – Beschönigendes Kaschieren oder diskrete Umschreibung helfen nicht weiter: die Realität ist beim Namen zu nennen, nur dann kann man sich ihr stellen. Ehrlichkeit hilft in der Auseinandersetzung und schafft Akzeptanz. Das offene Wort führt weiter.
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