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Von Heinrich von Grünigen um 21:24 |
Die Jagd nach dem günstigsten Angebot ist ein gutes Hobby. Nicht nur für Sparfüchse. Aber das Hobby hat auch seine Tücken, und die Anbieter kennen ihre Pappenheimer.
Heute war ich in der Migros und begutachtete wie immer auch die Aktionen mit den herabgesetzten Preisen in den Krabbelkisten. Ein Angebot stach mir besonders ins Auge: da gab es ganze Gebirge von Bechern mit Starbucks-Kaffeedrinks. Darüber eine Anzeigetafel mit der Preisangabe: „Pro Becher CHF -.65“ stand da in fetten Lettern.
Das war mal eine Ansage. Die Dinger kosten nämlich normal CHF 2.10 und ich hatte schon lange aufgehört, das überteuerte Zeug zu kaufen, das erst noch aus Dänemark importiert wurde und also nichts beitrug zur Ableitung der Schweizer Milchschemme.
Der günstige Preis schmolz alle meine Vorbehalte weg! Zügig beigte ich mehrere Becher in meinen Einkaufswagen, wobei mir allerdings Gedankenfetzen durchs Bewusstsein schwammen, irgendwo müsse da wohl ein Hund begraben sein, vielleicht das Verfalldatum schon überschritten oder ein Geschmacksproblem… Eben wollte ich meinen „Gewinn“ nochmals bilanzieren und guckte auf den Preis – – da sah ich es: unter den fetten 65 Rappen stand winzig klein gedruckt: „weniger“…
Damit musste ich also pro Becher immer noch CHF 1.45 bezahlen! Und unten am Rand der Tafel hiess es noch: „…beim Kauf von mindstens drei Produkten, nur solange Vorrat.“ – Ich habe dann alle Becher wieder auf den Berg zurück gelegt… der Vorrat dürfte noch lange reichen.
Aber ich fragte mich dann doch, ob der Orange Riese solch plumpe Konsumenten-Verarschung wirklich nötig hat? Oder ob es sich am Ende um eine raffinierte soziologiche Versuchsanlage handelte, die dem spontanen Kaufrausch des Schnäppchenjägers einen Spiegel vorhielt und ihn zur Räson bringen sollte? Ich jedenfalls war gerade nochmal davon gekommen.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:29 |
Auf eine interessante Website wurde ich von einer Kollegin hingewiesen. Es geht um eine informativ aufgemachte Seite aus England mit dem Titel: Making Sense of Sugar. – Die Seite kommt leicht verständlich daher und gibt Auskunft auf alle Fragen zum Thema Zucker. Dabei erweckt sie den Eindruck, Zucker sei der wahre Schlüssel zu unserer Gesundheit. Und wer ein Gewichtsproblem habe, müsse sich halt mehr bewegen…
Die Seite wird finanziert von AB Sugar, das ist einer der weltgrössten Zucker-Produzenten. Verständlich, dass dieser seine eigene Meinung hat bezüglich der unlängst publizierten Empfehlung der Weltgesundheits-Organisation, man solle im Interesse der Gesundheit den Zuckerkonsum auf maximal 10% der täglichen Kalorienzufuhr reduzieren. AB Sugar hat in einer Stellungnahme umgehend reagiert und seiner Verwunderung Ausdruck gegeben, dass die WHO sich gegen ein „einzelnes“ Lebensmittel wende, anstatt mit einem umfassenden Massnahmenpaket gegen die Adipositas-Epidemie vorzugehen…
So wird der Schwarze – oder süsse? – Peter munter weitergereicht. Am Ende sind dann die Dicken wieder selber schuld, weil sie zu faul oder zu dumm sind, sich ausreichend zu bewegen und sich richtig zu ernähren…
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Von Heinrich von Grünigen um 14:33 |
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Das gilt offenbar auch bei der neuen Wunder-Substanz, die soeben entdeckt wurde. Ein Pflanzen-Extrakt, das auf wundersame Weise die Fettpolster „zum Schmelzen“ bringen soll, indem es das Sättigungsgefühl verstärkt. Aber eben: im Moment erst in Versuchen an Mäusen. Ob die Wirkstoffe ihre Wunderkraft allenfalls auch beim Menschen entfalten können, müsse zuerst noch in klinischen Versuchen getestet werden…
Da aber ist das Risiko gross, weil die Substanz offenbar auch giftige Anteile enthält, die böse Nebenwirkungen haben können. Es bleibt im Moment also immer noch bloss die Hoffnung – und auch die kann täuschen. Genau so wie bei all den andern Mittelchen, die im Internet angeboten werden. Da flattern täglich Dutzende von Werbe- und Spam-Mails herein, die uns die Dienste von „seriösen“ Internet-Apotheken anbieten, welche zu extrem günstigen Bedingungen Tabletten liefern, die anderswo nicht erhältlich – weil verboten – sind.
Da hat die Arznei-Kontrollbehörde swissmedic unlängst eine Warnung veröffentlicht. Sie hatte 61 Schlankheits-Präparate untersucht, die übers Internet bestellt wurden, und dabei einen alarmierenden Tatbestand aufgedeckt: die Mehrzahl der Produkte enthielten Substanzen, die entweder illegal oder gesundheitsgefährdend waren. Abgesehen davon ist der Import von „Medikamenten“ im grösseren Stil für Privatpersonen grundsätzlich untersagt. In solchen Fällen ist es effektikv sicherer, nicht abzunehmen.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:17 |
Mein Arzt hat mir eine Lymphdrainage verschrieben. Das heisst, ich muss mich bei einer Physiotherapie anmelden und ein- bis zweimal pro Woche hingehen. Da bin ich froh, dass sich im gleichen Gebäude, in dem ich mein Büro habe, auch eine Physio-Praxis einer grossen Gesundheitskette befindet. Da kann ich ohne grossen Zeitverlust und trockenen Fusses zwei Stockwerke nach unten und bin schon in Behandlung…
Habe aber die Rechnung ohne den Gastgeber gemacht, wie ein Telefonanruf beim Institut zeigt. Die freundliche Dame sagt, sie würde sich bei den Therapeuten erkundigen, wann noch Termine frei seien. Sicherheitshalber weise ich darauf hin, dass mein Gewicht sich in der gehobeneren Klasse bewegt, ob die Massage-Liegen denn einer besonderen Belastung gewachsen wären? Das wolle sie prüfen, sagte die Dame.
Dann kam der Rückruf. Es sei, erklärte die Dame, so, dass die Liegen, die sie hätten, halt schon sehr schmal seien. Und überdies liege die maximale Belastungsgrenze bei 150 Kilo. Darüber hinaus möchten sie eigentlich nicht gehen. Ich wies darauf hin, dass ich ein vergleichbares Phänomen schon einmal beim MRI erlebt hätte, wo die Belastbarkeit auch mit 150 kg angegeben sei, aber eine Toleranz von weiteren 50 kg bestanden habe…
Aber das hilft mir nicht. Es komme dazu, führt die Dame weiter aus, dass die Therapeuten, die diese Massage anbieten, für die nächsten Wochen ausgebucht seien und es ja gut wäre, sich mindestens zweimal pro Woche behandeln zu lassen. – Mit andern Worten, sage ich, es wäre Ihnen lieber, wenn ich mich nach einem anderen Angebot umschauen würde?
Die Dame liess fast so etwas wie einen kleinen Seufzer der Erleichterung hören und ich verabschiedete mich. Schade. Vielleicht erwähne ich beim nächsten Anruf mein Gewicht nicht mehr.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:56 |
Otto wiegt 250 Kilo. Schnaubend stemmt er seinen massigen Leib, breit abgestützt die wenigen Stufen hoch auf das Podest, muss seine Kräfte sammeln und wälzt sich dann mit grosser Anstrengung auf eine Art Schemel aus Metall, reckt den Kopf in die Höhe und blickt voller Stolz in die Runde als wollte er sagen: Ich hab’s geschafft!
Otto ist ein Seelöwe. Er ist einer der beiden in die Jahre gekommenen Stars in Valentinas Variété, das seinen Standplatz unweit von Bülach bezogen hat. Mit seinem Kollegen Cäsar, der 350 Kilo auf die Waage bringt, darf Otto in einer eigens für die beiden Tiere aufgebauten Zirkuswelt seinen Lebensabend verbringen. An Jahren hat er das Limit längst überschritten, das seinem Leben in freier Wildbahn gesetzt wäre.
Früher ist er mit seiner Meisterin und ihrem Zirkus durch die Lande getingelt, in der Manège aufgetreten, als Star im Fernsehen bei Günther Jauch und bei Stefan Raab. Internationale Schlagzeilen haben er und Cäsar gemacht, als die beiden vor Jahren auf Tournée im Tessin in den Lago Maggiore ausgebüxt sind und sich erst nach Tagen von Polizei und Feuerwehr wieder in Gewahrsam nehmen liessen.
Jetzt sind sie alt und gewissermassen im Ruhestand. Otto hat den grauen Star, den man nicht operieren kann, weil für Seelöwen eine Narkose tödlich wäre. Cäsar hat es an den Hüften, er kann kaum noch gehen. Umso eleganter vollführt er in seinem grossen Bassin nautische Kunststücke, taucht nach Gegenständen, die er aufschnappt und apportiert, indem er seinen gewaltigen Körper mit einem machtvollen Flossenschlag aus dem Wasser schnellen und vor den verblüfften Besuchern auf den Boden klatschen lässt… elegant trotz seiner enormen Fülle.
Man kann die Seelöwenshow für einen Familienanlass oder einen Kindergeburtstag buchen. Unsere Enkelinnen und ihre Gespändli waren hingerissen. Wir auch.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:01 |
Die Information ist nicht auszurotten. Seit Jahren hält sie sich hartnäckig und widersetzt sich jedem Ansatz zu sachlicher Aufklärung. Jetzt eben wieder in der aktuellen Ausgabe des SRF-Gesundheitsmagazins PULS.
Es geht um die Gewichtszunahme bei Rauchstopp. In der Sendung wurde Bilanz gezogen in einem Experiment mit einer Gruppe von Leuten, die ein Jahr lang das Rauchen aufgegeben haben. Vor zwölf Monaten, als sie noch am Glimmstängel hingen, wurden ihre Gesundheitswerte gemessen. Jetzt, nach einem Jahr, wurden die Werte verglichen. Zwei von ihnen sind noch immer Raucher, drei haben erfolgreich aufgehört.
Bei den Rauchern haben sich alle gemessenen Werte tendenziell verschlechtert. Die Nicht-mehr-Raucher schnitten in allen Disziplinen besser ab – ausser beim Gewicht. Da hatten sie zugelegt, zwischen 6 und 8 Kilo in dem einen Jahr. Und trotzdem hielten sämtliche Experten die bekannte Verharmlosungs-Flagge hoch: das sei normal, im Schnitt betrage die Zunahme zwischen 3 und 5 Kilo, und das sei auf jeden Fall für die Gesundheit weniger gefährlich als wenn weiterhin geraucht würde.
Und dies, obwohl alle bei dem Versuch gemessenen Daten deutlich darüber lagen. Ausführlicher wird die Gewichtsproblematik dann allerdings auf der Internet-Seite zu Sendung kommentiert, erweitert mit vernünftigen Tipps, wie man das Gewicht kontrollieren kann. Das ist lobenswert und eine Dienstleistung, wie ich sie vom Service Public erwarte. Aufklärung und Information können dazu beitragen, dass das Gewicht nicht aus dem Ruder läuft. Die Gefahr klein zu reden bringt dagegen nichts.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:21 |
Mit dem Verkehr ist es so eine Sache. Da geht man in Wien nun ganz eigene Wege. Im Hinblick auf bevorstehende Veranstaltungen hat die Stadtverwaltung bei den Verkehrsampeln für FussgängerInnen eine Neuerung eingeführt. Anstelle der bisherigen, mehr oder weniger abstrakt skizzierten grünen und roten „Ampelmännchen“ werden jeweils Doppel-Männchen bzw.-Weibchen abgebildet, die sich offensichtlich von Herzen zugetan sind. Damit soll eine Sensibilisierung des Publikums erreicht werden, zwecks Abbau von Vorurteilen gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe.
Diese Massnahme wurde erwartungsgemäss kontrovers aufgenommen. Ob das angestrebte Ziel der Ent-Diskriminierung von schwulen und lesbischen Paaren damit erreicht wird, lässt sich wohl erst nach einer Auswertung der Langzeit-Erfahrungen beurteilen, wenn die erwarteten Events (Stichwort: Eurovision Song Contest mit Conchita Wurst) vorbei sind.
Der Versuch aber hat mich zu einer Spekulation angeregt. Was wäre, frage ich mich, wenn wir versuchten, nach dem gleichen Modell für mehr Toleranz den Übergewichtigen gegenüber zu werben? Nun kann man sagen, in Deutschland sei dies teilweise schon angestrebt worden, indem der frühere Ampelmann aus der DDR in einzelnen Städten beibehalten wurde. Der hat zwar auch kein Kugelbäuchlein, ist aber deutlich „fülliger“ als sein westdeutscher Kollege.
Um auf „unsere“ Anliegen aufmerksam zu machen, müssten die Figuren wesentlich dicker sein als dis bisherigen Abbildungen. Dann wären sie aber bald so kugelrund wie die ganze Ampel-Lampe und man käme nicht dartum, neue Lampenformate einzubauen. Die wären dann vielleuicht rechteckig, so wie in USA, wo statt eines Bildes wie Worte WALK bzw. DON’T WALK stehen… das ist zumindest diskriminations-neutral und niemand muss sich angesprochen oder gar provoziert fühlen. Aber zum Nachdenken regt es eben auch nicht an. Realistischer sind da z.B. die Ampel-Bilder in den Niederlanden.
Aber dann kämen als nächstes die Ampeln für Gehbehinderte am Stock, für Rollstuhlfahrer oder Senioren mit Rollator… denn sie sind es vor allem, die im Strassenverkehr auf Toleranz und Rücksicht angewiesen sind.
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Von Heinrich von Grünigen um 16:22 |
Zugegeben: Ich kenne Marie-Louise nicht. Die famose PR-Dame, mit der wohl das halbe Parlament Duzis ist, lief mir bisher noch nicht über den Weg. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sich mit den Anliegen, die ich selber im Bundeshaus zu vertreten hätte, kaum Geld verdienen lässt. Und doch, auch das muss ich eingestehen, war auch ich schon als Lobbyist tätig. Nur läuft das bei uns etwas anders ab als es nun in der Enthüllungspresse hochge-entlarvt wird.
Unsere Themen – wir, das ist eine Gruppe von gemeinnützigen Organiationen, die im Gesundheitsbereich tätig sind und die selber an chronischem Geldmangel leiden – versuchen seit mehreren Jahren, fallweise bei der Behandlung einschlägiger Gesetze und gelegentlich aus aktuellem Anlass unseren Einfluss (und unser Know How) geltend zu machen. Das geht in aller Regel ohne Aufregung und unspektakulär vonstatten und gehört zur Routine des Polit-Betriebs.
Wenn zum Biespiel eine Gesetzesrevision ansteht, bei der es um Fragen geht, welche die Gesundheit betreffen, klären wir, was unsere Kernbotschaft ist und welcher Passus im künftigen Gesetz für uns wichtig und wünschenswert wäre. Wir entwerfen einen entsprechenden Passus und nehmen mit Politikern Kontakt auf, von denen wir wissen, dass sie unsere Anliegen teilen und dass sie unseren Gedanken in die Diskussison der vorberatenden Kommission einbringen können. Meistens sprechen wir den genauen Wortlaut mit dem betreffenden Parlamentarier vorgängig ab, damit er uns aufgrund seiner Erfahrung und in Kenntnis der Argumentation allfälliger Gegner bei der Ausformulierung behilflich sein kann, die am Schluss die seine wird.
Wird „unser“ Vorschlag in der Kommission aufgenommen und gelangt er vors Parlament, wenden wir uns mit persönlichen Botschaften perE-Mail an jene ParlametarierInnen, von denen wir wissen, dass sie unserem Anliegen gewogen sind, oder kontaktieren jene, die wir glauben, für uns gewinnen zu können. (Hardcore-Gegner lassen wir prinzipiell aussen vor, das wsäre nur Zeit- und Kraftverschwendung.) Und wenn wir Glück haben, kommt die Vorlage mitsamt unserer Ergänzung dann im Plenum beider Räte durch.
Das ist demokratischer Courant Normal. Da fliesst kein Geld… dafür sind wir vielleicht etwas hobbymässiger aufgestellt als die sackteuren Profi-Agenturen wie die von Marie-Louise, die sich von Multis und fremden Mächten finanzieren lassen. Davon lebt die Demokratie.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:27 |
Visionen können etwas Beängstigendes haben. Neulich war ich an einer Tagung zum Thema „Patientenorganisationen im digitalen Zeitalter“. Welchen Einfluss hat die digitale Datenverarbeitung auf das Gesundheitswesen und die Rolle der Institutionen, die sich mit dem Wohl bestimmter Patienten-Gruppen befassen?
Ein einleitendes Referat zeigte die aktuelle Situation auf und beleuchtete einige der denkbaren Perspektiven. Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran und besetzt vor allem die mobile Kommunikation. Es gibt Hunderttausende von „Apps“ in den Bereichen Gesundheit, Wellness, Ernährung, die meisten davon gratis, bzw. zum „Preis“, dass die damit erhobenen – und wohl auch andere – Daten irgendwo zentral ausgewertet und kommerziell genutzt werden können.
Die eingesetzten „Geräte“ werden immer leistungsfähiger und immer kleiner. In USA gibt es schon einen briefmarkengrossen Sensor, der innen am Handgelenk aufgeklebt wird und der sämtliche gesundheitsrelevanten Daten wie Blutdruck, Sauerstoffgehalt, Puls, Blutzucker, Temperatur etc. dauernd misst und drahtlos an eine Meldestelle übermittelt. Werden Werte festgestellt, die von einer bestimmten Norm abweichen, schickt das System eine Mitteilung mit einer Verhaltensanweisung aufs Handy: der winzige „Big Brother“ klebt an deiner Haut und durchschaut dich, er weiss jederzeit, was du tust. Diese Vorstellung lässt die Visionen von George Orwell und Aldous Huxley zu romantischen Märchen schrumpfen. Und schon wird geforscht an einer „digitalen Pille“, die man schlucken kann und die aus dem Inneren des Körpers die gewünschten Daten nach draussen sendet.
Dennoch ist unser Drang zur digitalen Selbstdarstellung ungebrochen: jeden Tag werden weltweit in den Social Media über 250 Millionen Fotos hochgeladen, in denen Menschen Intimes von sich selber preisgeben, Täglich werden 2 Millionen Blogs geschrieben und aufgeschaltet, das Internet ist zum effizientesten medizinischen Berater geworden, in dem sich die Menschen vor und nach dem Arztbesuch kundig machen…
Ist das alles nun ein Segen oder wird es zum Fluch? Es kann beides sein, je nachdem, wie man damit umgeht. Oberstes Gebot ist wohl die Wachsamkeit, verbunden mit einer kritischen Distanz. Ungelöst ist dann noch die Frage, was passieren würde, wenn einmal der Strom ausfällt….
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Von Heinrich von Grünigen um 17:30 |
Die Weltausstellung ist eröffnet. Thema ist die nachhaltige Ernährung der Welt, heute und in Zukunft. Aber das meiste, was man in den Medien zu dieser Monstershow in Mailand bisher zu sehen, zu lesen und zu hören bekommt, sind Betrachtungen über die Kühnheit der Architektur einzelner Pavillons, über Schlampereien und Verzögerungen beim Bau und über Randale vor dem Beginn am Ort…
Von wirklich konstruktiven Beiträgen oder Lösungsansätzen war noch nicht so viel zu vernehmen. Da kommt ein Hinweis auf eine Aussage des US-Soziologen, Oekonomen und Publizisten Jeremy Rifkin gerade recht: Fleisch sei, sagt er, „die am wenigsten wirkungsvolle Art, die Menschheit zu ernähren“. Rifkin hat gut reden. Er selber lebt seit 1977 vegetarisch – allerdings ohne für diese Ernährungsform zu missionieren. Aber er legt mit überzeugenden Argumenten dar, dass der hohe, massenhafte Fleischkonsum eine der wesentlichen Ursachen dafür sei, dass sich der Klimawandel rasant beschleunigt.
Die Rechnung ist einfach: um ein einziges Kilo Rindfleisch zu produzieren, braucht es – für die Erzegung des entsprechenden Futters – ganze 15’000 Liter Wasser, eine horrende Verschwendung angesichts der Tatsache, dass sich in vielen Landstrichen bereits eine Trinkwasserknappheit abzeichnet. Um ein Kilo Reis zu produzieren benötigt man lediglich 2’500 Liter. Es wsäre also wesentlich effizienter, wenn der Mensch sich direkt von pflanzlichen Quellen ernähren würde.
Heute werden 40 Prozent aller agrarischen Anbauprodukte als Viehfutter für die Fleischerzeugung verwendet, bis in 20 Jahren dürften es sogar 60 Prozent sein, warnt Rifkin. Und bereits heute werden 23 Prozent der Agrarflächen weltweit direkt und indirekt für die Viehzucht genutzt. Bei dieser Grössernordnung fällt auch die Umweltbelastung durch Pflanzenschutzmittel – Stichwort: Bienensterben! – immer massiver ins Gewicht. Der einzige Ausweg aus dieser Situation, die zwangsläufig in eine Katastrophe münden muss, ist für Rifkin eine gezielte, wenn auch nicht totale, Abkehr vom Fleischkonsum, verbunden mit dem konsequenten Umstieg auf auf biologischen Landbau. Dazu braucht es eine strikte Umkehr der Landwirtschaftpolitik innerhalb der nächsten zwanzig Jahre, verbunden mit klaren finanziellen Anreizen, damit biologische Produkte erschwinglich werden. Ansetzen muss dieser Wandel bei der Landwirtschaft und der Nahrungsproduktion. Alles andere folge dann von alleine, sagt Rifkin.
Sein Appell ist eindringlich: „Wenn wir dies nicht erreichen – wie sollen wir denn, angesichts der aktuellen Situation weltweit, die Ernährung der Menschheit sicherstellen? Ich weiss nicht, ob es nicht schon zu spät ist. Aber ich weiss, dass dies der einzige Weg ist.“
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