7/10  Schokoladenwunder

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:29

Die Geschichte klingt zu schön, um genau so wahr zu sein, wie wir sie uns vorstellen möchten…

Sie handelt von einem Mann namens Peter Ajello in Florida, der über 200 Kilo schwer war und bereits einen Schlaganfall hinter sich hatte. Er ass gerne und viel, im Schnitt 24’000 Kalorien pro Tag, am liebsten Fastfood. Einmal wetteten seine Kumpels gegen ihn, er könne nicht 77 Chickenwings verdrücken (das war die Nummer auf seinem alten Fussball-Shirt); er schaffte es in  weniger als 10 Minuten – und war immer noch nicht satt.

Aber nach seinem Schlaganfall wollte er ernsthaft abnehmen, vor allem dadurch, dass er seine Ernährung umstellte. Und wenn immer ihn Gelüste zum Snacken und nach Süssem ankamen, gönnte er sich ein kleines Täfelchen von schwarzer Schokolade, um sein Verlangen in Schach zu halten. Damit war er so erfolgreich, dass er innerhalb von 16 Monaten ganze 100 Kilo abnahm!

Nun liest sich das relativ euphorisch, wenn da die Schlagzeile steht: Mann nahm dank Schokolade 100 Kilo ab! –  Da sieht man doch vor dem inneren Auge eine Schlaraffenland-Szene, in der sich ein dicker Mensch den Mund mit Pralinen vollstopft – und dabei immer dünner wird. Aber weit gefehlt: Diese heilsame Schokolade war nichts anderes als der (G)Lustkiller. Die Hauptarbeit machte ein rigoros ausgedünnter Speiseplan mit 1’000 Kalorien pro Tag (das liegt unter der von hiesigen Fachleuten empfohlenen Diät-Menge von mindestens 1’200!) und ein rassiges, stundenlanges Sport-Programm (auf dem Laufband), sobald er dazu fit genug war.

Was auch noch motivierend gewirkt habe, das sei eine Wette über 15’000 US-Dollar gewesen, die seine Kollegen gegen ihn und seinen Erfolg gesetzt hatten. Dies habe ihm den ultimativen Kick gegeben, um durchzuhalten, obwohl sie ihm immer wieder üble Streiche spielten und ihn in kulinarische Versuchung führten.

Wie auch immer: die Geschichte zeigt, dass es – bei ausreichender Motivation und entsprechenden Voraussetzungen – möglich ist, sein Gewicht zu reduzieren. Offen bleibt allerdings, wie nachhaltig der Erfolg sein wird und wie das in 5 bis 10 Jahren aussieht. Wir drücken Peter die Daumen.




6/10  Schoppen-Proppen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:23

Es gehört zum Basiswissen im Zusammenhang mit der Übergewichtsprävention, dass es positiv ist, die Babies nach der Geburt zu stillen. Nun kommt der wissenschaftliche Nachweis gemäss einer aktuellen Studie aus England.

Kinder, die mit dem Schoppen gefüttert wurden, werden im späteren Leben eher übergewichtig. Dies sei – lautet die Begründung – unter anderem darauf zurück zu führen, dass der Säugling beim Stillen sich seine Nahrung durch Anstrengung (sprich: Saugen) selber verdienen muss, weshalb weniger Gefahr bestehe, dass er quasi über seinen Durst trinke… während bei der Flaschenkost die Anstrengung viel geringer sei, die Milch gewissermassen mühelos in den Kindermund fliesse, wodurch mengenmässig sehr oft zu viel getrunken werde. Damit würden sich die Kids von klein auf an eine Überfütterung gewöhnen, von der sie später kaum mehr wegkämen.

Problematisch sei es vor allem, wenn gestillte Kinder noch zusätzlich nach-gefüttert würden. – Dieser Befund ist wohl ein Indiz, eine Möglichkeit für späteres Übergewicht. Das Wissen darum kann hilfreich sein für den bewussten Umgang mit dem trinkenden Baby, ohne dass sich Mütter deswegen ein schlechtes Gewissen einreden lassen müssten. Denn so unterschiedlich wie die kleinen Persönlichkeiten selber sind, so verschieden kann auch deren Trinkverhalten sein. Dieses optimal zu berücksichtigen ist die Kunst der praxisorientierten Prävention.




5/10  Verdrängt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 11:23

Eines der Phänomene rund ums Übergewicht und um Adipositas ist die Tatsache, dass Betroffene oft nicht wirklich wahrhaben wollen, wie gross ihr Problem ist.

Eine aktuelle Umfrage in Amerika hat einen interessanten Tatbestand ans Licht gebracht: 70% der adipösen Befragten gaben an, sie seien zwar etwas übergewichtig, aber nicht adipös… 39% der Befragten mit schwerer, krankhafter Adipositas gaben an, sie hätten zwar Übergewicht, aber sicher nicht Adipositas… und 30% der Befragten, die eindeutig übergewichtig waren, hielten sich für normalgewichtig.

Hat dieses Resultat damit zu tun, dass in USA die Fettleibigkeit bereits so zum normalen Alltag gehört, dass selbst Betroffene sie nicht mehr bewusst und wirklich wahrnehmen? Oder ist es ein Verdrängungs-Mechanismus, den wir Dicken uns als Selbstschutz einbauen, um nicht täglich mit einem Befund konfrontiert zu sein, der an sich schon schlimm genug ist?

Denn die rein physischen Handicaps, mit denen wir vom frühen Morgen bis spät am Abend zu kämpfen haben, die wir im wahrsten Sinn des Wortes er-tragen müssen, stumpfen uns ab. Wir arrangieren uns damit, lernen unser Leben so einzurichten, dass uns das Gewicht so wenig wie möglich stört und halten es am Schluss als „normal“, als unsere eigene, individuelle Normalität, mit der wir umzugehen gelernt haben…

Stoff zum Nachdenken.




4/10  China explodiert

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:47

Mit seinem ungebrochenen Wachstum ist China das Wirtschaftswunderland par excellence. Aber diese rasante Entwicklung hat auch ihre Kehrseite. Vor einer Generation, als die Bevölkerungsmassen noch in relativer Armut lebten, war das Phänomen Adipositas im Reich der Mitte praktisch unbekannt – mal abgesehen von einigen dicken Bonzen im Umfeld der herrschenden Kaste.

Wenige Jahrzenhte später breitet sich die Übergewichts-Epidemie explosionsartig aus, wie die BBC berichtet. Spezielle Kliniken für die Behandlung von Fettleibigkeit schiessen landesweit aus dem Boden. Auf der Suche nach den Ursachen ist eine Studie fündig geworden: zum einen iwt es der plötzliche Wohlstand, der zu einem neuen Ernährungsverhalten geführt hat, zum andern werden aber bestimmte gesellschaftliche und politische Voraussetzungen identifiziert.

Als wesentliche Ursache gilt die chinesische Ein-Kind-Familienpolitik, die dazu führe, dass die Einzelkinder verwöhnt und verhätschelt würden. Dazu kommt ein ehrgeiziges Schulsystem, das die Kinder und Jugendlichen von 7 bis 19 Uhr in Beschlag nimmt und ihnen keine Zeit lässt zum bewegten Spielen. Sodann fehlten in den übervölkerten Ballungsräumen auch für Erwachsene die Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen…

Und wir, die wir lange Zeit mit Clichés abgespeist wurden, haben gemeint, in einem System der gelenkten Polit-Diktatur wie in China wäre es ein Leichtes, den Einheitsbürger so zu drillen, dass er nicht im Traum daran denken kann, Fett anzusetzen! Welch ein Irrtum. Das physische Wohlergehen fordert offenbar seine Opfer unbesehen der ideologischen Rahmenbedingungen. Diese wenigstens wären veränderbar, auch hierzulande.




3/10  Back on track…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:21

…oder wie immer man dem sagen will. Die zwei geplanten Ruhe-Wochen, in denen ich mich elektronisch von der Restwelt abgenabelt habe, sind vorbei. Es war ein beruhigendes Gefühl, zu merken, dass das Leben auch so noch weiter geht.

Nun muss ich mich daran machen, die Post-Eingänge zu sortieren und die Themen zu klären, die inzwischen wichtig waren. Einiges hat es ja bis in die Medien geschafft: die landesweite Studie zu den Zahlen der übergewichtigen Menschen, die mich telefonisch sogar in Frankreich erreicht hat, oder dann die Berichte aus dem Parlament, wo die Bestrebungen versenkt wurden, die Gesundheitskosten etwas in den Griff zu bekommen. Auch einen Artikel habe ich in einem Sonntagsblatt gelesen, in dem über die Bedeutung des braunen Fettgewebes referiert wurde – was allen regelmässig diesen Blog Lesenden längst ein vertrauter Sachverhalt sein dürfte.

Ab sofort werden wieder regelmässig alle Quellen abgegriffen und Infos ausgewertet und ich freue mich, von neuem dabei zu sein.




18/9  Ab in den Urlaub

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:39

Die Koffer stehen bereit. Am Sonntagmorgen geht es in aller Frühe zur Bahn und per TGV in Richtung Mittelmeer.

Und der Laptop bleibt zuhause. Also zwei Wochen ohne Blog. Auf Wiederlesen!




17/9  200 Entscheidungen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:21

Zweihundertmal treffen wir im Lauf eines einzigen Tages eine Entscheidung, welche mit Nahrungsaufnahme zusammenhängt, sei es in feter oder in flüssiger Form. Dies hat eine Studie zum Konsumverhalten an der ETH Zürich ergeben. Professor Michael Siegrist und seine Studenten haben Feldforschung betrieben und sind auf diese Zahl gekommen – sie übertrifft wohl noch die Kadenz, mit welcher Menschen (zumal die männlichen Exemplare) im Lauf des Tages an Sex denken sollen.

Die meisten dieser 200 Entscheide werden unbewusst getroffen, spontan und ohne grosses Nachdenken. Die Zahl zeigt, dass die Beschäftigung mit Essen und Trinken nicht trivial ist und dass im Laufe eines einzigen Tages unzählige Möglichkeiten bestehen, sich so oder anders zu verhalten, eine Auswahl zu treffen, sie ins wache Bewusstsein zu holen, Einfluss zu nehmen.

Zitiert wurde diese Studie heute im Rahmen einer Fachtagung, die von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung durchgeführt wurde, sehr gut besucht, offenbar auf Interesse gestossen, zum Thema: Lebensmittel-Kennzeichnung: zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Auf der SGE-Webseite werden in kurzer Zeit die wichtigsten Präsentationen aufgeschaltet sein, es lohnt sich, da hineinzuklicken. Die Materie ist komplex und alle sind gefordert, sowohl die Politik als auch die Lebensmittelindustrie und die Konsumenten. Letztlich geht es um unsere Gesundheit, die zu einem wichtigen Teil davon abhängt, was und wie wir essen und wie wir uns entscheiden.




16/9  Mythos Bewegung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:54

Uns, die wir von der Natur mit dem Trägheits-, dem Nicht-Bewegungs-Gen geschlagen sind, wird immer wieder vorgehalten, wenn wir uns nur genügend körperlich regen und anstrengen würden, hätten wir kein Problem mit unserem Gewicht. Es sind in der Regel die Sportlichen, die Fitten, die Jogger und Langläufer, die uns das sagen. Wenn es gut geht, nehmen sie auch noch regelmässig am Ironman-Trial teil.

Eine interessante Studie wurde nun in Englnd publiziert. Man hat das Bewegungs- und das Ernährungsverhalten über eine längere Zeit untersucht. Dabei stellte Professor John Speakman mit seinem Team an der Universität Aberdeen fest, dass sich die eher sedentäre (sitzende) Lebensweise, der allgemeine Bewegungsmangel der Bevölkerung in den letzten 25 Jahren nicht merklich verändert hat, dass es also kaum an dieser fehlenden Bewegung liegen kann, dass im gleichen Zeitraum das durchschnittliche Körpergewicht der Menschen so massiv angestiegen ist.

Festgestellt wurde jedoch, dass jedoch in der gleichen Periode das Angebot an günstiger, sehr kaloriendichter Nahrung stark zugenommen hat und dass immer grössere Mengen gegessen werden. – Seine Folgerung ist einfach: Mit mehr Bewegung allein ist der Übergewichts-Epidemie nicht beizukommen! Ein Mann mit BMI 35 müsste seine täglich verzehrte Nahrungs-Energie-Menge um 30% reduzieren, um abzunehmen. Um den gleichen Effekt durch mehr Bewegung zu erzielen, müsste er pro Tag 5 Stunden lang trainieren. Und das, sagt Speakman, ist im Alltag völlig unrealistisch.

Es führt also kein Weg daran vorbei, anders und „weniger“ zu essen. Im Grunde ist es simpel und ich vertrete diese Ansicht bei jedem meiner Vorträge: eine Kalorie, die man nicht zu sich genommen hat, muss man sich gar nicht erst mit Bewegung wieder vom Leib schaffen. Wenn die Gefahr nun nicht so gut schmecken würde.




15/9  Kalorien zählen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:36

Schon vor Jahren hat McDonald’s damit begonnen, den Nährwert seiner Gerichte öffentlich zu machen. Diskret allerdings, indem die Daten auf der Rückseite der Papier-Sets ausgedruckt waren, die normalerweise mit dem Abraum in den Abfallsack wandern und die kaum jemand unter den Speisen hervorkramt, um sie zu studieren. Aber immerhin: Wer es wissen wollte, der konnte es erfahren.

Dann kam in grossen Städten der USA, angefangen in NY, die gesetzliche Vorschrift, dass der Kaloriengehalt der einzelnen Speisen in Fastfood-Lokalen neben dem Preis offen angeschrieben werden müsse, und man beobachtete eine gewisse positive Wirkung auf den Konsum, wenn auch eher selektiv. Und nun begeht eine kleine Hamburger-Kette einen neuen Weg: Sie hat ihre Kassen gekoppelt mit einem in den Staaten offenbar verfügbaren Anzeige-System, das die Kalorienwerte gleich auf die Rechnung bzw. den Quittungszettel druckt. So bekommt der Kunde mit der Mahlzeit am Tresen seine Nährwerte schwarz auf weiss und genau der individuellen Bestellung entsprechend ausgehändigt.

Das ist ein markanter Fortschritt an Transparenz, den man sich hierzulande nur wünschen könnte. Auf diese Weise können Ernährungsbewusste den Beleg für ihren Verzehr-Wert in der Tasche mit nach Hause nehmen. Wenn sie ein Ernährungs-Tagebuch führen, können sie den entsprechenden Betrag leicht eintragen und müssen nichts notieren oder ausrechnen… Und auch für das Personal entstehen keine zusätzlichen Umtriebe. Eine geniale Lösung zur Förderung des Gesundheitsbewusstseins. Und wer es dann noch immer nicht wissen will, den zwingt auch keiner, das Papierlein zu lesen. Soviel zum Prinzip der Freiwilligkeit.




14/9  Label tot

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:17

Böse Zungen sprachen schon im Vorfeld von einer Totgeburt. Es ging darum, zu prüfen, ob auch in der Schweiz – wie in vielen andern Ländern – eine besondere Kennzeichnung eingeführt werden sollte für fertig produzierte Lebensmittel, anhand derer leicht erkennbar wäre, wieviel an „verborgenen“ Inhaltsstoffen und Energiewerten sich darin befindet: Fettgehalt, Zucker, Salz, Kalorien-Dichte…

Eines war schon beim Auftrag zur Studie klar gewesen: Die „Ampel“-Kennzeichnung, wie sie von der Labour-Regierung in England eingeführt worden war, wollte man nicht. Die sei zu wenig differenziert. Vielleicht könnte sie zwar jenen Leuten helfen, die partout abnehmen wollen, aber für eine sachgerechte Information über die tatsächlichen Inhalte sei sie zu wenig aussagekräftig und nciht eindeutig.

So stand am Ende der Evaluation ein international bereits erprobten „Logo“ im Vordergrund: das „Healthy Choice“-Zeichen mit dem Slogan Bewusst Wählen. Es sollte auf freiwilliger Basis jene Lebensmittel kennzeichnen, die innerhalb ihrer Kategorie die „gesündere Wahl“ darstellten. Aber die mit der Studie beauftragte Gesellschaft für Ernährung SGE hatte die Rechnung ohne die Wirtschaftskapitäne gemacht. Diese fürchteten, ihre Produkte könnten bei einer detaillierten Prüfung zu schlecht abschneiden und legten sich in der Vernehmlassung quer. Das Bundesamt für Gesundheit verstand das Signal und zog seinen Vorschlag – ganz im Sinne der Freiwilligkeit – freiwillig zurück.

Zwar soll die Information über die Komponenten und Nährwerte insgesamt verbessert und vereinheitlicht werden, nach europäischen Normen, aber auf eine optische, einfach zu deutende Orientierungshilfe wird verzichtet. – Vorerst, sagen die Optimisten. Denn dieser Verzicht ist logisch. Während die SGE noch an ihrer Studie feilte, nahmen auf den Lebensmittel-Verpackungen die täuschend ähnlichen „OK-Zeichen“ sprunghaft zu, die mit einem empfehlenden Häkchen alles Mögliche zu versprechen vorgaben, von reinen Naturprodukten bis zu fehlenden künstlichen Aromen, von Gluten-Freiheit bis zum Fruchtzucker…

Dass jetzt auf eine Signal-Kennzeichnung verzichtet wird, schliesst ja nicht aus, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt immer noch eine solche einführen lässt, wenn die Zeit reif bzw. der Druck gross genug geworden ist. In der Zwischenzeit gilt es Organisationen wie Foodwatch zu unterstützen, die in unserem und im Auftrag der kritischen Konsumenten den Produzenten auf die Finger schauen und auch vor unzimperlichen Massnahmen nicht zurückschrecken. Und vielleicht erscheint am Ende doch die Ampel noch als machbar…