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Von Heinrich von Grünigen um 23:17 |
Der Ausdruck ist ja politisch nicht mehr korrekt. Man sollte ihn nicht verwenden. Aber zuerst habe ich wirklich gedacht, es heisse so. Und das hätte auch Sinn gemacht: Leute, die wie bescheuert mit ihren Handys durch die Gegend latschen, um sich spähend, als würden sie von einer unsichtbaren Geisterhorde verfolgt. Und auch ansteckend muss es sein, da das Phänomen hierzulande epidemisch auftritt.
Dann hörte ich all die Warnungen, deren Sinn mir klar wurde, als ich mit dem Velo beinahe so eine Handy-Woman über den Haufen gefahren hätte, die unmittelbar auf der Strassenmitte stehen blieb und verzweifelt auf das kleine Display stierte…
Später las ich von den Segnungen der Bewegung: dass die Pokemongisten pro Tag bis zu 20 Kilometer zurücklegen würden, jedenfalls die angefressenen. Fast so viel wie unsere Vorvorvorfahren, die von früh bis spät irgendwelchen essbaren Lebewesen hinterher gehechelt sind, auch in der Hoffnung, sie zu erwischen. Damals war keiner übergewichtig.
Das aktuelle Jagdfieber könne dazu beitragen, las ich, dass die Jungen aus ihren Stuben herausgehen, sich im Freien aufhalten, zu Fuss unterwegs sind, sich endlich die Bewegung verschaffen, die ihnen so lange abgegangen ist. Das wäre denn der ultimative Counterstrike gegen die erwiesene Gleichung, dass ein grosser BMI bei Jugendlichen in einem direkten Verhältnis steht zu der Zeit, die diese sitzend vor den Bildschirmen verbringen.
All die gut gemeinten Informationskampagnen, man solle doch die Treppen zu Fuss laufen und beim Tram eine Station früher aussteigen, im Einkaufszentrum möglichst weit weg vom Eingang parken und überhaupt auf das Auto verzichten, waren ja nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt. Der innere Schweinehund drehte ihnen eine lange Nase.
Aber die virtuellen Gespensterchen haben es geschafft. Sie mobilisieren auf fast magische Weise zumindest einen Teil der Bevölkerung, und zwar offenbar jenen, der es am nötigsten hat, weil er bereits dem Bildschirm verfallen ist. Also will ich hier nicht in den pessimistischen Chor derer einstimmen, die über Volksverblödung jammern, sondern mich darüber freuen, dass dem Faktor „Alltagsbewegung für das Volk“ eine unerwartete Unterstützung zuteil wird. Warten wir ab, was es bringt.
Was mich betrifft, habe ich heute – ganz ohne Handy und ohne App – eine mikro-alpinistische Leistung vollbracht, indem ich freiwillig und ohne dabei ausser Atem zu geraten, auf den „Oerlikonerturm“ gestiegen bin: eine 33 Meter hohe Beton-Stahl-Konstruktion mit 230 Wendeltreppen-Tritten, entsprechend rund acht Stockwerken. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück ins normale Leben.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:16 |
Ein neuer Werbeauftritt im Home-Shopping auf verschiedenen Privatkanälen rüttelt die Abnehm-Gemeinde auf. Es sei ein Schweizer Produkt, heisst es, von Schweizer Wissenschaftlern entwickelt.Und es stelle eine Weltneuheit dar für eine mühelose Gewichtsreduktion, das sei geradezu revolutionär.
MediCap SlimDynamics heisst das Ding und es erinnert nicht von ungefähr an das Kaffekapselsystem von Nespresso. Denn es kommt in Kapseln daher die mit Nespresso-Maschinen kompatibel sind. Aber selbstverständlich gibt es auch MediCap-eigene Maschinen zu kaufen… und wenn du genug von den Kapseln bestellst, kriegst du sogar eine Maschine im Wert von bis zu 150 Franken geschenkt. Soviel zur Marge…
Das Getränk, das aus der Kapsel sprudelt, sei wunderkräftig, es hilft dir nicht nur abzunehmen (Slim), es stärkt auch dein Immunsystem (Immun), es „entgiftet“ dich (Detox), es gibt dir Kraft (Energy) und stärkt deine Knochen (Bones). Aber wir konzentrieren uns hier mal aufs Abnehmen.
Die Wirkung sei „klinisch geprüft“, in vergleichenden Studien, und die Abnehm-Erfolge seien notariell beglaubigt. Da sieht man dann eine ganze Reihe von Testimonials mit Bildern von „vorher“ und „nachher“ (bei denen oft kein Unterschied erkennbar ist): eine junge Frau hat in 4 Wochen 2 Kilo abgenommen. Super. Eine andere hat in 28 Wochen 4,1 Kilo abgenommen. Gute Leistung für ein halbes Jahr… Dafür hat eine andere Dame in 13 Wochen 1,5 Kilo geschafft. Wieder jemand hat in drei Monaten 1 Kilo abgenommen. Am besten gefällt mir der Mann, der nach 8 Wochen mit MediCap-Getränken ganze 100 Gramm abgenommen hat!
Mit Verlaub: solche Beispiele sind unseriös, auch wenn sie natürlich völlig „transparent“ sind. Denn im Begleittext ist alles minuziös erklärt: 1. Die Gewichtsabnahme ist bei jedem Probanden unterschiedlich; 2. Die Einnahme der verschiedenen MediCap-Getränke wurde in der Testreihe begleitet durch eine „kalorienarme Ernährung“; 3. Ein Erfolg kann nicht garantiert werden.
Mehr muss man dazu nicht sagen. Die „kalorienarme“ Ernährung würde wohl auch ohne die Kapsel-Drinks ein vergleichbares Resultat zeitigen. Ah ja, die Kapseln kosten. Pro Stück 1 Franken 40 (bei grösseren Mengen gibt es etwas Rabatt…), davon soll man mindestens drei pro Tag konsumieren. Das beläuft sich auf rund 30 Franken die Woche. Jetzt kann man berechnen, was es den Mann gekostet hat, seine 100 Gramm Körpergewicht loszuwerden. Das hätte er auch geschafft, wenn er am Vortag ein Glas Wasser weniger getrunken hätte.
Auf die ultimative Pille gegen die Gutgläubigkeit von Abnehm-PatientInnen warten wir auch immer noch.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:49 |
Kaum ist es etwas wärmer geworden, jammert der verwöhnte Schweizer im Chor mit der verwöhnten Schweizerin. Viel zu heiss, stöhnen sie, schaffen sich Ventilatoren an und drehen die Klimaanlagen auf höchste Stufe.
Um den Wärmehaushalt des Körpers zu reguliern, muss der menschliche Organismus Energie aufwenden. In einer kalten Umgebung muss er Wärme erzeugen, bei Hitze muss er Schweiss verdampfen, um seine Aussenhaut zu kühlen… Keine zusätzliche Energie verbraucht, wer sich in wohltemperierten Räumen aufhält.
Die Aussentemperatur hat auch einen Einfluss auf unseren Appetit. Bei grosser Hitze ist er gedrosselt, dem Körper werden weniger Kalorien zugeführt. Ein US-Forscher-Team der Universität von Alabama, Birmingham, hat nun herausgefunden, dass Menschen, die sich in klimatisierten Räumen aufhalten, auch in der wärmeren Sommerzeit im gleichen Masse futtern, als ob es kalt wäre. Die natürliche Regulierung der Energiezufuhr wird durch die künstliche Kühlung der Umwelt abgeblockt.
Wie viel dies in Pfund und Kilogamm ausmachen kann, wird nicht im Detail dargelegt. Entscheidend ist, dass dieses Phänomen ein weiterer Pflasterstein auf dem Weg zur Adipositas ist, verursacht durch unsere aktuelle Zivilisation mit ihrer technologischen Hochkultur: ein zusätzlicher Kollateralschaden des Wohlstands.
Und kaum haut uns die Presse diese Erkenntnis um die Ohren… was machen wir? Stellen wir die Klimageräte ab? Begeben wir uns aus der kühlen Stube hinaus in die brütende Stadthitze? Geniessen wir das Kullern der Schweissperlen von Stirne und Wangen?
Nein! Der uns offenbar angeborene Schutzmechanismus ist stärker und unverwüstbar: Lieber genehmigen wir uns eine weitere Portion Glacé aus dem Tiefkühlfach, es gibt sie hier in einer Packung à 12 Stück für nur 2 Franken 50. Noch nie waren kühlende Kalorien billiger! – Auch wenn wir kein Klimagerät im Büro haben: ums Zunehmen kommen wir bei Sommerhitze kaum herum!
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Von Heinrich von Grünigen um 16:07 |
Nun überschlagen sich die Sozialen Medien in Häme. Die dumme Frau Trump, die da so gedankenlos eine vorfabrizierte Fremd-Rede vom Tele-Prompter abliest, ohne zu realisieren, dass wesentliche Teile des Inhalts von ihrer – angestrebten – „Vorgängerin“ abgekupfert sind. Wie sollte sie auch diese erbärmliche Leistung ihrer Ghostwriter gecheckt haben?
Aber offenbar ist sie so stark im Verdrängen und Weg-Behaupten von nachweislichen Fakten, dass sich in uns die Hoffnung nährt, sie möge – falls der unheilvolle Trump-Clan effektiv den Sprung ins Weisse Haus schaffen sollte – auch das Programm für eine gesunde Ernährung der Kinder von Michelle O. übernehmen, blindlings und unbesehen, in der festen Überzeugung, sie habe es selber erfunden.
Das ist ja überhaupt eine beklemmende Perspektive, wie immer die Präsidialwahlen ausgehen, dass man nicht weiss, was aus all den Bestrebungen werden wird, welche die aktuelle Obama-Regierung im Interesse einer gesunden Ernährung und des Kampfes gegen die weitere Ausbreitung der Adipositas in USA eingeleitet hat.
Über die Haltung von Hillary Clinton solchen Fragen gegenüber ist wenig Konkretes bekannt, ihr früheres Engagement für eine solide Gesundheitsversicherung kann Hoffnungen zulassen. Von den Trumps überhaupt etwas in dieser Richtung zu erwarten, wäre wohl grundsätzlich verfehlt, es sei denn… (siehe oben).
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Von Heinrich von Grünigen um 16:49 |
Diskriminierung in der Sommerhitze. Da verfasst ein Autor mit geschliffener Feder einen Blog zum Thema „verkappter Sexismus“, wie er ihn im Badi-Alltag bei Mütter-Grüppchen beobachten bzw. belauschen konnte. Ein lesenswerter Tagi-Blog an sich.
Aber im Diskussionsforum der Kommentare liest man dann heute eine Ergänzung aus dem badifreien Alltag: Leser Leo Klaus berichtet um 13.12 Uhr von einem Gespräch, dessen Zeuge er unfreiwillig geworden war. Eine Frau sprach mit ihrer Freundin am Handy über einen Bewerbungs-Vorgang, das ging so:
“Du, du bekommsch sicher de Job. Weisch, die angeri isch au cho schnuppera, isch ok gsi, aber weisch wie MEGA DICK sie isch.”
Nachher weitere 5 Minuten lang eine Diskussion über die Dame, die nach eigenen Angaben wegen einer Hormonstörung übergewichtig sei, und schlimmer noch, sie hat wohl den Job nur deswegen nicht bekommen, obwohl man ihr wohl was anderes erzählt hat.
Und da wirft man uns Männern Sexismus vor. Mag sein, aber so schlimm artet es bei uns denn auch nicht aus.
„Mega dick“ zu sein als ultimativer Makel bei einer Bewerbung auf einen Job, für den man eigentlich durchaus qualifiziert wäre… das ist bitter. Wobei ich den letzten Satz des zitierten Beitrags von Leo Klaus noch relativieren möchte: Ich bin mir nämlich gar nicht sicher, ob es bei „uns Männern“ nicht genau so „schlimm“ ist. Dabei geht es nicht einml um böswillige, bewusst verletzende Herabwürdigung übergewichtiger und adipöser Menschen. Wie oft habe ich mich selber ertappt, wie ich in bestimmten Situationen abfällige, ja geradezu hinterhältige Gedanken hatte, wenn ein „dicker“ Mensch sich in einer exponierten Situation befand. Die Versuchung, sein Verhalten, das momentan irritiert, direkt mit seinem Körpergewicht in Verbindung zu bringen, ist enorm. Und sogar ich, der ich es ja eigentlich von allen am besten wissen müsste, bin nicht gefeit vor mentalen Ausrutschern… oder noch Schlimmerem.
Man kann, das ist die sommerliche Erkenntnis, solche Gedanken nicht einfach abstellen oder verbieten… aber man kann sich bemühen, sie, wenn sie sich einmal einschleichen, sich bewusst zu machen und sie abzufangen, bevor sie irgendwo in unserer Umwelt Schaden anrichten.
Auf zum nächsten Badi-Besuch, wenn möglich Diskriminations-frei!
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Von Heinrich von Grünigen um 14:53 |
Nein, es geht nicht um den kleinen Jungen, der das Dorf so lange in Angst und Schrecken vor dem Wolf versetzt hat, bis keiner mehr zuhören mochte, als der dann wirklich kam.
Der Wolf ist real, er ist da, in meiner Hose, klebt an meinen schmerzenden Hinter-Unter-Backen und wird einzig von etwas Bepanthen-Salbe auf ein erträgliches Mass in Schach gehalten. Und wie ist er dahin gekommen?
Ich habe gestern einen Velo-Ausflug per E-Bike gemacht. Gute 30 Kilometer weit, über holprige Weglein dem Glatt-Ufer entlang, und wieder zurück. Dabei habe ich eine Reihe von physischen Erfahrungen gemacht, die mich absolut aufgestellt haben.
Zum ersten bin ich den ganzen Weg im ECO-Modus gefahren. Noch bis vor Kurzem musste ich den HIGH-Modus einschalten, um einigermassen vom Fleck zu kommen. Das hatte mir auch prompt den Akku in kürzester Zeit geleert. Nun also die ganze Strecke sparsam abgespult, ohne nennenswerten Stromverbrauch!
Zweitens: früher musste ich jeweils nach spätestens 10 Minuten anhalten, mir die Beine vertreten und insbesondere die Blutzirkulation in der Genitalregion wieder ankurbeln, weil wesentliche Körperteilchen taub und unempfindlich geworden waren… Diesmal bin ich an all den Bänken, Mäuerchen und sonstigen Sitzgelegenheiten von einst flott vorbeigeradelt und erst auf halbem Weg abgestiegen…
Auch konnte ich drittens all die kleineren und grösseren Steigungen unterwegs im Schwung überwinden, ohne zurück zu schalten und ohne den Modus zu erhöhen… das alles erfüllte mich mit Stolz und einer gewissen Befriedigung darüber, dass meine körperliche Verfassung sich auch in velosportiver Hinsicht massiv verbessert hat.
Nur der Wolf hat sich eingenistet und erinnert mich daran, dass ich noch bei weitem nicht ausreichend abgehärtet bin, um weitere und längere Strapazen unbeschadet zu überstehen. Einst, im Militär, auf langen Märschen, galten Kastanien im Hosensack als Hausmittel gegen das Wildtier. Heute denke ich bei aller Freude doch mit grossem Respekt an die Rad-Kollegen, die in diesem Moment von Frankreich her in Bern einfahren. Ich gehe heute nicht mehr auf eine Tour de Loup.
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Von Heinrich von Grünigen um 17:31 |
Den Link haben wir auf der SAPS-Facebook-Seite aufgeschaltet. Er führt zu einer amerikanischen Doku-Serie, die der deutsche Privatsender TLC ausgestrahlt hat. Es sind 7 Filme à 43 Minuten. Eine TV-Equipe begleitet darin jeweils eine Person während eines Jahres hautnah in ihrem Kampf gegen massivstes Übergewicht.
Alle sieben ProtagonistInnen (ein Mann und sechs Frauen) sind rund 300 Kilo schwer. Sie haben aus unterschiedlichen Gründen so stark zugenommen, leben in ganz verschiedenen familiären Situationen und sind an einem Punkt in ihrem Leben angelangt, wo sie realisieren, dass es nur noch die Alternative gibt: Abnehmen – oder an den Folgen des Gewichts sterben!
Sie alle unterziehen sich einer Magenbypass-Operation im Universitätsspital Houston, Texas. Sie werden betreut vom Adipositas-Chirurgen Dr. Younan Nowzaradan. Als erstes verlangt er von ihnen, dass sie mindestens zehn Kilo ohne seine Hilfe abnehmen können, zum Beweis, dass sie willens und in der Lage sind, ihre Essgewohnheiten zu verändern, wie sie es auch nach der OP ihr restliches Leben lang konsequent tun müssen.
Gelingt ihnen dies, werden sie operiert und nach zwei Tagen wieder nach Hause entlassen. In regelmässigen Abständen findet eine Kontrolle statt, bei der die Erfolge, aber auch allfällige Rückschläge und deren Ursachen diskutiert werden. Das Umfeld, in denen die PatientInnen leben, ist sehr unterschiedlich. Da ist die 42jährige Zsalynn, Ausgangsgewicht 271 Kilo, die zuhause gegen ihren Mann ankämpfen muss, der sie vor Jahren geheiratet hat, weil er auf übermässig dicke Frauen steht und der nun ihren Abnehm-Kampf mit zynischer Häme zu torpedieren versucht… Da ist der 45jährige Chuck, der sich mit 316 Kilo kaum noch bewegen kann und von seiner Frau wie ein Baby versorgt werden muss, bis sie sich von ihm trennt und er allein seinen Weg zu einem neuen Ich und zum Neuanfang finden muss… Oder Amber, 23 Jahre alt und 298 Kilo schwer, die Beine riesig angeschwollen mit Lipödemen, eine Frustesserin, die den ganzen Tag Nahrung in sich hineinstopft und von ihren Eltern „zum Trost“ auch im Spital noch mit FastFood versorgt wird…
Das sind nur drei der sieben Schicksale, die nüchtern und leidenschaftslos vorgestellt werden. Sie geben Einblick in den Alltag von Menschen mit „Adipositas per magna“, der ausgeprägtesten Form der Fettleibigkeit, Menschen, die kaum aus dem Haus gehen, und wenn, dann unter Qualen und Schmerzen. Alle finden sie den Weg zurück in Richtung Normalität, sie wollen überleben, für sich oder für ihre Kinder, oder um eine Beziehung zu retten.
Zwölf Monate lang werden sie begleitet. Was dann noch passiert, wie es auf Dauer weiter geht, weiter gehen wird, wissen wir nicht. Es gibt dazu keine Informationen. Aber die sieben Filme sind eine eindrückliche Dokumentation des Lebens „mit 300 Kilogramm“, sehenswert für alle, die sich ernsthaft mit der Thematik befassen, auch für Leute, die eine Bypass-OP in Erwägung ziehen (müssen), denn sie zeigt schonungslos auf, womit man konfrontiert ist, vor und nach der Operation. Dass dies alles in Amerika stattfindet, ändert an der individuellen Situation wenig. – Hier geht es zur Doku-Serie.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:50 |
Am Anfang war die Verstopfung. Als Folge meiner Ernährungs-Umstellung und des Verzichts auf Kohlenhydrate. Um diesem Phänomen vorzubeugen, hatte mir der Arzt ein Abführmittel von Dr. Vogel empfohlen. Das aber erwies sich insofern als Ärgernis, als die ohnehin kleine Dose jeweils nur knapp zur Hälfte gefüllt war, aber den vollen Preis von knapp 10 Franken kostete. Und bestehen tat das Mittel im wesentlichen aus Leinsamen, die in einen schokofarbenen Überzug mit Vanillegeschmack gekleidet waren… Nach der dritten Packung entschloss ich mich, zum Original überzugehen und die Leinsamen gerade „pur“ zu verspeisen.
Das ging so lange gut, bis ich in einem Apotheker-Heftchen einen Bericht über die sagenhaften Inhaltsstoffe der Leinsamen las. Als Kind hatte ich Leinsamen gehasst. Sie waren das Allzweckheilmittel meiner Mutter. Wann und wo immer wir ein Wehweh hatten, pflegte sie ein Leinsamen-Mus zu kochen, das sie in selbstgenähte Säcklein füllte, die man dann heiss auf die schmerzende Stelle legte und die so penetrant rochen, dass man sie möglichst rasch wieder los sein wollte…
Nun aber beschrieb man mir diese kleinen Kerne-Kerlchen als wahre Wunderknaben bezüglich gesundheitsförderlicher Eigenschaften, die jedoch erst wirklich zur vollen Entfaltung kämen, wenn die Sämchen „aufgebrochen“ würden, das heisst: zerkleinert oder geschrotet. Aber Achtung, hiess es: geschrotete Leinsamen werden wegen des hohen Fettgehaltes rasch ranzig! Es empfiehlt sich daher, nur gerade die jeweilige Portion kurz vor dem Verzehr frisch zu schroten… Dazu aber braucht es eine entsprechende Vorrichtung.
Google weiss Rat: man könnte den Mixer nehmen, oder eine kleine Kaffeemühle, zur Not bietet sich aber auch eine alte Pfeffermühle an. So eine hatte ich herumstehen, aber das Unterfangen erwies sich als sehr monoton und kräfteraubend. Bei jeder Umdrehung aus dem Handgelenk wurden maximal zwei bis drei Kernchen zerquetscht und es dauerte gut fünf Minuten, bis ein Kaffeelöffelchen Leinsamenpulver geschrotet war, ganz abgesehen vom Muskelkrampf im rechten Unterarm.
Also holte ich mir im Reformhaus fachkundigen Rat. Dort fragte die resolute Dame barsch zurück, ob ich keine alte Kaffeemühle hätte? Als ich verneinte, meinte sie, dann müsste ich die Samen halt schon geschrotet kaufen, sie hätten welche. Aber die würden doch so schnell ranzig, warf ich ein. Sie müssen sie eben im Kühlschrank aufbewahren, belehrte mich die Reformdame in einem Tonfall, in dem ihre ganze reformhäuslerische Überheblichkeit mitschwang.
Schon als ich den Laden betrat, war mir ein grosses Plakat neben der Kasse aufgefallen. „Probieren Sie unseren Durstlöscher!“ hiess es da in selbstgefertigter Schnörkelschrift. Auf einem Tischlein darunter stand eine fast volle Flasche Süssmost, daneben einige Becherchen aus Plexiglas… – Jetzt konnte ich es der Reformtante heimzahlen: Darf ich Ihnen auch noch etwas sagen? fragte ich höflich. Und: Sie wissen schon, dass Süssmost NICHT als Durstlöscher genutzt werden soll, von wegen Zucker, Kalorien und so..? – Aber sie konterte unbeeindruckt: Die Leute kosten ja nur einen kleinen Schluck!! – Trotzdem, sagte ich, falsch ist die Bezeichnung von Apfelsaft als Durstlöscher auf jeden Fall, wenn Ihnen an der Gesundheit ihrer Kundschaft gelegen ist.
Was sie darauf noch gebrummelt hat, habe ich nicht verstanden, ich war schon unter der Tür mit meinem Päckchen geschroteter Leinsamen. Aber so bald gehe ich da wohl nicht mehr hin.
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Von Heinrich von Grünigen um 14:15 |
Zu später Stunde ein TV-Report. Zufällig hineingezappt und hängen gblieben. Es ist das RTL-Extra-Magazin und es handelt von einem ernährungsmässigen Selbstversuch. Die RTL-Reporterin Ina Gempf hat sich einem Experiment unterzogen. Vier Wochen lang achtet sie genau darauf, wie viel Zucker sie zu sich nimmt bzw. versucht, ihren Zucker-Konsum nach Möglichkeit einzuschränken. Ein Arzt begleitet sie dabei mit Untersuchungen ihrer Körperfunktionen und -Werte „vorher/nachher“.
Ina Gempf geht von klaren, einfachen Kriterien aus: beim Einkauf achtet die auf die Nährwert-Deklaration, in der auf dem Etikett angegeben sein muss, wie viele Prozent Kohlenhydrate ein Produkt enthält – und wie viel davon „Zucker“ ist. Dieser Begriff umfasst sämtliche Zuckerarten, die auf der Vorderseite der Packung mit bis zu 70 verschiedenen, wohlklingenden Begriffen umschrieben oder vielmehr für den Verbraucher „verschleiert“ werden… Entscheidend ist die Menge insgesamt, und die Journalistin zeigt uns eindrücklich, wie sich das in Form von Würfelzucker-Stücken ausnimmt, in Getränken, in der Magermilch, in der Müsli-Mischung (die zu einem Drittel aus Zucker besteht), im Brot, sogar in der Salami und inpraktisch allen Fertiggerichten, die man kaufen kann.
Sie nimmt sich vor, während den kommenden vier Wochen alles von ihrem Menuplan zu streichen, was mehr als 5 Prozent Zucker enthält. Darunter fallen dann auch gewisse Früchte, aber nicht etwa Teigwaren. Am Anfang fällt ihr die Umstellung schwer, sie leidet regelrecht unter Entzugserscheinungen, spricht von der „süssen Droge“, die ihr fehlt, und nach der ersten Woche ist sie nahe daran, den Versuch abzubrechen. Aber dann merkt sie, wie ihre Vitalität zurück kommt, verspürt sie Lust aufs Fitness-Center, gewöhnt sich an die neue Kostform und integriert sie in ihren Alltag.
Im Gespräch mit der Food-Bloggerin und Autorin Katharina Kraatz (sie betreut die Website Katharina kocht und ist eine Pionierin im Zucker-Verzicht) tauscht sie ihre Erfahrungen aus und holt sich wichtiges Wissen für ein zuckerloses Leben.
Am Ende der vierten Woche ist Ina 4 Kilo leichter: es ist – das ergibt die Körperfett-Messung – reines Fett, das sie abgenommen hat, Muskelmasse und Wasseranteil sind noch gleich wie vorher. Und der Bauchumfang hat um 7 cm abgenommen. Der Arzt ist begeistert und bezeichnet den gezielten Zucker-Verzicht als einfaches und leicht zu praktizierendes Mittel, um zu einem gesünderen Körpergewicht und zu verbessertem Wohlbefinden zu kommen. Der Beitrag von Ina Gempf ist hier im ersten Teil der Sendung zu sehen, nach einem kurzen Werbespot…
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Von Heinrich von Grünigen um 16:13 |
Expertenwissen ist gefragt. Heute hat mich ein Meinungsforschungsinstitut angerufen. Es macht im Auftrag einer Bundesstelle eine Umfrage zum Nutzen und zur Qualität der sogenannten „Lebensmittelpyramide“. Das ist die Darstellung der gebräuchlichen Nahrungsmittel in Form einer Pyramide: je weiter oben, desto vorsichtiger sollte man sie konsumieren, wenn man sich vernünftig, ausgewogen und „gesund“ ernähren will.
Zuunterst sind die Getränke. Ungesüsst, wenn immer möglich, Wasser aus der Flasche oder aus dem Hahn, Leitungswasser also, oder Tee ohne Zucker und ebensolchen Kaffee. Dann kommen Früchte und Gemüse, von denen sollte man täglich mindestens 5 Portionen zu sich nehmen, wenn möglich in verschiedenen Farben. Darüber die Getreideprodukte, Kartoffeln und Hülsenfrüchte, alles was Kohlenhydrate und Stärke enthält, die dem Körper zwar Energie liefern, aber – im Übermass genossen – sich auch als Fett in der Reserve speichern. Darüber die Eiweiss-Lieferanten Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und auch Tofu. Schon fast zuoberst rangieren die Fette, enthalten etwa in Butter, in Speiseöl oder in Nüssen, deren täglicher Verzehr angelegentlich empfohlen wird. Und ganz an der Spitze findet man all die Süssigkeiten, das salzige Knabbergebäck und auch den Alkohol, die alle in kleinsten Mengen und mit Andacht genossen werden sollten…
Für wen ist diese Pyramide wichtig, wollten die Marktforscher wissen. Wer soll sich damit befassen? Sind die Botschaften verständlich? Was könnte man verbessern? Fragen, die nicht einfach so aus dem Handgelenk zu beantworten sind, vor allem wenn man selber von Jahren bei der Erarbeitung der Vorläuferin der aktuellen Darstellung beteiligt war.
Die Pyramide ist eine nützliche Eselsleiter, an die man sich halten kann, wenn man seinen täglichen Menüplan gestaltet. Sie isein Hilfsmittel, mehr nicht. Denn was bringt es dem Konsumenten, wenn er zwar die Pyramide in- und auswendig kennt – aber sich beim Einkauf dann doch von den eigenen geschmacklichen Gelüsten und Vorlieben leiten lässt? Wenn er sich zu den Sonderaktionen hingezogen fühlt, ein Schnäppchen machen muss, wenn zehn Nutella-Dosen im Multipack um 50 Rappen billiger angeboten werden..?
Kaum irgendwo klafft die Lücke weiter auseinander zwischen dem vermeintlichen „Wissensstand“, über den die Konsumenten in Sachen Einkauf und Ernährung zu verfügen glauben, und ihrem realen Kaufverhalten, als in der Wirklichkeit, wie sie sich im Supermarkt zwischen den prallvollen Regalen dann manifestiert.
Das darf uns aber nicht davon abhalten, das nützliche Instrument der Lebensmittelpyramide weiter zu perfektionieren, inhaltlich laufend an die aktuellen Erkenntnisse der Forschung anzupassen – was auch regelmässig geschieht – und formal so zu gestalten, dass sich auch die junge und jüngste „Generation App“ angesprochen fühlt. – Mehr Infos zur Pyramide gibt es hier.
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