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Von Heinrich von Grünigen um 21:27 |
Die zweite Woche hat begonnen und alles läuft in geordneten Bahnen, Fortschritte nach allen Richtungen sind messbar, auch wenn jeder sagt, ich solle nichts überstürzen. Eigentlich ist das, worüber ich mich heute in der x-ten Wiederholung etwas geärgert habe, gar nichts, worüber zu ärgern sich richtig lohnen würde… sondern es ist im Prinzip ein erfreuliches Zeugnis von Auftragstreue und Pflichterfüllung.
Das Reinigungspersonal zieht diskret seine Runden durch die Stockwerke, wie in jedem Hotel, pünktlich und zuverlässig, gründlich, sauber und freundlich. Aber sie haben ihre offenbar eingespielten Rituale und Regeln, die sie wie automatisch ausführen und in jedem Zimmer wiederholen. Da gibt es ein wunderschönes, elegantes TV-Gerät, das auf einer Lade seitlich aus dem Schrank gezogen werden kann, damit man von Bett aus die Sendungen sieht. Dieses Gerät habe ich sorgsam so in Position gebracht, dass es im richtigen Winkel zur Lampe steht, damit sich kein störender Lichtreflex abbildet. Die Putzleute aber drehen jeden Vormittag mit beharrlicher Konsequenz das Gerät in seine ursprüngliche Position zurück und schieben die Lade in den Schrank, so dass vom Bett aus garantiert kein Bild zu sehen ist… warum?
Desgleichen habe ich mir auf der Ersatz-Liege, wo meine Kniebeuge-Maschine installiert ist, aus Kissen und Wolldecken eine Kopfstütze gebastelt, so dass ich während der Übungen an der mechanischen Installation vorbei TV schauen kann… Aber wenn die Putzkolonne ihres Amtes gewaltet hat, sind die Bestandteile meines Kissenstapels wieder verräumt, ordentlich, wie es sich gehört… will man mich didaktisch gschickt dazu bringen, dass ich spezielle Aufgaben löse?
Und bei Tisch verzichte ich seit einer Woche auf Kohlenhydrate. Man begrüsst mich mit Namen, weiss, dass ich die Menüs „nur mit Gemüse“ bestelle und mich beim Frühstück auf ein wenig Rührei, eine Scheibe mageres Trutenfleisch und etwas halb- oder viertelfetten Käse beschränke… aber trotzdem fragen die Service-Leute jedes Mal mit verführerischem Flötenton in der Stimme: Und darf ich ihnen noch ein Stück vom ofenfrischen Ruchbrot bringen..? – Eines ist klar: hier wird Pflichterfüllung gross geschrieben.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:58 |
Mein Besuch hat mir heute die aktelle Ausgabe von GesundheitSprechstunde mitgebracht. Dazu gibt es ein Sonderheft mit dem plakativen Titel REHA. Und da ich den Verlag als seriös kenne, mache ich mich natürlich sofort auf die Suche nach der Beschreibung des Etablissements, in dem ich mich nun schon seit einer Woche zu meiner grossen Zufriedenheit aufhalte. Mal schauen, ob sich unsere Erfahrungen und Eindrücke decken.
Aber welche Enttäuschung: ich suche Hof Weissbad vergebens. Auf der tabellarischen Übersicht mit dem Vergleich der Angebote und Leistungen sind ganze 19 Häuser augeführt. Das kann doch nicht alles sein? Im Inneren des Heftes wird auf eine Liste der „anerkannten Kurhäuser“ hingewiesen, die sich im Internet abrufen lässt. Wir führen diese Liste auch auf der Link-Plattform der SAPS. Ganze 59 Kliniken sond dort im Detail beschrieben und natürlich fehlt auch meine temporäre Heimstätte nicht.
Schon beginne ich mich zu fragen, was denn wohl die getroffene Auswahl bestimmt haben mag? Wurden alle angefragt und in die Kränze kam nur, wer bereit war, etwas zu bezahlen? So dass sich in der Übersicht vor allem jene finden, die Reklame brauchen? Ich weiss es nicht, es ist reine Spekulation, die nicht zuletzt genährt wird durch das Wissen um die allgemeine Verknappung der Mittel auf helvetischen Redaktionen…
Als ich dann – wie wohl viele LeserInnen – das Editorial ganz am Schluss aufschlage, finde ich dort den erläuternden Satz: Wir porträtieren einige ausgewählte Kliniken… – Ok, ist akzeptiert, frei von Hintergdanken. Lesenswert sind vor allem die allgemeinen Hinweise zu den Kriterien, nach denen Krankenkassen die Kur bezahlen – oder nicht. Und was es sonst noch an organisatorischem und adminisrativem Wissen braucht, ehe man eine Kur antritt. Es ist jedenfalls eine komplexe, hilfreiche und weithin unbekannte Facette unseres Gesundheitswesens, wenn man nicht schon selber mal drin gesteckt hat.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:18 |
Während der ganzen zweieinhalb Wochen seit der Operation beschleicht mich von Zeit zu Zeit eine selbstkritische Frage: Wenn ich an den Stöcken durch die Hotelhalle humple und kaum in der Lage bin, eine Zeitung unter den Oberarm geklemmt zu halten, und wenn man mir sagt, dass dies mindestens drei Monate lang so sein wird, dann befällt mich gelegentlich der Gedanke, was ich durch diesen Eingriff effektiv gewonnen habe?
Gut, die Schmerzen sind weg, solange ich die Tabletten nehme, aber das ist ja noch der Heilungsprozess. 10 bis 15 Jahre „hält“ das Implantat, steht im Prospekt, dann bin ich Anfang achtzig. Und wenn ich nicht zu wild in die Berge steige und noch etwas abnehme, hält es vielleicht länger.
Mit einer ähnlichen Fragestellung sind häufig die Magenoperationen bei Adipositas konfrontiert: vor allem bei Menschen, die wenig wissen über die Hintergründe der Krankheit, und bei Krankenkassen, die mmer noch ncht begriffen haben, dass die Investitition in eine bariatrische Operation in der Regel die wirtschaftlichere Lösung ist. Eine aktuelle Studie in Deutschland hat dies erneut bestätigt. Die Erkenntnis beruht auf der Auswertung von 25 medizinischen und sieben gesundheitsökonomischen Studien und zeigt auf, dass sich durch die chirurgischen Eingriffe Magenband und Magenbypass die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessern lässt, dass Begleiterkrankungen zurückgehen und dass sich die Gesundheitskosten im Zusammenhang mit Adipositas verringern lassen.
Die Autoren der Studie hoffen, dass durch die Publikation dieser Resultate die heute noch sehr resriktive Haltung der Krankenkassen in Deutschland positiv beeinflusst wird. Die Erkenntnisse decken sich mit den Erfahrungen, die in der Schweiz gemacht werden.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:25 |
Der chinesische Olympia-Zauber beherrscht die Bildschirme und eigentlich ist es nicht verwunderlich, dass die Veranstaltung unter anderem mit einem gigantischen Feuerwerk eröffnet wird, kommt doch das meiste, was unsere Kids am 1. August so krachen lassen, schon lange aus China. Jetzt wars halt ein Heim-Feuerwerk.
Aufgefallen ist mir, dass auf allen Kanälen eine neue olympische Disziplin praktiziert wird: das Polit-Betroffen-Sein. Denn man hat ja alles seit Jahren und Jahrzehnten gewuss. Naiv ist die Annahme, es würde sich das bevölkerungsreichste Land der Welt in seinen bewährten Grundmechanismen um die eigene Achse drehen und plötzlich von gestern auf heute zu einem Musterknaben an Toleranz und Meinungsfreiheit und Menschenrechten mutieren, wo doch schon wir, die wir uns für die Erfinder der demokratischen Grundrechte halten, nur allzuoft in einen Fettnapf in der Grauzone stolpern.
Angesichts der Kräfte, die die Welt bewegen – und ich spreche hier nicht nur von dem Feuerwerk, das etwas weniger kunstvoll aber dafür mit umso tödlicherer Wirkung über Süd-Ossetien hereingeprasselt ist – ist das kleine Leben in der Rehabilitations-Station sehr unbedeutend. Patienten sind abgereist, neue sind gekommen, das erste Wochenprogramm ging zuende, es liegen zwei Tage vor uns, an denen wir auf uns selber gestellt sind, wo wir in eigener Verantwortung und nach eigener Disziplin das Gelernte üben können bzw. müssen; keine terminierten Therapien, nur die Mahlzeiten sind fix. Und vielleicht kommen Besucher.
Auf jeden Fall liegt es alleine an uns, was wir aus diesem Wochenende machen und wie wir es nutzen werden. Das Weter, hört man, sei durchzogen. Aber Ausflüge liegen ohnehin noch nicht drin. Ich werde mich mit der Leichtigkeit des Schreitens im Wasser befassen: eine in dieser Form neue Empfindung. Nachdem du dich an den Krückstöcken schwerfällig durch dei Gänge gestemmt hast, kannst du im brusthohen Pool mit federleichter Eleganz dahingleiten, schreiten, vorwärts und seitwärts, auf Zehenspitzen, mit weit ausholenden Schritten… Man trägt nur noch 10 Prozent seines Körpergewichts. Ideale Voraussetzung für eine disziplinierte Rückkehr in die Welt der Gehenden.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:36 |
In ihrem Kommentar zu meinem gestrigen Eintrag hat Lilly eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die ich gerne beantworte. Angefangen mit dem aktuellen Gewicht: in den vier Tagen seit Beginn der Rehabilitation habe ich 1,6 Kilo abgenommen. Das ist ein recht vernünftiges Resultat. Allerdings haben wir – der Arzt und ich – festgestellt, dass ich bei meinem Eintritt am Sonntag nicht auf der hiesigen Waage gewogen wurde, sondern dass ich einfach das noch im Spital erfasste Gewicht angegeben hatte… so könnte es sein, dass die beiden Waagen nicht synchron messen. Deshalb wird der Vorgang am kommenden Montag wiederholt, dann muss der Trend klar sein.
Ich habe in meiner Übergewichts-Karriere so praktisch alles mit- und durchgemacht, was der Markt an Möglichkeiten geboten hat. Man wusste ja in den 60er Jahren noch viel zu wenig über den verheerenden Jojo-Effekt, so dass ich mich durch allzu rigorose Massnahmen richtiggehend im Gewicht hochgeschaukelt habe. – Nachdem ich unter ärztlicher Anleitung durch sanfte Ernährungsumstellung und gezielte, dosierte zusätzliche Bewegung 35 Kilo abgenommen hatte, gelang es mir, dieses neue Gewicht fast acht Jahre lang zu halten, was als Erfolg betrachtet werden darf. – Die zunehmenden Abnützungs-Schmerzen im Knie haben dazu beigetragen, dass ich mich die letzten zwei Jahre kaum noch zu Fuss „bewegt“ habe, gleichzeitig dieses Manko aber nicht durch zusätzlichen Verzicht bei der Ernährung kompensierte. So meldete sich leider ein erheblicher Teil der abgebauten Kilos wieder zurück. Das wäre vielleicht zu vermeiden gewesen, aber ich habe es nicht geschafft.
Gute Erfahrungen habe ich gemacht, als ich vor einigen Jahren konsequent nach dem Rezeptbuch „minus-plus“ (inzwischen vergriffen) gekocht habe. Ein Jahr lang habe ich so erfolgreich und in kleinen Schritten abgenommen; aber insgesamt war mir der Aufwand für die Vor- und Zubereitung der Speisen zu gross und liess sich nicht auf Dauer in meinen Alltag integrieren. – Mein Problem ist, dass ich ein lustvoller Esser und Geniesser bin, und obwohl es mir heute nicht am Wissen über das „richtige“ Verhalten mangelt, erlaube ich mir zuweilen Abweichungen vom empfohlenen Pfad und denke, das könnte ich morgen oder übermorgen wieder „kompensieren“. In Einzelfällen geht das, aber die Gefahr ist gross, dass das Kompensations-System ausser Kontrolle gerät und man plötzlich keine Chance mehr hat, die Differenz wieder einzuholen.
Noch ein Wort zum Schrittzähler: das ist in der Tat ein geniales Hilfsmittel und seine motivierende und unterstützende Wirkung ist anerkannt. Mir allerdings hat das Ding gerade geschadet, als ich vor einigen Jahren wild entschlossen versuchte, mein tägliches Pensum von mindestens 12’000 Schritten zu erbringen: in meinem blinden Eifer hatte ich meine Knie strapaziert und die Folgen sitze ich jetzt letzlich hier ab, wo es mir gut geht und ich auch hoffe, auf den rechten Pfad zurück zu finden.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:27 |
Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, die Empfehlung von Lilly umzusetzen und einfach so mal das Dinner Cancelling zu praktizieren. Keine Versuchung, keine Verfehlung, keine Zusatzlast morgen auf der Waage… Als dann aber vom Vorplatz her die lüpfigen Weisen einer appenzöllischen Hackbrett-Gruppe erklangen, packte mich die Neugierde. Mal hören und sehen…
Und der Zufall wollte es, dass ich dabei mit einem alten Kollegen zusammentraf, dem guten Radio-Wetterfrosch, mit dem ich vor vielen Jahren gemeinsam Sendungen entwickelt und Konzepte umgesetzt hatte… Er ist hier in den Ferien und es brauchte die Einladung gar nicht, an seinem Tisch Platz zu nehmen, und schon stürzten wir uns in die gemeinsamen Erinnerungen, nicht nur was die Medienarbeit und deren aktuelle Entwicklung betrifft, es gab auch im Militär Überschneidungen und gemeinsames Erinnern an Kameraden und spezielle Ereignisse…
Dass ich es trotz der sprudelnden Weisst-du-noch-Redeseligkeit geschafft habe, den ganzen Appenzeller Spezialitäten-Abend auf zwei kleine Tellerchen zu reduzieren, eines mit winzigen Kostproben vom Fleischbüffet und eines mit erlesensen Käse-Miniaturen, das erfüllt mich mit einem gewissen Stolz. Die Waage wird es weisen.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:13 |
Der Stationsarzt hat mir auf seiner zackigen Morgenvisite angekündigt, dass es am Donnerstag auf dei Waage gehe. Verschmitzt fügte er bei, ich würde ja automatisch leichter, wenn er erst die gegen 30 Metallklammern herausgenommen habe, die jetzt noch den knapp 20 cm langen Schnitt über das Knie zusammenhalten, so dass es aussieht wie ein kleiner Rollbraten. Es wird ein wunderliches Gefühl sein, ich habe es noch in kindlicher Erinnerung, als seinerzeit, vor fast 60 Jahren, die „Fäden“ aus der Blinddarm-Narbe entfernt wurden, was eine Empfindung auslöste, als müsste beim nächsten Luftholen der ganze Bauch aufplatzen, so halt- und schutzlos, wie er geworden sei…
Aber zurück zum Gewicht: ich war mit dem Vorsatz angekommen, den Kuraufenthalt auch dazu zu nutzen, wieder einige Kilos abzubauen, und zwar dauerhaft, wenn ich mich dann dank geflickten Knies wieder besser bewegen könnte. Die Vorzüge der flexiblen Menüwahl habe ich schon beschrieben und ich versuche mich daran zu halten, auch wenn es mir nicht immer zu 100 Prozent gelingt, da doch zuweilen die Lust über die Vernunft obsiegt. Aber der Onkel Doktor meint es ernst. Wenn die Waage am Donnerstag kein positives Resultat zeige, könne man auch die schon knappe und kalorienbewusste Kost sehr leicht noch weiter verknappen…
Und damit entsteht das Ess-Dilemma: da zahlst du eine erkleckliche Summe für einen Aufenthalt mit Halbpension, siehst täglich die opulenten Buffets, liest die appetitanregenden Menüpläne und muss dir einhämmern: für das viele Geld darfst du jetzt nichts von alledem essen. Oder fast nichts. Natürlich kann man sich damit behelfen, dass man die teuersten der kalorienfreien Essens-Angebote nimmt. Und es ist auch nicht so, dass diese nicht schmecken würden. Aber wie erkläre ich dem Doc, dass das Gewicht am Donnerstag nur deshalb nicht stimmt, weil es am Vorabend eine gewaltige Auswahal an Appenzeller Spezialitäten gab?
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Von Heinrich von Grünigen um 23:07 |
Der Tagesablauf hier ist diskret organisiert. Am Morgen erfolgt die Arztvisite vor dem Frühstück im eigenen Zimmer… das ist ein wenig wie im Spital, aber sehr angenehm. Dann ein Frühstücksbüffet, nach dem sich viele Mehrsternhotels die Finger schlecken könnten, mit Angeboten aus der Region in einer solchen Fülle, dass wohl kein Tag wie der andere schmecken wird…
Wer zur Rehabilitation kommt, kriegt einen „Klinik-Pass“, in dem die fixen Termine vermerkt sind, in der Regel zwei pro Tag. Dazwischen bleibt viel Zeit für eigenverantwortete Aktivitäten: wer gut zu Fuss ist, kann an Gruppenwanderungen teilnehmen, geführten Besichtigungen, Rundgängen, an Nordic-Walking-Touren, Gymnastik-Lektionen an Land und im Wasser… das alles ist nichts für mich, meine Ziele sind bescheiden. Ich stöckle – wie einige andere auch – mit meinen Krücken ein wenig ums Haus, achte auf die Bewegungsabläufe, wie man sie mir in der Physiotherapie erklärt hat und bin froh, wenn ich nicht zu sehr ausser Atem komme: der vollständige Einsatz von Beinen und Armen braucht Kraft und zehrt.
Die meiste Zeit verbringe ich auf dem Bett mit der gleichen Maschine wie noch im Spital: mehrere Stunden pro Tag muss ich die Beweglichkeit des Knies verbessern; bloss ist dieses Modell hier wesentlich neuer, hat eine Fernbedienung, so dass ich laufend den Winkel korrigieren und die Leistung steigern kann. – Heute auch erstmals ein Besuch in der Massage, wo die von der Operation betroffenen Muskeln aus der Reserve gelockt und gefödert werden.
Die grösste Herausforderung ist jedoch die Planung er täglichen Verrichtungen: plötzlich hat man keine Hand mehr frei, man muss sich mit Tricks behelfen und Arbeitsschritte festlegen, bis man nur angezogen ist. Und es wird mir mit aller Deutlichkeit bewusst, wie priviligiert man ist, wenn man „nichts“ hat, un wie schwer es doch für viele Menschen, Kanke, ist, die ihr ganzes Leben mit physischen Einschränkungen zu kämpfen haben und überhaupt nur durch die tätige Unterstützung und Hilfe von Dritten über die Runden kommen. Insofern ist dieser Aufenthalt, neben allen hotelmässigen Annehmlichkeiten, auch Anlass zu Nachdenklichkeit und bescheidenem Innehalten. Alles braucht seine Zeit.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:44 |
Es ist ein imposantes Etablissement, in eine sanft hügelige Landschft geschmiegt, Luxushotel, Wellness-Oase, Kurhaus und Rehabilitationszentrum in einem.
Was mich am ersten Tag am meisten beeindruckt hat, das ist die Küche bzw. das Verpflegungkonzept. Vollpensionäre haben die Möglichkeit, zu jeder Mahlzeit aus einer ganzen Reihe von täglich wechselnden Menü-Elementen auszuwählen. Die sind so angelegt, dass man sich jede erdenkliche Form von Spezialernährung flexiel selber zusammenstellen kann: mit Kohlenhydraten, ohne Kohlenhydrate, fettreduziert, mit mehr Gemüse… die Portionen sind nicht gross, aber ausreichend. Hier dürfte keine kulinarische Eintönigkeit aufkommen und doch hat man die volle Kontrolle über das, was man zu sich nimmt. Insofern ein vielversprechender Auftakt.
Eine zackige sanitarische Einrittmusterung, ein gut dosierter Plan mit Therapien und Anwendungen… Morgen gehts los.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:08 |
Die zwölf Tage in der Klinik sind vorbei. Elf Tage nach der Operation sind die Schmerzmittel abgesetzt, ich ziehe mich bereits selbständig an und Pflegepersonal wie ÄrztInnen haben sich freundlich von mir verabschiedet; wenn ich am Sonntagmittag das Institut in Richtung Appenzell verlasse, ist alles schon geregelt, die Permanenz erledigt die Formalitäten.
Ich habe viel gelernt im Umgang gealterten Knochen, kenne Übungen, die man im Sitzen und im Liegen ausführen kann und ärgere mich über mich selber, dass ich das früher nicht ernster genommen habe. Es würde weniger zwicken und klemmen und ziehen…
Ich habe fast zwei Wochen unter guter medizinicher Obhut verbracht. Wir dürfen stolz sein auf unser Gesundheitssystem und uns, wenn uns etwas fehlt, getrost den Fachleuten anvertrauen… klar gibt es Unterschiede, so wie es auch unterschiedliche Sympathien gibt. Pflegeberufe bedeuten einerseit Hilfsbereitschaft und Anteilnahme, anderseits aber auch Nähe und Intimität. Bei den einen fühlst du dich aufgehoben, verstanden und ernst genommen, bei andern hast du das Gefühl, dass sie ihre Aufgabe nach einer inneren Checklist abarbeiten und wenig auf deine Stimmungslage und deine aktuelle Befindlichkeit geben. Solche Fälle sind allerdings selten und es ist ja davon auszugehen, dass hinter jedem einzelnen eine persönliche Geschichte steht, die man kennen müsste, um der Person und ihrer Wirkung gerecht zu werden. Das gilt ja auch für die Patienten.
Ich denke, ich habe Glück gehabt und wir sind gut miteinander ausgekommen. Dafür darf ich dankbar sein. Morgen geht es ab in die Ostschweiz. Reha – wir kommen!
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