3/11  Der Blogger bloggt…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:39

Man soll das, was man schreibt, ja nicht überschätzen. Als altgedientem Vertreter der Zunft der Schreiberlinge ist mir die Vergänglichkeit der tagesjournalistischen Arbeit bestens bewusst. Mit Spannung habe ich deshalb gestern Abend eine Diskussionsveranstaltung des Zürcher Pressevereins besucht, an der zwei prominente Kolumnisten verbal die Klingen kreuzten: Patrick Frey und Christoph Mörgeli.

„Kolumnitis in den Schweizer Medien?“ lautete die Frage, und als Verfasser einer täglichen elektronischen Kolumne interessierte mich das Thema natürlich aus persönlicher Betroffenheit: Meines Wissens gibt es sonst hierzulande nur noch den Altmeister Jürg Ramspeck im „Blick“ und die Neuamazone Simone Meier im „Tagi“, die wie ich jeden Tag in die Tasten greifen müssen (wobei die beiden – im Unterschied zu mir – am Samstag erst noch frei haben!). – Was also macht den guten Kolumnisten aus? Mörgeli muss einmal pro Woche, Frey alle drei. Mörgeli will mit seinen Texten „verletzen“, um das „Ungute“ abzuschneiden, auszumerzen… Frey will unterhalten, soll aber auf Wunsch des Chefredaktors auch „auf eine gute Weise wehtun“…

Kolumnist ist einer, der eine Kolumne schreibt. Dieser Begriff wiederum kommt aus dem Lateinischen (columna = Säule) und meint die gesetzte Zeitungs-Spalte, und eine Kolumne sollte ursprünglich nicht länger sein als eben eine Spalte im Blatt. – Vulgär könnte man sagen, ein Kolumnist sei ein „Spalter“. Das gelingt wohl den beiden Protagonisten auf dem Podium hin und wieder, dass sie ihre Leserschaft in unterschiedliche Lager spalten. – Nun gut, der eine ist ein Partisan des Wortes, hat dieses auf der Bühne zur Geltung gebracht und verwendet es in kunstvoller Weise als Kabarettist und Gedankenakrobat… während der andere sich in geschliffener und rhetorisch perfekter Weise als Pamphletist und Agitator mit polit-propagandistischem Impetus gebärdet.

Sinniges Zusammentreffen: In einer seiner Kolumnen hat Mörgeli seinem Kontrahenten Frey (im Zusammenhang mit dessen Rolle im Film „Mein Name ist Eugen“) vorgeworfen, er spiele ja „nur sich selber, und das nicht einmal gut“… – aber je länger die Podiumsdiskussion dauerte, umso deutlicher wurde für das Publikum erkennbar, dass Mörgeli seinerseits nicht einmal sich selber spielte, sondern dauernd versuchte, den Blocher’schen Habitus nachzumachen. Und auch das nicht so gut.

A propos Blocher… ein „Blogger“ ist einer, der ein „Weblog“ schreibt, ein elektronisches Logbuch im Internet, auf das man reagieren, eingehen, zurück schreiben kann. Eine interaktive Kolumne also, womit wir die Kurve wieder gekriegt hätten, die eigentlich nicht wehtun oder schneiden will, aber die den Lesenden doch ein paar Impulse und Informationen geben sollte. Wenn möglich.