19/3  Hausarrest

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 12:13

Der Bundesrat meint es gut mit mir. In seinen offiziellen Medienverlautbarungen erinnert er mich stündlich daran, dass ich todgeweiht bin, wenn ich mich nicht an seine „Empfehlungen“ halte. Und er ermahnt alle anderen eindringlich, auf mich Rücksicht zu nehmen. Das ist ihm hoch anzurechnen. Und ich halte mich auch weitestgehend an das, was mir empfohlen wird. Ich wasche meine Hände, desinfiziere sie regelmässig, fasse möglichst nichts mit ungeschützten Fingern an und bleibe zuhause. Ich habe mir eine elektronische Verbindung ins Büro gelegt und kann nun von daheim so tun, als wäre ich an meinem Arbeitsplatz. Günstigerweise befindet sich eine Migros-Filiale im Untergeschoss, so dass ich, wenn es sein muss, einkaufen kann, ohne das Haus zu verlassen. Und wenn ich doch eine Besorgung ausser Haus habe, nehme ich das Velo. So besteht keine Gefahr, jemandem zu nahe zu kommen, so dass das Prinzip des social distancing verletzt werden müsste. Und dank den elektronischen Kommunikationsmitteln bleibe ich in Ton und Bild mit den Menschen verbunden, die mir wichtig sind. Eigentlich ist das ganz bequem so. Abzuwarten bleibt, wie es sich auf Dauer entwickelt und wie sich dieser Zustand generell auf unser Zusammenleben auswirkt.




10/3  Mit Risiko leben

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:05

Plötzlich bist du dran. Du gehörst zur obersten Risikogruppe. Du bist alt, deutlich über 65, du leidest an einer chronischen Erkrankung mit Nebenwirkungen, die alle das Risiko erhöhen, dem zurzeit grassierenden Virus rettungslos zum Opfer zu fallen. Und gleichzeitig rührt es dein Herz, wie sich alle um dich Sorgen machen. Die ganzen Massnahmen, die behördenseits erlassen werden, zielen einzig und allein darauf ab, dich vor der Gefahr einer Ansteckung zu bewahren. Du sollst den Kontakt mit den Enkelkindern vermeiden, sollst die öffentlichen Transportmittel nur noch im Notfall benutzen und wenn es gar nicht anders geht, du sollst Abstand selbst zu deinen Nächsten halten, kein Küsschen mehr kriegen und niemandem die mehrmals täglich gewaschene Hand schütteln…

Man müsste eigentlich dankbar sein für so viel Fürsorge. Jetzt hätte man Zeit, die Musse auszukosten, ganze Tage im Bett zu verbringen, sich lehrreichen und erbaulichen TV-Produktionen zuzuwenden. Aber macht man es?

Ich fahre morgen mit der Bundesbahn an eine Abdankung. Die letzte Ehre soll erwiesen werden einem ehemaligen Weggefährten, den man lange aus den Augen verloren hat. Ich habe die Empfehlung bekommen, jetzt fahre es sich am sichersten im Speisewagen, der sei aus unerfindlichen Gründen praktisch leer… Denn während sich jetzt viele Sitzungen im virtuellen Raum abspielen oder Veranstaltungen auf einen unbestimmten Termin verschoben werden, kannst du einer Abdankung nicht per Skype beiwohnen.

Ich stelle mich dem Risiko. Hätte es dem höchsten Prinzip gefallen, mich zu sich zu rufen, so hätte es dazu in meinem Leben schon manche günstige Gelegenheit gegeben. So bin ich munter und nehme das, was da kommen soll, mit einem Anflug von Gelassenheit. No risk, no fun.




5/3  Magenquetsche

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:23

Eine Video-Animation geht seit einigen Tagen viral. Gezeigt werden innere Organe, in der Mitte ein Magen. Mit Operations-Werkzeugen wird – didaktisch schön aufbereitet – längs über den Magen ein länglicher Gegenstand aus Plastik gezogen, so etwas, wie man es im Haushalt kennt, um offene Haferflocken-Beutel zuzuklemmen. Diese Klemme wird so zusammengefügt, dass der Magen der Länge nach in zwei Teile getrennt ist: vorne ein dünner Durchgang von der Speiseröhre zum Magen-Ausgang und hinten, durch die Klemme nun verschlossen, der Restmagen. So sieht das aus.

Auf den ersten Blick ist diese offenbar neue Methode frappant: ohne einen Schnitt wird eine Art „Schlauchmagen“ hergestellt, der Magen an sich bleibt intakt, die Klemme wird lediglich mit einigen Fadenstichen so fixiert, dass sie nicht verrutschen kann, falls der Patient mal den vorderen Magenteil zu sehr auffüllen sollte.

Ist das die Zukunft für eine „schonende“ Bariatrie, die den Magen in seinem ursprünglichen Zustand belässt und allenfalls wieder problemlos entfernt erden kann? Auf den zweiten Blick stellen sich die Vorbehalte ein. Wir erinnern uns an das gute alte Magenband: dieses verursachte zahlreiche Komplikationen, da es in manchen Fällen als Fremdkörper im Bauchinnern abgestossen wurde, oder von Kapsel-Wucherungen überzogen, oder aber, was lebensbedrohlich sein konnte, in die Magenwand hinein wuchs und sogar durch diese durchwanderte…

Ähnliche Erscheinungen sind bei der Klemme mit Sicherheit zu erwarten, übt sie doch einen wesentlich stärkeren Druck auf die Magenwand aus als das „Band“. Und was geschieht mit den Speisepartiklen, die allenfalls durch den Spalt zwischen den gequetschten Magenwänden durchwandern und dann im abgeklemmte Magenteil verrotten?

Noch wird dieser Eingriff in unseren Breitengraden nicht ausgeführt. Und das ist gut so.




3/3  Wir sind dabei

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:36

Morgen ist der Welt-Adipositas-Tag. In vielen Ländern rund um den Globus werden auf diesen Tag hin Aktionen geplant, Events durchgeführt, Informationen verbreitet, um den Umgang mit dieser Krankheit ins Bewusstsein derer zu rufen, die noch nicht betroffen sind.

Aktuell wird die Adipositas-Thematik natürlich vom Corona-Virus überlagert, was in gewissem Masse nicht frei ist von Zynismus, denn: vergleicht man die Anzahl der Corona-Betroffenen mit derjenigen der Adipositas-PatientInnen, dann ist Adipositas die „wahre“, permanente Pandemie und Corona ist eine saisonale Influenza-Randerscheinung. Und würde Adipositas mit der gleichen Intensität und Verve bekämpft, wie nun gegen das Virus vorgegangen wird, hätte man sie vielleicht bereits in den Griff bekommen…

So bleibt es beim „Jahres-Tag“ und bei den damit verbundenen Aktivitäten. Diese sind weltweit in einem Atlas erfasst und man kann bei jedem Land nachschauen, was dort läuft bzw. geplant ist. Erstmals ist auch die Schweiz erfasst mit den Aktivitäten der SAPS, die auf dieses Datum und die Zeit danach angelegt sind: Wir haben eine Mitteilung zum Problem der Adipositas-betroffenen Männer verschickt, haben eine Adipositas-Charta mit unterzeichnet, welche sich gegen Diskriminierung und für die Anerkennung der Adipositas als Krankheit einsetzt, und wir planen eine Serie von öffentlichen Informations-Veranstaltungen, die auf unserer Website aufgeschaltet werden, beginnend ab 30. März in Fribourg.

Wir hoffen, dass das eine oder andere Medium sich morgen für unsere Sache interessieren kann. Und überdies habe ich noch heute Abend um 21. Uhr einen Auftritt auf dem Sender Schweiz 5 TV, wo ich über unsere Arbeit berichte.