29/11  Geben und Nehmen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:15

Geben sei seliger denn Nehmen. Das sagte Paulus im Brief an die Epheser und beruft sich dabei auf ein Zitat seines Herrn und Meisters. Aber wir wollen uns hier nicht in die Unwägbarkeiten der theologischen Exegese begeben. Mich hat heute beim Sinnieren in einer meditativen Pause ein semantischer Gedanke beschlichen:

Wieso sprechen wir eigentlich, wenn wir an Körpergewicht verlieren – von Ab-Nehmen? Wer nimmt dabei wem was „ab“? Das Gegenteil wäre korrekt: Wenn ich mein Gewicht reduziere, „gebe“ ich doch so und so viele Kilos „ab“, das Fett löst sich beim Verbrennungsprozess in der Atemluft auf, die wir ausstossen. Es verflüchtigt sich im wahrsten Sinn des Wortes. Nichts ist also mit den Pfunden, die „schmelzen“ sollen, wie die Werbung für dubiose Diätkuren immer wieder verheisst.

Im Englischen geht das praktischer: dort spricht man von „shed the pounds“, will sagen: Pfunde abwerfen. Loswerden. Weg damit! Das ist auf jeden Fall richtiger als die Aussage, jemand würde uns unser Übergewicht „abnehmen“. Auch der Franzose sagt „perdre du poids“, Gewicht verlieren.

„Zunehmen“ auf der andern Seite ist korrekt: wenn ich schwerer bin als vorher, habe ich mehr Gewicht „zu“ mir „genommen“ als ich schon hatte.

Aber egal, wie man nun richtigerweise sagen sollte: das Problem ist da und müsste weg und wir tun uns weiss Gott schwer genug damit, es loszuwerden. Weiterhin viel Erfolg!




27/11  Chance Brexit?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:49

England bekomme eine Chance. Das sagen Ernährungs-Experten im Vereinigten Königsreich. Sie skizzieren eine vorteilhafte Zukunft für die Lebensmittel-Deklaration. Wenn sich das Empire in Sachen Labelling nicht mehr dem Diktat aus Brüssel beugen müsse, habe man die Möglichkeit, endlich eine bessere Etikettierung der Lebensmittel vorzunehmen, um die KonsumentInnen sachgerecht und leicht verständlich aufzuklären und so einen wichtigen Beitrag zu leisten für die Bekämpfung der Adipositas-Epidemie.

Allerdings, räumen sie ein, könne dies nach erfolgtem Austritt aus der EU nicht „über Nacht“ geschehen, dazu sei die Materie zu komplex. Einige Jahre werde die Umstellung schon in Anspruch nehmen. Aber unter dem Strich werde es ein Fortschritt sein in Dienste der Gesundheit. Denn im europäischen Verbund sei es unmöglich, zu griffigen und klaren Lösungen zu kommen, da die Interessen der verschiedenen Länder zu sehr divergierten und der Einfluss der Lobbies zu gross sei, sagen die Ernährungs-Spezialisten.

Das klingt ja vielversprechend. Mich beschleicht allerdings beim Lesen dieser – doch etwas spekulativen – Überlegungen eine unbequeme Frage: müssten wir, die wir ebenfalls an einer möglichst klaren, transparenten und hilfreichen Deklaration der Nährwerte interessiert sind, uns nun kräftig gegen den EU-Rahmenvertrag engagieren? Oder aber anders gefragt: da wir ja gar nicht „dabei“ sind, warum nutzen wir denn unsere Unabhängigkeit nicht heute schon im Sinne der Englischen Experten? Warum?




26/11  Zwiebelsüsse Zukunft

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:30

Das ist mal was Neues. Der Aroma-Hersteller Givaudan arbeitet an einem alternativen Süssigkeits-Aroma als Ersatz für den Zucker-Ersatz… Erforscht wird die Möglichkeit, Moleküle bestimmter natürlicher Produkte so einzusetzen, dass sie im Geschmacksempfinden eine intensive Süsse simulieren, ohne selber molekularisch auf Glukose-Basis zu beruhen und damit nicht die dem Zucker zugeschriebenen Stoffwechsel-Reaktionen auslösen.

Grundlage sind im momentanen Stand der Forschung die Zwiebel und der Knollensellerie. Mit dem daraus abgeleiteten Aromastoff könne der Zucker-Anteil in bestimmten Produkten (demonstriert wurde der Effekt anhand einer Orangen-Limonade und eines Pfirsichjoghurt-Drinks) um bis zu 50% reduziert werden.

Dabei sei dies erst ein Einstieg in eine neue Welt des Süssens, zahlreiche weitere Ersatz-Varianten seien denkbar, wie der Onlinedienst FoodNavigator berichtet.




22/11  Kalte Füsse

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:23

Man soll sich nicht zu früh freuen. Aber Freude ist trotzdem angesagt. Und Genugtuung darüber, dass „es“ offenbar doch nützt, wenn gewisse Erscheinungen konsequent kritisiert werden.

Es geht um den sogenannten „Ampeltrick“, von dem hier ja schon öfters die Rede war. Davon, dass die Lebensmittelindustrie eine wirksame Nährwert-Kennzeichnung mit klaren Farben (Grün – Gelb – Rot) dadurch zu unterlaufen suchte, dass sie handstreichartig ein eigenes Label einführen wollte, eingedampft auf willkürlich gewählte Portionengrössen, so „klein“, dass selbst eindeutige Stoffe wie Zucker und Fett nie in genügender Menge vorhanden wären, um ein „rotes“ Signal zu rechtfertigen.

Der Widerstand gegen eine solche Industrie-Lösung, eine so eindeutige Täuschung der Konsumenten, war vielfältig und kam aus allen Kreisen: vom Konsumentenschutz, von Ernährungs-Experten, von Gesundheitsligen (wie uns). Und nun zeigt dieser Widerstand Wirkung, wie der „Beobachter“ in seiner Online-Ausgabe berichtet. Auch andere Quellen wie der Online-Dienst FoodNavigator verbreiteten die Information.

In einer kleinen Arbeitsgruppe haben wir für die Schweiz ein Positionspapier zur Labbelling-Frage erarbeitet, das wir dem Bundesrat – Gesundheitsminister Berset – unterbreiten wollten. Dazu ist es noch nicht gekommen. Aber dieser Rückzug der Industrie-Pläne sollte uns Anlass sein, mit grosser Dringlichkeit zu fordern, dass „der Bund“ nun mit einer klaren Weisung bzw. Auflage in die entstehende Lücke springt und die Spielregeln definiert, an die sich die industriellen Player zu halten haben. Das Problem ist noch nicht gelöst!

(Nachtrag: in der am 23. November verschickten Print-Ausgabe des „Beobachter0s“ steht noch nichts vom Verzicht der Lebensmittel-Multis, da der entsprechende Entscheid erst nach Drucklegung bekanntgegeben wurde…)




21/11  Aus-Gestellt!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:36

Wie oft waren wir dort. Mit einem kleinen Stand und mit Vorträgen im Rahmen des Programms an der jeweiligen Gesundheits-Messe an der MUBA und der ZÜSPA! Die Erfahrungen an diesen Publikums-Ausstellungen waren jeweils durchzogen. Da stand man sich die Beine in den Bauch, beobachtete das Vorbeiströmen der Leute und freute sich, wenn ab und zu jemand stehen blieb und das Gespräch suchte.

Diese Kontakte unterlagen aber meist einer speziellen Selektion: Menschen, denen ihr Übergewicht von weitem anzusehen war, meist mit einem Tüte Pommes oder einer Bratwurst in der Hand, machten einen weiten Bogen, sobald unser Stand mit seinem Banner („Dicksein ist keine Schande!“) in ihr Blickfeld kam… und bei uns am Stand meldeten sich die sportlich Fitten, um stolz von ihrem Erfolg zu berichten: wie viel sie in wie kurzer Zeit dank Sport und gesundem Essen abgenommen hätten!

Wir predigten also gewissermassen den Bekehrten und konnten die Sünder nicht erreichen mit unserem Zuspruch.

Und nun soll das alles aus und vorbei sein: beide Messen werden eingestellt, auch das Comptoir Suisse in Lausanne. Selbst wenn wir uns einen Auftritt schon länger nicht mehr leisten konnten, berührt uns diese Nachricht doch. Sie läutet eine Wende in der Kommunikation ein und macht eine Neu-Ausrichtung nötig, die noch keine klaren Konturen hat. Auch die Messen müssen sich neue Formen einfallen lassen, um wieder zu Publikums-Magneten zu werden. Über das Wie hüllen sie sich (noch) in Schweigen. Wir sind gespannt.




15/11  Geschmackssache?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:36

Vegan ist eine Weltanschauung. Und es liegt mir fern, mich mit VeganerInnen anzulegen. Jeder Mensch darf auf seine eigene Fasson selig werden, wie der Alte Fritz gesagt haben soll. Aber per Zufall ist mir gestern eine Tafel mit „veganer“ Schokolade in die Hände gefallen. Und ich habe natürlich ein Täfelchen davon probiert.

Zartbitter sei sie, stand auf der Verpackung. Von der Konsistenz her war sie hart wie dunkle Kochschoggi und fühlte sich im Mund auch so an. Und blieb auch nach längerem Lutschen unerbittlich konsistent. Mit dem erwarteten glücklichmachenden Schmelzgenuss war nichts. Ich musste das Täfelchen zerkauen und es fühlte sich im Mund an wie gefrorenes Kokosfett.

Ok. Wer die Welt verbessern will muss bereit sein, Opfer zu bringen, und wenn es nur geschmackliche sind. Da habe ich doch unlängst in der Zeitung einen Bericht gelesen, dass es nun auch veganen Käse gebe, der aussehe – und schmecke? – wie Camembert. Beim Lesen der Zutatenliste befielen mich Zweifel. Käse ist ein uraltes Lebensmittel, eine der ersten Methoden der Siedler und Viehzüchter, die flüssige Milch „haltbar“ zu machen. Ein simples Prudukt, bestehend aus nichts als Milch und einem Ferment aus dem Kälbermagen. Der „normale“ Käse jedenfalls.

Anders die „tierfreie“ Variante für Veganer: das ist ein hochverarbeitetes, industriell raffiniertes Erzeugnis, das die benutzten Rohstoffe verändert, bis man ihre Herkunft nicht mehr identifiziert und bis sie vorgeben, etwas anderes zu sein – eben „Käse“. Und dabei habe ich mich gefragt, ob das im Sinne einer „gesunden“ Ernährung ist, Naturprodukte soweit künstlich umzubauen, dass man nicht mehr erkennen kann, was sie einmal waren?




13/11  Lob der Birne

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:34

Esst mehr Früchte. Der Appell ist universell. Man kann ihn befolgen oder nicht. Ich erinnere mich an die Spruchweisheit der Engländer, die schon vor Unzeiten galt: An apple a day keeps the doctor away. Als wäre die Frucht, welche seit Adam und Eva die gesamte Menschheit in die Sünde gestürzt hat, eine kleine Hausapotheke.

Hinter diesem Sinnspruch tritt die Birne in den Hintergrund. Einzig die Birnen am Baum des Herrn Ribbeck von Ribbeck haben ein literarisches Denkmal gefunden, das sich bis heute gehalten hat. Dabei sind mir die tropfenförmigen Früchte richtig ans Herz gewachsen, als frühmorgendliche Erfrischung, besonders wenn sie die Nacht im Kühlschrank verbracht haben.

Dann nimmst du sie heraus, schneidest sie sorgsam in vier Teile, entfernst das Kerngehäuse und machst schlanke Schnitze daraus, die dann gleichsam auf der Zunge zergehen… – Interessant ist der Nährwert-Vergleich, den ich heute gefunden habe. Dazu auch eine Vielfalt von hilfreichen Informationen und Rezepten.

Es ist Herbst, die Birne hat Saison, auch auf dem Markt, in vielen Formen und Geschmacksrichtungen. Was ich gemerkt habe: es lohnt sich, sie immer frisch zu kaufen. Auf Vorrat beschafft, besteht die Gefahr, dass sie trotz umsichtiger Lagerung nach wenigen Tagen im Innern „teig“ und bräunlich wird. Das unterscheidet die Birne vom Apfel. Und Sünde-behaftet ist sie auch nicht.




12/11  Zukunft heisst Agrar

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:49

Bei uns liest man bedrückende Schlagzeilen. Es geht um überdurchschnittlich viele Selbstmorde von Schweizer Bauern auf kleinen Betrieben, weil sie für sich keine Zukunft mehr sehen.

Anders offenbar in England. Da hat eine Umfrage bei 1’000 Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren interessante Fakten zu Tage gefördert. Sie kümmern sich grossmehrheitlich um Fragen der Nachhaltigkeit bei der Lebensmittelproduktion. Und ein Drittel der Befragten könnte sich vorstellen, später irgendwie im Landwirtschafts-Sektor tätig zu sein. Allerdings geben fast 90 Prozent an, sie hätten noch keine entsprechenden Informationen erhalten.

Ob dies im Sinne eines Reality-Checks die Chancen, effektiv in diese Berufe einzusteigen, wieder drastisch reduziert? Vielleicht ist Grossbrittannien nach dem Brexit mehr denn je auf die eigene Agrarwirtschaft angewiesen…




9/11  Europa handelt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:45

Es sei längst überfällig gewesen. Das sagen Konsumenten-Organisationen zu einem Positionspapier der EU in Sachen endokrine Disruptoren. Dies sind chemische Substanzen, die sich in zahlreichen Produkten des Alltags befinden können, vor allem in Verpackungsmaterial, aber auch in Spielsachen und Farben. Substanzen, die – wenn sie vom Menschen über die Nahrung aufgenommen werden – gleiche Funktionen haben können wir Hormone: sie beeinflussen gewisse organische Abläufe, können das Sättigungsgefühl unterdrücken oder Stoffwechsel-Reaktionen auslösen, die der Gesundheit abträglich sind. Weitere Wirkungen: Sterilität, Missbildungen der Geschlechtsorgane, Krebs…

Erst vor wenigen Jahren hat man einen direkten Zusammenhang ermittelt zwischen der Adipositas-Epidemie und diesen chemischen Störfaktoren, stand aber noch ganz am Anfang der Forschung. Nun hat die EU klare Ziele formuliert, um die Verwendung dieser Stoffe auf ein Minimum zu beschränken und ihre Wirkung einzudämmen, vor allem in den entscheidenden Lebensphasen des Heranwachsens und der Pubertät, gleichzeitig auch die Erforschung des ganzen Komplexes voranzutreiben. Zudem soll das Gespräch mit allen Beteiligten, also der Industrie,  aufgenommen und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.

Wir nehmen dies mit Befriedigung zur Kenntnis und hoffen dabei, dass die neue Strategie nicht ein Papiertiger bleibt, sondern effektiv etwas bewirkt und zu einer Verbesserung der belastenden Umweltbedingungen führt. Auch wenn dies nicht von heute auf morgen geschehen kann.




5/11  Eine Handreichung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:42

Am Wochenende war ich eingeladen. Als Gesprächspartner mit Expertenstatus im Rahmen eines Workshops, bei dem es ums Thema Diskriminierung ging. Es handelte sich um eine Weiterbildungs-Veranstaltung für jene Freiwilligen, die bei der „Dargebotenen Hand“ am Telefon 143 sitzen und sich mit Menschen in Not unterhalten.

Ein eindrückliches Aufgebot aus der ganzen Schweiz, das sich für diesen Seminar-Tag der Aufgabe stellte, mehr zu erfahren über Bevölkerungsgruppen, welche in besonderem Masse Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt sind. Neben mir, der ich die spezifischen Probleme der Adipositas-Betroffenen darlegen und diskutieren durfte, gab es Rollstuhlfahrer, Menschen mit Behinderung, kopftuchtragende Musliminnen und auch Menschen, denen man ihr Besonders-Sein nicht sofort ansah.

Die anteilnehmende Offenheit, mit der sich die DH-Mitarbeitenden auf uns und unsere spezifischen Probleme einliessen, hat mich beeindruckt. Wir alle tragen in uns zum Teil unbewusste Bilder und Vorstellungen, die uns prägen. In den Fachreferaten war die Rede von „CDs“, die in unserem Inneren eigebrannt sind und die unser Denken, unser Handeln und unsere Reaktionen auf und Urteile über Mitmenschen bestimmen. Und dass es darum geht, diese „CDs“ umzuprogrammieren, Vorurteile abzubauen, sich zu öffnen und vor allem: zu verstehen, warum jemand „anders“ ist, im Wissen darum, was dies für die Betroffenen im Alltag bedeutet.

Die Veranstaltung hat mich motiviert, am Thema dranzubleiben. Im nächsten Jahr werden wir im Rahmen unserer Informations-Veranstaltung vom 18. Mai („Save the Date“) auf den Komplex „Umgang mit Diskriminierung“ zurückkommen. Aufklärungsarbeit ist weiterhin zwingend nötig.